Julie und Lucas - Teil 1

Kapitel 17

Julie

Der Schnee fiel einmal mehr erstaunlich zeitig dieses Jahr und während ihre Mutter die dicken Flocken mit Begeisterung betrachtete, fühlte Julie einmal mehr gar nichts. Das einzige was sie daran erinnerte, dass sie tatsächlich noch lebte, war die Hand ihrer kleinen Schwester, die ihre festhielt als spürte sie genau die tiefe Trauer in Julies Herzen.
„Setzt euch in die Gondel Kinder, sonst kommen wir zu spät zum Essen!", sagte ihr Vater Lucan und schob beide Mädchen in Richtung des automatischen Wagens, den sie bestellt hatten während ihr anderer Vater Kieran längst drinnen saß und versuchte die Begeisterung seiner Partnerin zu zügeln.
„Ich liebe Weihnachten", seufzte Saddest und betrachtete ihre jüngste Tochter, die das Lächeln sofort erwiderte, bevor ihr Blick auch zu ihr glitt und etwas Hilfloses annahm. Natürlich wusste Jolie, dass ihre Mutter sie nicht weniger liebte, als ihr zweites Kind. Aber es fiel ihr leichter mit Mina umzugehen als mit ihr selbst. Das nahm sie ihrer Mutter nicht übel, wusste doch Julie selbst nicht was mit ihr manchmal nicht stimmte. Nur ihr Vater Kieran schien zu begreifen was in ihr vorging weil er ähnlich fühlte, aber er war wenigstens nie alleine gewesen. Er hatte seinen Bruder gehabt, der ihm half. Julie half niemand dabei die Gefühle um sich herum zu verstehen oder ihre eigenen.

„Callahan macht sicher wieder Braten, das wird großartig! Verkündete Lucan und legte väterlich eine Hand auf Julies Kopf und grinste breit.
„Lächeln, Schatz. Du bist sehr viel hübscher wenn du lächelst und Lucas mag das sicher auch viel lieber!", verkündete er und zwinkerte ihr zu was Julie aber wenig aufheiterte. Sie wünschte sich wirklich, ihre Eltern würden sich aus ihren Angelegenheiten heraushalten und vor allem, aus allem, was mit Lucas zu tun hatte. Sie war schließlich fast sechzehn. Es hatte allerdings sowieso keinen Sinn, Lucas war freundlich zu ihr aber mehr auch nicht. Sie hatte lange gebraucht um zu verstehen, dass Männer, die freundlich zu einem waren, nicht gleich automatisch mehr wollten, das hatte sie erst in den letzten Jahren wirklich begriffen. Lucas hatte als Nolan wahrlich genug Frauen die was von ihm wollten. Einfachere Frauen, Frauen dessen genetische Reinheit nicht infrage stand und vor allem Frauen die nicht so viele Probleme bei so einfachen Dingen wie Gefühlen hatten.
„Lass sie, Lucan! Ich denke da sollten wir uns raushalten!", meinte Vater Kieran und Julie warf ihm einen kurzen Blick zu, der ihrer Dankbarkeit Ausdruck verleihen sollte. Ob er das verstand, war allerdings fragwürdig, wie gesagt: Sie war nicht gut in sowas!
Der Rest der Fahrt bis zum Haus der Nolans verging sonst ruhig und wie immer. Wenn sich das jährliche Treffen näherte, freute sich ihre Mutter umso mehr. Sie hatte in Sin Nolan, Lucas Mutter, eine gute Freundin gefunden und war immer hell begeistert wenn sie eingeladen wurden. Und so stürmte sie regelrecht aus dem Wagen als sie vor der Haustür hielten und Sin, die bereits in der Tür stand, empfing Julies Mutter mit einer offenen Umarmung.

„Schön, dass ihr Mal wieder hier seid!", meinte sie schnell und drückte auch Kieran und Lucan kurz bevor sie Julie ein breites Lächeln schenkte.

„Julie, Gott du wirst von Mal zu Mal hübscher und Mina ist ja auch schon so erwachsen!", verkündete sie fröhlich und Julie ließ die Umarmung über sich ergehen bevor sie das Haus betrat und in aller Höflichkeit Sins Partner begrüßte und damit auch Lucas Väter, Logan, Callahan und Hawke. Dann wurden sie auch schon ins Wohnzimmer geschoben, wo man von Weihnachtlicherstimmung und Dekokram regelrecht erschlagen wurde. Auf der Couch saßen Sienna, die trotz des Lächelns irgendwie bedrückt aussah und Lucas, der in seinen Kommunikator vertieft war und die Neuankömmlinge erst registrierte, als Sienna ihm auf den Arm schlug.

„Aua! Mensch, Sienna!", fauchte Lucas seine Zwillingsschwester an und bemerkte dann Julie.

„Hey", begrüßte er Julie wenig herzlich. Zumindest kam es ihr so vor, aber was wusste sie schon von Gefühlen?
„Hey." Erwiderte sie viel zu leise und ging dann wieder durch das Zimmer um sich auf die Fensterbank zu setzen und auf den verschneiten Garten hinauszublicken. Damit beschäftigte sie sich fast jedes Jahr. Ab und an suchte sie mit den Augen nach Lucas, doch der schien immer weniger an diesem Weihnachtstreffen interessiert zu sein und schrieb sich die ganze Zeit mit seinen Freunden. Erst als William auch endlich kam und Julies Eltern so herzlich begrüßte, schien in Sienna wieder etwas leben einzukehren. Sie näherte sich ihrem Bruder vorsichtig und versuchte eine Hand nach ihm auszustrecken, doch der behandelte sie erstaunlich kühl und Sienna nahm ihre Hand wieder runter.

