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Als Drago die Augen aufschlug, wusste er im ersten Moment nicht wo er war. In seinen Gedanken war er noch in seinem Traum. Dann aber erkannte er etwas verschwommen den Umriss des Gesichtes einer Frau. „Esmeralda?", Dragos Stimme war noch schwach und leise, doch die Frau verstand ihn dennoch und lächelte ihm zu. Der Junge seufzte vor Erleichterung. Esmeralda zu sehen hieß immer etwas gutes. Er schloss die Augen wieder und genoss das weiche Bett unter seinen schmerzenden Gliedern, er war wirklich froh nicht mehr im Krankenflügel des Schlossesliegen zu müssen. Aber was war mit dem Mädchen? Drago musste einfach wissen wie es ihr inzwischen ging. Er würde es nicht aushalten, sie wie all die anderen in den schlimmsten Kerkern des Schlosses leiden zu sehen. Ausgepeitscht, kaum noch bei Sinnen, ausgehungert und ohne Hoffnung an Rettung. Das geschah mit den Hütern. Angekettet lagen sie wie wilde Hunde in schmutzigen Verliesen, damit ihre Magie weder verloren ging noch sich entfalten konnte. König Fulgor wusste wirklich nicht was er wollte.

Also setzte er sich im Bett auf, in seinem Kopf drehte sich zu seiner Überraschung nichts mehr. Er spürte auch kaum noch Schmerzen. „Ich muss wieder zurück.", sagte Drago, und leckte sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Esmeralda zog die Augenbrauen hoch: „Ach ja? Und warum?" Der junge Reiter gab keine Antwort und schwang die Beine über die Bettkante, nur ein unschönes Ziehen in den Oberschenkelmuskeln deutete auf die Wunde hin. „Drago, warum?" Die Frau sah ihn mit ihren grünen Augen an und hielt ihn davon ab aufzustehen, indem sie ihn sanft, aber bewusst hartnäckig ihre Hand auf seine Schulter legte und ihn immer wieder zurückzog. „Ich hab doch diese Hüterin gerettet, und jetzt will ich nicht dass sie so schlecht behandelt wird." Esmeralda seufzte: „Und was willst du dagegen machen?" Drago biss sich auf die Unterlippe und überlegte. Schließlich sagte er: „Ich werde sie wieder nach Hause bringen." Obwohl es sich fast schon scherzhaft anhörte, so unmachbar war es, blieb Dragos Gesichtsausdruck ernst. Esmeralda konnte gerade noch ein Lachen unterdrücken und musste husten. Ihr Gesicht lief rot an und sie drehte sich weg. Drago senkte den Blick und starrte auf seine Knie, wo die Hose mit Leder verstärkt war. Runde dunkle Flecken, wie riesige Tränenpfützen. Als ob er nicht selbst wusste dass die Idee absurd war, aber Esmeralda hätte auch freundlicher reagieren können. Drago war allerdings niemand der sich jetzt schmollend ins Bett legte oder schreiend das Zimmer demolierte, das zweite schon eher, aber jetzt nicht. Er stand auf und trat ans Fenster. Es war inzwischen helllichter Tag, und die furchtbare kristallblaue Sonne stand im Zenit ihrer Bahn. Wie eine Kugel aus reiner Magie stand sie am Himmel, und ließ ihre blauen Strahlen den Schnee überwandern. In der Fensterscheibe aus unschmelzbarem Eis spiegelte sich Dragos Gesicht. Er blickte in türkisfarbene, kühle Augen. Er empfand alles an sich abstoßend und kalt, seitdem König Fulgor ihn das erste Malzu sich gebeten hatte.

„Deine Augenfarbe inspiriert mich zu einem neuen Zauber, die Sonne sollte ohnehin einmal verbessert werden", hatte der neue König von Atasea gesagt, und mit heftigem Aufwand und vielen blutigen Opfern die Ausstrahlung der Sonne geändert.

