Succumbo


 Zehn Jahre zuvor in Arkham, der Stadt der Dämonen.

Shin versuchte sich zu konzentrieren, doch der Lärm von der Hauptstraße auf der anderen Seite des Hauses, war einfach zu penetrant. Außerdem... er senkte der Kopf und stützte ihn auf seinen angezogenen Knien ab, das Manuskript rutschte aus seiner Hand und fiel sanft die wenigen Stufen der Treppe zum Hauseingang hinunter. Shin blieb in seiner Position und strengte sich an, seinen schmerzenden Magen zu ignorieren. Doch wie es oft bei solchen Dingen war, machte er damit die Sache nur noch schlimmer. „Ich hab Hunger.", murmelte er und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Haustür. Sein Blick glitt hinauf zum Himmel, an dem sich kaum Wolken befanden und die Spätsommersonne die Schatten der großen Stadt jagte. Er hörte Schritte und sah auf. Im Tor zum Hinterhof stand ein Dämon. Er war nicht viel älter als Shin, doch wenn man noch ein Kind ist, konnte einem ein Altersunterschied von gerade mal zwei Jahren sehr groß vorkommen. Shin blinzelte ihn misstrauisch an, denn diese dunklen Haare kamen ihm doch recht bekannt vor.

„He.", sagte der Fremde.

„He?", machte Shin und hob das Manuskript wieder auf, dass ihm aus der Hand gerutscht war.

„Sag mal", der Fremde kratzte sich etwas nervös am Hinterkopf. „Hast du geheult?"

Shin hob erschrocken den Ärmel und wischte sich über die Augen. Man konnte es sehen? Nicht einmal er hatte es bemerkt. „Nein.", log er und sah den Jungen unterm Gartentor nicht an. „Was willst du hier?"

„Ich dachte ich guck mal vorbei, wir haben uns schon ziemlich lange nicht mehr gesehen. Ich geh seit ein paar Monaten auf die Schule in der Nähe. Wenn ich einen Umweg gehe, komme ich hier vorbei."

Shin hielt inne. Nach ein paar Sekunden des Schweigens sah er endlich auf und musterte den Fremden etwas genauer. „Ah", machte er. Er kannte ihn, sie hatten früher öfters zusammen gespielt. Sie waren sogar verwandt, aber ihre Eltern hatten keinen Kontakt mehr zueinander und so hatten auch sie beide sich aus den Augen verloren. „Yume, du siehst anders aus." Sein Cousin trug die Haare länger und zum Zopf gebunden, außerdem hatte Shin ihn noch nie in so etwas ordentlichem wie einer Schuluniform gesehen.

Yume grinste als Shin ihn erkannte. „Du siehst auch anders aus, irgendwie älter... wie alt bist du jetzt? Sieben Jahre?"

„Ich bin schon zehn!", platzte es sofort aus Shin heraus.

Yume lachte. „Das weiß ich doch! Sag mal was machst du hier draußen?"

„Ich hab meinen Haustürschlüssel vergessen und Mama ist heute nicht da.", Shin lehnte sich wieder zurück und tat so, als wäre es das tollste auf der Welt hier zu sitzen und sich zu langweilen. Ihm war mittlerweile etwas schlecht vor Hunger.

„Hast du keine Freunde zu denen du gehen kannst?", Yume kam in den Hinterhof und auf Shin zu. Die Art wie er sich auf ihn zubewegte, hatte etwas sehr raubtierhaftes an sich, doch Shin dachte wenn er es ignorierte, würde es schon von selbst aufhören.

„Nein.", sagte dieser einfach.

Yume war, gegen Shins Erwartung, bei ihm angekommen und legte die Hand auf seine Schulter. „Ein Glück hast du eine tolle Verwandtschaft, oder einfach mich. Komm mit.", er packte zu und zog Shin hinter sich her.

