~1~

Wir kamen gerade von einem Rudeltreffen am Gipfel zurück, als uns ein unbekannter Geruch auffiel. 

Wir,das sind meine sechs Rudelmitglieder und ich. Jin, der älteste, der fast wie eine Mutter für uns ist, Yoongi und Hoseok, beide ebenfalls älter als ich. Dannkomme ich, Namjoon, der Leader des Rudels, und am Schluss Jimin, Taehyung undJungkook. Alle sind wir bereits voll ausgewachsen und haben unsere Pubertät,sowohl als Wolf als auch als Mensch, hinter uns. 

Der Geruch hing in unserem Revier wie schon immer dort gewesen, und trotzdem war er uns vollkommen fremd. Er stammte zweifellos von Wölfen. Er war stark, man roch ihn an jedem Baum. Es war eindeutig, dass der Ursprung des Geruchs nicht nur hier durchgezogen war, sondern sich schon länger in unserem Gebiet aufhielt. Wir kamen zu der Übereinstimmung, dass es mehr als ein Wolf sein musste und sie noch sehr jungwaren. Ich schnaubte kurz auf. Wir waren nach der mehrtägigen Reise alle müde,es war mitten in der Nacht, und das letzte was ich momentan gebrauchen konnte war eine Gruppe Halbstarker, die sich bei uns einnistete. Aber wenn sie sich bereits kurz nach unserem Aufbruch hier niedergelassen haben, konnten wir nicht zulassen, dass sie sich noch länger bei uns aufhielten. Also machten wir uns seufzend auf die Suche nach den Übeltätern. In der Nähe einer großen Senke, rund herum wuchsen Bäume und an den Kanten fiel es ziemlich stark ab, wurde der Geruch intensiver. Yoongi neben mir knurrte belustigt: „Wenn die sich in einer Senke verstecken, sind sie aber nicht recht klug. Da kann man ihnen jeden Fluchtweg abschneiden." „Wenn sie wirklich so jung sind wie sie riechen, darf dich das nicht überraschen", erwiderte Hobi. Ich nickte nur zustimmend: „Jetzt seid leise, ich will sie zur Rede stellen bevor wir sie hier rausjagen."Vorsichtig näherten wir uns der Senke. Es waren zwar nur Jugendliche, aber man konnte ja nie wissen. Ein heiseres Knurren ließ uns in der Bewegung innehalten. Wir richteten unsere Augen in die entsprechende Richtung. Zwischen den Bäumen, an der Kante der Kuhle, stand ein Wolf mit gesträubtem Fell und geducktem Kopf. Wir ignorierten die eindeutige Warnung und traten langsam näher. Als ich langsam mehr von ihm erkennen konnte, fragte ich mich, wie er uns so einen Schrecken einjagen konnte. Man sah, dass er jung war. Vielleicht gerade mal 17,wenn überhaupt. Außerdem war er mager, sein Fell stand struppig vom Körper, und deutlich erkannte man mehrere größere Wunden und Narben auf seinem Körper. „Mutig von euch, sich einfach in unserem Gebiet niederzulassen", stellte Jungkook fest. Der junge Wolf hob seinen Kopf ein klein wenig: „Es ist nicht so, dass wir freiwillig geblieben sind." Seine Stimme klang für sein Alter viel zu rau und heiser. „Das musst du uns schon genauer erklären." Langsam und bedrohlich kam ich auf ihn zu. Er legte seine Ohren an und wollte ausweichen, gerade noch rechtzeitig fiel ihm ein, dass es hinter ihm nicht weiter ging. Er seufzte und schüttelte seinen Kopf. „Das wird doch eh nichts bringen. Uns hat noch nie jemand zugehört." Fragend legte ich den Kopf schief. „Vielleicht müsst ihr es einfach nochmal probieren." Diese Aussage kam von Jin, mit sanfter Stimme hatte er gesprochen. Ich sagte es ja bereits, wie eine Mutter. Der junge Wolf ließ seine Schultern hinuntersacken und nickte resigniert: „Ich schätzt, ich hab sowieso keine Wahl." Damit drehte er sich um und sprang in die Senke. Wir folgten ihm ohne zu zögern. Schon von weitem konnte ich erkennen, dass die jungen Wölfe in der Überzahl waren, doch wenn sie alle so aussahen wie der Kleine vor uns, wären wir ihnen dennoch haushoch überlegen. Als sie uns kommen sahen, erhoben sich einige von ihnen und stellten sich uns knurrend entgegen.„Jeongin!", grollte einer von ihnen mit noch rauerer Stimme, „Wer sind die?" „Das Rudel des Reviers!", war die Antwort des Jungen, der uns vorhin aufgehalten hatte. Jeongin also... 

