Kapitel 04

Gegen Mitternacht schaffte ich es zurück in meine Wohnung und marschierte direkt durch ins Schlafzimmer. Ich warf mich auf mein Bett, blieb dort eine Weile liegen und schimpfte mit mir selbst über den blöden Stunt, den ich mit diesem Kerl abgezogen hatte. 

Ich hatte nicht einmal nachgeschaut ob Mary-Beth noch neben uns gestanden hatte, als ich von dannen gerauscht war. Das war sowas von untypisch für mich. Ich war nicht leicht aufzubringen und ich wurde auch noch nie zuvor so von einem Mann beeinflusst. Es war beängstigend und verwirrend zugleich.

Ich drehte meinen Kopf zur Seite und schaute auf meine Nachttischuhr. Es war fast ein Uhr nachts. Ich drehte mich auf den Rücken und starrte an die Decke. Heute bin ich vierundzwanzig Jahre und einen Tag alt. Es hatte sich nichts verändert, außer das ein neues Chaos in mein Leben getreten war.

Ich warf einen Blick auf meinen Computer, der mich anzustarren schien, als würde er darum betteln eingeschaltet zu werden. Ich starrte zurück und überlegte, ob ich es tun sollte oder nicht. Es war mitten in der Nacht, aber andererseits schien die Party noch in vollem Gange zu sein, ganz zu schweigen davon, dass ich es nicht gewohnt war, um diese Zeit ins Bett zu gehen.

Ich warf alle Bedenken über Bord, stand auf und watschelte in meinen Partyklamotten, die nun ein wenig zerknittert waren, zu meinem Computer. Als ich das Gerät einschaltete und mich auf den Drehstuhl setzte, hatte ich das Gefühl, wieder die Kontrolle zu haben.

Ich loggte mich schnell auf meiner Website ein und fand die übliche Anzahl von E-Mails vor. Methodisch begann ich sie zu lesen und zu beantworten. Eine war von einem Mann, der herausgefunden hatte, dass seine Freundin ihn betrogen hatte. Eine andere, von einer Frau, die in einer missbräuchlichen Beziehung lebte, und eine weitere von einer verheirateten Mutter, die eine außereheliche Affäre hatte. Ich beantwortete sie so gut ich konnte, da ich wusste, dass sie sich auf eine Antworten von mir verließen. Jedoch war ich mir nicht sicher, ob sie ihnen wirklich etwas bringen würde. Ich konnte nur das Wissen und die Weisheit weitergeben, die ich auf Lager hatte.

Ich arbeitete gerade an einer weiteren E-Mail, als ich hörte, wie jemand versuchte meine Tür zu öffnen, und in dem Moment fiel mir ein, dass ich den Leuten angeboten hatte, mein Badezimmer zu benutzen, wenn sie mussten, und ich hatte die Tür aus Gewohnheit hinter mir verschlossen. Ich stand also auf und verließ mein Schlafzimmer, um meine Wohnungstür zu öffnen.

Zu meinem Entsetzen war es der große Kerl, den ich auf meiner Party kennengelernt hatte. Und dieses Mal hatte er ein Mädchen dabei, und es war nicht Mary-Beth. Es war Amy der Highschool Flirt. Nach der Art zu urteilen, wie sie sich kleidete und sich an seinen Arm klammerte, hatte sie sich kein Stück geändert.

"Nette Party, Julie, warum bist du nicht da draußen und amüsierst dich? Es ist nicht gerade höflich, wenn der Gastgeber vor dem Gast geht.", säuselte sie, klammerte sich noch fester an seinem Arm und rieb ihr tiefes Dekolleté zur besseren Sichtbarkeit an seiner wenig überraschend teuren Kleidung.

"Nun, ich bin nicht die Gastgeberin, sondern nur der Ehrengast, Amy. Und soweit ich mich erinnern kann, ist die Party zu Ende, wenn der Ehrengast diese verlässt, was bedeutet, dass es an der Zeit ist, dass die Aufräumarbeiten beginnen und die Gäste gehen. Aber da du immer noch hier bist, kann das nur bedeuten, dass die Party nicht bemerkt hat, dass ihr Ehrengast beschlossen hat, sich von dem Vergnügen zu verabschieden.", erwiderte ich sarkastisch und schenkte ihr ein zuckersüßes Lächeln.

Sie konnte mich nicht ausstehen und ich konnte sie nicht ausstehen, falls man das noch nicht bemerkt haben sollte. Ich verbarg ein Grinsen, als sie auf meine Worte hin die Stirn runzelte. Sie mochte hübsch, süß und sexy sein, aber eines war sie nicht: besonders intelligent.

Ich wandte mich zu der hoch aufragende Gestalt vor mir um und neigte den Kopf ein wenig zurück, um ihn ins Gesicht sehen zu können. Ich hatte großes Glück, dass ich mich an den Türpfosten gelehnt hatte, denn seine Wirkung auf mich, war doppelt so stark wie zuvor, da der Bartschatten sein starkes, kantiges Kinn noch mehr betonte. Ich bemühte mich meine Stimme ruhig und lässig zu halten, während er mein verknittertes Aussehen musterte. "So sieht man sich wieder, Mister ... ", ich brach absichtlich ab.

