Kapitel 20

Kapitel 20

Schon als Chris an ihr herunter sieht weiß er, dass heute der Tag ist, an dem sie auf den Friedhof gehen wird. Es ist zwar schon recht spät, aber noch nicht zu spät, also sagt er dazu nichts. Sie ist ungeschminkt und sie hat eine große Tasche dabei, in der sie wahrscheinlich ein paar Kleinigkeiten für das Grab dabei hat.
»Pass auf dich auf.«, meint er, nimmt sie in den Arm und lächelt ihr anschließend aufmunternd zu.
»Werde ich. Bis dann.«, sagt sie, dann geht sie und verlässt das Set.
Sofort rennt Chris los zu Seb um ihm Bescheid zu sagen, dass er ihr hinterherfahren soll.
»Was geht denn mit dir? Alles okay?«, fragt Seb irritiert, als Chris wie ein Irrer in seinen Trailer gestürmt kommt.
»Du hast die perfekte Chance bei Alex… soll ich dich schnell fahren?«, fragt er und Seb springt sofort auf.
»Ich bin sofort fertig. Wohin überhaupt?«, fragt er und bindet sich seinen Chuck zu.
»Zum Friedhof. Den Grund muss sie dir allerdings selber erzählen.«, sagt Chris, dann gehen beide in das Auto und fahren los.

Alex bleibt vor dem Grab stehen und kniet sich dann dort hin, die Tasche legt sie neben sich ab.
»Hey Mum, hey Dad.«, beginnt sie zu flüstern und die Tatsache, dass sie jetzt hier ist und ihre Eltern nicht, lässt ihr Tränen in die Augen steigen.
»Ich… hoffe euch geht’s gut. Ich sage euch jedes Mal, dass es mir leid tut… so auch dieses Mal. Es tut mir so sehr leid, dass das passiert ist. Es war meine Schuld. Ihr habt das nicht verdient.«, meint sie und holt die Blumen aus der Tasche. Sie nimmt eine der Vasen, die der Friedhof hier anbietet und füllt sie mit Wasser, dann stellt sie die Blumen herein und stellt das Alles dann auf das Grab, ignoriert die Tränen, die ihr das Gesicht hinunter strömen.
»Bei mir ist nicht wirklich viel passiert in letzter Zeit… auf der Arbeit läuft alles gut. Ich habe viel Spaß daran und tolle Leute kennen gelernt. Ich habe euch ja von meinem Ex erzählt… nun ja, ich war neulich bei Steve und er hat mir ins Gewissen geredet. Scheinbar hat er mein Leben doch noch mehr beeinflusst, als ich mir zugestehen wollte. Steve hat mir das klar gemacht, darüber bin ich echt froh.«, erzählt Alex weiter und streicht sich die Tränen aus dem Gesicht, doch es fließen gleich neue nach.
»Ich war so auf meine Arbeit konzentriert, dass ich immer alle abgeblockt habe. Ich habe niemanden mehr an mich heran gelassen, außer freundschaftlich. Ich hatte Angst, dass mir eine weitere Beziehung wieder versucht den Job zu versauen.«, erzählt sie weiter.
»Aber das war falsch. Chris hat mir das oft genug gesagt…«, eine kurze Pause entsteht.
»Ich drehe im Moment wieder mit ihm. Und mit Daniel. Das ist toll. Chris und seine Familie sind mir immer wieder eine große Hilfe, ich bin froh, dass sie mich aufgenommen haben.«, erzählt sie weiter und fängt bitterlich an zu weinen.
»Aber ich vermisse euch trotzdem so doll. Und ich hoffe, dass ihr mir eines Tages vergeben könnt, dass ich euch umgebracht habe. Es ist meine Schuld!«
Obwohl Chris ihr mehrfach versichert hatte, dass es nicht ihre Schuld ist, glaubt sie immer noch, dass sie Schuld ist.
Alex weint einfach weiter, weint sich die Tränen weg, die sie in den vergangenen Wochen aufgestaut hat. Plötzlich hört sie Schritte hinter sich und dreht sich um. Ein paar schwarze Chucks geraten in ihr Blickfeld und sie sieht nach oben.
Seb steht dort, seine Augen blicken traurig auf sie herunter, wie sie dort auf dem Boden sitzt und sich die Seele aus dem Leib heult.
Sofort kniet er sich neben sie und nimmt sie in die Arme.
»Sebastian… woher weißt du… ist ja eigentlich auch egal.«, murmelt sie, dann erwidert sie die Umarmung und krallt sich an seinen Pullover.
»Es tut mir leid.«, meint sie als sie feststellt, dass sie seinen Pullover nassgeweint hat. Unbeholfen streicht sie über die Stelle, so als würde sie glauben, dass der Pullover dadurch wieder trocken wird. Seb hält ihre Hand fest.
»Alles gut, schon in Ordnung.«, versichert er ihr. Dann sind beide kurz leise, bevor Alex schwache Stimme ertönt.
»Das da, Seb… das sind meine Eltern… ich bin nicht Chris leibliche Schwester, sondern adoptiert. Bis ich 16 war habe ich hier gelebt. An meinem sechzehnten Geburtstag war ich auf einer Party. Sie haben darauf bestanden mich abzuholen, obwohl ich ihnen gesagt habe, dass ich mit dem Zug fahren kann. Sie sind nie bei mir angekommen. Ein stark alkoholisierter Autofahrer hat sie gerammt, sie sind gegen einen Baum gefahren und das Auto ist ausgebrannt… verstehst du, was das bedeutet? Sie sind bei lebendigem Leibe verbrannt. Und das wegen mir.«, beginnt sie leise zu erzählen und mit jedem Wort ist Seb geschockter. Er braucht einen kurzen Moment um das alles zu verarbeiten, doch dann stellt er fest, dass Alex keinerlei Schuld hat. Zumindest nicht aus seiner Sicht.
»Alex… sieh mich an. Du hast keine Schuld daran. Du kannst nichts dafür, dass der andere Autofahrer betrunken war und den Unfall gebaut hat.«, meint er sanft und streicht ihr über die Haare.
»Aber… wäre ich nicht auf dieser Party gewesen, dann hätten sie nicht losfahren müssen.«, beteuert Alex.
»Das war alleine ihre Entscheidung. Wenn sie mit dir reden könnten, dann würden sie dir auch sagen, dass dich keinerlei Schuld trifft.«, sagt er, mit dem gleichen, sanften Tonfall, wie eben.
Alex weint noch lange einfach weiter und Seb ist da um sie zu trösten. Das ist der Moment, in dem Alex realisiert, was dieser Mann alles für sie tut und welches Glück sie mit ihm hat.
»Alex, es ist schon spät. Wollen wir wieder zurück gehen?«, fragt er dann und sie nickt, dann steht sie langsam auf. Seb nimmt ihre Tasche, noch bevor sie etwas dagegen machen kann.
»Ich liebe euch, vergesst das bitte nie.«

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