sᥱᥴhsᥙᥒddrᥱιzιg
Plötzlich zog alles wie im Film an dem Jungen vorbei.
Er konnte sehen, wie die Spieler der Jefferson Baskets sich auf Taeyhung stürzten, ihm in die Arme fielen und auf den Boden zogen, während alle Schüler jubelnd auf das Feld rannten.
Langsam wanderte Jungkooks Blick zu der Uhr herüber, zu den roten Zahlen, die ihm den Punktestand anzeigten. Mehrmals blinzelte der braunhaarige Junge, rieb sich anschließend mit dem Ärmel die Tränen aus dem Augenwinkel, die ihm die Sicht verschmierten bevor er auch wirklich erkennen konnte, was dort stand.
79:78
Ein überglückliches Wimmern zog durch seinen Körper und er konnte nicht anders, als erleichtert aufzuschluchzen. Sie hatten tatsächlich gewonnen. Die Jefferson stand im Finale, hatte das Unmögliche möglich gemacht und das nur, weil Taehyung über seine Grenzen hinausgegangen war.
Taehyung.
Plötzlich schossen Jungkook die Bilder des Sturzes wieder ins Gedächtnis und er drehte seinen Kopf hastig zurück zu dem Spielfeld und der Traube an Menschen herüber, die sich inzwischen dort gebildet hatte. Sie alle hüpften wild durcheinander, schossen mit Konfettibomben umher und fielen sich glücklich in die Arme, während die Gegner vollkommen erschöpft und zutiefst enttäuscht auf dem Boden hockten.
Zwischen all den Menschen hätte Jungkook den großgewachsenen Jungen beinahe nicht erkannt, als sein Kopf aber plötzlich zwischen einigen Spielern, Fans und Cheerleadern auftauchte. Er hatte wohl am Boden gelegen, nachdem alle auf ihn gesprungen waren und sich nun mühsam wieder aufgerafft. Er schien immer noch Schmerzen zu haben, denn er verzog sein Gesicht einige Male zu einer schmerzerfüllten Grimasse, doch er biss tapfer die Zähne aufeinander und das Lächeln, was sich trotz allem auf seine Lippen gelegt hatte, verdrängte alle Sorgen aus seinem Gesicht.
Und nicht nur aus seinem, sondern auch aus Jungkooks. Auch wenn der Junge sich immer noch sorgte und sehen konnte, dass der Sportler zu kämpfen hatte, war er noch nie so glücklich gewesen. Er freute sich einfach so unglaublich für den Lockenschopf.
Überwältigt von seinen Gefühlen taumelte er ein paar Schritte zurück und ließ sich selig lächelnd auf seinen Stuhl fallen. Einige Minuten saß er einfach so dort, mit dem Rücken an die Lehne gelehnt und den Händen im Schoß verschränkt. Er beobachtete das Treiben auf dem Feld und wie sich die Halle langsam leerte, wobei er Taehyung nie aus den Augen verlor.
Immer wieder erhaschte er einen Blick auf die schweißnassen, dunklen Locken, die dem Basketballer jetzt verwegen in die Augen fielen, da er sein Bandana abgenommen hatte. Inzwischen hatten sich viele Spieler zu Gruppen mit ihren Freunden und Cliquen zusammengefunden und der Großteil der Fans war wohl auf dem Weg zu der After-Match-Party. Taehyung hingegegen hatte sich etwas abseits von allen anderen, neben der Spielerbank an die Wand gelehnt und die Augen geschlossen.
Jungkook überlegte nicht lange. Er hatte nur auf den richtigen Moment gewartet, um endlich zu dem Basketballer zu gehen, ihm zu gratulieren und fragen zu können, ob alles okay sei, ob es ihm gut ginge. Eigentlich hatte er nach ihrem gestrigen Streit keine Lust gehabt auf den Sportler zuzugehen, doch nach all dem, was in dem Spiel passiert war, nach all den Sorgen, die er sich um Taehyung gemacht hatte, musste wenigstens das von ihm wissen. Selbst, wenn Taehyung noch sauer auf ihn sein würde, ein einfaches "mir geht es gut" würde Jungkook schon reichen.
Zumindest dachte er das.
Mit schnell klopfendem Herzen hüpfte er die Treppen der Tribüne herunter und suchte sich einen Weg über das Spielfeld zu Taehyung herüber. Zwischen all den großgewachsenen Sportlern, konnte er die Spielerbank kaum mehr erkennen und verlor sich etwas in der Menschenmasse. Mit eingezogenem Kopf quetschte er sich dennoch weiter durch all die Schüler auf die andere Seite. Immer wieder musste er mit seinen schwachen Armen Leute zur Seite schieben und wurde einige Male finster von oben herab angefunkelt. Die meisten ignorierten ihn jedoch, da sie wohl alle mehr als beschäftigt damit waren, ihren Sieg zu feiern.
Schließlich stolperte Jungkook zwischen den letzten Menschen hindurch und hatte endlich freie Sicht auf Taehyung.
Aber sofort musste Jungkook feststellen, dass der Lockenschopf nun nicht mehr alleine an der Wand lehnte. Ganz im Gegenteil.
Vor ihm hatten sich mehrere Männer mittleren Alters aufgebaut. Sie alle trugen schick aussehende schwarze Anzüge und einige von ihnen hielten wichtig aussehende Mappen in der Hand. Nacheinander reichten sie Taehyung ihre Hand und schienen sich ihm vorzustellen. In die Miene des Basketballers war eine gewisse Ernsthaftigkeit gewandert und das kurze Lächeln, was darin aufblitzte, verschwand so schnell wieder, wie es gekommen war.
