Sienna und William - Teil 1

Türchen 16

Weitere drei Jahre Später

Sienna

Sie schlich sich durch den Flur und dann direkt in Williams Zimmer, das er dieses Jahr nur noch selten bewohnt hatte. Er war Anfang des Jahres ausgezogen um zu studieren. Auch wenn ihm Wirtschaftswissenschaften wenig Spaß machten, war er bestrebt das Restaurant von Vater Callahan zu übernehmen und Sienna war deswegen stolz auf ihn, auch wenn sie ihn deshalb nur noch selten sah. Am Anfang war sie wütend gewesen weil er gegangen war, aber letztendlich konnte sie ihm nie wirklich lange böse sein. Dafür liebte sie ihn zu sehr.

„Wo gehst du den hin?", fragte Lucan verschlafen und glitt in nichts weiter als einer Unterhose aus seinem Zimmer Richtung Bad. Sienna verzog das Gesicht und keifte ihn an anstatt ihn zu antworten
„Kannst dir zumindest etwas anziehen, is' ja eklig!" murrte sie und Lucas grinste daraufhin nur spöttisch und versuchte seine durcheinander geratenen dunklen Haare zu glätten.

„Beschwerst du dich bei William auch so?", fragte er frech und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen. Sienna erschauderte. Es war merkwürdig, aber während sie sich zu William als Frau hingezogen fühlte, war es bei Lucas ... naja ... er war eben Lucas. Ihr Bruder, ihr Zwilling, aber nicht mehr. Sie liebte ihn auch. Selbstverständlich tat sie das, aber er war eben einfach ihr Bruder. Und sie fand es eklig ihn so zu sehen.

„Nerv nicht und geh wieder ins Bett!"

„Damit Mum und unsere Dads nicht herausbekommen, dass du dich zu ihm schleichst?", fragte er weiter und diesmal mit Absicht etwas lauter. Die obere Etage hatten die Kinder normalerweise für sich mit der Ausnahme, dass Hawkes Arbeitszimmer sich auch hier befand und er arbeitete manchmal bis tief in die Nacht. Sienna zischte und hielt sich den Zeigefinger vor die Lippen während sie ihn strafend ansah, manchmal war Lucas einfach nur blöd!
„Sei ruhig, du Idiot. Sonst sorge ich dafür, das Julie dir nicht nochmal vergibt!" forderte sie und erinnerte ihren Bruder daran, dass er es diesen Sommer etwas übertrieben hatte, als er mit einem anderen Mädchen ausgegangen war. Julie war so traurig gewesen das sie sich geschworen hatte nie wieder ein Wort mit ihm zu reden. Sienna war dazu gezwungen gewesen ihrer besten Freundin wieder und wieder zu erklären das Lucas nur manchmal ein Arsch ist und nicht immer und das er nur Zeit braucht. Es war wirklich knapp gewesen, ein Haar und Lucas hätte Julie endgültig vergessen können. So still wie sie war, so dickköpfig war sie auch und so sehr entschlossen sich nicht länger von ihrem Bruder verkohlen zu lassen, der nicht mal mitbekam was für ein Glück er mit Julie hatte. Ja sie war vielleicht ein wenig zu ruhig und nachdenklich aber sie war hübsch und wirklich verliebt in ihn. Welcher Mann kommt schon behauten, so jung eine Frau für sich gewonnen zu haben? Er sollte auf den Knien vor ihr rutschen!

„Man, das mit der anderen war nur ein bisschen Spaß, warum sieht sie das auch so eng?", fragte Lucas und Sienna seufzte ergebend. Eine Frau wie Julie würde immer alles sehr eng nehmen, aber wenn er sich nicht langsam ernsthaft um sie bemühte, würde sie ihm endgültig den Rücken zudrehen. Sie schien ziemlich am Ende mit ihrer Geduld.
„Du bist ein Schwachkopf, Lucas!", entfuhr es Sienna ergebend und sah ihren Zwilling eine Weile lang intensiv an. Er mahlte mit dem Kiefer, schien zu überlegen und zuckte dann mit den Schultern.

„Schon möglich. Aber vielleicht ist sie einfach auch nicht die richtige", murrte er weiter und Sienna grinste ihn an.

„Stimmt, vielleicht hast du recht, sie wäre mit Kain und Peeter wohl besser dran, ich werde es ihr ausrichten", sagte sie kühl und sah erfreut dabei zu wie ihrem Bruder alle Gesichtszüge einfroren.

„Kain und ... Moment! Hey warte mal!", begann Lucas aber da war Sienna schon in kichernd in Williams Zimmer geschlüpft und lachte noch leise als sie die Tür hinter sich zudrückte.
William saß an seinem Schreibtisch, einige Bildschirme vor sich und schien zu lernen als sich sein Kopf in ihre Richtung drehte und er ihr einen fragenden Blick zu warf. Es war fast Mitternacht, morgen war Weihnachten und er saß dennoch an seinen Uniarbeiten als würde sein Leben davon abhängen.
Sienna lächelte ihn aufmunternd an und William schloss etwas resigniert die Augen und fuhr sich mit beiden Händen durch die gewellten blonden Haare, die er mittlerweile extrem kurz trug. Sie waren auch dunkler geworden, weil er den Sommer fast nur in den Vorlesungssälen verbracht hatte anstatt in der Sonne.