Wütend starrte Drago die Augen an, dann lief ihm aus dem rechten eine Träne über die bleiche Wange. Er wischte sie nicht weg, sondern betrachtete jetzt sein Spiegelbild. Die so kalt glitzernden Augen waren jetzt wie zwei kleine verlorene Sterne, irgendwo in einem vielleicht schönem weißen, aber innerlich vollkommen zerstörten Land. Nicht zum ersten Mal erinnerte sich der Junge voller Sehnsucht an sein früheres Leben, doch alles begann bereits zu zerbröckeln, bekam Risse und viele Stellen wurden immer undeutlicher. Er zog die Nase hoch und wischte sich die Träne mit dem Handrücken aus dem Gesicht. Da strich etwas warmes seinen Körper, und Luce schmiegte sich an seinenFreund. Wir machen das zusammen, schien er zu sagen. Gemeinsam blickten sie durch das große Fenster hinaus auf die schneebedeckteEbene. Drago wusste nicht ob er es Freiheit nennen konnte was er dasah, er konnte im Grunde genommen einfach fortlaufen, tief hinein in einen Schneesturm und König Fulgor würde ihn niemals finden. Aber dann würde er sterben, erfrieren oder verhungern. Vielleicht auch an den umherfliegenden Schneeflocken ersticken. Nein das war nicht dieFreiheit, das war der Tod. Ohne Mauern oder Ketten, aber doch tödlichwie ein Schlachtfeld. Hinter den Freunden fing Esmeralda leise an zusingen, als wollte sie die trübe Stimmung vertreiben. Drago hörte wie sie sich an den Tisch setzte und ein Holzstück und ein Messer zurechtlegte. Dann fing sie an zu schnitzen, jedes Mal wenn die Klinge durch das weiche Holz fuhr und ein Stückchen Holz auf dieTischplatte fiel, hatte Drago das Gefühl ein Stück Heimat zu verlieren. Es gab schon ewig keine Bäume mehr, und er musste sich beherrschen die junge Frau nicht anzuschreien. Für sie war alles leichter, sie war nicht hier geboren, und hatte nicht mit ansehen müssen, wie das Land zu Grunde gegangen war. Erneut fuhr die Schneide des Messers mit einem schabenden Geräusch über das Holz. Aprupt fuhr der Reiter herum und ging zur Tür: „Ich sehe nach dem Mädchen.", murmelte er knapp. Dann schlüpfte er in die dicken Stiefel, legte sich die warme Weste um und wollte nach dem Umhang greifen, aber den hatte ja die Hüterin noch. So hatte er immerhin einen Grund warum er zu ihr wollte. Obwohl er sich nicht sicher war ob den Kräuterhexen die Begründung genügte, denen etwas recht zu machen war schier unmöglich.

Drago und Luce liefen Seite an Seite zu der großen Fichtenholztür, die nicht weit entfernt und ebenfalls im Schloss lag. Drago hatte sich aber dennoch warm angezogen, da es in den Gängen der Burg frostige Temperaturen hatte. Selbstsicher pochte er an die Tür. Seine Wunde war so gut wie vergessen. Es wäre vielleicht besser gewesen wenn er sich geschont hätte, aber das betäubende Mittel das Esmeralda draufgetan hatte, verfehlte seine Wirkung nicht und er spürte rein gar nichts. Eine hässliche Frau öffnete ihm, und die Nase ragte wie ein Vogelschnabel aus ihrem Gesicht. „Hä?", machte sie nur, und wartete auf eine Antwort. „Ich würde gerne etwas holen, ich habe es vorhin hier vergessen." „Hä?", machte die Hexe wieder, ließ Drago und Luce jedoch durch. Die starke Statur seines weißen Freundes beruhigte Drago, und er versuchte den beißenden Geruch von Kräutern in seiner Nase zu ignorieren. Auch Luce bemühte sich sicher zu wirken, auch wenn er beim Betreten des Raumes unwillkürlich zusammengezuckt war. Die anderen Heilerinnen bedachten die Beiden zwar mit giftigen Blicken, aber in den Weg stellte sich ihnen niemand. Schon bald standen die beiden vor dem Bett der Hüterin. Sie musste aufgewacht sein, denn sie hatte sich vollends unter DragosUmhang vergraben. Die lumpige Decke hatte sie abweisend an das Ende der Matratze geknautscht. Vorsichtig schnupperte der Wolf an ein paar roten Punkten auf dem Betttuch, vermutlich Blut. Behutsam hob Drago den Umhang von dem Gesicht der Blauhaarigen. Kaum aber war diese aufgewacht, presste sie sich an die Wand und drückte das wärmende Kleidungsstück fest an sich. Drago zog seine Hand zurück: „Ich will dir nichts tun. Und Luce ist auch ganz nett." Zur Demonstration kraulte er seinen Gefährten am Kopf. Für einen Moment glaubte Drago, dass das Mädchen ihn gar nicht verstehen konnte, dann aber entspannten sich ihre Armmuskeln, und interessiert blickte dieHüterin ihn an. Ihre grauen Augen wirkten warm und lebendig. „Warst... du es der mich hierher gebracht hat?", fragte sie, und in ihr Gesicht schien immer mehr Leben zu fließen. Drago nickte unsicher, er wusste nicht wie er sich der Magierin gegenüber verhalten sollte, die äußerlich ja nur ein hübsches Mädchen war. Er blickte ihr in die misstrauischen Augen und versuchte ein paar Gefühle darin zu ergründen. War es Angst? Oder auch eine große Abneigung gegen ihn?„Ist dir kalt?", fragte er, als er sah wie das Mädchen zitterte. Sie nickte nur und bedachte ihn weiterhin mit einem vorsichtigen Blick. Drago lief zu einem Deckenhaufen an der Wand. Daneben stand eine Kräuterhexe auf einem alten Stuhl und hämmerte mit einem rostigen Hammer ein hinuntergefallenes Bild wieder an die Mauer. Auf dem Bild war ein totes Rotkehlchen zu sehen, und darunter ein Spruch: Ohne Abschied gibt es keinen Neubeginn. Der Junge betrachtete noch einen Moment den toten Vogel auf der Leinwand, über ihm der blaue Himmel und eine prachtvolle, goldene Sonne. Seine Augen wie auf Hoffnung wissende glückliche Tautropfen. Eine Träne rollte über Dragos Gesicht. Die Erinnerung an früher taten ihm noch immer weh. Aber vielleicht musste man mit der schlechten Zeit leben, um das gute in der Welt wieder zu erkennen. Ohne Krieg gab es keinen Frieden, ohne Hunger kein Sattsein, ohne Sterben keine Wiedergeburt.

