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Hier bin ich wieder, so rund acht Jahre später... Jede Mal, wenn ich dieses Ding lese oder schreibe, weiß ich nicht, ob ich es eigentlich feiern soll, oder mich doch lieber cringend in eine Ecke verziehen soll😂
Kurzer Disclaimer am Anfang, dieses Kapitel enthält Erwähnungen und Erzählungen von körperlicher und sexueller Gewallt gegenüber Minderjährigen. (Keine detaillierten Berichte, nur Erwähnungen) Außerdem geht es um das Trauma, dass die Jugendlichen dieser Geschichte davon haben.
Ich habe kein fundiertes Wissen über diese Themen und bin mir auf gar keinen Fall sicher, ob die geschilderten Situationen und Reaktionen auch nur ansatzweise der Realität entsprechen.
Falls ihr euch entweder von den Inhalten selbst oder meiner (wahrscheinlich) falschen Darstellung dieser Inhalte getriggert fühlt, ist es wahrscheinlich besser, ihr lest das hier nicht.
(Falls ihr über dieses Thema bescheid wisst und euch meine falsche Darstellung auffällt könnt ihr mich darauf natürlich auch gerne hinweisen, wenn ihr das wollt. - Man lernt ja immer gerne dazu)
Die Art wie die Kinder miteinander umgingen war seltsam für mich. Sie verhielten sich wie ein eigenes Rudel, also ähnlich wie wir. Ihre Stimmen waren meist monoton, ihre Antworten einsilbig. Nur untereinander bekamen ihre Sätze etwas mehr Leben. Sie schienen langsam Vertrauen zu uns zu bekommen. Dennoch zuckten sie ständig zurück, wenn sich einer von uns ihnen näherte. Der Fakt, dass das Sofa ja immer noch tiefer gelegt war, half ihrem unsicheren Gefühl wahrscheinlich auch nicht. Gerade begann Jin, Minho zu verarzten. Inzwischen hatten wir sie dazu gebracht sich vorzustellen, so dass wir jetzt ihre Namen kannten. Als mein Hyung aber nach seinem Hals greifen wollte, an dem sich einige Schürfwunden befanden (Gott, wie haben die die Dusche überlebt ohne vor Schmerzen zu sterben?) zuckte er erneut zurück. Es war ein Phänomen, das sich durch alle Untersuchungen der Wölfe gezogen hatte. Jin seufzte auf: „Hey, ihr habt doch inzwischen gesehen, dass ihr uns vertrauen könnt oder?" Der Junge sah ihn kurz abfällig an, dann atmete er tief durch: „Das hat nichts mit Vertrauen zu tun, das sind angelernte Reflexe. Die kann man nicht so einfach stoppen." Ich musste schlucken. Mein Gehirn wollte sich immer noch nicht damit abfinden, dass diese Stimmen zu Teenagern gehörten. Sie klangen immer so erwachsen. Auch mit den Dingen die sie sagten. Jin nickte mit gesengtem Blick und machte vorsichtig weiter.
Als er endlich mit allen fertig war, (es hatte mehr als doppelt so lange gedauert als gedacht, denn es waren weit mehr Wunden als wir am Anfang gesehen hatten) verzogen wir uns kurz nach oben in eines der Arbeitszimmer in diesem riesigen Haus. Die Kinder waren in der Zwischenzeit schon wieder eingeschlafen, ihre Körper schienen ordentlich etwas nachholen zu müssen. Jin wirkte als wollte er etwas loswerden.
Er fing mit bedrückter Stimme an zu sprechen: „Dieses Verhalten gepaart mit was der eine über Reflexe gesagt hat... Ich hab das nur einmal in meinem Leben irgendwo gesehen, und auch damals nicht so extrem. Damals haben sie von der Notaufnahme einen kleinen Jungen hereingebracht, der wohl schon Monate oder Jahre lang häuslicher Gewalt ausgesetzt war." Auf seine Aussage folgte entsetztes Schweigen. Und plötzlich begann jeder noch so seltsame Teil ihres Verhaltens Sinn zu machen. „Dann, meint ihr sie waren deshalb da draußen?" Ich nickte auf Tae's Frage hin nur. „Was machen wir jetzt?" Darauf wusste keiner so wirklich eine Antwort. Plötzlich hörten wir panisches Schreien von unten. Es war nur ein paar Sekunden lang, aber wir rannten so schnell es ging hinunter. Die Kinder hatten sich aufgesetzt und sich alle zu dem Kleinen hingedreht, der uns gestern im Wald so freundlich begrüßt hatte. In dem Moment, in dem wir unten ankamen, schoss auch sein Kopf nach oben und er atmete hektisch. „Hey, ist gut, alles gut. Atmen In~ah, atmen." Sie redeten mit einer abartigen Routine. Sie hielten ihn fest, streichelten ihm über den Kopf, bis er sich wieder beruhigt hatte. Dann ließen sie sich gemeinsam wieder nach hinten fallen um weiterzuschlafen, so als wäre gerade nichts passiert.
