Kapitel 08
Innerhalb eines Monats hatte ich mich ganz gut an die Routine gewöhnt, morgens zur Arbeit zu gehen und abends ins Bett zu gehen. Natürlich fiel mir das anfangs sehr schwer, aber Lia war sehr verständnisvoll und gab mir eine Woche Zeit, mich daran zu gewöhnen.
Meine Tage verliefen jetzt wie am Schnürchen. Ich ging ins Büro und wartetet auf meine Aufträge, die mein Redakteur anscheinend amüsant fand mir zu schicken, um über Veranstaltungen für den Jugendteil des Magazins zu berichten, und bei jeder sich bietenden Gelegenheit beantwortete ich dann Mails auf meiner Website. Die Nachricht, dass ich von Loveguru die Erlaubnis erhalten hatte, einige der Mails und Antworten zu veröffentlichen, hatte alle eine ganze Weile lang in Aufregung versetzt. Es wurden viele Fragen gestellt, und es war beeindruckend, wie Lia es schaffte, ihnen allen auszuweichen.
"Hey Julia, du musst für mich nach Greenbelt zu dieser Veranstaltung fahren ...", meine Redakteurin, Nina Ramos, lugte über den oberen Teil meiner Trennwand. Normalerweise sah sie gehetzt aus und vergaß meist, was sie einem sagen wollte. Sie war ziemlich erstaunlich, als sich sie kennenlernte.
"Du meinst die Veranstaltung "It's Cool to be you'?", schlug ich vor und versteckte ein Lächeln hinter einem Pappbecher.
"Ja, genau. Du bist eine Lebensretterin. Kannst du das machen?", fragte sie mich besorgt, und der Art und Weise nach zu urteilen, wie ihr Kopf geneigt war, war die untere Hälfte ihres Körpers schon auf dem Weg zur nächsten Kabine.
"Klar, ich fange gleich damit an.", erwiderte ich, stand auf und griff nach meiner Tasche.
"Vielen Dank." Im nächsten Moment hatte sie einen weiteren ihrer Mitarbeiter in der nächsten Kabine in die Enge getrieben und sah so gehetzt wie immer aus. Insgeheim glaube ich, dass sie das absichtlich macht, damit sie alle ernst nehmen, wenn sie sagt, dass die Arbeit bei einer Zeitung ein harter Job ist.
Auf den Weg zu den Fahrstühlen warf ich den Pappbecher in einen Papierkorb und blieb vor Lias Büro stehen. Ich steckte meinen Kopf hinein und sagte mit einem Lächeln. "Es ist jetzt in deinem Posteingang. Wir sprechen uns später, wenn es ein Problem gibt, denn ich muss nach Greenbelt."
Sie nickte zur Kenntnis nehmend, während sie am Telefon diskutierte. Es musste wohl schwierig sein, mit hysterischen Personal am Telefon zu reden.
Mit meinem kleinen Stadtflitzer fuhr ich los zu einer unerwarteten Begegnung.
"Welch Überraschung dich hier zu treffen.", sagte eine vertraute Stimme dicht an meinem Ohr.
Ich hatte mich so sehr erschrocken, dass ich locker einen Meter in die Luft gesprungen war. Als ich herumwirbelte, stand ich niemand anderem als Zack Ortega gegenüber. "Hallo." War alles was ich in diesem Moment herausbrachte.
"Selber Hallo. Was machst du denn hier? Sag mir nicht, dass du insgeheim immer noch Probleme hast, mit deinem wahren Ich in Kontakt zu kommen.", sagte er halb scherzhaft, während seine Hand lässig auf dem Pfosten hinter mir ruhte, den ich vorhin auserkoren hatte, um das Geschehen nicht zu verpassen und den Organisatoren nicht in die Quere zu kommen.
"Ehrlich gesagt, bin ich sehr mit mir im Reinen und nur hier, um über dieses Ereignis zu berichten." Ich deutete auf den Presseausweis, der um meinen Hals hing. "Was ist mit dir? Du hängst doch sonst nicht mit pubertierenden Mädchen herum, oder?"
