» epilog.

Es hat eine Weile gedauert, okay, eine Ewigkeit, bis der Epilog vollendet gewesen ist. Aber es ist echt nicht leicht eine neue Arbeit und das Leben unter einem Hut zu kriegen. Jetzt bin ich froh, dass ich so weit zurückgefunden habe, um zu verkünden, dass ein zweiter Teil folgen wird. Da ich erst wieder ins Schreiben reinfinden muss, ehe ich mich an ein großes Buchprojekt wage, dient diese FF perfekt dazu.

Nun möchte ich mich bei allen treuen Lesern und Review-Schreibern bedanken, die trotz der langen Pausen immer noch dabei geblieben sind. Auch bedanke ich mich bei allen, die diese FF favorisiert und weiter empfohlen haben. Jetzt ist es wohl so weit.

Der erste Teil dieser Geschichte endet und ein zweiter Teil wird folgen.

Keine Sorge, der kommt schneller als ihr denkt. Bin schon am Schreiben und kann es kaum erwarten, mit euch für ein letztes Mal in die Welt von Emilia und Tom zu reisen 😊

Und nun: viel Spaß mit dem Epilog!

Liebe Grüße,

Sternendurst

~*~

Epilog

Ich sehe immer noch dieses Stück Papier in meinen Händen an. Dieses bescheuerte, doch so wertvolle Stück Papier. Ich hasse es. Ich hasse die darauf geschriebenen Worte, die Art und Weise, wie die Schrift an bestimmten Stellen verwischt oder undeutlich wird, aber trotzdem lesbar ist, und wie ich trotzdem ihre Stimme diese Worte sprechen höre, auch wenn sie nicht mal da ist.

Sie ist fort. Und ich weiß nicht, wo sie gerade ist und was sie macht. Aber selbst die Tatsache, dass ich dennoch weiß, dass sie glücklich ist, macht es mir nicht einfacher. Es verschlimmert es sogar. Weil ich nicht die Person an ihrer Seite bin, die sie in ihrer neuen Welt braucht. Sie hat mich einfach zurückgelassen. Genauso wie ihren Bruder.

Dieser sollte eigentlich bei seiner Frau und seiner neugeborenen Tochter sein, doch Emilia hat wohl nicht mitgeplant, dass sie ihrem Bruder viel zu viel bedeutet als dass er sie nun im Stich lässt. Er ist bei mir im Krankenzimmer, sitzt auf den schwarzen Sessel, der bei jeder Bewegung quietschend sich meldet, und da er so unruhig und besorgt ist, bewegt er sich jede Sekunde. Als würde er den Sessel wiederbeleben wollen.

Mein Herz ist unendlich schwer und ich frage mich, ob sie gerade an uns denkt. Ob sie sich ausmalt, was ihr Verschwinden mit uns anstellt. In diesem Augenblick sind wir beide nicht mehr außer zwei gebrochene Männer, die es nicht geschafft haben, das wichtigste Mädchen in ihrem Leben bei sich zu halten. Was hat der andere Tom, was wir nicht haben? Was muss er ihr bedeuten, dass er als einzige bei ihr sein darf, obwohl er ihr vor wenigen Wochen erst das Herz auf die schlimmste und brutalste Weise gebrochen hat?

Ich reiche mit einem Seufzen ihrem Bruder den Brief. Er hat ihn genauso oft gelesen wie ich. Hunderte Male. Und jedes Mal tut es auf Neuem weh wie eine Nadel, die jedes Mal tiefer in das Herz sticht. Mir ist bewusst, dass ich ihr von Anfang hätte die Wahrheit sagen müssen. Sie hat das gute Recht darauf gehabt zu wissen, dass es mehr wie uns beide mit diesem Verlangen gibt und dass diese von dem Totenschreiber zu einer großen Sekte eingesammelt werden. Jetzt ist sie gegangen, und ich habe ihr nicht mal sagen können, dass es mir leidtut. Dass ich sie über alles liebe und... dass ich gemeinsam mit ihr dieses Grauen beenden wollte.

Nun wird Tom diese Aufgabe zugeteilt. Aber ist er sich dieser bewusst? Weiß er überhaupt, in welche Welt er sich begeben wird und dass es dort nicht nur das Happy End mit Emilia gibt? Wie sehr ich mir gewünscht habe, dieses so wunderschöne Happy End mit meiner geliebten Emilia zu bekommen. Ich habe so hart darum gekämpft, und letztlich habe ich es durch ein Geheimnis verloren. Ich bin so ein Idiot. Vielleicht habe ich deswegen mein Auge verlieren müssen. Vielleicht ist das ein Zeichen dafür, dass ich meine bessere Hälfte für immer verloren habe und nie wiedersehen werde.