Da erinnerte sich Drago daran, dass ja jemand auf ihn wartete, hastig wischte er sich die Träne aus dem Gesicht und griff nach einer kaum zerfressenen dicken Wolldecke. Wieder bei der Hüterin angekommen, musste er feststellen, dass sie eingeschlafen war. Sanft legte der junge Reiter die warme Decke über ihren Körper. Sie reichte dem Mädchen locker vom Haaransatz bis zu den Zehen. Sogleich entspannte sie sich und murmelte mit geschlossenen Augen: „Danke." Auf ihrem Gesicht bildete sich ein freundliches Lächeln, und Drago war froh mal wieder etwas getan zu haben das gut war, und er selbst beschlossen hatte zu tun. Er beschloss ihr den Umhang zu lassen, und ihn sich vielleicht später, wenn sie gesund war, zu holen. Drago wollte das Mädchen nicht noch weiter belästigen, und verließ mit Luce den Krankenflügel. Als die Hä?-Hexe ihnen die Tür geöffnet hatte, blieb Drago fast das Herz stehen, und auch Luce heulte, eher überrascht als ängstlich, auf. Vor der Tür saß Lobo, der mächtige Alphawolf der immer Ärger bedeutete. Selbstsicher ging Drago auf ihnzu: „Was gibt es?" Mit einer einzigen Bewegung seiner mächtigen Pranke warf der Silberwolf den jungen Reiter von den Füßen, und packte ihn an einem Arm. „He! Ich kann alleine laufen! Lass michrunter Lobo! Nicht schon wieder!", schimpfte Drago, doch es brachte rein gar nichts. Lobo lachte nur grollend und rannte durch die Gänge davon. Drago wurde furchtbar durchgeschüttelt. Der Wolf hielt ihn zwar nicht mit den Zähnen fest, aber dennoch saß sein Biss wie ein Schraubstockund drückte ihm das Blut ab. Luce sprang hinter ihnen her und biss immer wieder nach dem Wolfsrüden, aber gegen dessen Körpermasse konnte er doch nur reichlich wenig ausrichten. Endlich ließ die Rüttelei nach, und Lobo ließ Dragos Arm los. Drago landete auf den Füßen und brachte sich sofort mit ein paar großen Sätzen zu Luce in Sicherheit. Sie waren an einer großen Tür angekommen. Drago wusste was dahinter war, König Fulgors Arbeitszimmer.


Lobo pochte mit einer seiner gewaltigen Vordertatzen gegen das Tor. Fast zeitgleich wurde die Tür mit lautem Knarzen geöffnet, und ein Diener verbeugte sich tief vor Drago und den beiden Wölfen. Dann öffnete er die schwere Tür ganz, und ließ die Drei hinein. Fulgor stand mit dem Rücken zu ihnen vor dem Fenster. Seine grauen Haare waren wie immer streng nach hinten gekämmt, und fielen ihmbis zum Ellenbogen hinunter über das seidige, hellblaue Gewand. Neben ihm hockte Loba, die Drago abschätzig musterte, und dann graziös auf Lobo zulief. Die beiden Wölfe schienen sich hinter Dragos Rücken wärmstens zu freuen. Am liebsten hätte derJunge sie angeknurrt wie Luce es gerade tat, aber das hätte wohl sehr dämlich geklungen.

