Kapitel 6
Es war ein ganz normaler Montag, so würde ich es zumindest bezeichnen.
Genau zwei Tage war es her, dass ich bei Zack gewesen war und ihn rasierte. Wenn ich jetzt darüber nachdachte, konnte ich immer noch nicht verstehen, wie ich nur auf diese Schnapsidee gekommen war, ihm das vorzuschlagen und wieso ich mich schon den ganzen Morgen fragte, was er wohl gerade so trieb.
Wir waren doch nicht mal Freunde. Bis vor dem Unfall habe ich nichts weiter von ihm mitbekommen, wenn nicht gerade Owen irgendetwas erzählt hatte.
Er hatte eine Familie, die sich um ihn kümmerte, er braucht mich also nicht...aber trotzdem habe ich ihn rasiert, trotz dessen hat er keinen anderen gefragt, sondern hat mich es machen lassen.
Ja, ich sollte es einfach abstempeln und zu den Akten legen. Nichts besonders.
Owen betrat die Klinik und mit ihm kam ein kalter Windzug durch die Tür. ,,Hey", begrüßte er mich, während seine braunen Augen mich skeptisch musterten.
Das war sein Adlerblick, er wusste irgendwas und hoffte bei mir die restlichen Antworten zubekommen.
Und wieso sagte mir mein Gefühl, dass er genau DANACH fragen würde.
,,Hallo, Owen. Die Lieferung der Medikamente ist heute früh angekommen, hilfst du mir nachher?", fragte Ava, die gerade aus ihrer Mittagspause kam und lächelte ihn an.
Auf Owens Lippen schlich sich ein teuflisches Lächeln, was mir galt. Ich richtete mich in meinem Stuhl auf und machte mich auf alles gefasst. Zum Glück war gerade niemand im Wartezimmer.
,,Ich war heute früh bei Zack", fing er an und genoss dabei jedes einzelne Wort. Ich liebte Owen über alles, aber diese Tratschtante genoss gerade förmlich seinen Erfolg.
,,Oh, wie schön. Wie geht es ihm denn?", schloss sich nun auch Lincoln dem Gespräch an, der hinter Ava aus dem Pausenraum kam.
Ich sah Owen warnend an, es musste nicht jeder wissen...besonders weil es doch keine große Neuigkeit war oder? Nur das Zack nicht mehr aussah wie ein Neandertaler.
,,Ach, das übliche. Wortkarg und schlecht gelaunt", antworte Owen auf Lincolns Frage, wobei er einen abwehrende Handbewegung machte, als wäre es wirklich nichts neues.
,,Aber dafür sah er gut aus, er hat sogar seinen Bart verloren", rührte Owen weiter um den Brei herum und lächelte mich breit an.
Ava hingegen zog eine ihrer blonden Augenbrauen hoch und sah ihn verwirrt an, als würde sie gleich fragen wollen, was daran jetzt so besonders war.
,,Die liebe Ella war ihm dabei anscheinend eine große Hilfe", enthüllte er nun seine Erkenntnis und ich wollte am liebsten mein Kopf auf den Schreibtisch schlagen.
,,Wie kam denn das?", fragte Ava sofort und schneller als ich zusehen konnte, war sie schon hinter der Rezeption und setzte sich auf meinen Schreibtisch, um mich breit an zulächeln.
,,Das ist doch keine große Sache", wehrte ich ab und zuckte mit den Schultern, bevor ich Owen einen bösen Blick zu warf.
,,Oh doch, mein Schatz. Zack hat uns nämlich allen verboten, ja nur auf den Gedanken zu kommen, ihm zu helfen", warf Owen freudestrahlend ein und tänzelte förmlich in den Pausenraum, um sich umzuziehen.
Lincoln, der immer noch in der Tür gestanden hatte und das Gespräch verfolgte, musste sich nur ein Lächeln verkneifen.
,,Hast du nicht irgendetwas zutun?", fragte Ava ihn zuckersüß und machte ihm damit deutlich, dass er hier gerade nicht gebraucht wurde. Er verschwand in seinem Sprechzimmer und nun saß ich auf dem heißen Stuhl.