Das Mädchen war die einzige, die uns von ihrer Position aus sah. Uns schienen die Fragezeichen wohl überm Kopf zu schweben. Sie lächelte wieder dieses sanfte, melancholische Lächeln, das wir bei ihr schon öfter gesehen hatten, und schlich sich vorsichtig aus dem Trupp an Jungs, um zu uns zu gehen. Die Bewegungen taten ihr offensichtlich immer noch weh. Jimins Hand ergriff sie dennoch nicht. Sie folgte uns stumm in den Raum zurück, in dem wir uns vorher schon beraten hatten. Im Raum standen haufenweise Sessel und Sofas, also setzten wir uns, um ihr die Schmerzen etwas zu nehmen. Sie setzte sich ganz automatisch etwas von uns entfernt nahe an die Tür, die wir nicht geschlossen hatten.
„Dürfen wir dir ein paar Fragen stellen?", fing Hobi vorsichtig an. „Du musst auch keine beantworten wenn du dich unwohl fühlst." Fügte er auf ihren zögernden Blick hinzu. Sie nickte nur. „Was ist unten gerade passiert?" Sie seufzte: „Ein Albtraum. Sie wissen vielleicht was Flash-Backs sind." Wir nickten bestätigend. „Sowas kann man auch als Traum haben. Es ist eben ein sehr realistischer Traum. Wenn einer von uns aus sowas aufwacht kriegt er fast immer sofort eine Panikattacke." „Hat nur er diese Träume?" „Nein, wir alle. Pro Nacht sind es wahrscheinlich rund 8 oder 9 Mal, dass wir aufwachen. Also praktisch ein Albtraum pro Kopf." „Du kennst dich ja ziemlich gut aus mit solchen Sachen." Stellte Jin anerkennend fest. „Gezwungenermaßen... Die Erfahrung lehrt eben so manches." Ein resigniertes, traurige Lachen entkam ihr: „Wir haben wohl inzwischen echt Routine mit dem Scheiß." Keiner traute sich irgendwas zu sagen. Sie ließ ihren Kopf nach unten hängen.
„Woher kommt ihr eigentlich?" Sie antwortete ohne den Blick zu heben: „Menschentechnisch aus der Gegend um -----------. Wolfstechnisch..." sie richtete ihren Kopf auf, „kommen wir von den Bloodfighters." (A: Wirklich kreativ lieber Autor) Unterdrückte erschrockene Ausrufe füllten den Raum. Die Bloodfighters... sie waren nicht auf dem Rudeltreffen gewesen. Selbst wenn sie gewollt hätten, es war ihnen die Teilnahme sowieso untersagt. Eine Reihe von Skandalen und Verbrechen, auch in der Welt der Menschen, umgab alle Mitglieder dieser Gang. „Ich nehme an ihr wurdet hineingeboren?" Sie nickte. „Freiwillig wären wir da ja wohl nicht rein." Wir nickten nur bedrückt. Irgendwie fühlte ich mich schlecht wegen dem, was ich am Anfang über sie gedacht habe. Sie klang so niedergeschlagen, so als ob sie jede Hoffnung schon längst aufgegeben hätte.