Erst als der Diener den Eingang wieder verschlossen hatte, drehte der König sich um. Seine Haut war kreidebleich, seine Augen grau. Er war noch immer ein gut aussehender Mann, mit breitem Kreuz und staken Händen. Um seinen Hals hing eine schwere Kette aus türkisfarbenen Juwelen. Drago schluckte nervös und verbeugte sich tief. Er hörte wie Fulgor mit langsamen, weit ausladenden Schritten auf ihn zukam. Luce kauerte, den Kopf gesenkt, neben seinemFreund. „Wie ich hörte, hast du mir eine Hüterin gebracht." DieStimme des Herrschers war durchdringend, tief und klar. Drago begann leicht zu zittern. „Aber wie mir ebenfalls zu Ohren gekommen ist, ist sie verwundet. Ich frage dich, warum sie verletzt ist." KönigFulgor vermied es jedes Mal, einen Satz mit einem Fragezeichen zu beenden. „Larziken, m... mein Herr. Eine ganze Meute von ihnen ha...hatte die Hüterin bedroht." Der Reiter versuchte seine Worte fest und entschlossen klingen zu lassen, aber er stotterte dadurch nur noch mehr. „So so, schon wieder diese Larziken.", Fulgors Stimme wurde schärfer, wechselte dann aber das Thema: „Ich denke sie wird noch heute Abend in die Kerker gebracht werden können. Da kann sie sich auch ausruhen." Ein erschrockenes Keuchen drang aus Dragos Kehle, und sofort schlug er sich die Hand auf den Mund. Lobo knurrte grimmig und stieß ihm seine Schnauze in den Rücken, aber der König betrachtete nur seine frisch manikürten Fingernägel, und tat so als hätte er nichts bemerkt. Drago hatte eigentlich mit nichts anderem gerechnet, aber dennoch traf ihn diese Aussage wie ein Schlag ins Gesicht. „Aber sie ist noch nicht einmal erwachsen!", rief er deshalb, und hob seinen Kopf. Dieses Mal hatte es auch der Machthaber nicht überhören können. Mit einem verächtlichen Schnauben sagte dieser allerdings nur: „Sieh sie dir in zehn Jahren an, und sie wird erwachsen sein. Und jetzt verschwinde, ich habe noch zu tun." Nichts lieber als das wollte Drago jetzt tun, aber König Fulgor konnte nichteinfach ein Mädchen für den Rest seines Lebens in eine Zelle sperren! Natürlich taten Drago die anderen Hüter auch Leid, aber dieser Hüterin hatte er erst kurz davor das Leben gerettet! „Das könnt Ihr nicht machen!" Der König ließ seine grobe Hand mit solchem Schwung auf Dragos Wange klatschen, dass dieser beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Er schmeckte Blut, und taumelte mit Luce an seiner Seite aus dem Raum, dessen Tür ihm schon von dem Diener geöffnet worden war. Lobo und Loba heulten ihnen schadenfroh hinterher. „So ein Ekelpaket! So ein Tyrann! Was für ein hirnrissiges, lebenslang verdammtes, verseuchtes, unhumanes, ...", Luce stupste Drago mit seiner schwarzen Schnauze an, und unterbrach dessen Redefluss. „Ach, du hast ja recht. Wir können sowieso nichts gegen Fulgor ausrichten. Lass uns die Hüterin einfach vergessen." Drago streichelte das weiße Fell seines Freundes, und gemeinsam gingen sie zum Essenssaal. Wie erwartetet war das Mahl schon in vollem Gange, und als Drago Luce vor der Tür sitzen lassen musste, fing dieser an zu jaulen. „Ist gut Kumpel, ich bring dir was mit." Luce legte den Kopf schief und kniff die Augen zusammen, als wolle er sagen: Versprochen? „Ganz sicher!", lachte Drago, und ging zum Buffet hinüber. Sich selbst lud er ein halbes Huhn auf den Teller, und griff nach einer Scheibe Brot. Erst nachdem er denTeller auf einen freien Platz gebracht hatte, holte er zwei Stück Rinderleber für seinen befellten Kumpanen, der sich auch sogleich über das Fleisch hermachte. Ebenfalls hungrig ging der Reiter nun zuseinem Platz zurück und genoss das Hühnchen. Den Schenkel wickeltee r zusammen mit der halben Brotscheibe in eine Stoffserviette, und ließ diese unauffällig in seiner Tasche verschwinden.

„Hey Drago!", einJunge in Dragos Alter mit pechschwarzen Haaren, Sommersprossen und funkelnden Augen setzte sich neben ihn. „Hallo Cuervo! Schön dich wieder zu sehen!" Cuervo war Dragos bester Freund, außerdem ein Wandler. Er trug eine silberne Rüstung und einen dunkelblauen Umhang. Cuervo war ein junger Krieger, und vor sieben Tagen mit einer kleinen Armee losgezogen um Larziken zu töten, natürlich auf König Fulgors Befehl hin. „Na, wie war das Geister-Jagen?", fragte Drago seinen Freund. Cuervo setzte sich neben ihn an den Tisch: „Ach, nicht besonders toll. Einmal sind wir auf eine kleine Gruppe dieser Leute, oder unter was auch immer man diese Bestien einstuft, gestoßen. Sie kamen uns entgegen, irgendwie freundlich, nicht? Wir wollen sie abmurksen und sie