Es war auch für sie eine Umgewöhnung gewesen, sie hatte ihn das gesamte Jahr über vermisst und fühlte sich seltsam alleine. Das kannte sie nicht.

„Was hast du wieder angestellt?", fragte William und Sienna setzte ihr schönstes Lächeln auf und klimperte unschuldig mit den Wimpern.
„Hab dafür gesorgt, das Lucas bei Julie endlich zu Potte kommt", meinte sie, überwandte die wenigen Schritte zu ihm und schlang ihre Arme von hinten um seinen Hals. Aber sein Gesichtsausdruck zeigte immer noch keine Freude, das spürte sie. Und sie hörte es auch als er ihren Arm wegschob und ihr sagte: „Ich muss lernen, Sienna und du solltest schlafen."

Sie zog ihre Hände weg und schluckte den kurzen Stich in ihrem Herzen herunter. Von ihm abgelehnt zu werden war ebenfalls neu, aber vielleicht war das auch einfach nur der Lern-Stress.
„Es ist Weihnachten und ich habe dich seit Wochen nicht mehr gesehen, ich möchte nur eine halbe Stunde", bat sie ihn und lächelte wieder als er sich mitsamt seines Stuhls herumdrehte und sie ansah. Er seufzte, legte den Stift beiseite und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Von mir aus, also was ist?", fragte er immer noch wenig begeistert und langsam war Sienna von seinem Verhalten mehr als verwirrt. Er war schon seit seiner Ankunft so merkwürdig. Naja, eigentlich hatte es schon vor Wochen angefangen, als er anfing ihre Telefonate zu ignorieren und ihre versuche mit ihm zu schreiben mit ausreden abblockte. Die Uni musste wirklich schwer sein und sie hatte mittlerweile wirklich das Gefühl ihm im Weg zu stehen.
„Ich hab dich vermisst", gestand sie und er reagierte mit demselben frustrierten Seufzen, das er schon mal am Telefon gemacht hatte, da hatte sie ihm das auch schon gesagt.
„Ich bin hier also was willst du noch?", fragte er, etwas zu aggressiv und Sienna spürte das sich etwas verändert hatte. Sehr. Sie erkannte ihren Bruder kaum wieder, er war ihr gegenüber nie so gemein gewesen, so abweisend so ...uninteressiert. Dennoch versuchte sie dafür Verständnis zu zeigen, setzte sich auf sein Bett und zwang sich zu einem weiteren unbeschwerten Lächeln.

„Ich dachte, wir könnten einfach nur mal wieder reden, es ist viel passiert, seit du ausgezogen bist und ich..."

„Gott, Sienna ich hab dafür wirklich keine Zeit. Mum hat mir schon erzählt, dass du jetzt im Schwimmteam bist und auch wie stolz sie auf deine guten Noten ist, also wenn das alles ist?", fragte er und drehte sich wieder zu seinen Aufgaben und Sienna verstand, dass seine schlechte Laune wohl nichts mit der Uni zu tun hatte, sondern er wahrscheinlich auf sie sauer war.

„Hab ich was falsch gemacht? Du bist so komisch zu mir und ich habe..."

„Keine Ahnung, vielleicht liegt es daran, dass du mir mit deinem ständigen hin und her auf die Nerven gehst!" fuhr er sie direkt an und Sienna öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder. Sie wusste was er meinte, hatte aber keine Ahnung, dass es ihn so verletzt hatte. Sie hatte im Februar eine Einladung von einem Jungen angenommen, der sie zum Abschluss ausgeführt hatte. Aber doch nur, weil William nicht mit ihr hingehen konnte und es war auch nichts zwischen ihr und diesem Jungen passiert! Sie hatte William doch sogar gefragt, ob das für ihn in Ordnung war!

„Wenn es um Grek geht: Da war nichts, wir haben nur getanzt und ich wäre viel lieber ist dir hingegangen und..."

„Das ist es nicht alleine, Sienna. Du machst mich langsam wirklich wahnsinnig. Ich lebe seit zwei Jahren wie ein verdammter Mönch, weil du ständig einen Rückzieher machst. Da ist kein Vorwurf. Wenn du noch nicht so weit bist, ist das in Ordnung, aber fang nicht an und brich es dann wieder ab!" fauchte er sie an und langsam wurde Sienna bewusst, dass sie eine ganze Menge falsch machte. Sie rieb sich die Oberarme, weil sie das Gefühl hatte, dass es einige Grad kälter geworden war und sie nichts sagen konnte was seinen Zorn etwas milderte.

„Tut mir leid, ich mache das wirklich nicht mit Absicht", meinte sie lediglich und er drehte sich wieder zu ihr um, sein Blick war nun ruhiger aber nicht weniger verzweifelt.

„Ich weiß, Sienna. Doch das hilf nicht", sagte er wahrheitsgemäß. Dann sahen sie sich eine Weile an und da Sienna keine Ahnung hatte, was sie sonst tun sollte, beschloss sie das zu tun, was er verlangt hatte und ging einfach. William hielt sie nicht auf.

Beta:Geany

Dass ich Saddest falsch geschrieben habe, ignorieren wir an dieser Stelle 😜

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