Mit meiner halben Sicht werde ich niemals mehr Emilia so sehen wie davor. Diese Welt wird eine ganz einsame und kalte für mich.

Meine Familie wird mich in den nächsten Stunden holen. Ich gehe zurück nach Schweden. Zurück in meine Heimat. Unverhofft ohne meine Seelenverwandte und Verlobten, ohne eine neue Welt, aber mit leerem Herzen und einem Auge weniger. Wenn ich könnte, wäre ich einfach fortgegangen. Hätte Emilia überall auf der Welt gesucht und mein Glück versucht. Doch ich bin in einem miserablen Zustand, und ich kann nicht deuten, ob es von der Operation oder meinem gebrochenen Herzen kommt.

„Glaubst du, wir werden sie jemals wiedersehen?" Der große Brite fragt mich das ganz leise, als hätte er Angst davor, alles noch schlimmer zu machen. Aber das kann er gar nicht, weil bereits alles kaputt gegangen ist, was kaputt gehen kann. Ich blicke zu ihm und die dunklen Schatten unter seinen Augen sprechen von wenig Schlaf, zu vielen Sorgen und einer vermissten Schwester. Ich weiß ganz genau wie er sich fühlen muss.

„Ich weiß es nicht, Tom. Ich kann es wirklich nicht sagen. Aber wir müssen es einfach hoffen", sage ich und meine Stimme ist mehr ein Kratzen als ein Hoffnungsschimmer. Hoffnung? Das existiert für mich bereits gar nicht mehr.

„Ich will mir gar nicht vorstellen, wie sich Toms Familie und Fans fühlen müssen. Er ist einfach verschwunden. Alle seine Accounts im Internet gelöscht. Als hätte er bloß in unseren Köpfen gelebt. Aber da gibt es noch seine Filme und Emilias Werke, die uns vergewissern, dass wir nicht träumen. Ich wünsche mir, das hier wäre ein Traum..." Tom senkt kraftlos den Kopf und schaut mit müden Augen auf den weißen Boden, während er mit zittrigen Fingern an seinen Bart kratzt. „Ich hätte sie an dem Tag nicht gehenlassen sollen. Ich hätte es sehen müssen..."

„Und dann? Wir beide kennen sie. Emilia hätte ihren Weg gefunden, selbst dann zu gehen, wenn wir sie eingesperrt hätten. Es ist passiert. Wir können nur darauf warten, dass sie zu uns zurückkehren wird." Ich schlucke schwer, weil ich will nicht schon wieder vor ihm weinen. Außerdem tut das fürchterlich weh. Aber, was tut gerade nicht weh?

Er sieht mir nun direkt ins Gesicht und seine blauen Augen füllen sich mit Tränen. „Willst du sie nicht finden? Sie zu dir zurückholen? Wenn es jemand gibt, der sie finden kann, dann du, Bill. Du kennst diese Organisation, Sekte... was auch immer die sind. Und du kannst sie davor bewahren, einen Fehler zu machen. Wir wissen nicht, was diese anderen mit ihr machen werden." Er klingt verzweifelt und ich kann mir denken, was für Gedanken er sich macht, doch es gibt eine Sache, die ich über Emilia gelernt habe.

„Sowie ich Emilia kenne, wird ihr nichts passieren. Sie weiß, was sie tun muss, um ihr eigenes Ziel umzusetzen. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass sie sich in eine gefährliche Situation begibt. Sie wird das schaffen. Sowie auch das letzte Mal. " Allerdings sagt er die Wahrheit. „Selbstverständlich will ich sie zurückholen, wenn ich das könnte. Doch ich kann es nicht." Der letzte Seufzer kommt ohne Gegenwehr über meine trockenen Lippen und ein bitterer Geschmack breitet sich in meinem Mund aus. Ich fühle mich elendig, so schwach, so verletzlich, und damit kann ich Emilia keine Hilfe sein. „Ich gehe heute zurück nach Schweden in eine hochgelobte Augenklinik. Meine Familie möchte mir unbedingt beistehen und helfen. Mein Vater ist sich sicher, dass man das...", ich zeige auf den Verband um mein rechtes Auge, „noch retten kann."