laufen uns in die Arme. Äh ja, wo war ich stehen geblieben? Genau. Die Larziken kamen also geradewegs auf uns zu. Wie bei einer Beerdigung sag ich dir.", Cuervo zog die Augenbrauen nach oben und nickte bestätigend, „Alle waren so, wie soll man das sagen, hohl irgendwie. Nein ich habe gegen niemanden geklopft um zu hören ob es hohl klingt." „Dir hätte ich es zugetraut.", sagte Drago und schmunzelte. „Pah! Ich bin doch nicht ...hohl halt. Also da lief diese Gruppe schauriger Leute auf uns zu, ich muss schon sagen, ich habe mich etwas gegruselt, sag das aber bloß nicht dem Kommandanten! Erst letztens..." „Cuervo, du schweifst mal wieder ab", ermahnte ihn Drago, und schüttelte den Kopf. „Ja ja, also weiter im Text. Unser Kommandant befahl uns stehen zu bleiben, was wir natürlich auch taten. Gleichzeitig aber sollten wir uns bereitmachen. Und du glaubst nicht wie laut Peligros Zähne geklappert haben. Er stand neben mir, und ich hätte fast gedacht meine Zähne wären das, die da so schaurige Geräusche machten. Die Larziken waren inzwischen schon sehr, sehr nah, und beinahe sah es so aus, als kämen da auch von links und rechts welche. Aber der Schnee musste mir einen Streich gespielt haben. Ich muss schon sagen, eigentlich sehen die aus wie total verirrte Schneemenschen mit abstehenden Ohren. Wie so Schneekobolde. Aber sind Kobolde nicht eher klein? Später. Da bekamen wir das Zeichen für den Angriff. Ich zog meinSchwert, du weißt schon wie, mit dieser eleganten Bewegung wie ich es dir mal gezeigt habe, und ging auf das nächstbeste Gruselding los. Ich dachte mir so, während neben mir die Geräusche von aus Scheiden gezogenen Schwertern erklangen, der da sieht sogar unbewaffnet aus. Also rammte ich ihm mein Schwert fast bis zum Schaft in den Bauch. Nein, ich wollte nicht gucken ob der hohl ist!" Trotz der Spannung die auf Drago lag, musste er einen Lacher unterdrücken. „Der Larzik verzog nicht einmal ansatzweise den Mundwinkel. Das musst du dir mal vorstellen! Weil tot war er auch noch nicht. Mit einem heftigen Ruck zog ich die Klinge meiner Waffe wieder aus dem Monster. Hast du schon einmal Larzikenblut gesehen? Es ist weiß, wie Sahnesoße, nur ein bisschen ekliger. Sieht aber echt aus wie so Soße in die man dann Kartoffeln baden kann. Du weißt schon, so dickflüssige Milch eben. Dann, als ich bemerkte, dass das Scheusal nur weiterhin Sahnesoße verlor, jetzt schau nicht so doof! Du warst eben nicht dabei." „Eben wenn ich dabei gewesen wäre, hätte ich diesem Larzik meine Pfeile in den Kopf gejagt und dieses Sahnesoßen-Vieh ein für allemal beseitigt." „Pah, wer's glaubt. Jetzt lass mich aber mal zu Ende erzählen! Ich trennte das Ungeheuer nämlich von seinem abscheulichen Haupt, du glaubst gar nicht wie die Sahne da gesprudelt ist!" Drago verzog angewidert das Gesicht. Er war froh schon gegessen zu haben. „Halt halt! Wenn du glaubst das wär's gewesen, dann hast du dich aber geschnitten! Der blieb doch glatt ohne Kopf stehen, einfach so, als wenn er sein Gehirn gar nicht im Kopf hätte, sondern in den Füßen oder was weiß ich wo. Also ging ich auf die Füße los. Und da habe ich gemerkt, dass irgendwas faul war." „Wie jetzt, da steht ein Mann vor dir, ohne Kopf, und vollkommen durchbohrt, du spießt ihm den Fuß auf und merkst erst dann dass irgendwas nicht stimmt?" „Naja, nicht ganz so. Ich hab mir schon davor Gedanken gemacht. Aber eben nicht so. Denn als ich ihm mit einem erstaunlichen Schlag beide Füße auf einmal abschlug, kümmerte es ihn auf einmal darum, dass ich ihn gerade in alleEinzelteile zerlegen wollte. Vielleicht habe ich ja irgendwie das Denkvermögen dieser Bestie angeregt. Weil auf einmal streckte es die breiten Arme vor und packte mich an den Schultern. Hätte nur nochgefehlt dass er anfängt zu schimpfen, durch Bauchreden versteht sich: He du ungezogener Lümmel! Was fällt dir eigentlich ein meine Füße, meine besten Körperteile, einfach so abzuschlagen? Warte nur, dir brate ich eins über!" Cuervo schwang einen Löffel, „aber er schüttelte mich nur kräftig durch. Vermutlich habe ich sein Bauchreden beschädigt, als ich ihm mein Schwert durch den Leib gestoßen hatte. Schließlich aber wurde er dann doch böse, und begann mich zu zerdrücken. Einfach so, wie ich ein dünnes Stück Metall verbiege. Solche Kräfte hätte ich dem gar nicht zugetraut." Cuervo zerbrach den Holzlöffel und legte die Stücke mit einem entschuldigenden Grinsen zur Seite, „Mir wurde also langsam dieLuft knapp, und irgendetwas knackte schmerzhaft in meinem Brustkorb. Und so