Kapitel 47
Die Anspannung, die in der Luft lag, schnürte mir fast die Luft zum Atmen ab. Es brachte mich fast um den Verstand, weshalb ich nach ein paar Minuten das Handy aus der Hand legte und hoch zu Judith blickte.
Sie stand mit den Rücken zu uns, aber das hieß nicht das ich ihr Verhalten nicht deuten konnte. Ich konnte es und wusste das ihr was auf der Seele brannte.
„Judith." Sie blickte über ihre Schulter. „Was?" „Du kannst mir gerne dein Problem mitteilen."
Sie fuhr sich durch ihre langen schwarzen Haare und drehte sich nun herum. „Das willst du nicht hören!" Ihre sonst so feine und leichte Stimme war hart und forsch. Ihre grauen Augen blickten in meine und ich wusste ich hatte einen wunden Punkt getroffen.
„Du verhältst dich seit heute früh mir gegenüber so komisch. Was ist los?"
Sie legte das Geschirrtuch aus der Hand und fuhr sich über ihre schwarz lackierten Fingernägel.
„Ich fand deine Aktion gestern ziemlich scheiße! Du hast mir gegenüber nie was erwähnt und plötzlich liebt dich James und wollte dich Küssen! Das ist schon ein bisschen hart findest du nicht?"
Theo der mir gegenüber saß entwich ein Knurren. „Ist schon okay.", sagte ich zu ihm und wandte mich wieder Judith zu. „Du hast völlig recht. Meine Aktion war gestern nicht die beste aber in dem Moment war es die einzige Lösung für mich. Ich musste es Theo sagen und das hatte ich gestern getan, natürlich konnte ich nicht ahnen welch ein Ausmaß es nimmt."
„Wir sind Wölfe! Du hättest doch damit rechnen müssen das sie um dich kämpfen! Du hast es geschafft das Alpha und Beta gegeneinander kämpfen ist dir das eigentlich bewusst?", fragte sie harsch und verengte ihre Augen zu schlitzen.
„Außerdem verstehe ich nicht wieso James sich in dich verliebt hat. Du bist Theo seine Seelenverwandte und von Anfang an hätte ihm klar sein müssen das er keine Chance hatte wenn es von ihm ausging."
Ich biss mir kurz auf die Lippe und lehnte mich im Stuhl zurück. Jetzt wusste ich, wieso sie so drauf war. „Du bist in James verliebt." Ich war ruhig und als sich ihre Augen weiteten wusste ich, dass ich Recht hatte. „Na jetzt labere mal keinen Quatsch! Hier geht es gerade um dich und nicht um mich!"
„Becka hat mir erzählt das du uns mehrmals schon zusammen gesehen hast und es hatte mich immer gewundert, weil du eigentlich immer um Theo herumschleichst. Du bist seine Haushälterin und seine Spionin." „Diese kleine Petze!", knurrte sie plötzlich und meine Mundwinkel zogen sich nach oben.
„Du hättest mir sagen können das du ihn magst." „Du magst ihn doch auch!", konterte sie und ich holte tief Luft. „Ich bin vergeben und habe gestern alles geklärt. Er und ich werden keine Zukunft haben und sicherlich werde ich ihn auch nicht verführen."
Sie stockte. „Hat er dich als Luna gefragt?" „Das hat er." Ich stand auf und schob den Stuhl an den Tisch heran. „Ich habe ihm deutlich gesagt das Theo ihn wohl zurecht so zugerichtet hat und bin gegangen. Du hast also freie Bahn."
Ihr Blick wurde nachdenklich und sie schaute kurz zu Theo, dieser schüttelte den Kopf.
„Du weißt gar nicht was es bedeutet, oder?", fragte sie mich nun und ich zuckte mit den Schultern. „Judith!", mischte sich drohend Theo ein.
Ich war verwundert über sein plötzliches Verhalten und mein Interesse war nun geweckt. Was verschwieg er mir was sie mir meinte aber mitteilen sie müssen?
„Als Luna hast du einen anderen Rang als wir und bist nicht gebunden, auch wenn du Theo als deinen Seelenverwandten akzeptierst. Du könntest theoretisch fremd gehen und er würde es dir immer wieder verzeihen. Er braucht dich, um seine Blutlinie fortführen zu können und vor allem um sein Rudel halten zu können. Du dagegen braucht nichts von alle dem weshalb dir James gestern das Angebot gemacht hat."
„Deshalb bist du gestern auch nicht ausgeflippt als er mir das gesagt hat.", stellte ich fest und schaute zu ihm. „Hast du es mir nicht gesagt, weil du mir nicht vertraust? Hast du gedacht, sobald ich es wissen würde, würde ich zeitgleich was mit James anfangen?" Ich schaute ihn fassungslos an. „Wenn es von mir kommt, wäre das also okay?"
