11. Kapitel (Amaris)

Triggerwarnung: Ich weiß nicht, ob dieses Kapitel wirklich schon als Trigger angesehen werden kann oder ob ich da zu viel hinein interpretiert habe, aber Amaris Gedankengänge sind hier teils sehr düster und ich warne euch lieber einmal zu viel, als zu wenig. 🙈 Der Trigger befindet sich im Rückblick.

Trigger: Depressionen

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Sehnsüchtig gleitet mein Blick durch die Kletterhalle. Wie gerne wäre ich jetzt auch da oben und würde mich einzig und allein auf das leichte Brennen meiner Muskeln konzentrieren, sowie meinen Atem, der mir ankündigen würde, dass ich langsam mal eine Pause bräuchte.

Doch meistens animiert mich gerade das dazu nicht aufzuhören, sondern weiterzumachen. Ich liebe es meine persönlichen Grenzen auszutesten und mich bis an diese und darüber hinauszutreiben. Einfach, weil es ein unbeschreibliches Gefühl ist, wenn man einen Parkour oder auch eine Wand gemeistert hat!

Auch der leichte Schmerz, der dabei entsteht, ist in gewisser Weise befriedigend, denn er macht einem deutlich, was man geschafft, was man erreicht hat!

Neben dem klassischen Klettern, liebe ich auch das Bouldern sehr, weswegen Laurin und ich uns regelmäßig treffen, da er dieselbe Leidenschaft wie ich für die Sportart teilt. Bedauerlicherweise ist mir dieses Glücksgefühl heute nicht vergönnt, da mein Schicksal ja wieder einmal meinte, mir einen Strich durch die Rechnung machen zu müssen!

So etwas passiert aber auch immer nur mir! Was für ein Scheiß... Vielleicht sollte ich mal einen neuen Schutzengel beauftragen. Meiner scheint regelmäßig zu schlafen...

Genervt über diesen Umstand verdrehe ich die Augen und schaue mir weiter das Geschehen um mich herum an. Dabei stütze ich meinen Kopf auf meine Arme und drifte tiefer in meine Gedankenwelt ab, während ich fasziniert die vielen Menschen über mir betrachte, die sich von einem Hindernis in das andere schwingen.

Frustriert entfährt mir ein Schnauben. Wie gerne würde ich mit ihnen tauschen! Stattdessen bin ich an den Boden gefesselt! Aktuell befinde ich mich in dem kleinen Bistrobereich der Kletterhalle. Dieses besitzt einen sehr interessanten Charme, der mich immer wieder aufs Neue fasziniert und das, obwohl ich mindestens einmal in der Woche hier bin.

Über mir thronen die eisernen Balken, während sich um mich herum mehrere kleine Tische befinden, die ebenfalls aus Metall sind und durch verschiedene Schnörkel geschmückt werden. Hier und da stehen ein paar Topfpflanzen und von der Decke baumeln einzelne Glühbirnen.

Gegenüber von mir befindet sich die hölzerne Theke, die die rustikale Atmosphäre des Raumes aufgreift. Direkt dahinter hängt eine schwarze Tafel, auf der die Angebote des kleinen Bistros stehen. Ach und habe ich schon die zahlreichen Bilder und Fotografien von Kletterern, sowie Berglandschaften erwähnt?

Gerade deshalb genieße ich es auch sehr, dass ich heute hier sein kann! Die gesamte Atmosphäre und auch meine Mitmenschen um mich herum, bringen mein Gedankenkarussel dazu, sich etwas langsamer zu drehen. Und das ist genau das, was ich jetzt gerade brauche! Ich möchte nicht daran denken, wie sich mein Leben innerhalb von vier Tagen so drastisch gewandelt hat!

Es kommt mir so viel länger vor... Und es hat verdammt noch einmal ganz schön an meiner Kraft gezerrt, was ich gerade aktuell wieder unglaublich spüre! Aber ich will das alles nicht! Nicht hier und nicht jetzt! Meinetwegen morgen oder auch heute Abend, aber im Moment möchte ich einfach nur die Zeit mit Laurin genießen, der im Übrigen gerade direkt auf mich zu kommt.

