6 | bakery

Das erste was Louis hört, als er aufwacht, ist draußen auf dem Flur jemand, der hinfällt.

Und dann Geschrei.

Louis hat sehr sensible Ohren und hält jene sich zu, während er sich unter der Decke versteckt.

Sie ist warm und er fühlt sich geborgen, doch etwas stimmt an diesem ganzen Szenario nicht: Er trägt immer noch seine Klamotten.

Louis hat immer noch das Hemd von gestern an und auch die Hose.

Lediglich seine Socken wurden ihm entfernt.

Louis kann sich nur an Bruchstücke der letzten Nacht erinnern und es sind weitaus mehr Gefühle und Gedanken als wirkliche Geschehnisse.

Rasend schnell fährt Louis' Gedächtnis noch einmal durch den gestrigen Abend und hinterlässt einen verschreckten Omega unter der warmen Bettdecke, die plötzlich zu warm für jenen ist.

Louis reißt sich die Decke vom Kopf und keucht. Er starrt an die Decke und realisiert wo er wirklich ist.

Das hier ist nicht seine Wohnung. Das hier ist ein großes Haus. Ein Haus eines Rudels.

Louis schluckt.

Harry. Er kann sich noch an Harrys Blicke erinnern und sogar etwas an Harrys Gedanken.

Trauer.

Daran kann Louis sich erinnern.

Harry hat gelitten. Sehr viel.

Und das wegen ihm? Nicht wegen Louis.

Er kann nicht wegen Louis gelitten haben. Er kennt Louis kaum.

In Louis' Kopf bildet sich ein großes Fragezeichen um die Region, die sich mit Harry Styles beschäftigt.

Er grübelt noch ein paar Minuten, bevor er aufsteht und sich etwas frisches anzieht.

Louis kramt einen großen Pullover von Liam hervor, eine Jogginghose und seine liebsten Kuschelsocken.

Er ist nicht bereit für Mode oder Ungemütlichkeit.

Louis braucht Wärme und Wohlsein.

Er verlässt mit einem vorsichtigen Gesichtsausdruck sein Zimmer, sieht sich auf dem Flur um und tapst dann die Treppe herunter.

Niemand ist in der Küche und allgemein ist es totenstill.

Louis wagt gar nicht zu glauben, dass das hier die Realität ist.

Er beißt sich auf die Unterlippe und flüchtet schnell zum Wasserkocher. Er hat gestern oft genug gesehen wie er bedient wird, so dass es für ihn jetzt kein Problem ist, sich einen Tee zu machen.

Louis stellt den Wasserkocher also an, holt sich eine Tasse aus dem Regal und einen Teebeutel.

Seine Hand schmerzt, als er nach der Tasse greift und nachdem er diese abgestellt hat, sieht er sich seine Handfläche an.

Ein großer Riss ist in der Mitte. Der Riss jedoch ist schon fast wieder verheilt.

Louis runzelt die Stirn.

Das kann nur passieren, wenn einer der Leute seines Rudels ihm all seine Genesung geschickt hat und Louis weiß, ohne es zu wollen, wer das war.

Aber wieso sollte Harry das tun? Immerhin muss er heute arbeiten und Louis bleibt hier. Er weiß zwar nicht, wer heute noch arbeitet, aber Louis ist doch sicher hier wo er ist. Er wird sich sicherlich nicht einfach verwandeln...

Der Wasserkocher klickt und Louis gießt sich das heiße Wasser in seine Tasse.

Er nimmt am Tisch Platz und holt sich danach von irgendwo her Cornflakes, die er sich in eine Schale schüttet.

Louis frühstückt in aller Ruhe und starrt währenddessen seine fast verheilte Wunde an.

Harry hätte sie einfach verbinden können. So schwer ist das nicht.

Nach dem Frühstück geht Louis zurück in sein Zimmer und dann beschließt er zu duschen. Er fühlt sich verschwitzt und ausgelaugt von gestern. So nimmt er sich ein Handtuch und geht in das Badezimmer, welches Harry ihm gestern zugewiesen hatte.

Louis bemerkt, dass eine Wunde zu haben schmerzhaft ist, aber wenn heißes Wasser darauf tropft, ist es noch viel schmerzhafter.

Er presst seine Augen zusammen und wimmert etwas und da passiert es, dass sich etwas in seinem Kopf einschaltet.

Als er auf seine Wunde sieht, verheilt sie. Die Haut schließt den Riss und hinterlässt nicht mehr als eine blasse Narbe.

Es tropft immer noch Wasser auf Louis' Handfläche, aber dieses bereitet ihm nun keine Schmerzen mehr.

Der Duschkopf lässt weiter Wasser auf seinen Kopf regnen, doch Louis lässt sich davon nicht stören. Auch nicht als das Wasser kälter wird.

Seine Wunde ist einfach so verheilt.

Und das nur, weil Harry Styles sein Alpha ist.

Rudelführer.

Das war selbstverständlich was Louis meinte.

****

„Ja, bitte? Was darf es sein?" Harry hat seine Schürze um seine Taille geschwungen und steht hinter der Theke, ein zuckersüßes Lächeln auf dem Lippen.

