Kapitel 52
"Es sieht sehr gut aus…", stammle ich plötzlich unsicher und sehe wie ein verschrecktes Reh regungslos in die Scheinwerfer, ausgehend von den beiden Scheiben Teigumschlossenen Toast auf meinem Teller, welche mit einem Mal ihren Scham verloren haben, als Elaine wieder nur mit Verständnis für ihren Sohn reagiert, doch selbst ich erkenne die Verletztheit in ihren Augen.
Musik dringt lautstark durch die Decke und lässt mit dem Bass selbst die Gläser in der Vitrine wie bei einer hardcore Punkrockparty vibrieren, als Luke sich die Ohren mit beiden Fingern zuhält und viel zu Laut spricht. "Wenn du willst bring ich dir die Gebärden bei!", auch wenn der kleine Giftzwerg mich dabei feucht anschreit, muss ich zugeben, dass das Angebot wohl recht niedlich ist und ich ihm unbedacht dankbar wie einem treuen Hund durch die Haare wuschle. "Danke ich komm vielleicht darauf zurück" "Los geh schon…", nickt Elaine mir zu die Treppe ebenso nach oben zu folgen, als ich ohnehin mein Essen nicht mehr anzurühren scheine und wie sooft falle ich beinahe über meine eigenen Füße bei dem Hilflosen Versuch besser jetzt als später am oberen Ende der Treppe anzukommen.
Die wenigen Stufen bis ins obere Stockwerk kommen mir so vor wie die endlos Treppe bei Super Mario, wenn man noch nicht genug Sterne gesammelt hat, doch aus irgendeinem göttlichen Zufall schaffe ich es denn noch ohne gebrochene Gliedmaßen das Ende der Treppe zu erreichen, dabei fällt mir erst vor Aarons Tür auf, dass der Endgegner nicht etwa der peinliche, fast panische Abgang vor seiner Familie war, sondern die Tatsache dass eine Zimmertür aus Holz gerade wie ein unüberwindbares Hindernis wirkt. Die Hand bereits zum Anklopfen erhoben, wird mir erst bei dem vibrierenden Türblatt gänzlich klar, das klopfen wohl völlig unpassend ist. Nicht nur dass bei der Lautstärke auch ein Hörender ein Klopfen nicht vernommen hätte, selbst wenn dieses presslufthammermäßig das Türblatt systematisch in Einzelteile zerlegt hätte um aus den Spänen ein neues Ikea Billy Regal zu pressen. Nein schon gar nicht wenn hinter dieser Pforte ins Land meiner Träume Töne überhaupt keine Rolle spielen.
Die Songs dröhnen unangenehm in meinem Trommelfell wieder und wenn Aaron noch die zarte Chance auf Hören gehabt hätte, würde jetzt wohl spätestens das letzte Haar ausfallen welches die Nervenimpulse in der Pfütze aus Flüssigkeit des Innenohrs noch in Schwingungen zu versetzen versucht hat. Ich pack mich gedanklich selbst am Sack und zwinge mich ohne die Erlaubnis meines Herrn und Meisters der Ohrenfolterkunst die Tür vor mir auf zu schieben um in Aarons ganz privates Reich zu treten.
Ich weiß nicht was ich hier eigentlich erwartet habe, aber bis auf eine Ecke am Fenster, welche mit einem Stück Farbverschmierten PVC Boden ausgelegt ist, wirkt Aarons Zimmer erst einmal Recht Normal auf mich. Weiße Gardinen wehen vor dem gekippten Fenster auf dessen breiter Fensterbank Aaron sitzt und seinen Blick zu dem Leben auf der anderen Seite gerichtet hat. Das graue anliegende Shirt zeichnet seine umwerfende Figur verführerisch unter dem dünnen Stoff ab und ich komme gar nicht dazu meinen Blick im Zimmer schweifen zu lassen, denn ich bin viel zu sehr damit beschäftigt nicht wie ein ausgehungerter Wolf vor einem frisch erlegten Hirsch auf dem Goldteller los zu sabbern und meine primitiven Gelüste Aaron gegenüber wieder in den Griff zubekommen, ohne mich selbst Geiseln zu müssen, denn allein der Anblick seiner aus dem Kragen heraus luckenden Halsmuskulatur lässt meinen Testosteronhaushalt wie an der Börse ihren Gipfel erreichen und einen Moment habe ich Sorge das sein Anblick meine Klicker zu gespannten Granaten heran zuzüchten versucht.
Einzig die Tatsache dass Aaron unendlich traurig wirkt lässt den vollbesetzten ICE geradewegs an die Wand krachen, als ich die Musik aus der unübersehbaren Bassbox auf ein für mich aushaltbares Level herunter drehe. Unsicherheit ziert unsere Züge gleichermaßen, als Aaron sich von der Aussicht löst und unsere Blicke sich einen langen unangenehmen Herzschlag lang treffen. Mir fehlen die Worte, als ich mir unsicher was ich tun oder sagen soll in die Haare greife um den angeborenen Fluchtinstinkt selbst weg zu streicheln. Zu gerne hätte ich ihn getröstet, ihn aufgebaut, doch wieder muss ich mit erschrecken feststellen, dass ich kaum etwas von meinem Liebsten weiß, außer das die Malerei und laute Musik wohl Teile seiner Leidenschaften sind.
"Ich weiß nicht was…", beginne ich meiner Unsicherheit stammelnd Platz zu machen, als mir die etlichen Mangas und Comics in seinem Schrank voller Büchern hinter den daran gelehnten Leinwänden in den Blick fallen. "Sind das Comics?", verwerfe ich unbedacht meinen vorherigen Versuch, etwas zu verstehen, für das es vielleicht einfach noch viel zu früh ist, als Spiderman mir vertraut entgegen lacht. "Ich wusste garnicht das du auch sammelst", quatsche ich weiter auf meinen Wehrlosen zuhörer ein und finde durch meinen Helden wohl auch zu meinem eigenen Selbstbewusstsein zurück, als ich mich samt dem neuesten Comic uneingeladen auf seinem Bett platziere.
Diesmal ist es Aaron der einen Moment braucht bis er die Situation gänzlich zu fassen beginnt, denn er ist wohl ebenso davon ausgegangen das ich nur hereingekommen bin um ihn auf die eben mehr als unangenehme Situation anzusprechen. Einladend klopfe ich neben mich auf die Decke mit dem dunklen Bezug, als die Mundwinkel meines Farbkleckses wieser nach oben schnellen und er sich tatsächlich ebenso in den Schneidersitz neben mich begibt, als wäre davor nie etwas gewesen.
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