Dabei ziert sein Gesicht wie immer dieses typische vollkommen sorgenfreie Lächeln. Ich kann gar nicht aufzählen, wie oft ich ihn schon still darum beneidet habe! Denn auch wenn es natürlich nicht so ist, schließlich hat jeder Mensch irgendwelche Probleme in seinem Leben, wirkt er immer so sorglos!

Laurin und ich kennen uns mittlerweile seit circa dreieinhalb Jahren. Lustigerweise sind wir uns auch damals genau hier begegnet. Er ist mir sofort sympathisch gewesen, auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte.

Schließlich war Thorin erst vor Kurzem verschwunden gewesen und nichts lag mir ferner, als neue Freundschaften aufzubauen. Die Einsamkeit war neben Thea damals mein liebster Begleiter.

Denn wer hätte mir garantieren können, dass ich nicht wieder einen guten Freund beziehungsweise Freundin verlieren würde, wenn doch gerade die Person aus meinem Leben entschwunden war, bei der ich gedacht hätte, sie würde für immer ein Teil davon sein?



Stumm überlege ich, an welchen Parkour ich mich als Nächstes herantrauen könnte. Oder sollte ich es sein lassen und für heute zum Bouldern übergehen? Ich könnte auch ganz aufhören und noch bei meiner Lieblingseisdiele vorbeigehen und mich über das Zitroneneis hermachen...

Ich klettere schon seitdem ich vier Jahre alt bin. Früher habe ich dies oft und gerne mit meinem Vater getan, woran sich bis jetzt nichts geändert hat, auch wenn er mittlerweile nicht mehr bei uns zuhause wohnt. Aktuell ziehe ich es jedoch vor, ohne Begleitung hier zu sein.

Das Alleinsein ist einfacher, als zu sprechen oder sich darüber Gedanken machen zu müssen, wie man sich zu verhalten hat, damit mein seine Liebsten nicht verletzt... Dies passiert mir in letzter Zeit nämlich irgendwie viel zu oft und ich bin es leid!

Ich will niemandem wehtun, gleichzeitig ertrage ich die Gesellschaft von anderen aber im Augenblick kaum. Es ist stets dieser verfluchte Zwiespalt, in dem ich mich tagtäglich befinde! Mir geht einfach viel zu viel im Kopf herum und oft sind meine Gedanken so laut, dass sie alles andere übertönen.

Und manchmal da stehe ich vor meinem persönlichen inneren Abgrund und nur der Gedanke an meine Liebsten hält mich davon ab, mich hineinfallen zu lassen. Einfach unterzugehen und nicht mehr aufzutauchen...

Grübelnd beschließe ich letztendlich meine Klettersachen für heute abzugeben und noch etwas Bouldern zu gehen. Denn aufzugeben kommt für mich jetzt absolut nicht infrage, denn ich ertrage mich gerade selbst nicht!

Anderthalb Stunden später sitze ich frisch umgezogen auf einer der Stühle des Bistrobereiches mit einem warmen Kakao vor mir, als sich ein fremdes Gesicht in mein Blickfeld schiebt.

Mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen, schaue ich zu meinem Gegenüber, der mich zu meiner Überraschung strahlend anlächelt. Huch, wo kommt er denn jetzt auf einmal her? Er besitzt aschblonde Haare, die ihm bis knapp bis unter sein Kinn reichen. Seine Augen sind so blau und tief wieder Ozean selbst... Was zur...?!

Also an Selbstbewusstsein scheint es ihm offensichtlich nicht zu fehlen! Am liebsten würde ich einfach wieder den Blick senken und zu tun, als ob ich ihn nicht registriert hätte, auch wenn ich zugeben muss, dass ich seine Irden faszinierend finde. Allerdings dürfte sich dies als ziemlich ungünstig gestalten.

,,Entschuldigung, ist hier noch frei? Dürfte ich mich vielleicht zu dir setzen?"

Nein. Zumindest würde ich das gerne antworten, da ich mich aber an meine gute Erziehung erinnere, nicke ich nur stumm und versuche mich nun doch an einem etwas wärmeren Lächeln, was nicht jeden gleich in die Flucht schlägt. Was ist schließlich schon dabei?

Vermutlich misslingt es mir ziemlich, allerdings scheint es den Fremden, der ungefähr in meinem Alter sein dürfte, nicht zu stören. Okay, ich gebe es auf. Das wird sowieso nichts! Na, immerhin habe ich es versucht...