tat ich, was du dir vielleicht schon denken kannst: Ich verwandelte mich in einen Raben. Ich wünschte ich hätte ihm nicht den Kopf abgeschlagen, dann hätte ich sein bescheuertes Gesicht gesehen, wie ich ihm aus den Händen schlüpfte. Aber er hätte sowieso kein anderes Gesicht gemacht, wenn er schon beim Sterben keine Miene verzieht. Als Vogel war ich erleichtert zu spüren, dass meine Rippen noch alle da waren, und auch richtig da waren, nicht irgendwie verkehrt herum oder so." Drago musste ein weiteres Mal losprusten. „Als Rabe flog ich noch ein wenig über meinem Gegner herum, bis ich den nötigen Mut dazu gesammelt hatte, meinen Kampf fortzusetzen. Schnell wie ein Pfeil schoss ich von hinten her auf den Larzik zu. Mit meinem ganzen Gewicht, immerhin eintausend zweihundert Gramm, warf ich mich gegen den Kerl. Mein Plan: Ohne Füße musste man ja wohl umkippen. Er tat mir den Gefallen sogar, und krachte in den Schnee. Wie ein gefällter Baum. Aber wenn man es schafft einen Baum mit nur einem einzigen Schlag quer durchzuhauen, und es dannauch noch bewerkstelligt, dass er nicht umkippt, dann wäre man mehr als zirkusreif. Hm ...müsste man mal ausprobieren. Wo war ich? Baumfällen ... ah! Ich hab's wieder. Ich landete auf seinem Rücken, und riss erst die Kleidung, dann die Haut des Larziken auf. Er war unnatürlich kalt. Naja, was an diesen Wesen ist nicht unnatürlich. Vielleicht dass es umfällt wenn man ihm die Füße abhaut. Ich bohrte mich in meiner Rabengestalt also durch das Fleisch und eine Menge Sahnesoße - ich hab Hunger - dabei muss man erwähnen dass das Fleisch eigentlich nicht mehr war als noch mehr Sahnesoße, bis ichzwischen den Rippen etwas funkeln sah - die Rippen waren Zwiebelringe, Spaß. Ich habe echt total Hunger. Grob zerrte ich dieses funkelnde Etwas aus dem Brustkorb heraus. Als ich das komischeDing an mich genommen hatte, wurde aus dem Larzik unter mir Schnee. Ohne Witz! Puff! Und ich stand mit den Krallen im eisigen Schnee. Als ich mich zurückverwandelt hatte, hob ich das Herz des Larziken auf, und ließ es sofort wieder fallen." Cuervo schüttelte sich. „Stell dir vor, du verbrennst dir an etwas eisig kaltem die Hand, und kannst erst loslassen, wenn deine Handfläche verglüht ist, weil dann ja nichts mehr da ist was den Gegenstand festhält. Ungefähr so hat es sich angefühlt. Natürlich habe ich geschrien, und sieh dir das an, Drago" Cuervo legte seine linke Hand auf den Tisch, die er bis eben nur auf dem Schoß liegen hatte. Ein Verband war drumherum gewickelt. „Und? Hat es dir die Hand aufgeschlitzt oder was?", Drago zitterte vor Anspannung. „Nicht hier. Ich zeig es dir draußen." „Warum?" „Hier sind zu viele Leute." Drago lachte los: „Zuviele Leute? Oh Cuervo, du vergisst die Zeit ja tatsächlich! Wirsitzen hier als die Letzten im Saal, und du sagst, es wären zu viele Leute da!" Grummelnd fing der Schwarzhaarige damit an, den Verband abzuwickeln. Sehr vorsichtig, obwohl Drago keine Schmerzen am Gesicht seines Freundes ablesen konnte. Lage für Lage. Stück für Stück. Und Cuervos Hand wurde immer dünner. Dünner und dünner. So dünn, bis Drago das Gefühl hatte, darunter überhaupt nichts vorzufinden. Endlich nahm sein Freund die letzte Lage ab, doch was Drago sah, ließ ihm einen Schauer den Rücken hinunter laufen, und einen Schrei in seinem Hals bilden. Eine Hand hielt ihn zurück, eine warme, lebendige, rechte Hand, die sich auf seinen Arm gelegt hatte. Er schluckte, was sich eher wie ein Würgen anhörte, und auch anfühlte.

Cuervo wickelte den Verbandwieder um seine linke Hand, und verbarg das grausige Etwas, dass Drago so sehr aus der Fassung gebracht hatte, dass er jetzt noch am ganzen Leib zitterte. „Gute Nacht Drago, träum lieber vom Frühling, statt von mir.", Der junge Soldat zwinkerte ihm zu, und zauberte ein Lächeln auf Dragos Gesicht. Lieber schnell alles vergessen was geschehen war. „Ja, schlaf gut Cuervo, bis morgen." Der Wandler ging zur Tür und verschwand. Drago konnte noch hören wie der Junge Luce ein paar Gutenachtwörter zuflüsterte, der immer noch brav auf seinen Herrn wartete. Dann erhob sich auch Drago, und ging mit zitternden Knien zu seinem Gefährten. Sein Bein fing wieder an zu schmerzen. Da spürte er eine Beule in seiner Jackentasche. Stirnrunzelnd griff er hinein, und fand etwas in eine Stoffserviette Eingewickeltes. Richtig, das hatte er auch noch erledigen wollen. Von dem guten Geruch des Hühnerfleisches wieder munter gemacht, begann Luce leicht mit den Pfoten zu scharren. Ich komm mit, ich bin noch nicht