,,Du und Zack also?", fragte Ava und ihr Lächeln wurde breiter. ,,Da ist rein gar nichts. Ich habe ihm dabei nur geholfen und dann bin ich wieder nach hause gefahren", erklärte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
Aber wie ich meine beste Freundin kannte, würde sie nicht locker lassen. Zugebender Weise, war ich ja damals bei ihr und Lincoln auch nicht besser. Hatte ich das jetzt verdient?
,,Achja", sie wackelte mit ihren Augenbrauen und ich atmete laut aus. Auf diesen Moment hatte sie doch gewartet? Dass sie mir das alles heimzahlen kann.
,,Ava, da ist wirklich nichts. Wie Owen schon gesagt hat, er ist total schlecht gelaunt...du hättest ihn mal erleben müssen, als er gesehen hat, dass ich seine Küche aufräumen wollte...", aber bevor ich weiter reden und realisieren konnte, was ich da überhaupt sagte, war es schon zu spät.
,,Du hast seine Küche aufgeräumt?", kam es nur aus dem Pausenraum und ich betete, dass ein Loch unter meinem Bürostuhl aufgeht. Ein tiefes Loch, in welchem mich niemand mehr findet.
So verging auch der restliche Arbeitstag. Mit Fragen, Sticheleien und weiteren Fragen. Wenigstens warf mir Lincoln ab und zu ein mitleidigen Blick zu. Wenigstens einer.
Dank den ganzen Fragen, die mich immer mehr daran erinnerten, was Zack gerade so durch machte, blieb mir fast schon keine andere Wahl.
Mein innerer Helferinstinkt, der laut Owen viel zu stark ausgeprägt war, schrie förmlich, dass ich einen Umweg machen sollte und nochmal bei Zack vorbeizuschauen.
Er war schließlich auch für mich da, als mein Opa starb. Aber das ist schon sieben Jahre her. Trotzdem, dafür habe ich mich bei ihm nie richtig bedankt, also kann ich es ihm auch zurückgeben.
Wenn er meine Anwesenheit nicht will, kann er mich schließlich auch wieder wegschicken, oder?
Als ich an Zacks Haus ankam, sah es aus wie immer. Naja wie soll es auch schon anders aussehen?
Die Kraft es neu zu streichen hatte er nun schließlich nicht. Ich lehnte mein Fahrrad an das Geländer der Veranda und lief langsam die drei Stufen herauf.
Was suchte ich hier eigentlich?
Zack wollte keinen Besuch, das wusste ich...zumindest predigte das Owen. Aber Owen war sein Bruder. Vielleicht wollte Zack auch einfach nicht seine Familie um sich herum...aber das gäbe genauso wenig Sinn.
Es war einfach nur dämlich hier zusein. Aber nun war ich es, also konnte ich auch einfach mal vorbeischauen. Nur kurz.
Die Tür war wie immer nur angelehnt und als nach meinem dritten Klopfen keine Reaktion kam, trat ich einfach ein.
,,Zack?", rief ich in die Stille. Jedoch regte sich nichts. Er war nicht hier.
Aber wieso ließ er dann einfach die Tür auf? Himmel, es wird doch niemand eingebrochen sein?!
Okay, ich sah definitiv zu viele Filme, dass ich wirklich für einen kurzen Moment dachte, dass es im Bereich des Möglichen lag.
Unter dem Türschlitz seines Schlafzimmers schien Licht...okay vielleicht schlief er ja schon.
Gerade als ich die Haustür wieder hinter mir schließen wollte, hörte ich einen schmerzerfüllten Schrei. Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich rannte einfach los, dabei stieß ich gegen Zacks Kommode, aber es war mir egal. Ohne weiter darüber nachzudenken, riss ich die Tür des Schlafzimmers auf.
Und was ich da sah, raubte mir den Atem.
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Vergiss das ☆ nicht, wenn dir das Kapitel gefallen hat^^
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