Stumm senke ich meinen Blick wieder und nehme einen Schluck meines Kakaos, während ich mir die Strähnen aus meinem Gesicht hinters Ohr streiche, die sich vereinzelt aus meinem französischen Dutt gelöst haben. Dabei klimpern meine Ohrringe, die jeweils einen kleinen Wolf darstellen.

Vielleicht sollte ich sie mir mal wieder färben lassen... Die blaue Farbe ist bereits fast komplett herausgewachsen. Möglicherweise sollte ich es mal mit einem dezenten Rosa probieren? Oder in Grün?

,,Ich habe dich vorhin klettern sehen. Du bist echt gut darin! Wie lange machst du das schon? Boulderst du auch? Ach, übrigens, ich bin Laurin! Und wie heißt du?"

Lächelnd hält er mir die Hand entgegen. Der Redefluss meines Gegenübers zaubert mir ein Schmunzeln auf mein Gesicht und dieses Mal ist es ein ehrliches, auch wenn ich nicht weiß, wie er auf den Gedanken gekommen ist, sich zu mir zu setzen.

Geradefreundlich oder sympathisch werde ich wohl kaum gewirkt haben... Auch wenn mir mein Gegenüber durchaus sehr nett erscheint, bin ich mir dennoch ziemlich unsicher, ob ich mich in der ganzen Situation wohlfühle, denn immerhin kenne ich ihn kaum und eigentlich wollte ich doch lieber allein sein...

Allerdings war ich dies vielleicht in den letzten Wochen viel zu oft... Daher antworte ich:,,Amaris." Laurins Lächeln wird breiter und er hält mir begeistert die Hand hin. Zögerlich reiche ich ihm die meine.

,,Schön dich kennenzulernen, Amaris."



,,Amaris, hey!" Ein verschwitzter, aber dafür sehr zufrieden aussehender Laurin lässt sich mir gegenüber auf einem der Stühle nieder. Lächelnd schiebe ich ihm eine bereits zuvor bestellte Cola hin.

,,Na, wie war es da oben?" Theatralisch greift sich mein Gegenüber an sein Herz. ,,Ohne dich war es so furchtbar langweilig! Wie kannst du mich auch nur allein lassen?" Augen verdrehend meine ich spöttisch:

,,Oh, ja. Verzeih! Wie konnte ich es auch nur wagen, diese dumme Wurzel zu übersehen! Das war natürlich vollkommen beabsichtigt! Aber schließlich musst du langsam auch erwachsen werden und lernen ohne mich klarzukommen. "

Wir starren uns einen Moment an, bevor wir beide beginnen zu lachen. ,,Touché. Aber sag mal... Wer war das eigentlich vorhin in der Buchhandlung? Es sah nicht so aus, als ob er ein Kunde gewesen wäre. Er hat mich mit den Blicken fast erdolcht."

Der Blick meines Gegenübers ist fragend und eine Spur von Neugier liegt in seinen Augen, während er sich auf seine Arme stützt und seinen Kopf leicht schrägt legt. Schlagartig erlischt meine gute Stimmung und am liebsten wäre ich aufgestanden und einfach gegangen.

Wieso muss er jetzt Thorin ansprechen? Ich habe mich wirklich auf den Nachmittag gefreut, aber das... Nein! Naja, sei es drum. Woher soll er auch wissen, warum sich mir bei dem Gedanken an ... ihn ... mein Magen zusammenzieht?

Und der Fakt, dass ich nicht ganz zu ordnen kann, ob alles in mir begeistert darüber ist oder nicht, treibt mich an den Rand des Wahnsinns! Mein Gegenüber kennt nur die notwendigsten Infos, da ich nicht wollte, dass außer Thea jemand weiß, welche Vergangenheit ich und mein ehemaliger bester Freund zusammen haben und wieso sie so abrupt endete.