„Das wäre es.", sagte Judith und ich schüttelte den Kopf. „Ihr Wölfe habt ein verdrehtes Leben!" Das war mein letzter Satz als ich die Küche verließ und mir im Flur meine Schuhe anzog.
„Wo willst du hin?" „Ich gehe mit Leo raus oder willst du mitkommen, um zu schauen das ich nicht zufällig James in die Arme renne?" „Jetzt sei nicht sauer!" „Ich bin nur enttäuscht.", sagte ich ehrlich und verließ das Haus.
Draußen hielt ich mir zwei Finger in den Mund und pfiff einmal laut. Es dauerte nicht lange bis die Büsche raschelten und mir Leo entgegenkam, natürlich war er nicht allein.
Ein riesiger brauner Wolf ging neben ihm hinterher und es dauert kurz bis ich wusste das der Wolf Seth war. Seine Augen hatten die gleichen Farbe wie, als wenn er ein Mensch war.
„Wenn es dir recht ist, würde ich gerne allein mit Leo spazieren gehen.", sagte ich und lächelte Seth an. Sein linkes Ohr bewegte sich und kurz darauf drehte er sich herum und lief in die andere Richtung.
Ich war zufrieden und dankbar das Seth es einfach hinnahm, ohne zu mucken, immerhin war er um einiges großer als ich. Lächelnd strich ich über Leo seinen Kopf und als ich los ging folgte er mir.
„Ich habe dir sogar Leckerchen mitgebracht." Schnell kramte ich aus meiner Jackentasche einen kleinen bunten Knochen. Ich glaube er hatte ihn nicht mal gekaut, weshalb er gleich noch einen bekam.
„Was isst du eigentlich, wenn du ständig mit den Wölfen rumhängst?", fragte ich und wusste das er mir nicht antworten konnte, aber es wäre trotzdem interessant das zu wissen. Ich wusste das die Wölfe ab und zu Wild erlegten, aber ob Leo das auch aß?
Ich schaute ihn kurz an und als ich in seine riesigen Kulleraugen schaute warf ich den Gedanken schnell beiseite das er sich auch wie die Wölfe auf das Wild stürzte. „Du bist viel zu süß dafür, oder?"
Wir kamen an dem See an und Leo lief sofort ins Wasser, ich behielt ihn immer im Blick als ich mich auf die Bank setzte. Theo hatte mir mal erzählt das Leo eine Wasserratte war und es einfach liebte im Wasser zu sein, aber er liebte es auch mit den Wölfe durch die Wälder zu streifen.
Der Wind nahm zu und eine kühle Brise erwischte mich. Eine leichte Gänsehaut machte sich auf meinen Körper bemerkbar und ich hätte vielleicht doch eine Jacke anziehen sollen.
Ich schaute kurz hoch in den Himmel, aber es waren kaum dunkle Wolken zu sehen weshalb es mich wunderte das der Wind jetzt so zunahm. Die Wetter App auf meinem Handy sagte heute früh nur das es erst heute Abend regnen könnte aber das wars.
Mir fiel auf das jemand in unsere Richtung kam und es dauerte nicht lange bis ich ihn besser sehen konnte. Es war auf jeden Fall ein Mann.
„Darf ich mich setzten?", fragte er mich als er in meiner Nähe war und ich nickte. „Nur zu."
Er setzte sich auf die andere Seite der Bank und aus dem Augenwinkel erkannte ich das er auf seinen Handy herumtippte.
Ich stand plötzlich auf, weil ich dachte ich hätte Leo aus den Augen verloren und mir rutschte das Herz in die Hose. „Leo!", rief ich und ging zum Wasser. „Leo!"
Ich sah nun seinen Kopf und atmete erleichtert auf. „Komm wir gehen weiter!"
„Da hattest du wohl kurz Angst was?" Ich drehte mich kurz um und mir wurde bewusst das der Mann mich ansprach. „Ja.", murmelte ich und zog auch eine Augenbraue hoch.
Ich hatte den Mann noch nie zuvor gesehen und das er mich so ansprach brachte mich zum Nachdenken. Ich fühlte mich tatsächlich nicht ganz wohl dabei.
„Leo komm bitte!" Meine Stimme war nun fester und Leo kam aus dem Wasser, er rannte zu mir. Er schüttelte sich und ich hielt mir die Hände vors Gesicht um nicht ganz nass zu werden, danach erblickte er wohl den Mann und knurrte.
Er bellte und fletschte seine Zähne und das er sich so verhielt konnte nichts gutes heißen. „Schönen Tag noch.", sagte ich schnell und blickte kurz in das Gesicht des Mannes.
Er hatte die gleichen Augenfarbe wie ich und ich schluckte schwer als ich die Narben in seinem Gesicht sah. „Noch einen schönen Tag Ava."
Als er meinen Namen aussprach lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken und ich machte mich schnell auf den Heimweg.
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