Tom fährt sich mit langen Atemzügen durch die Locken und seine Brust muss sich unendlich schwer anfühlen, wenn er so atmet. „Willst du das wirklich, Bill? Wenn du möchtest, kannst du bei mir im Gästezimmer bleiben, bis du dich bereit dazu fühlst."

„Bereit? Für was?" Ich kneife vor Frustration die Lippen zusammen, um irgendwie den brechenden Schmerz in der Brust zu bekämpfen. „Ich habe als Emilias Geliebter versagt. Ich habe sie nicht halten können, und ich glaube, es wird kein zweites Mal für mich geben. Sie hat Tom auserwählt. Nicht mich."

„Glaubst du nicht, sie hätte dich mitgenommen, wenn du nicht verletzt gewesen wärst?"

„Thomas", sage ich nun mit härterer Stimme und meine Sicht wird noch unklarer als sie schon ist. „Du hast eine Frau und eine Tochter, die dich jetzt mehr brauchen als ich. Denkst du nicht, es ist besser, wenn du bei ihnen wärst als bei mir? Ich kann dir Emilia nicht zurückholen. Niemand kann das – außer sie selbst. Ich kann dich verstehen. Ich weiß, wie du dich fühlen musst, aber es gibt kein Zurück mehr. Wir müssen irgendwie damit leben, auch wenn es uns verdammt schwerfällt und wir es nicht wollen. Glaubst du, ich werde sie einfach gehenlassen können? Nein. Ich will sie bei mir. Ich will bei ihr sein, sie in meinen Armen halten und ihr noch ein letztes Mal in diese tiefe, strahlende Waldaugen blicken, die mein ganzes Lebenslicht in sich halten. Ich will ihr sagen, dass es mir leidtut und ich alles dafür tun werde, um sie davon zu überzeugen, dass ich ihr niemals damit wehtun wollte. Auch wenn sie mir im Brief verziehen hat, kann ich das so nicht hinnehmen. Ich will es von ihr hören. Wenn sie vor mir steht und ich es in ihren Blick sehen kann, wie da nichts mehr ist, das mich noch so liebt wie ich es mir wünsche. Erst dann werde ich sie vielleicht ziehen lassen können... aber selbst dabei bin ich mir nicht mal sicher, Tom."

Ich starre auf meine Hände. Sie zittern und ballen sich verkrampft zu Fäusten. Ich versuche es noch einmal, will das Gefühl zurückrufen, wie es sich angefühlt hat, Emilia in meinen Armen zu wiegen. Doch da ist nichts außer Taubheit und Schmerz.

„Was ist, wenn sie auf dich wartet?"

Toms Worte lassen mich aufblicken und für einen Augenblick ist mein Herz wieder am Schlagen. Diese Vorstellung ist wunderschön, ein klein bisschen Sonnenlicht in der Finsternis meiner Seele.

„Vielleicht braucht sie dich doch, Bill. Du kennst diese Organisation. Du könntest derjenige sein, der sie vor ihren Wahnsinn beschützt." Tom springt von seinem Stuhl auf und überfliegt eilig den Brief nochmal. „Sie verabschiedet sich nicht von dir", sagt er plötzlich aufgeregt und seine Augen erleuchten im späten Herbstlicht, „sie will dich wiedersehen... oder sie weiß bereits, dass du zu ihr zurückkehren wirst. Das muss es sein! Dieser Brief, er ist dein Wegführer zu ihr!" Er reicht mir das wertvolle Papier und ich nehme es ihm rasch ab, um mich selbst von seiner Vermutung zu überzeugen.

Mein Herz schlägt plötzlich wild los.

Tatsächlich. In dem Brief steht nichts von einem Abschied noch etwas dergleichen in dieser Richtung. Nur das sind ihre letzten Worte an mich:

[...]

Ich bin mir nicht sicher, ob das hier die neue Welt ist, von der du immer geschwärmt hast. Sie fühlt sich seltsam an. Ob es deshalb so ist, weil ich ganz woanders bin und mein Weg mich ganz woanders hinführt?

Kurze und kalte Tage warten auf uns. Nur Lichter am Abend werden uns weiter ans Ziel bringen – aber wie kann man dieses Ziel finden, wenn man nicht mal sagen kann, in welcher Welt man ist? Wo man hingehört?

Ich dachte, du könntest mir den Weg in die neue Welt zeigen...

Jetzt bin ich fort.

Jetzt habe ich keinen Bill mehr.

Und du... du hast keine Emilia mehr.