„Lass mich los, ich kann selbst laufen!", protestierte dieser, doch ehe er es sich versah, hatte Yume ihn huckepack genommen und lief mit aus dem Hof. Shin seufzte und hielt sich fest. „Was soll das?"

„Meine Güte, du bist viel zu leicht. Wie wäre es mit etwas Fleisch? Ich war gestern einkaufen und der Kühlschrank ist wieder einmal viel zu voll.", Yumes Stimme klang wie ein gut gelaunter Singsang.

„Du kochst?", fragte Shin.

„Oh ja und ich brauche Opfer an denen ich meine Künste ausprobieren kann, also denk nicht ich tu das hier für dich. Ich entführe dich schließlich gegen deinen Willen." Und er schien wirklich seinen Spaß dabei zu haben.

„Man kann es essen.", stellte Shin mit einer eher unbeeindruckten Stimme fest, die allerdings ganz und gar nicht zu seinem Verhalten passen wollte, denn er schaufelte sich das Essen wie ein Verhungernder in den Mund. Es war wirklich fantastisch, besonders für jemanden der die Tiefkühlküche gewöhnt war.

Yume sah seinem kleinen Cousin eine Weile beim Essen zu, bis er sagte: „Ich will Koch werden, der Meister aus der großen Küche in der Altstadt, meinte er nimmt mich in die Lehre und wenn ich durch bin geh ich in die Hauptstadt."

Shin kaute jetzt etwas langsamer und blickte zu dem Jungen vor sich, ohne ihn richtig anzusehen. Die große Metropole, es hieß immer sie läge im Herzen der Welt und wäre dem Himmel näher, geschmückt von Häusern die bis in die Wolkendecke ragten und die Bevölkerung der Stadt war so vielseitig wie an keinem anderen Ort. Shin hatte noch nie etwas anderes als die Dämonen gesehen, sie machten ihn müde und er hatte angefangen ihnen aus dem Weg zu gehen. Er wollte auch von hier weg, aber er war noch ein Kind. Plötzlich empfand er etwas Neid auf Yume, da dieser in seinen Augen schon so viel erwachsener war und diesen Plan für die Zukunft hatte. „Warum erzählst du mir das?", Shin starrte wieder auf sein Essen und nahm die nächste Gabel in den Mund.

„Du bist wirklich unhöflich geworden, fang doch mal an dich für andere Leute zu interessieren. Ich versuche mit dir eine Unterhaltung zu führen. Was willst du denn mal machen wenn du groß bist?"

Shin verzog das Gesicht als er nachdachte. „Ich weiß nicht, aber hier wegzugehen... das gefällt mir. Ich mag die anderen nicht. Dämonen... ah, ich glaube du bist ok." Und er sah zu Yume auf und brachte tatsächlich so etwas wie ein Lächeln zustande.

„Du kannst ja richtig süß sein.", kommentierte Yume und grinste zurück.

„Hmpf", machte Shin.

„He, Sukkubus!"

„Bleib doch mal stehen!"

„Wer ist der Kleine?"

„Sukkubus!"

Die Rufe folgten ihnen die Straße hinunter und Shin spürte zum ersten Mal, wie angenehm es sein konnte sonst einfach ignoriert zu werden. Er drehte sich nicht um, um nachzusehen welche Leute ihnen hinterherriefen, stattdessen sah er unauffällig zu Yume auf. Dieser hielt den Kopf gesenkt und sein Gesicht wirkte so abwesend, dass Shin erschrak als Yume plötzlich anfing leise zu sprechen: „Es tut mir leid, dass du dir das anhören musst. Deswegen gehe ich nie gerne diesen Weg nach Hause. Irgendwann werde ich wissen was ich auf so etwas antworten kann.", Den letzten Satz sagte er mehr zu sich selbst und Shin konnte die Schamesröte in seinem Gesicht erkennen.