müde! Schien er sagen zu wollen. Drago lächelte und streichelte dem Wolf über den Kopf: „Na schön, komm mit. Fulgor hat gesagt, er bringt die Hüterin noch heute Abend ins Gefängnis. Sehen wir also erst da vorbei." Luce nickte und ging los Richtung Westflügel des Schlosses, dem Gefängnistrakt. Luce musste sich beeilen um Schritt zu halten. Hatte sein Herrchen nicht vor dem Essen gesagt, dass er die Hüterin vergessen wollte? Oder war das nur eine Finte für Fulgors Leute gewesen? Manchmal wurde selbst Luce aus Drago nicht wirklich schlau. An dem gewünschten Ort angekommen, ließ der Wache Drago und Luce sofort passieren. Drago hatte einen deutlich höheren Rang als ein normaler Wächter, was wohl an seinen Eltern lag. Drago hielt sich normalerweise nie länger als nötig in diesen dunklen, dreckigen Verliesen auf. Und jedes Mal war ihm bewusst, dass die Menschen die dort gefangen gehalten wurden, zu Unrecht bestraft worden waren. Drago war sich jedoch sicher, dass sie mit einem jungen Mädchen anders umgehen würden. „Wo ist die junge Hüterin, die erst vor kurzem hierher gebracht wurde?", fragte er einen Wachhabenden mit möglichst viel Selbstbewusstsein in der Stimme. „Linker Gang, Zelle acht auf der rechten Seite.", sagte dieser, und zeigte sogar die Richtung an. Diesen Soldaten hier unten war es verboten nähere Fragen zu stellen. Drago ging, jedoch nicht ohne unbemerkt den Schlüsselbund von der Wand zu stehlen, mit Luce an seiner Seite den linken Gang entlang, und blieb schließlich vor der achten Gefängniszelle auf der rechten Seite stehen. Es gab genug Licht, dass Drago die Hüterin sehen konnte. Mit den Händen hinterm Rücken direkt an die Wand gekettet, sodass sie sich nicht hinlegen konnte. Ihre blauen Haare verdreckt, und ihre Augen gerötete. Ihre Beine waren mehr als zuvor aufgeschürft, und sie zitterte vor Kälte. Dragos Umhang lag ein paar Meter neben ihr, zu weit um ihn zu erreichen. Ihr Blick war auf den Boden vor ihr gerichtet, starr und abgeschweift. „Pssst!", machte Drago, und sah sich schnell um, aber niemand der anderen Gefangenen oder der Wächter hatte etwas bemerkt. „Pssssst!", versuchte Drago erneut auf sich aufmerksam zumachen. Dieses Mal hob das Mädchen den Blick, in ihren grauen Augen standen Tränen. Der junge Reiter wollte sich gar nicht vorstellen, was sie mit ihr gemacht hatten. Vermutlich verhört, vielleicht ausgepeitscht. Die Hüterin sah ihn fragend an: „Du?" „Ja, ich bin es. Mein Name ist Drago.", der Junge lächelte freundlich. „Ala", wisperte die Magierin, „mein Name ist Ala." Auch auf ihr Gesicht stahl sich ein Lächeln, und ihre grauen Augen hatten den abwesenden Blick verloren, und lebhaft glänzten sie wie Silbermünzen im Schnee. Drago holte das Bündel mit dem Hühnerbein aus seiner Jackentasche, und sperrte mit dem Schlüssel die Tür auf. Es quietschte verräterisch, als er die Tür aufdrückte. Schnell schob er sich hindurch. Zuerst nahm er seinen Umhang vom Boden auf, und fühlte seine schon vermisste Wärme. Dann aber sah er die Hüterin an, und legte schließlich ihr das Kleidungsstück um. Warum er das tat, wusste er selber nicht genau, schließlich konnte er jetzt damit rechnen, seinen Umhang nie wieder zu sehen. Aber das Mädchen hatte ihn nötiger. Die Fesseln um ihre Handgelenke vermochten auch die gestohlenen Schlüssel nicht zu öffnen. Denn das waren besondere Ketten. Sie entrissen den unglücklichen Hütern ihre Magie, ihren Verstand und ihre Lebenskraft. „Ich habe dir etwas zu Essen mitgebracht.", Drago kniete sich vorsichtig neben das Mädchen. Seine Hände waren vor Angst entdeckt zu werden und vor Aufregung schweißnass. Er nahm das Brot in die Hand und hielt es der Hüterin hin. Er konnte erkennen, dass sie großen Hunger hatte. Dennoch weigerte sie sich vorerst, ihm aus der Hand zu essen. „Los, es sieht dich doch niemand, und ich werde es ganz sicher nicht weiter verraten.", Drago nickte ermutigend. Zaghaft reckte Ala ihren Kopf, und biss in das Brot. „Danke", sagte sie mit vollem Mund, und grinste. Als nächstes hielt der Junge ihr die Hühnchenkeule hin. Ala schnappte nach dem Fleisch wie ein wilder Hund nach einem Menschen. Aber hatte sie eben nicht solche Zähne wie ein wilder Hund, und sie konnte das glatte Hühnerfleisch nicht packen. Drago musste sich beherrschen um nicht laut zu lachen. „Komm näher, ich kann so nicht abbeißen. Und hör auf zu lachen, das ist nicht fair." Ala zog die Nase hoch und sah ihn böse an, dann grinste sie wieder, sogar noch breiter alsDrago. „Wenn du meist", der junge Reiter tat ihr den