Was machen wir jetzt, mein geliebter Bill? Was können wir nur machen? Durch das Feuer laufen und die vielen Verbrennungen akzeptieren... oder dieser Welt noch eine Chance geben?

Für was entscheidest du dich?

Ich werde es wissen. Nein... Mein Herz wird es fühlen, denn ich kann es immer noch spüren.

Ich kann deinen Herzschlag spüren, wie er holpert und stolpert und voller schwerem Gepäck ist. Aber keine Sorge... Es wird nicht schwerer.

Deine Emilia."

„Bill!" Mein Vater stürmt in das Krankenzimmer und nimmt mich sofort in die Arme. Es folgen Brüder. Alle nach einander. Tom macht ihnen wortlos Platz, geht einen Schritt zu mir ans Bett heran und zwischen Umarmungen und leisen Schluchzern spüre ich seine Hand auf meiner Schulter. Er drückt sie fest und seine Finger bohren sich hart in meinem Pulloverstoff durch, aber da ist mehr Verzweiflung als sein eigener Wille in seinen blassen Augen. Ich kann mir lediglich vorstellen, wie es als Emilias Geliebter in dieser Situation ist, doch nicht wie ihr Bruder. Ich weiß nur, dass unser Schmerz aneinandergrenzt, wir uns dieselben Fragen ständig stellen und doch haben wir sie nicht davor bewahren können, aus unserem Leben zu verschwinden. Aber ich weiß nicht, wie es für Tom ist, nach Hause zukehren, zu seiner Frau und seiner Tochter, und dabei zu wissen, dass seine jüngere Schwester fort ist. Wie er nachts schläft oder überhaupt, wovon er träumt und was er tatsächlich fühlt; aber doch kann ich es in seinem Blick sehen, wie ich seine letzte Hoffnung bin.

Ich soll ihm seine Emilia zurückholen. Er möchte seine jüngere Schwester zurück – und das macht ihn krankhaft depressiv.

Er lässt meine Schulter los und ganz gleich, wie laut mich meine Familie fragt, wie es mir geht und ob ich mich freue sie zu sehen, verstehe ich Toms letzte Worte genau.

„Pass auf dich auf, Bill. Und bitte: Hör auf dein Herz."

Er ist zu schnell geflüchtet, als hätte ich ihm sagen können, was mein Herz gerade denkt und fühlt. Ich schaue in die leuchtenden Augen meiner Familie, und nun wird mir bewusst, wie schwer es erst für Emilia sein musste, ihren Bruder hinter sich zu lassen. Sie liebt ihn mehr als all die anderen Mitglieder ihrer Familie... und ich...

Ich liebe Emilia mehr als meine Familie.

Und mein Herz sagt mir:

Hol sie dir zurück. Rette deine Seelenverwandte vor dem wahren Wahnsinn dieser Welt und zeige ihr die schöne Welt von eurem Happy End. Egal, was und wen es kosten wird. Wenn du über Leichen gehen musst, tue es für sie.

Tue es für die Auserwählte.

[...]

„Die Vermisstenanzeigen steigen drastisch. Immer mehr Menschen verschwinden auf der Welt, aber ein Fall lässt jeden aufhorchen.

Mittlerweile ist schon ein Monat vergangen, seitdem E.H. Soulshot und Tom Holland verschwunden sind. Immer noch gibt es keine Hinweise auf ihren Aufenthalt noch Lebensbeweise. Die Polizei schließt nicht aus, dass die beiden gemeinsam verschwunden sind und noch am Leben sind. Die Familienangehörigen bitten weiterhin darum, jegliche Hinweise oder Sichtungen der beiden bei der lokalen Polizei zu melden. Die Fans der Bestseller-Autorin und dem Weltfilmstar haben sich zusammengetan und bemühen sich trotz ihrer tiefen Trauer bei der Suche zu helfen, planen Suchungen und hängen in jeder Stadt auf der Welt Vermisstenanzeigen auf. Bis jetzt leider erfolglos.