Mit scharfen Augen beobachtete Jungkook wie sie Taeyhung einige Fragen zu stellen schienen und dieser sie abnickte oder knapp beantwortete. In dem Kopf des Jüngeren fing es an zu rattern und er überlegte verzweifelt, wer diese Männer wohl sein mochten, bis es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen fiel.
"Natürlich...Sponsoren", nuschelte er realisierend und tummelte sich gleichzeitg wieder etwas unter die Leute. Er wollte jetzt auf keinen Fall Aufmerksamkeit erregen, geschweige denn Taehyung irgendwie aus dem Konzept bringen, denn das würde er wahrscheinlich und das nicht auf gute Weise. Zumindest hatten alle ihre Blickkontakte heute nicht einen Funken Gutes inne.
Dennoch konnte er es nicht lassen, das Gespräch weiter zu beobachten und zu versuchen, irgendetwas aus den Gesichtszügen des Sportlers zu lesen.
Einige Minuten ging das einfach so weiter. Die Männer stellten ihre Fragen und Taeyhung beantwortete sie, wurde jedoch zunehmend lockerer, soweit Jungkook das beurteilen konnte. Taehyungs Sorgenfalte war verschwunden und auf seine Lippen legte sich immer öfter ein zufriedenes Grinsen.
Bei diesem Anblick wurde Jungkook ganz warm ums Herz. Es war schön zu sehen, dass sich Taehyungs Mühen und sein Einsatz tatsächlich bezahlt machten, dass er vielleicht wirklich eines der Sportstipendien bekommen würde, auf das er so sehr hingearbeitete hatte.
Während dem Braunhaarigen das bewusst wurde, flammte ein kleiner Funken in ihm auf. Ein Funken, den er am liebsten sofort wieder gelöscht hätte, doch er schien Feuer zu fangen, je länger seine Augen auf dem glücklichen Basketballer lagen, nahm sein Herz ein und ließ es schneller schlagen. Er wollte nicht daran glauben oder darauf hoffen, aber der Funken hatte sich ganz von selbst in ihm entfacht. Der Funken Hoffnung, dass Taehyung sich ihm gegenüber öffnen würde, ihn anerkennen würde, vielleicht sogar lieben würde, wenn er das Stipendium erstmal bekommen hatte. Vielleicht fehlte ihm einfach nur die Sicherheit, die Stabilität in seinem Leben, um sich auf etwas Neues und Ungewisses einzulassen.
Für einen kurzen Moment senkte Jungkook seinen Blick gen Boden, versuchte sich zu konzentrieren und diese kindischen Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen. Erwartete er das wirklich? Taehyung hatte ihm doch gesagt, dass es für sie beide keine Zukunft gab. Und trotzdem wollte sich dieser kleine Fleck in seinem Herzen unbedingt an diesen Funken klammern.
Langsam hob er seinen Blick wieder an, hoffte darauf nun endlich mit dem Lockenschopf reden zu können, doch was ihm dann in die Augen fiel, löschte nicht nur den Funken in seinem Körper aus, es löschte mit einem Mal alle Gefühle in ihm aus.
Neben Taehyung stand eine der Cheerleaderinnen und der Sportler hatte sie an der Hüfte an sich gezogen. Doch was Jungkook das Herz zu zerreißen drohte, war der Kuss, den der Ältere ihr auf die Lippen drückte bevor auch sie den Männern ihre Hand entgegenstreckte.
Jungkook stand wie festgefroren an seinem Platz, konnte sich keinen Meter mehr bewegen.
In seiner Brust schmerzte es höllisch und er wollte seinen Augen nicht trauen. Aber egal wie lange er noch auf die Szenerie vor sich starrte, egal wie oft er seine Augen zusammenkniff und wieder öffnete, sie stand immer noch dort...an Taehyungs Seite, direkt neben ihm. Sie stand da, wo er keinen Platz gefunden hatte und auch niemals finden würde. Und darüber hinaus hatte er sie geküsst. Er hatte seine Lippen vor den Sponsoren auf ihre gelegt, als wenn es das Selbstverständlichste gewesen wäre.
Dabei hatte er vor einigen Tagen doch noch seine Lippen berührt, voller Hingabe und Leidenschaft. Und jetzt küsste er einfach diese Cheerleaderin? Was dachte Taehyung sich nur dabei?
Doch je mehr Gedanken sich Jungkook darüber machte und je länger er darüber nachdachte, desto mehr baute sich die Wut in ihm auf. Wut auf Taehyung und seine Spielchen, Wut auf ihre beschissene Art von Beziehung, Wut auf die Cheerleaderin und vor allem Wut auf sich selbst.
Fest biss er sich auf den Unterkiefer, als er sehen konnte wie der Basketballer sich von den Männern verabschiedete, diesem Mädchen einen Abschiedskuss auf die Wange drückte und dann mit seiner Sporttasche lächelnd im Kabinengang verschwand.
Jungkook wusste, dass Taehyung wahrscheinlich trotz seines Sturzes und seines angeschlagenen Zustandes zur After-Match-Party gehen würde...vielleicht würde er auch gerade deshalb hingehen. Er selbst war noch nie auf einer dieser Partys, geschweige denn überhaupt auf einer Party außer seinem eigenen oder Yoongis Geburtstag gewesen. Er hatte sich dort noch nie willkommen gefühlt, geschweige denn wurde er dazu eingeladen. Doch heute würde er definitiv zu dieser Party gehen.
Er würde dort aufschlagen und er würde Taehyung zur Rede Stellen, komme was wolle! Denn dieses höllische Brennen in seiner Brust musste aufhören! Er müsste mit ihm reden und seine Wut bekämpfen, denn wenn er es nicht tun würde, dann war er sich sicher, dass in der kommenden Nacht etwas schlimmes passieren würde.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top