Die Kundin vor ihm erklärt ihm welches Stück Kuchen, welchen Muffin und welchen Laib Brot sie gern hätte und Harry nickt und packt alles ein und gibt den Betrag ein in die Kasse.

Er nennt ihn der Kundin und gibt ihr die Tüte.

Es ist Mittagszeit und Harry ist ein lieber Boss und gibt seinen Angestellten, die zufällig Perrie und Nick sind, gern mittags frei, um sich etwas zu essen im Bistro nebenan zu holen.

So ist die Mittagszeit, die einzige, in der Harry vorne am Tresen steht und noch einmal mitbekommt wie öde es sein kann zu kassieren.

Als Inhaber des Ladens ist er es gewohnt hinten zu sitzen, Papierkram auszufüllen und beim Backen zu helfen.

Da ist die Arbeit vorne, wie stumpfsinnig sie auch sein kann, manchmal eine nette Abwechslung.

Die Klingel über der Tür schellt wieder, als jemand neues die Bäckerei betritt. jemand, der die Bäckerei noch nie betreten hat.

Louis.

Harry kann sich das Lächeln nicht verkneifen, als der Omega zur Tür herein kommt, zielstrebig zu Harry geht.

„Guten Morgen, Mittag, Louis", sagt Harry mit einem Grinsen.

Louis runzelt die Stirn. „Morgen, Harry."

„Bist du hier um etwas zu kaufen? Denn heute ist dein Glückstag: Such dir etwas aus und ich gebe es dir umsonst mit."

Louis schüttelt den Kopf. „Ich wollte..." Er senkt seine Stimme. „Ich wollte dir sagen, dass du das nicht hättest tun müssen. Das mit der Wunde."

Harry sieht Louis verwirrt an. „Wovon genau redest du?"

Louis seufzt. „Ich meine... Das mit der Wunde Du hast sie über Nacht fast gänzlich verheilen lassen und heute als ich geduscht habe, ist sie einfach zugewachsen, als ich geschrien habe. Ich habe gemerkt, dass du in meinen Gedanken warst und mir helfen wolltest und da ist sie ganz... zu gegangen..." Louis weiß selbst, dass das irrwitzig klingt.

Harry hat den Mundwinkel zur Seite geschoben und immer noch einen sehr analytischen Blick in seinem Gesicht. „Ich.. war das wirklich nicht."

Louis rauft sich verzweifelt durch die Haare und schüttelt den Kopf. „Das war wie Magie, Harry! Das musst du gewesen sein. Ich habe gemerkt, dass du in meinen Gedanken warst!"

Harry seufzt. „Ich war kurz bei dir, ja. Und ich habe deinen Schrei gehört, aber..." Harry beugt sich über die Theke, um noch leiser sprechen zu können. „Ich kann so etwas nicht. Weißt du wie viele Schmerzen das wären, die ich da auf mich nehmen müsste? Meine Wunde wäre größer geworden."

Um es ihm zu beweisen, zieht Harry seinen einen Handschuh aus und zeigt Louis seine Wunde.

Sie sieht nicht wirklich verändert aus. Etwas Kruste hat sich am Rand des Schnitts gebildet.

Louis mustert sie etwas ungläubig und schüttelt noch einmal den Kopf.

„Siehst du?" Harry zieht seinen Handschuh wieder an.

Louis sieht sich in der Bäckerei um. Sie ist klein aber sehr gemütlich und vor ihm in der Theke liegen viele Sachen, die äußerst lecker aussehen.

„Kann ich einen Scone haben?", murmelt er schüchtern.

Harry lächelt wieder und nickt.

„Ich glaube ich esse ihn hier. Und einen Tee, bitte."

Louis nimmt sich beide Sachen mit zu einem der kleinen runden Tische und lässt sich auf einen Stuhl fallen.

Er beobachtet Harry beim Arbeiten und isst seinen kleinen Leckerbissen.

Irgendwann betreten Perrie und Nick die Bäckerei und Louis muss nicht einmal versuchen es zu riechen: Perrie hat sich in ihrer Mittagspause verwandelt.

Der Duft eines aktiven Betas schwingt durch die Bäckerei und Louis scheint nicht der einzige zu sein, dem es auffällt, denn auch Harry rümpft skeptisch die Nase und sieht Perrie warnend an.

Sich in solch... menschlicher Umgebung zu verwandeln ist etwas, dass verboten ist.

Ja, Werwölfe haben vor hunderten von Jahren Gesetze entwickelt.

Gesetze zum Schutz und zur Sicherheit.

Untereinander, miteinander und vor den Menschen.

Wenn ein Wolf gesichtet wird, wird er eingesperrt oder sogar getötet.

So etwas darf nicht passieren, denn stirbt ein Werwolf, ist die Chance groß, dass er sich in seine menschliche Form verwandelt.

So weiß auch Liam, dass die Frau, die im Wald getötet wurde, ein Werwolf war.

Und weil Liam sie flüchtig kannte und sich um sie gekümmert hat.

Nick winkt Louis, grinst und zwinkert dann.

Woraufhin Louis in seinen Tee schaut und sich wieder in seinen Gedanken verliert.

Was ist, wenn Nick es war, der seine Wunde heilen ließ?

gedanken, feedback, vermutungen, wünsche? jamie xx

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