„Manchmal glaub ich, dass wenn wir einander nicht zufällig hätten,...." Ihre Stimme versagte endgültig, als sie die Erinnerungen an all diese Momente einholte. Betroffen schauten wir uns an. Tae ging zu ihr und kniete sich vor sie. Ganz langsam streckte er seine Hand aus, damit sie ihn stoppen konnte. Doch sie ließ es zu. Als seine Hand ihre Wange berührte, zuckte ihr Körper zwar kurz, aber sie zog ihr Gesicht nicht weg. Vorsichtig wischte er ihr die Träne von der Wange. „Willst du uns erzählen, wie ihr da draußen gelandet seid?" Sie atmete tief durch und nickte: „Ich nehme an ihr habt inzwischen erraten, was uns so ungefähr passiert ist. Ich meine dort wo wir herkamen. Es fing an, da waren wir noch keine 6 Jahre alt. Chan-hyung, unser ältester, ist 18, Jeongin und ich die jüngsten, wir sind 16 bzw. fast 16." „Dann geht das schon über 10 Jahre so?" Wieder war die Antwort ein nüchternes Nicken. „Wie ... ich weiß nicht genau, wie ich dich das fragen soll... War es äußerliche Misshandlung oder ... na ja-" „-Missbrauch?" Hobi nickte betreten „Beides. Wir alle haben beides erlebt. Obwohl das zweite... ein paar Jahre später dazu kam. Wie auch immer, wir sind halt zufällig alle rund um dieselbe Zeit geboren. Wir haben das gleiche erlebt und sind uns in unserer Art sehr ähnlich. Deshalb sind wir schnell relativ eng zusammengewachsen. Vor rund einem Monat ist es dann irgendwie eskaliert. Wir schlafen schon seit langem gemeinsam in einem Schlafsaal, auch wegen den Panikattacken. Irgendwas hat ihnen wohl gehörig den Tag vermiest... Wenn wir da nicht sofort raus wären, als es so extrem wurde, ich glaube wir wären nicht mehr..." Ihre Stimme brach ab. Sie zitterte bei dem Gedanken an das, was damals passiert war. „Seid ihr einfach raus in den Wald?" „Ja, einfach nur weg. Erklärt unsere zerrissenen Klamotten und einen Großteil der Narben und Wunden." Für sie schien die Erzählung damit vorbei zu sein. Ein paar Tränen rollten über ihr Gesicht. Ich fühlte mich wirklich mies. Als wir sie damals in der Kuhle gesehen haben, hätten uns so viele Sachen auffallen müssen... „Können wir wieder zu den anderen?", fragte sie vorsichtig. „Natürlich." Als wir wieder aufstanden, viel uns zum wiederholten Mal auf, wie unsicher und schmerzerfüllt sie sich bewegte. Dazu kam jetzt noch, dass sie leicht zitterte. Dieses Mal ergriff sie die Hand, die man ihr anbot, auch wenn sie sich kaum darauf stützte.
Als wir unten ankamen, saß einer der Jungs aufrecht da und schaute sich aufmerksam um. Die anderen schliefen immer noch tief und fest. Als er Angie mit uns herunterkommen sah, atmete er erleichtert aus, wirkte aber gleich darauf noch alarmierter, als er ihren Zustand sah. Er stand auf und kam zu uns, genauso wacklig auf den Beinen wie Angie, und nahm ihre Hand sofort aus Yoongis. Er zog sie von uns weg zur Couch und murmelte irgendwas zu ihr, während er so aussah als ob er uns gleich an den Kragen springen wollte. Er glaubte wohl, wir hätten ihr irgendwas getan. Sie sah zu uns herüber und lächelte durch ihre Tränen. „Beruhig dich Hyung. Ich hab nur erzählt..." Es schien ihm als Erklärung zu reichen, denn er sah sie überrascht an. Er setzte sie beide auf die Couch und umarmte sie, sodass sie ihren Körper praktisch in seinem versteckte. Sanft strich er ihr durch die Haare, während er darauf wartete dass sie sich wieder beruhigte.
Btw.: Irgendwelche Meinungen und Gefühle zu ob Woojin Teil dieser Geschichte bleiben soll? Ich glaube nicht, dass es für die Geschichte einen Unterschied macht und ich steh momentan recht unsicher zu allem, was passiert ist (jeder kann seine Meinung haben und das ist vollkommen ok, ich hab nur noch keine). Wenn es jemanden stört, kann ich ihn aber auch rausnehmen.
PS.: Meinungen zu der eigentlichen Geschichte sind natürlich auch herzlich willkommen. Hilft echt beim Weiterschreiben.🥰
Habt noch einen schönen Tag❤🥰
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