Bekannte Freunde von Tom Holland äußern sich nach und nach zu seiner Verbindung zu E.H. Soulshot und dabei wird deutlich, dass sich die zwei sehr nahegestanden sind und bereits eine Beziehung geführt haben. Leider ist diese, laut eines Freundes von Holland, kaputtgegangen, nachdem der Totenschreiber Holland in den Wahnsinn getrieben hat. Handelt es sich hierbei um eine Flucht vor ihrem Leben, um ihre gemeinsame Liebe endlich entfachen zu können? Oder besteht eine Verbindung zum Totenschreiber? Schließlich sind beide am Tag verschwunden, als der Totenschreiber gefasst worden ist. Seit gestern ist es überall in den Medien bekannt, dass der Totenschreiber bereits Tom Holland entführt hat und E.H. Soulshot geholfen hat, diesen brutalen Mörder ausfindig zu machen. Bei der Festnahme ist der Totenschreiber ums Leben gekommen ist und Holland konnte unbeschadet gerettet werden. Kurz darauf, laut der Aussage einer Zeugin, hat er am Abend einer seiner Brüder versucht zu erwürgen, als einer von ihnen gemeint hat, E.H. Soulshot wäre eine Gefahr und müsste für die Taten des Totenschreibers in Gefängnis. Danach sei Holland weggerannt und nie wieder zurückgekommen. Nur wenige Stunden später hat auch er wie E.H. Soulshot seinen Instagramaccount gelöscht und ist somit mit ihr gemeinsam im Nichts verschwunden. Noch nie hat Holland solch ein Verhalten gezeigt und auch seine Familie macht sich große Sorgen, ob er nicht durch die Entführung vom Totenschreiber ein Trauma erlitten hat. Außerdem konnten weder sie noch die Polizei herausfinden, warum der Totenschreiber den Weltfilmstar entführt hat und wieso er ausgerechnet E.H. Soulshot töten wollte. In diesem Fall wird noch weiter ermittelt!

Die ganze Welt fragt sich, welche Geschichte hinter dieser Tragödie steckt und wann die beiden endlich gefunden werden. Eins ist jedoch sicher: Hier muss noch vielmehr aufgedeckt werden, ehe wir die ganze Wahrheit kennen.

Es bleibt spannend!

Und nun zu einem weiterem Top-Thema des heutigen Tages: Horrorclown-Darsteller Bill Skarsgard gibt bekannt, mit dem Schauspiel aufzuhören! Fans sind schockiert! Der Grund dafür ist angeblich ein Unfall, der ihm das rechte Auge gekostet hat...

Ich wende mich vom alten Kastenfernseher an der Ecke ab und blicke zu Tom neben mir. Er hat sein Gesicht in seinen Händen vergraben, braune Locken stehen überall ab und hören nicht aufzuwachsen. Wir sind in einem kleinen Cáfe, mitten im Irgendwo von Norwegen, sitzen auf einer himmelblauen Couch, zwei Tassen Tee auf einem weißen Beistelltisch und nähern uns mit jedem weiteren Tag immer mehr der versteckten Schlangengrube. Gefühlt am Ende dieser Welt scheint uns niemand an diesem Fleck zu erkennen noch interessieren sie sich für uns. Natürlich haben wir uns Sicherheitsmaßnahmen vorgenommen. Tom lässt seine Locken meistens über das Gesicht fallen, erinnert so eher ein wenig an den Schauspieler Timothee Chalamet, und da nun jeder mein Gesicht durch meinen Auftritt in London kennt, habe ich mir die eine Seite meines Haares in ein Schokobraun gefärbt und lasse mein mittlerweile wirklich langes Pony in unsicheren Gegenden über die Augen fallen. Ansonsten stecke ich es hinter das Ohr und lasse mich von Toms neuen Spitznamen „Cruella" aufgrund meiner Haare nicht necken.

„Ich hätte es wissen müssen", murmelt Tom mit zusammengebissenen Zähnen und rauft sich die Locken, „Harrys Freundin ist eine Quatschtüte. Sie hat das bestimmt ausgeplaudert. Und jetzt fragt sich jeder, was für einen Knall ich habe!"

Achtsam lege ich meinen Arm um seine Schultern und ziehe ihn vorsichtig zu mir heran. „Das glaube ich weniger. Sowie die es gerade in den Medien dargestellt haben, machen sie sich eher Sorgen darum, was der Totenschreiber während der Entführung mit dir gemacht hat, dass du danach so etwas tust", versuche ich ihn zu beruhigen und agiere nun dazu wie ein Reflex, der sich in den letzten Wochen entwickelt hat, ihm sanft mit dem Handrücken über die Wange zu streicheln. Tom fällt das alles schwerer als mir. Er denkt viel zu oft an seine Familie, wie es ihnen geht und ob seine Mutter schon aufgehört hat, seinetwegen zu weinen. Sein Herz ist irgendwo. Es ist nicht bei seiner Familie und auch nicht bei mir. Aber ich gebe ihn trotzdem nicht auf.