Der Wolf der die Frage gestellt hatte, reagierte ähnlich wie Jeongin zuvor. Er ließ die Schultern fallen und seufzte. Der Kleine (ich hatte einfach beschlossen ihn so zu nennen) richtete seine Aufmerksamkeit nun vollständig auf den Wolf, der gerade gesprochen hatte. Er hatte helles, fast blondes Fell (sorry ich liebe Chan mit blonden Haaren) und genau wie der andere auch wirkte er abgemagert und war voller Verletzungen. „Warum seit ihr wach? Geht es wem schlechter?" Der Blonde nickte: „Sie hat schon wieder einen Anfall. Vielleicht gehst du zu ihr, ich regle das hier schon." Jeongin trat ohne zu zögern in die Gruppe, verwandelte sich gleichzeitig zurück und so sah man, dass er tatsächlich mager und verletzt war, er trug nämlich nur Hosen und kein Hemd. Der blonde Wolf gab einem anderen ein Zeichen auf das sich die beiden von der Gruppe lösten und auf uns zukamen. Als sie vor uns standen begann er zu reden: „Ich heiße Chan, das ist Felix, es tut uns leid, wir sind nicht hier geblieben um Ärger zu bekommen oder euer Revier zu übernehmen. Sobald wie möglich, werden wir wieder verschwunden sein, darauf habt ihr mein Wort." Ich sah in abschätzend an. Dass er so höflich war, rechnete ich ihm hoch an, dennoch fiel es mir schwer, dem dreckigen Jugendlichen vor mir Respekt entgegen zu bringen. „Was zählt schon das Wort eines kleinen Ausreißers? Und was meinst du mit ‚ihr seid bald wieder weg'?" Er senkte nur den Kopf, doch der andere, den er als Felix vorgestellt hatte, begann an seiner Stelle zu reden: „Wir... Wir wurden von gewissen... Umständen gewissermaßen gezwungen, hier zu bleiben. Sobald es diese Umstände zulassen, sind wir auch schon wieder weg." Er sprach zögerlich und unsicher, entweder war er von irgendetwas sehr eingeschüchtert geworden, oder wir jagten ihm solchen Respekt ein. „Das beantwortet Jungkooks Frage immer noch nicht. Warum seit ihr hier?", wiederholte ich. Chan setzte gerade zum Sprechen an, da hörte man einen der Jungs leicht panisch rufen: „Cahn, Lix!! Kommt her!" Beide wirbelten in der Sekunde herum und sprinteten zurück zum Rest der Gruppe. Langsam und vorsichtig gingen wir ihnen hinterher. Die Wölfe teilten sich, und gaben den Blick auf Jeongin und einen anderen Jungen frei, die in ihrer menschlichen Gestallt am Boden knieten. Einer von ihnen mischte irgendwas zusammen, es roch nach Kräutern, ähnlich den Tees, die Jin manchmal selbst machte. Der andere zerriss ein Hemd in Streifen. „Woojin", sagte der uns noch fremde Junge ohne irgendwelche Emotionen in der Stimme. Ein Wolf, der mit diesem Namen offenbar gemeint war, trat zu ihm und roch an der Mixtur, nur Sekunden später nickte er und blies dem knienden Jungen fast lobend durch die Haare. Die ganze Gruppe roch nach Angst. Erst jetzt entdeckten wir auch den Grund dafür. Auf dem Boden vor den Jungs lag eine Person im Gras, auch sie trug nicht viel am Körper, ihr Hemd war zerrissen und hing in Fetzten an ihr. Bei genauem Hinsehen erkannte ich auch, dass es ein Mädchen war, denn die langen, dunklen Haare konnten gar nicht von einem Jungen stammen. „Oh Gott~", hörte ich Jin hinter mir. Die Anderen schienen uns völlig vergessen zu haben, Jeongin begann nun, die Stoffstreifen mir der Paste einzustreichen und die Wunden des Mädchens zu verbinden. Ich kam nur einen Schritt näher, da drehten sich auch schon vier der Wölfe um und knurrten mich an. Es war mehr als offensichtlich, dass ich sie in diesem Zustand in wenigen Minuten und ohne wirklichen Kampf besiegt gehabt hätte, dennoch ging ich einfach wieder einen Schritt zurück und sie beruhigten sich etwas. 