Zum ersten Mal drehte Shin den Kopf nach hinten und sah zu der kleinen Schülergruppe an der Kreuzung, die ihnen hinterherriefen. Einer von ihnen pfiff durch die Zähne, als er Shins Blick traf. Er war es gewesen, das erste Gesicht das Shin mit dieser Situation verband war das von Balgir.

Gegenwart an der Loup Parole.

Es war schon seltsam.

Zum ersten Mal fühlte Shin bei diesen Erinnerungen keine beißende Lehre mehr, sondern eine wohlige Genugtuung.

Er lehnte sich zurück und egal wie unbequem der kalte Klodeckel in der Kabine auch sein mochte, in diesem Moment durchdrang ihn Erregung, als Balgir vor ihm auf die Knie ging. „Der Boden ist doch schmutzig.", flüsterte Shin, machte jedoch keine Anstalten den anderen aufzuhalten und Balgir öffnete die Hose des Inkubus.

„Ich weiß nicht", sagte Balgir „ich habe noch nie mit einem anderen Mann..."

Shin lächelte sanft, streichelte dem Dämon über den Kopf und spürte wie dieser bei der Berührung erzitterte. Genauso sanft wie er die Berührung ausgeführt hatte, drückte er Balgirs Kopf ein wenig näher. „Es gibt immer ein erstes Mal.", hauchte Shin.

Du meine Güte, dachte Shin, warum mach ich das hier überhaupt? Und dann auch noch auf der Schultoilette. Doch bevor er weiter darüber nachgrübeln konnte, fuhr Balgir mit der Zunge über Shins erigierten Penis und begann Shin mit dem Mund zu befriedigen. Das sollte eigentlich reichen um jeden vernünftigen Gedanken aus dem Kopf des Inkubus zu vertreiben, doch Balgir war wirklich... schlecht darin. Wie konnte man so schlecht sein, wenn man selbst über männliche Geschlechtsteile verfügte?! Shin sah zur Decke hinauf und musste plötzlich an seine Peinlichkeit mit Ankamna denken, es gab doch nicht etwa noch mehr Leute die ganz und gar ohne Geschlecht waren? Hatte er etwa schon wieder...? Shin drückte vorsichtig Balgirs Kopf weg. „Lass mich mal machen", lächelte der Inkubus und ließ ihn aufstehen. Mit etwas nervösen Händen öffnete er Balgirs Hose und stellte erleichtert fest, dass es dort nur männliche Aussichten gab. „Das ist wundervoll", sagte er ausversehen laut.

„Danke.", sagte Balgir mit rotem Kopf.

„Jetzt werde ich mich ein wenig um dich kümmern.", sagte Shin. Wenn er schon einmal dabei war, konnte er genauso gut die Kontrolle übernehmen, wahrscheinlich wurde es dann für beide beteiligten schöner. Als er sich gerade ganz Balgir zuwenden wollte, ertönte ein sehr lautes Krachen und die beiden Dämonen zuckten erschrocken zusammen. Es dauerte keine Sekunde, bis sie verstanden, dass jemand gegen die Tür der WC-Kabine getreten hatte. Es war eine sehr plötzliche und ernüchternde Unterbrechung gewesen, doch das Hauptproblem sollte sich noch zeigen. Balgir verzog langsam das Gesicht als er zu der Tür blickte, dann sah er wieder in die Kabine und seine Augen weiteten sich, als würde ihm gerade erst klar werden in was für einer Szene er sich hier befand. Was auch der Fall war, denn Shin hatte sich bei dem Krach ebenso erschrocken wie Balgir und durch den kurzen Moment der Ablenkung auf beiden Seiten, war Shins Bann zerstört.

„ah, scheiße.", murmelte Shin, gerade als er von Balgir am Hals gepackt und sehr unbequem gegen den Spülkasten der Toilette gedrückt wurde.

„Du widerlicher Sukkubus, was hast du mit mir angestellt?!", brüllte Balgir und ein erneutes Krachen kam von der Tür. „Und du verpisst dich gefälligst!!!", schrie er zur Tür.