Es gibt zu viele Momente, in denen sein Herz nur bei mir ist. In denen er mich hingebungsvoll küsst und fest an sich gedrückt hält, so, als befürchtet er, ich könnte ein zweites Mal verschwinden. Momente, in denen ich unser Zuhause vollkommen spüre und sagen kann, dass ich es nie wieder verlieren will, weil dort bin ich geborgen, dort kann ich sein und dort ist jemand, der immer auf mich wartet, der bereit ist, alles für unser Happy End zu tun. Und Momente, in denen er mir sagt, wie sehr er mich liebt und wie dankbar er dafür ist, dass ich ihm geholfen habe, auf seinen Weg zurückzufinden. Er hat mir immer noch nicht verraten, warum er so davon überzeugt ist, aber es gibt auch gerade wichtigeres.

Das Verlangen in ihm... Der Totenschreiber hat es irgendwie geschafft, in Tom dasselbe Verlangen vorzulocken wie es schon von meiner Geburt an in mir schlummert. Die Medien haben bereits von seinem ersten Anfall Wind bekommen, und ich weiß, wie schrecklich man sich in solchen Augenblicken fühlt. Schließlich habe ich das alles schonmal durchgemacht.

„Mach dir keinen Kopf." Ich widme ihm einen warmen Kuss auf die Wange und bleibe an seinem Ohr hängen. „Du wirst das Verlangen los sein, ehe du sie wiedersehen wirst. Wir finden einen Weg, um diese Höhle endgültig zu beenden."

Tom seufzt und vergräbt sein hübsches, verzweifeltes Gesicht an meiner Schulter, während ich ihn wie ein weiterer Reflex, der sich in den Wochen entwickelt hat, in meine Arme schließe. Mein Kinn stütze ich dabei auf seinen Haaren ab und atme tief den frischen Duft von Sonnenlicht und karamellisierten Zucker ein. Toms Geruch wird mit jeder Woche süßer, und ich habe mal gehört, dass Leichen nicht modrig und verdorben riechen sondern süß. Und vielleicht nehme ich den Prozess von Toms Seele wahr, wie das Verlangen langsam seine Seele zerrüttet und aus ihn jemand macht, der zu viel schwarz trägt, sich verzweifelt an einer Person hält, ehe er völlig zerfällt, und dessen Seele süßlich nach Verderben duftet. Ich hoffe jedes Mal, wenn ich an einem neuen Tag aufwache, dass ich diesen Prozess endlich gestoppt habe, und dann legt Tom seinen Arm um mich, küsst mich auf die Stirn und mit ihm kommt ein supersüßer, unwiderstehlicher Duft, der ein weiter Teil seiner Seele zerstört hat. Ich glaube nicht, dass er stark genug ist, um sich selbst zu retten. Also bin ich dazu verpflichtet, es zu tun. Das machen Geliebte schließlich. Was der andere nicht tragen kann, trägt der andere für ihn.

„Ich hoffe es, Feathergirl. Und wenn nicht, ist mir das gleich, solange ich bei dir bleiben kann", wispert er gegen mein schwarzes Blusenkleid und vielleicht tragen wir beide einfach zu viel Schwarz in den letzten Wochen. Tom richtet sich wieder auf, pustet sich ein paar Locken aus der Sicht und dann lächelt er mich mit seinen schönen, braunen Tiefen an. Sie verlieren noch nicht an Sonnenlicht. Zum Glück. Es würde mir das Herz brechen, würde ich sehen, wie mein geliebter Sonnenjunge sein einzigartiges Licht verliert. Solange das noch da ist, weiß ich, dass ich noch nicht verloren habe. Dass ich ihn noch retten kann, ehe das Schlangengift ihn völlig verpestet hat.

„Hat er sich schon gemeldet? Langsam habe ich diesen schlechten Tee satt." Tom verzieht angewidert das Gesicht und blickt zu seiner grünen Brühe, die er bis jetzt noch nicht angerührt hat. Teekochen ist eben keine einfache Sache.

Seine Worte lassen mich nach meinem Handy in meinem kleinen Lederrucksack kramen. Noch keine neuen Nachrichten, lese ich auf dem Bildschirm. „Leider nein. Ich denke, sie wollen unsere Geduld testen. Oder wir müssen sie doch selbst suchen", antworte ich ihm und lasse den Kopf in den Nacken.