Jin trat jetzt vor und ergriff das Wort: „Ich hab keine Ahnung was hier los ist und warum ihr so komisch drauf seid, aber ich sehe von hier schon, dass es ihr echt schlecht geht. Lasst mich ihr helfen, ich hab Medizin studiert und bin Arzt. Ich verspreche euch ich werde weder euch noch ihr was tun." Ich war beeindruckt, wie ruhig und sanft Jin im Angesicht dieser Wölfe blieb. Mal wieder schoss mir durch den Kopf, wie perfekt er als Vater wäre. Zweifelnd sahen die Jungs zu ihm. Der, der vorhin mit Woojin angesprochen wurde, kam an Chans Seite und raunte ihm etwas zu, das ich selbst mit meinen Wolfsohren nicht verstehen konnte. Chan sah zu Jin auf und nickte ihm zu: „Aber verwandle dich zuerst zurück." Mit dieser Geste formten die restlichen Jungs einen Gang zu dem Mädchen, alle Augen lagen auf Jin, der zu einem Mensch wurde, und seine Angst, die ich riechen konnte, herunterschluckte. Langsam lief er zwischen den Wölfen durch, sowohl diese als auch die beiden Jungs, die hinter dem Mädchen knieten, starrten ihn förmlich an. Bei ihr angekommen, kniete er sich zu ihr hinunter. Er blickte zu den Jungs auf, und auf ein Nicken des einen hin legte er eine Hand auf ihre Stirn. Die Blicke der ‚Kinder' lagen auf jeder seiner Bewegungen. Nach einigen Minuten erhob es sich wieder und trat aus dem Kreis von Jungwölfen. Auf meinen fragenden Blick hin seufzte er: „Sie hat keine extreme Krankheit, aber ist geschwächt, hat recht viel Blut verloren und schon länger nichts mehr gegessen und vor allem getrunken. Sie leidet auch an eindeutigem Schlagmangel. Es ist ein Wunder, das sich keine ihrer Wunden entzündet hat. Dasselbe gilt übrigens auch für die Jungs. Mich wundert es dass die nicht auch der Reihe nach umgekippt sind. Ich würd sie in dem Zustand wirklich ungern alleine hier lassen. Es sind Kinder Namjoon." „Irgendwas ist da noch, oder?" Er nickte: „Ich bin kein Psychologe und habe mein Studium in diese Richtung nicht vertieft, aber ich würde meinen die haben irgendein Trauma. Weiter kann ich das nicht beurteilen." Den ersten Teil seiner Diagnose wiederholte er dann für die Anderen. Die Jungs nickten. Ich glaube, sie hatten etwas Ähnliches schon erwartet. Auf jeden Fall wirkten sie nicht überrascht, eher erleichtert. Doch als Jin ihnen erklärte, dass er sie gerne mit zu uns nachhause nehmen würde, spürten wir alle wie die Spannung der Wölfe wieder stieg. Das Mädchen schien nicht völlig weg zu sein, es dürfte mitbekommen haben, was rund um sie passiert war, ihm fehlte aber die Kraft um darauf zu reagieren. Den Jungen schien der Gedanke eindeutig nicht zu gefallen. Wenn sie wirklich ein Trauma hatten war das vermutlich auch verständlich. Jin und auch die anderen Jungs aus meinem Rudel brauchten einiges an Überzeugungskünsten, um sie zu überreden mit uns zu kommen. Bis zum Schluss waren sie alle eher abgeneigt, aber dass die Lage hier draußen auch katastrofall war, mussten auch sie einsehen. Müde und schwach erhoben sie sich, einer – er wurde mit Changbin angesprochen – legte sich seitlich neben das Mädchen. Erst kurz darauf verstand ich, warum. Sie drehte sich mit allem was sie noch an Kraft hatte zur Seite und legte ein Bein um seinen Rücken, hielt sich mit den Händen fest und vorsichtig rollte er sich auf den Bauch. Jeongin und der Andere stellten sich neben sie, als sich der Junge vorsichtig mit dem geschwächten Mädchen auf seinem Rücken erhob. Ich bot ihnen gar nicht erst an, sie zu tragen, sie hätten es bestimmt nicht zugelassen. Und so setzte sich der ganze Zug in Bewegung. Wir sieben vorne weg, und hinter uns die Gruppe an Jugendlichen. Immer wieder drehten wir uns um, ich hatte Angst, sie würden zurückbleiben oder es würde plötzlich noch einer umkippen.


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top