"Ortega. Zack Ortega, Miss."

Er spielte das Spielchen also mit, wie? "Lang. Julie Lang. Was führt euch in die unteren Etagen? Seit ihr auf der Suche nach einem leeren Waschraum oder etwas anderem?", fragte ich und richtete meine letzte Frage an die schmollende Verführerin, die sich immer fester an seinen Arm presste.

"Mir war nicht bewusst, dass du in dieser Wohnung wohnst. Ich habe mich nur erkundigt, ob es hier Räumlichkeiten gibt, die die Partygäste nach Belieben nutzen können.", antwortete er milde, fast entschuldigend, aber nicht ganz.

"Ganz recht, ich hatte die Gäste eingeladen, meine Toilette zu benutzen, wenn nötig. Jedoch habe ich wohl aus Gewohnheit hinter mir abgeschlossen. Also kommt herein, das Bad ist gleich dort drüben. Ich bin in meinem Schlafzimmer, falls ihr etwas braucht.", erwiderte ich, während ich mich vom Türrahmen abstieß und voranging.

Amy hüpfte eilig in Richtung Badezimmer, mit einem Augenzwinkern das ein unbestreitbares sinnliches Versprechen für den Mann ihrer Begierde bereithielt. Er hingegen setzte sich auf das Sofa und ich fühlte mich verpflichtet die Gastgeberin zu spielen, eine Position, die ich immer zu vermeiden versucht hatte, auch nur für kurze Zeit.

Unbeholfen stand ich in der Mitte des Raums und zerbrach mir den Kopf darüber, wie ich meinen ungebetenen Gast unterhalten könnte. Ich warf einen kurze Blick auf ihn und sah, dass er mich anstarrte. Verlegen strich ich mir mit meiner Hand über mein zerknittertes Oberteil und kam auf die Idee, ihm einen Drink anzubieten. Wenigstens würde ich ihm so den Rücken zugewandt haben, so dass ich nicht mit seinen glühenden, alles verschlingenden Blick konfrontiert wäre.

Ich wandte mich den Kühlschrank zu und rief über meine Schulter: "Was willst du trinken? Ich habe Bier, Saft?" Ich wartete auf seine Antwort, aber es kam keine.

Unverzagt beugte ich mich ein wenig weiter vor und wühlte im Kühlschrank herum. Ich war so damit beschäftigt Zeit zu schinden, dass ich nicht einmal gemerkt hatte, dass er zu mir gekommen war.

Ich richtete mich auf, als ich sein Schweigen nicht länger ertragen konnte. Ich setzte ein weiteres soziales Lächeln auf und drehte mich mit zwei Dosen Bier in der Hand um, die ich fast wieder fallen ließ. Er stand nur wenige Zentimeter von mir entfernt da.

Unwillkürlich machte ich einen Schritt zurück und stieß mit meiner Wade gegen die Kühlschranktür. Ich spürte den Schock bis in den Kopf und kippte nach vorn. Ich schloss die Auge, das Bier in meiner Hand völlig vergessen und wartete auf den Aufprall. Der jedoch nicht kam, stattdessen spürte ich, wie mich jemand auffing.

Langsam öffnete ich die Augen und sah, dass er mich ansah. In seinem Blick lag Sorge. Ich zitterte leicht und wünschte, die Erde würde sich auftun und mich auf der Stelle verschlingen. 

"Geht es dir gut?", fragte er mich mit seiner unglaublich tiefen Stimme. 

Unbeholfen löste ich mich aus seiner Umarmung und bemühte mich um ein verlegenes Lächeln. "Danke. Mir geht es gut. Es ist wie ein Fluch oder so.", begann ich plaudernd und entfernte mich von seiner aufreibenden Nähe. In diesen Moment fiel mir auf, dass ich immer noch die Bierdosen umklammert hielt. "Ähm, hier." Ich warf ihn eine zu und ging zurück zum Sofa.

Ich ließ mich in der linken Ecke nieder und hoffte, er würde den Wink verstehen und sich an das andere Ende setzen. Erst da bemerkte ich, dass er mir nicht zum Sofa gefolgt war, sondern sich stattdessen lässig an den Küchentresen lehnte und mich mit seinen intensiven braunen Augen musterte. Ich spürte wie mein Gesicht warm wurde, also öffnete ich die Dose und nahm einen Schluck, um meine Verlegenheit zu verbergen. Selbst jetzt konnte ich mir nicht erklären, warum ich in seiner Nähe so nervös wurde. Ich war schon mit Männern im selben Raum die arroganter waren und mehr Charme versprühten als er, und doch hatte er mich in den letzten kurzen Stunden nur fasziniert. 

Ich beobachtete ihn über den Rand meiner Bierdose und er starrte einfach zurück. Ich hätte ihn nicht für so einen Schweigsamen Typen gehalten, aber auch hier überraschte er mich.

Frustriert stand ich auf, nahm meine Gastgeberrolle erneut in die Hand und war bereit mich zu verabschieden, als er endlich etwas sagte.

"Es tut mir leid."





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