Es ist nur eine spontane Idee von uns gewesen, im DarkNet ein Bild von dem Ring des Totenschreibers zu posten und zu fragen, wie man ein Teil dieser Schlange werden kann. Kaum ist eine Stunde vergangen, hat uns tatsächlich jemand geschrieben. Es gibt eine Organisation in Norwegen, die mit dem Symbol dieser Schlange wirbt und von einem Verlangen spricht, dass in jedem von uns geweckt werden kann. Wir haben uns natürlich als Neulinge ausgegeben, die dieses Verlangen in sich erwecken wollen. Sofort hat er mir das nächste Dorf in der Nähe der Organisation geschickt. Mehr aber auch nicht. Jetzt sind wir schon seit fast einem Monat hier und kommen nicht weiter, da er uns noch keine weitere Nachricht geschrieben hat.

Wir haben nur nicht so viel Zeit, um noch weitere Monate ahnungslos in Norwegen zu verbringen. Tom wird immer anfälliger für das Verlangen. Er träumt schlecht und murmelt oft vor sich hin, wie er eine ganz bestimmte Person umbringen will. Und diese Person ist Bill.

Hoffentlich hat er mehr auf sein gebrochenes Herz gehört und sucht nicht nach mir. Ich kann mir nicht ausmalen, was passiert, wenn sich die beiden erneut treffen. Vor allem jetzt, wo Tom ebenfalls von dem Verlangen besessen ist. Es schwärzt nicht nur seine Seele, es nimmt ihn auch an Vernunft.

„Wieso schreiben wir ihm nicht einfach, wer du wirklich bist? Das würde es vielleicht einfacher machen."

Ich schüttle den Kopf. „Wir wissen nicht, wer sie sind und wie sie tatsächlich sind. Es könnte es einfacher machen, ja, aber es könnte uns auch in Gefahr bringen."

„Was ist, wenn er uns einfach verarscht hat?" Tom versucht einen Schluck vom Tee zunehmen und muss sich sofort anstrengen, um ihn nicht gleich auszuspucken. Nur widerwillig schluckt er ihn herunter und holt tief Luft. „Es muss doch einen anderen Weg geben, um sie zu finden."

„Er hat für mich einen seriösen Eindruck gemacht." Ich lehne mich nach vorne und ziehe langsam den schwachen Geruch von Pfefferminztee ein. Mein Blick wandert direkt in Toms braune Tiefen und ich sehe dort eine Zeitbombe ticken, die fürchterlich angespannt ist. Das beunruhigt mich schrecklich, weil ich nicht genau erkennen kann, wie viel Zeit mir noch bleibt, um Tom zu schützen. Allmählich fange ich an mit den Füßen zu wippen. Dieses Warten macht mich noch verrückt. „Aber ich habe nicht erwartet, dass sie uns so lange warten lassen." Mein Kopf fällt auf meine abgestützte Hand und der Sonnenjunge schaut mich durch seine Locken an.

„Ich wünsche mir, es wäre alles schon vorbei und wir könnten endlich unser Happy End haben", sagt er mit gedrückter Stimme und nimmt meine freie Hand auf der Couch in seine. Sein Blick wird tiefer, durchquert mit einem Mal direkt den Weg ans Ende meines Labyrinths und öffnet mir die Pforte zu unserem gemeinsamen Zuhause. Ich halte den Atem an und lasse mich von dem Sonnenlicht seiner Tiefen einnehmen. Es ist so warm, so sicher und so wunderschön. Hier kann ich gerne bleiben. Am besten für den Rest meines Lebens. „Doch ich weiß, dass das leider nicht geht. Der Totenschreiber wird uns immer verfolgen, wenn wir sein Werk nicht selber vernichten."

„Ja", nicke ich und drücke seine Hand so fest, damit ich ihm vergewissern kann, dass ich da bin und nicht von seiner Seite weiche, „aber wir kriegen das hin, mein geliebter Sonnenjunge. Wir haben schon so vieles durchstanden."

„Hast du Lust, heute Abend nochmal die Nordlichter mit mir zu sehen?"

Im Augenblick gibt es nichts, das mir so viel Stärke verleiht als bei der Liebe meines Lebens zu sein.

{Am Abend}

Tom hält meine Hand in seiner und setzt sich mit mir auf die Holzbank auf einem kleinen Hügel. Wir kommen hier jeden Abend her, wenn wir wissen, dass wir sie abends sehen können. Die wunderschönen Lichter des Nordens. Ich kann nicht wirklich sagen, warum wir so fasziniert davon sind und jede Chance nutzen wollen, aber ich glaube, sie geben uns Kraft zurück. Sie lassen uns in dieser gerade nicht leichten Situation wissen, dass wir es vielleicht morgen schon geschafft haben könnten und unserem Happy End nichts mehr im Weg steht. Und dann ist unser Leben genauso bunt, strahlend und schön wie die Nordlichter.

