Kapitel 27
Ich fühle mich wirklich wie ein hardcore Stalker als ich meinen Stammplatz in der Bibliothek gegen die dreckige Fensterbank des zerfallenen Künstler Blockbaus eintausche, als ich Abends nach meiner von Till aufgezwungenen Unizeit nachsehen gehe ob er wieder an seinen Bildern weiter arbeitet, doch noch ist es im inneren Dunkel. Meine Schulter hinterlässt einen verschmierten Abdruck an der Scheibe, als ich mir mein peinliches Geschmiere vom Vortag noch einmal ansehe. Irgendjemand hat wohl verstanden das jenes Rechteck mit den gekritzelten Linien in dem kleinen Viereck ein Buch darstellen sollte, denn der wesentlich talentierte Maler hat es immerhin geschafft mit einigen Ergänzungen dem Buch auch eine gewisse Dicke und Perspektive zu verleihen.
Till, und vor allem dem Frieden mit meinen nervigen Eltern zu Liebe, schiebe ich mir den Strohhalm meiner Monster Capri Sonne zwischen die Lippen und blättere noch etwas in meinen heute angefertigten Aufzeichnungen herum, bis die Sonne wie die letzten Studenten auf dem Campus an mir vorbei gezogen sind und es langsam wirklich schwierig wird, überhaupt noch irgendwas in dem rotgrauen Licht zu erkennen, welches mich mit der irgendwie angenehmen Farbe umschließt. Für einen Sommerabend ist es heute eher frisch und ich habe nicht das Gefühl dass mein Green Day wirklich noch auftaucht, zumal die Türen bereits seit einiger Zeit wieder vom Hausmeister abgesperrt wurden.
Gerade als ich meinem sich langsam einstellenden Harndrang nachgeben will und mich auf den Weg nach hause machen möchte, strahlt mich jedoch das Licht aus dem Inneren an und der hübsche Maler beginnt ohne mich am Fenster zu bemerken seine Staffelei zu positionieren. Natürlich wieder so das ich nicht sehen kann was er da drin produziert. In dem kleinen Raum bewegt er sich so selbstsicher dass man keinerlei Zweifel daran hat dass er nicht genau weiß in welchem der vielen Schränke er nach seinen Sachen suchen muss und da ist sie auch wieder die Lärmende laute Musik welche selbst die Scheibe an der ich lehne zum dröhnen bringt. Ich hab sie ja fast schon vermisst! Mein Herz macht einen Sprung, als ich klopfend an das Glas hämmere und sein Blick tatsächlich auf mich fällt.
Checkpot! Das warten hat sich gelohnt! Mit wilden Gesten deute ich auf mein Gekritzel vom Vortag als der junge Mann im Halogenlicht des Raumes zart Lächelt, doch im nächsten Moment wieder nach seinen ganzen Döschen greift um seine Arbeit fortzusetzen. Sein Ernst jetzt?! Wieder klopfe ich an die Scheibe bis sein Blick erneut mir gehört und fuchtle mit den Armen um ihn zu bitten das Fenster auf zu schieben und mir so das dümmliche herum gehampel zu ersparen. Doch wieder erhalte ich nur ein spitzes Lächeln, welches mich gerade zur Weißglut treibt, anstelle des Glücksgefühl in mir hervor zu rufen. Was stimmt bei dem nicht?!
Genervt blättere ich in meinem Ordner auf eine leere Seite und schreibe mit großen Buchstaben über das ganze Blatt 'Mach mal auf', nur um es gegen die dreckige Scheibe zwischen uns zu pressen. Es dauert bevor er wieder zu mir sieht, sich dann jedoch von seinem Holzbrett löst um selbst nach irgendetwas zu kramen. Ich klopfe und deute auf meine diesmal für ihn lesbare Nachricht an dem Glas, als sein Pinsel in dunklem glänzendem Blau etwas auf ein Stück altes braunes Papier schmiert. Ich spüre wie mir der Atem weg bleibt, als ich erkenne das er auch etwas zu schreiben scheint und ich voller Erwartung in das beleuchtete Innere starre. Dementsprechend schockiert ist mein Ausdruck wohl als er in dickem Blau ein einfaches 'Nö!' anhebt und mir damit die Kinnlade aufklappt.
Ich reiße die Seite heraus und lasse sie unbeachtet auf den Boden fallen um mühselig mit meinem Kugelschreiber ein großes 'Bitte!' an die Scheibe zu pressen. Es dauert wieder als er sich nicht einmal die Mühe macht einen neuen Zettel zu schreiben, sondern einfach den Alten kurz anhebt um mir zu antworten. Dieser verdammte... ich muss aus irgendeinem Grund Lächeln, woraufhin er mir ebenso ein kurzes Schmunzeln schenkt. Er ist wirklich besonders und damit meine ich nicht nur besonders Hübsch und Süß, sonder irgendwas an dieser kalten und doch weichen Art bringt meine Gedanken um den Verstand. Ich vergesse das ich eigentlich Pinkeln muss und werfe den nächsten Brief in die Wiese unter mir, um wieder gefühlte Hundert Mal über die selben Buchstaben auf meinem Papier zu kritzeln.
'Dein Name?!', wieder hample ich vor der Scheibe auf und ab und es dauert bis er mir,Beachtung schenkt, doch dieses Mal bekomme ich nicht einmal das Nö gezeigt sondern er malt ungestört an seinem Bild weiter. Ich versuche noch einige Anläufe, doch der unangenehme Druck auf meiner Blase wird mit voranschreiten der Zeit immer stechender, was die aufkommende Frische nur noch bestärkt. Da ich meinen werdenden Sonnenscheinchen, nicht gleich mit nackten Tatsachen begegnen möchte, verfasse ich eine letzte Nachricht für diesen Abend und presse sich ungeduldig an die Scheibe. Wieder dauert es ewig bis er endlich mal aufschaut und 'Muss leider pinkeln! Bis Morgen!', zu lesen bekommt. Jetzt schaut er das erste mal etwas verdutzt, als ob diese Nachricht, wohl mehr als überflüssig gewesen ist, aber ich kann erkennen wie er doch noch mal auf einem Stück von diesem braunen Papier kritzelt. 'Bis Morgen' Bis über beide Wangen breit Grinsend fuchtle ich ihm überglücklich über diese beiden Worte zu und falle beinahe über mein eigenes Fahrrad. Der Sattel drückt ungünstig auf meine Blase, doch selbst wenn ich mich jetzt einnässen würde, könnte der Tag für mich nicht besser enden.
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