Er lachte leise. "Nein, aber es macht mir Spaß, solche Veranstaltungen zu organisieren."
"Na dann, ein paar Fragen, wenn ich bitten darf.", begann ich und wechselte von einer lockeren Unterhaltung zu einem geschäftlichen Gespräch.
"Sollen wir uns einen bequemeren Platz suchen?", fragte er und seine Augen funkelten noch genauso wie in der Nacht, als er in meine Wohnung gekommen war.
"Oh, das wäre schön, aber ich möchte wirklich keinen einzigen Moment dieser Veranstaltung verpassen.", blockte ich. Ich weiß nicht genau warum, aber er hatte irgendetwas an sich, dass mich viel mehr störte, als ich zugeben wollte.
"Wie wäre es dann nach der Veranstaltung? Das würde dir doch keine Umstände machen, oder?", fragte er und berührte mich beiläufig am Ellbogen.
"Ich schätze, wir müssen einfach abwarten. Vielleicht sollten wir das ganze verschieben.", winkte ich ab und spürte, wie die leichte Berührung meine Gedanken durcheinanderbrachte.
"Okay, ich nehme dich beim Wort."
Die Veranstaltung war erfolgreich, da Jugendliche und Eltern die Möglichkeit hatten, miteinander zu interagieren und einander auf eine ganz neuen Ebene zu verstehen. Ich bekam auch genug Details für meine Story und wollte gerade der Menge aus dem Aktivitätszentrum hinaus folgen, als mich jemand von hinten packte. Das nächste, was ich wusste, war, dass mein Rücken gegen etwas Festem und Männlichen gedrückt war.
"Weißt du, du solltest nicht bei jeder Gelegenheit versuchen, vor mir wegzulaufen. Ich könnte ein guter Kerl sein, weißt du." Dasselbe heisere Flüstern, sein Atem kitzelte meine Ohrmuschel leicht, als er sich wieder näher heranlehnte.
"Wie kommst du darauf, dass ich vor dir weglaufen würde?", fragte ich entrüstet. "Ich wollte nur auf die Toilette gehen.", bluffte ich. "Würdest du mich jetzt bitte gehen lassen? Ich hasse es wirklich Nierensteine zu bekommen, wenn ich anhalte." Ich drehte mich zu ihm um, um ihn finster anzustarren, und einmal mehr fiel mir auf, wie groß er im Vergleich zu den Männern war, mit denen ich früher ausgegangen war, sogar größer als AA.
Er lachte und nahm meine Hand in seine. Als Nächstes liefen wir gegen den Strom, und ehe ich mich versah, standen wir vor den Toiletten. "Mach dein Ding, ich warte hier auf dich.", sagte er über seine Schulter, während er zum Geländer schlenderte und sich dagegen lehnte.
Geschlagen machte ich mich auf den Weg zur Toilette und versuchte, so lange wie möglich zu bleiben, in der Hoffnung er würde verschwinden, ohne wie eines der Mädchen zu wirken, die etwa dreißig Minuten brauchten, um sich frisch zu machen.
"Wow, das ging aber schnell.", kommentierte er, als endlich herauskam.
"War das zufällig sarkastisch gemeint?", fragte ich ein wenig irritiert.
"Ganz und gar nicht, ich meine es sogar ernst. Du solltest diesen Mädchen beibringen, so zu sein wie du.", neckte er.
"Was meinst du damit?", hakte ich aufrichtig verwundert nach.
"Mal sehen, die meisten Frauen, die ich kenne, verbringen fast eine Stunde da drin und machen Gott weiß was, und du bist für mich bisher die Schnellste gewesen." Er zwinkerte mir zu und ergriff erneut meine Hand. "Also, wo waren wir? Oh ja, wir sind zu einem Interview bei einem Kaffee verabredet. Ich hoffe, du magst Seattles."
"Seattles ist für mich in Ordnung." War alles, was ich sagen konnte, als er mich abermals gegen den Strom der vielen Menschen führte, die sich heute im Einkaufszentrum herumdrängten.
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