Sie sind wie ein Spiegel von dem, was uns erwartet, wenn wir diesen Krieg endlich beendet haben.

Ich atme tief ein und aus und lasse die Nordlichter auf mich wirken. Es fühlt sich so an, als würden sie direkt in mich gleiten und mich von all den Schatten befreien, die sich in den letzten Monaten in mir angesammelt haben. Ich habe in den letzten Monaten so viel durchlebt, habe so viel über mich und mein Leben gelernt und über die Liebe, dass ich noch gar nicht behaupten kann, ob ich schon bereit dafür bin, erwachsen zu werden.

Gerade in diesem Augenblick, wo ich mein Blick auf Tom richte, sehe, wie sich das Nordlicht in seinen Tiefen widerspiegelt und seinen schönen Antlitz erhellt, fühle ich mich mehr wie ein verliebter Teenager als ein Erwachsener, der das Grauen dieser Welt ausschalten will.

Ich frage mich, wie es gewesen wäre, wäre ich ein normaler Teenager gewesen, und dann hätte ich niemals Tom kennengelernt und das möchte ich auf keinen Fall. Die Monate haben mir viel Schmerz gekostet, viel Kämpfen und viele Tränen, aber es hat auch so viele Momente von Licht, Familie und Liebe gegeben, dass ich es wirklich sagen kann.

Ich bin zufrieden.

Ich kann den Verlauf meines Lebens nicht ändern und wie Dinge manchmal enden, aber ich kann darüber entscheiden, was ich daraus lerne. Und mit wem ich dieses abnormale Leben teilen möchte.

Tom ist eine gute Wahl. Nein. Er ist die beste Wahl.

Auf einmal vibriert es in meinem Rucksack und ich hole sofort mein Handy heraus.

Eine neue Nachricht!

Tom verfolgt genauso gespannt wie ich, wie sich die Nachricht öffnet und uns ein knapper Text offenbart wird.

Kaum habe ich die letzte Zeile gelesen, fällt das Handy direkt in den Schnee unter meinen Füßen. Die Nachricht strahlt zu mir hoch und scheint wie Gift für die magische Wirkung der Nordlichter zu sein. Ich habe das Gefühl zu ersticken, breche mit den Knien nach unten und Tom will mich festhalten, ist aber so unvorsichtig, dass er selbst mit in den Schnee fällt.

„Emilia!", keucht er aufgeregt und robbt hastig zu mir herüber, um seine Arme um mich zu schlingen. „Hey, Emilia, alles gut! Wir müssen das nicht tun. Wir können..."

„Nein!" Mein Herz bricht auf eine brutale Weise auf, die ich noch nicht kenne, und Tränen treten mir in die Augen. „Verstehst du nicht, Tom?! Wenn nicht wir... dann wird es jemand anderes von ihnen tun!" Ich schluchze auf.

„Es tut mir leid, mein geliebtes Feathergirl." Tom drückt mein Gesicht gegen seine Brust und küsst mich mehrmals auf die Stirn, doch mich erreicht nichts mehr. Ich nehme nur den Schmerz wahr und sehe ständig diese giftigen Wörter vor meinen Augen flackern wie ein Warnsignal.

„Wie jedes neues Mitglied müsst ihr noch eine Mutprobe überstehen, um euch als würdig für die große Schlange zu beweisen. Es gibt ein altes Mitglied mit dem Namen „Bill Skarsgard", das schon vor längerer Zeit unser Nest verlassen hat. Nun wissen wir, dass er uns und die große Schlange verraten hat. Dafür müssen wir ihn bestrafen.

Es ist eure Aufgabe, ihn umzubringen.

Meistert ihr diese Aufgabe, wird euch die große Schlange mit ihrem gierigen Verlangen krönen und dann gehört ihr zu uns.

Ihr habt dafür drei Tage Zeit. Das Zielopfer ist bereits in eurer Nähe. Also wird es keine Schwierigkeit für euch, ihn zu finden.

Wir wünschen euch viel Erfolg dabei!

-         Vorgesetzter der großen Schlange

Sie brauchen eine Anführerin, hat meine Mutter gesagt, und die bekommen sie auch.

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