Es herrschte ein paar Sekunden schweigen, als ob man über die Worte nachdenken müsste und in denen Shin seine Hose wieder schloss (er wollte nicht wieder einem potentiellen Retter mit offener Hose gegenüberstehen). Doch dann hatte man seine Entscheidung getroffen und es ertönte ein letztes lautes Krachen, das die Tür endgültig aus den Angeln riss. Langsam und wie in Zeitlupe kippte sie nach außen und fiel gegen die Waschbecken. Es gab anschließend ein lautes Knarzen, doch die Becken hielten. Jemand trat vor den Eingang und musterte die Situation.

Bei dem Anblick dieser Person vor ihnen war es schwer zu sagen, wer von beiden schockierter war. „Bellefleur!", keuchte Balgir und seine Stimme wurde sofort um ein paar Töne höher. „Was machst du hier? Ich dachte du schwänzt. Haha..."

Nell sah ihn kaum an, seine Augen wanderten zu Shin und musterten ihn feindselig. „Geh weg, Balgir." Befahl er.

„Natürlich!", Balgir sprang sofort auf und quetschte sich an Nell vorbei, doch dann hielt er inne. „Seit wann kennst du meinen Namen?"

Es war interessant zu sehen, wie sich für einen kurzen Augenblick Panik in Nells Gesicht zeigte. Nicht lang genug, damit Balgir es wahrnahm, aber für Shin reichte es vollkommen aus.

„Was an Geh weg hast du nicht verstanden?" Diese Worte reichten aus um Balgir endgültig zu verjagen und sämtliche zusätzliche Fragen zu verdrängen. Als er weg war, sah Nell wieder zu Shin. „Mit dir will ich reden."

„Wer bist du?", fragte Shin sofort und durfte wieder bemerken wie Nells Gesicht zu sagen schien: Ah, na so ein Mist aber auch.

Und im nächsten Augenblick stand dort nicht mehr die bedrohliche Gestalt mit den Krallenhänden, sondern etwas kleineres, fast schon hübsches. Jemand den Shin schon kannte. „... Ren, oder?", fragte er, als er auf den Jungen blickte. „Du machst Illusionen?"

„Was hat mich verraten?"

„Nell sagte, er merkt sich keine Namen und ich glaube nicht, dass er die Person ist die Unsicherheit zeigt.", schloss Shin, obwohl er im Inneren zugeben musste, dass er sich nicht ganz sicher gewesen war.

„Deinen Namen hat er sich jedoch gemerkt, Shin Balor." Ren kam einen Schritt in die Kabine hinein und fuhr fort: „Was mich zu der Frage führt, was du mit ihm angestellt hast!"

Shin zuckte mit den Schultern. Er musste gar nichts sagen, besonders weil Ren nicht gerade nach einer Gefahr für ihn aussah. Er schätzte ihn eher als einen der Kerle ein, die andere für sich nach vorne schickten. So wie Ren ihn auch zu Nell geschickt hatte, aus dem einfachen Grund weil ihm anscheinend Shins Gesicht nicht gefallen hatte. Also sagte er nur: „Was denn, eifersüchtig?"

Ren war mit einem einzigen Schritt bei ihm, was auf die Entfernung eigentlich unmöglich sein sollte, und schlug nach Shins Gesicht. Es gab leider keine Möglichkeit dem ungeschickt auszuweichen und so musste er es einstecken. Der Schlag war so heftig, dass Shin nur nicht zur Seite wegkippte, weil Ren ihn am Kopf abstützte.

„Anscheinend habe ich dich falsch eingeschätzt." Er hatte es laut gesagt. Hatte Shin es laut gesagt? Er war sich nicht sicher, sein Schädel brummte.

Ren lächelte. „Das habe ich mir fast schon gedacht, das passiert nämlich den meisten. Jetzt da alle Fronten geklärt sind, kannst du mir ja in aller Ruhe erzählen was du gestern mit Nell gemacht hast."

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