Gefallen und drückte ihr das Hühnerbein regelrecht ins Gesicht. Er lachte nun auch, und Luce saß daneben, und hoffte, dass etwas Huhn für ihn übrigbleiben würde. Als Ala den Knochen so gut es ging abgenagt hatte, fragte sie an Drago gewandt: Kannst du die Fesseln aufschließen?" Traurig musste dieser den Kopf schütteln: „Nein, tut mir leid, die Schlüssel trägt der König immer bei sich." Niedergeschlagen senkte Ala den Blick. „Warum bin ich hier, Drago?", fragte sie dann, ihre Miene war verwirrt und flehentlich. „Du bist eine Hüterin, und der König...", setzte Drago an, doch das Mädchen redete ihm dazwischen: „Eine Hüterin? Was soll ich denn bewachen?" Drago blieb vor Erstaunen der Mund offen stehen: „Du... du bist eine Hüterin und weißt nicht was eine Hüterin ist? Das... hab ich das richtig verstanden?" „Korrekt, und jetzt sag mir was eine Hüterin ist, und warum ich eine sein sollte.", bemerkte Ala, nun wieder mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht.„Also gut", Drago zuckte mit den Schultern und setzte sich im Schneidersitz vor das Mädchen, „ein Hüter ist jemand, der eine besondere Beziehung zu Magie hat. Aber nur zu einer bestimmten Sorte, der Hüter des Wassers zum Beispiel wäre jemand, der über das Wasser gebieten kann. Der kann dann vielleicht Regen machen oder so. Natürlich gibt es auch Hüterinnen." „Verstanden, aber woher wollt ihr wissen das ich ein Hüter bin? Ich wüsste es ja wohl ansonsten.", Ala nickte und stellte gleich eine weitere Frage. Drago zuckte erneut mit den Schultern, und sah Ala in die grauen Augen. Er wusste, dass man mit diesen Fesseln, die ihr angelegt worden waren, nicht lügen konnte. Aber er spürte ganz deutlich dass sie eine Hüterin war, konnte es sein, dass Ala ihr ganzes Leben nicht gewusst hatte, welche Magie in ihr lag? „Wo hast du denn gewohnt?", fragte er, um erst einmal die allgemeinen Fragen in seinem Kopf zu beantworten. „In einer kleinen Stadt, eher ein Dorf, Tiro heißt es. Eigentlich ist es eher klein, aber wir Tironen sind doch irgendwie durch unsere merkwürdigen Haarfarben bekannt geworden. Wir gehören zum Königreich der De Riel, ein stolzes Königsgeschlecht im Süden, also von meinem Dorf aus.", erklärte das Mädchen offen. Drago sah stumm auf den Boden: „Ja, es war einmal stolz. Jetzt ist es so gut wie ausgelöscht." „Was? Das kann nicht sein, du machst Witze! Davon hätte ich sicher erfahren!" Aber als Ala in Dragos türkisfarbene Augen sah, und dann Luce betrachtete, der langsam näher getrottet kam, kamen ihr rasch Zweifel. „Weißt du, wie das Schloss der Königsfamilie aussieht? Oder die Königsfamilie selbst?", fragte der Junge. Das WortKönigsfamilie, kam nur schwer über seine Lippen, so als ob es ihn an etwas furchtbares, oder wunderschönes aber vergangenes, erinnern würde. Von der merkwürdig dunklen Stimmung die plötzlich aufgekommen war, ebenfalls betrübt, öffnete das blauhaarige Mädchen den Mund: „Naja, selbst in der Stadt und bei dem Schloss war ich noch nicht, aber es soll wunderschön dort sein, das Schloss, und auch die Stadt. Atasea. Ich habe früher immer davon geträumt einmal dorthin zu gehen. Volle Straßen mit vielen Händlern und Leuten aus der ganzen Welt. Gerüche, die es nirgendwo anders gibt. Wunderbare Musik, Freude, Glück, Geborgenheit. Für all das steht Atasea schließlich." Ala unterbrach sich, denn sie sah eine Träne über Dragos Wange laufen. Schnell wischte er sie weg, aber nicht schnell genug. „Habe ich etwas falsches gesagt?", erkundigte sich Ala leicht verwundert. „Nein... alles in Ordnung." Wenn das Mädchen sich getraut hätte, und ihre Hände nicht gefesselt gewesen wären, hätte sie ihm jetzt eine Hand auf die Schulter gelegt, und gefragt was los sei, so wie es ihre Eltern immer bei ihr gemacht hatten, wenn sie traurig war. Und Drago war traurig, aber er wollte nicht darüber sprechen. Dennoch bohrte Ala nach: „Etwas hat dich traurig gemacht, etwas, was ich gesagt habe. Warum? Wenn man es sagt, lastet es nicht mehr so schwer auf einem. Glaub mir." Da fing Luce auf einmal leise an zu knurren, und als Drago aufsah, erkannte er, wie sich Fackellicht den Gang hinaufbewegte. „Wir müssen gehen, gute Nacht.", sagte der Junge hastig und stand auf. „Kommst du wieder?", flüsterte Ala, in ihren Augen spiegelte sich bereits das Licht der näher kommenden Fackel. Der junge Reiter drehte sich noch einmal um, nun lächelte er wieder: „Bis morgen."

Dann schloss er die Zellentür hinter sich, und huschte mit Luce davon.

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