Also was soll ich ihm jetzt sagen? Ich kann ja schlecht erklären >Der Typ ist mein ehemaliger bester Freund, der mir mein Herz auf jede erdenkliche Art herausgerissen, es dann zerstückelt hat und auch noch darauf herumgetrampelt ist, als ob ihm all unsere gemeinsamen Jahre der Freundschaft nie etwas bedeutet hätten! Ach ja und vorhin, nur so nebenbei bemerkt, weil eigentlich ist das vollkommen unbedeutend, haben wir uns irgendwie fast geküsst. Aber ansonsten... <

Äh, nein. Das wird definitiv nicht passieren! Das kann ich ihm so nicht erzählen ! Ja, Laurin ist ein guter Freund von mir und Ehrlichkeit ist mir in einer Freundschaft das Wichtigste, neben gegenseitigem Vertrauen, aber manche Dinge sollten einfach in der Vergangenheit bleiben...

Im Grunde gehen sie ihn ja auch absolut nichts an. ,,Ach, das war nur mein neuer Arbeitskollege, den Frau Grimm heute eingestellt hat." ,,Und weiter?" ,,Joa, da gibt es nicht vielmehr, was ich dir dazu sagen kann."

,,Und warum hat er mich dann so gemustert, als würde er mich am liebsten umbringen, Ari? Glaub mir, sein Blick war mörderisch!"

Ich bin etwas verwundert über diesen Umstand, sodass ich im ersten Moment nichts auf seine Aussage hin erwidere. Warum sollte Thorin so etwas tun? Schließlich haben wir uns ewig nicht gesehen?

Er ist nicht mein Freund, Himmel bewahre! Eifersucht wäre also ein Gefühl, welches völlig fehl am Platz wäre. Nein, im Grunde sind wir einfach nur zwei Fremde mit einer gemeinsamen Vergangenheit. Dabei ignoriere ich den Umstand, dass irgendetwas in mir von diesem Fakt berührt wird. ,,Amaris...-"

Kopf schüttelnd schaue ich ihn bittend an: ,,Es war Thorin, okay? Bitte, Laurin, ich möchte nicht weiter darüber reden, zumindest nicht jetzt! Lass uns bitte einfach den Nachmittag genießen. Ja? Vielleicht ein anderes Mal, aber nicht hier und nicht jetzt."

Stumm mustert er mich, bevor er es zu akzeptieren scheint. Das ist einer der Gründe, warum wir Freunde geworden sind. Laurin kennt mittlerweile meine persönlichen Grenzen, die ich ziehe und akzeptiert diese.

Er versucht nicht in mich einzudringen, wofür ich ihm unglaublich dankbar bin. Auch wenn dies möglicherweise bei unserer ersten Begegnung noch anders wirkte. Ihm ist nur bekannt, dass Thorin mir sehr weh getan hat und wir uns gut kannten, mehr weiß er jedoch nicht. Und er hat nie nachgefragt.

Möglicherweise weil ihm bewusst war, dass ich nicht darüber reden würde. Daher lächle ich ihn dankbar an.

So verbringen wir also noch einige Zeit, bevor er mich nach Hause fährt und ich den Abend mit einem entspannten Abendausklingen lasse.

Hätte ich dabei doch nur schon gewusst, was die Zukunft noch für mich bereit halten würde...


Guten Abend, meine lieben Eulen!🦉
Oder vielleicht eher gute Nacht? 🤣

Wie war eure Woche bisher?👀

Wie geht es euch so? 🥰

Soooooo, jetzt konntet ihr auch Laurin mal ein wenig aus Amaris Sicht kennenlernen. 😏😆

Na, wer ist euch sympathischer? Thorin oder Laurin? 🤔😁

Und wir hatten wieder einen kleinen Zeitsprung in die Vergangenheit! YEYYYYY😇✨

Um ehrlich zu sein, bin ich noch nicht zu 100 % zufrieden mit dem Kapitel, aber das ist okay, es muss ja nicht perfekt sein! 😊😉

Ich hoffe, es wird ab dem nächsten Kapitel wieder spannender für euch, aber leider müssen Übergangskapitel auch einmal sein. 🙊😅 Vor allem konnte ich so noch einmal Amaris Gefühlswelt beschreiben, die essentiell für den Verlauf des Buches ist. 😅

Wie immer freue ich mich auf eure Kommentare! 🥰 Sie motivieren mich so unglaublich stark, weswegen aktuell auch so regelmäßig (zumindest für meine Verhältnisse😂) etwas kommt. 😉

Habt alle noch eine schöne Restwoche! 😝♥❤

Eure Weltenwandlerin 🌎🌏🌍

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