Julie legte den Kopf schräg. Sie verstand nicht viel von dem, was zwischen Menschen vor sich ging, aber sie war sich fast sicher, dass irgendetwas zwischen den beiden vorgefallen war und wurde in diesem Verdacht auch bestätigt als Sienna zu ihr ans Fenster kam, anstatt bei ihrem älteren Bruder zu bleiben.
„Habt ihr euch gestritten?", fragte Julie und Sienna lächelte ihr traurig zu.
„Irgendwie, ja. Ich hab eine ganze Menge falsch gemacht", meinte ihre Freundin und weil Julie wusste, dass es sich so gehörte, legte sie eine Hand auf Siennas, die diese sofort ergriff und mit den Lippen ein „Dankeschön" formte.

„Das werden furchtbare Weihnachten. Ich hab das Gefühl Will endgültig zu verlieren und du und Lucas tretet auch nur auf der Stelle", meinte Sienna und lehnte sich an die kalte Scheibe.
„Du kannst William nicht verlieren, ihr seid für einander bestimmt und ich bin über Lucas hinweg", meinte Julie aber ihre Freundin lächelte ungläubig. 

„Ja klar. Du bist in meinen Bruder verliebt, seit du denken kannst und William ist mittlerweile ausgezogen. Es hat sich zu viel verändert", seufzte sie und Julie beschloss das Thema Lucas einfach zu umgehen. Sie wusste nicht, ob sie Lucas wirklich liebte aber selbst wenn: Es war Zeit loszulassen, denn das er nicht interessiert ist, war eindeutig und tat ihr nur noch weh.

„Über was habt ihr euch gestritten?", fragte Julie und Sienna starrte etwas verträumt zu William und war dankbar, dass diese das Thema Lucas fallen ließ. Es war einfacher sich mit anderen auseinander zu setzen als mit sich selbst.

„Wir hatten immer noch keinen Sex. Immer wenn wir es versuchen bekomme ich Panik und zeihe mich zurück, das ist er einfach leid. Ich meine er ist fünfundzwanzig und er hat mir gestern Abend gesagt, dass er seit zwei Jahren keinen Sex mehr hatte. Mir zuliebe. Da wäre ich auch sauer." Julie hörte ihrer Freundin zu auch, wenn sie die Logik hinter ihren Worten nicht ganz verstand. Für Jolie selbst war Sex noch kein Thema, naja zumindest nicht wirklich. Auch wenn sie sich schon fragte wie es wohl wäre ... mit Lucas. Ob er schon Sex gehabt hatte?

„Hatte Lucas schon ein Mädchen?", fragte sie plötzlich und biss sich sofort auf die Lippen als ihr diese Frage entfleuchte aber Sienna grinste nur breit und schüttelte den Kopf.

„Soweit ich weiß nicht, aber lange kann es nicht mehr dauern, halt dich rann, wenn du willst, dass ihr diese Erfahrung gemeinsam machen wollt. Ich würde euch darum beneiden. Ich hab es immer bedauert, nicht Williams Erste gewesen zu sein."

„Du warst elf oder zwölf" warf Julie etwas irritiert ein aber Sienna zuckte nur mit den Schultern.

„Ich hasse all diese Mädchen, mit denen er Sex hatte. Wirklich jede einzelne.", gestand Sienna und lehnte sich dann an Julie, was diese etwas versteifen ließ, sich dann aber bald entspannte.

„Ich könnte heulen", meinte Sienna und sah weiter zu William, der sich zu den anderen Erwachsenen gesetzt hatte und mit ihnen sprach.

„Bedrängt er dich so sehr?", fragte Julie und Sienna schüttelte den Kopf.
„Nein. Das würde er nie."
„Vielleicht sollte er das. Deine Mutter scheint es auch schwerzufallen, Entscheidungen zu treffen. Das Übernehmen deine Väter", analysierte Julie so gut sie konnte und hatte dennoch keine Ahnung, ob sie damit richtig lag. Sienna sah zu ihr auf.
„Meinst du?", fragte Sienna und Julie nickte, dann legte ihre Freundin den Kopf schräg und sah William durchdringend an.
„Wenn er nicht zulässt, dass ich mich drücke, dann kann ich ihn nicht wieder sauer machen", überlegte sie laut und schien dann nach einigen Sekunden ihren Entschluss gefasst zu haben.

„Julie? Du behauptest immer keine Ahnung zu haben, aber dafür liegst du unheimlich oft richtig!", murmelte Sienna, drückte Julie einen Kuss auf die Wange und ging dann auf William zu. Julie blinzelte einige Male verwundert und fragte sich ob Sienna nicht vielleicht recht haben könnte. Als ihr Blick zu Lucas schwankte, begegnete sie für den Hauch einer Sekunde seinen dunklen Augen bevor er schnell wieder wegsah. War er tatsächlich desinteressiert wie sie dachte oder sollte sie Siennas Worte ernst nehmen und sich auf ihr Bauchgefühl verlassen, das ihr sagte, dass er lediglich schüchtern war?  

Beta:Geany

Das ich saddest falsch geschrieben habe, ignorieren wir jetzt an dieser Stelle. 🤣

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