Ein Jäger im Paradies
Neben dem Nachttisch stapelten sich die Zeitungen die Shin in der letzten Woche gesammelt hatte. Er hatte sie von vorne bis hinten verschlungen um möglichst viel zu erfahren. Und das erste was er herausgefunden hatte war, dass ein halbes Jahr vergangen war. Er war über sechs Monate weg gewesen und er konnte nicht einmal den Ort richtig benennen. Seine Domäne? Erinnerungen? Die Vergangenheit und die Unterwelt? Nach reichlicher Überlegung hatte er sich dazu entschieden sich nicht weiter darüber den Kopf zu zerbrechen. Irgendwann würde er es schon erfahren. Und bis dahin musste er sich damit abfinden. In der Theorie klang das sehr simpel, doch Shin dachte trotzdem ständig daran. Wenigstens konnte er sich mit den etwas aktuelleren Angelegenheiten ablenken. Zum Beispiel, dass seit einem halben Jahr, also etwa ab dem Zeitpunkt seines Verschwindens, der Ausnahmezustand herrschte. Irgendwie hatte er schon etwas in die Richtung geahnt: Und zwar dass die ‚Unsterblichen' über die Welt hergefallen waren und an vielen Orten Chaos herrschte. Nur dass das der Welt und ihren Bewohnern nicht viel auszumachen schien. Shin hatte etliche Berichte und Interviews über Leute gefunden, die erzählten wie sie die Unsterblichen vertrieben hatten und wie man sie am effektivsten jagen konnte. Außerdem gab es öffentliche und private Rufnummern mit denen man Hilfe anfordern konnte. Und abgesehen von diesen kleinen Dingen schien alles normal zu funktionieren wie bisher. Alle hatten sich an die neue Situation angepasst. Natürlich, es herrschte eine allgemeine Feindseligkeit gegenüber der Unsterblichen, aber auch ein Spaß an der aufregenden neuen Sache.
Ein Sonnenstrahl fiel durch eine Lücke des Rollladens und beleuchtete das billige Motelzimmer, in dem Shin zur Zeit schlief. Er lag nackt in dem knautschigen Doppelbett und blätterte durch ein lifestyle-Magazin in dem jemand den Modestil von Unsterblichen bewertete. Es gab mehrere Unsterbliche die eine Zeit lang in öffentlichen Positionen gestanden haben oder noch standen (weil sie ein paar Leute unter ihre Kontrolle gebracht hatten) und in diesem Artikel wurden sie von vorne bis hinten analysiert und verbal vernichtet. Shin amüsierte sich ein wenig, aber all das gab ihm einfach keinen Aufschluss darüber, warum er von Nell vergessen worden war.
Er musste irgendetwas tun. Es half nichts den ganzen Tag hier herumzuhängen, Nachrichten zu konsumieren und sich Pornos im Internet anzusehen. Shin raffte sich aus dem Bett auf und zog sich etwas an, dabei bedauerte es ein wenig, dass er so lange keinen Partner gehabt hatte. Vielleicht war es seine Natur als Inkubus, vielleicht war es aber auch bei anderen Leuten so, aber er sehnte sich nach Berührung. Es war ähnlich wie bei einem Hunger oder einer Sucht. Er brauchte es. Und es half nicht viel sich alleine darum zu kümmern. Er wollte den Körperkontakt zu jemand anderem. Während er darüber nachgrübelte, stellte er fest, dass er wieder einkaufen musste. Vielleicht sollte er bei der Gelegenheit auch wieder in seine Domäne zurückkehren und sich noch einmal mit Roan unterhalten. Jetzt wo er mehr Informationen hatte, konnte er gezieltere Fragen stellen. Zum Beispiel wo Aurun war und wie man Erinnerungen wiederherstellen konnte. Und er wollte sich noch einmal in der Bibliothek, oder besser in seiner Bibliothek umsehen. Er wollte etwas über Magie lernen. Die Welt wurde immer gefährlicher und Shin wusste sich nur mit Magie zu verteidigen. Also wäre es sicher hilfreich sie besser anwenden zu können. Vielleicht gab es auch so etwas wie ein Verteidigungszauber. Shin hielt vor einem trüben Spiegel inne und betastete die blasse Narbe über seinem Auge. Mehr war nicht von von Roans Angriff übriggeblieben, dabei hatte Shin schon Angst gehabt, dass er auf dem linken Auge Blind werden würde, aber es war alles in Ordnung. Jetzt hatte er nur noch eine Narbe mehr. Fragte sich nur für wie lange. Sein Blick wanderte auf seinen Hals mit Nells fast verschwundenen Bissspuren. Und dann waren da noch die seltsamen Narben an seinem linken Unterarm, die von dem Zauber stammten dem er Cian geklaut hatte. Das alles war real, sie alle hatten Spuren bei ihm hinterlassen und er zum ersten Mal froh darüber.
Er checkte aus dem Motel aus und ging die ausgestorbene Straße hinunter zu einem kleinen Gemischtwarenladen. In den letzten Tagen hatte Shin ein wenig unter Verfolgungswahn gelitten. Immer spürte er Blicke auf sich, auch jetzt, obwohl er niemanden sehen konnte. Nervös rückte er seine Sonnenbrille zurecht und hoffte einfach auf das Beste.
Waren es die ganzen Nachrichten die er in letzter Zeit gesehen hatte? Oder einfach dass er ein halbes Jahr nicht mehr wirklich unter Leuten gewesen war. Shin spürte die Nervosität in sich aufsteigen, als er den Laden betrat. Die ganze Zeit hatte er die Vorstellung, dass jemandem seine Augen auffallen würden und er gejagt werden würde. Oder sie ihn einfach angreifen und zerfetzen würden, ohne dass er auch nur ‚Guten Tag' sagen konnte. Ob es noch andere Merkmale als die Augen gab, an denen er erkannt werden könnte?
Er suchte schnell die Sachen zusammen die er brauchte und ging zur Kasse, die aus einer kleinen Theke und einem mürrisch aussehenden Mitarbeiter bestand. Shin nickte ihm zur Begrüßung zu und wollte seine Einkäufe ausräumen, als der Mann plötzlich eine Armbrust unter der Theke hervorholte.
„Hör zu, Junge.", begann er. „Du weißt in was für Zeiten wir leben. Niemand ist so dumm drinnen mit einer Sonnenbrille herumzulaufen und draußen scheint nicht einmal die Sonne. Nimm sie ab."
Die Sorgen die er gehabt hatte, bestätigten sich und er setzte die Brille mit klopfendem Herzen ab.
„Verschwinde!", rief der Mann sofort und richtete die Armbrust auf Shins Kopf.
Shin versuchte es mit einem Lächeln und hoffte, dass er dabei möglichst unschuldig aussah. „Ich bin keiner von denen. Meine Augenfarbe ist ähnlich, aber ich bin ein Dämon."
Mit einem erschreckend lauten Krachen bohrte der Bolzen der Armbrust sich neben Shin in die Wand.
„Hau einfach ab!", wurde der Mann jetzt laut.
In diesem Moment ging die Ladentür auf und ein junger Mann trat herein. Shin kannte ihn, doch er war nicht sehr glücklich darüber ihn zu sehen.
Sie waren nicht lange zusammen gewesen und sie hatten einander nicht gutgetan. Trotzdem hatte es einen Moment gegeben, in dem Shin beinahe mit ihm abgehauen wäre. Bis jetzt hatte er dieses Ereignis aus seinen Erinnerungen verdrängt, aber seinen selbstsicheren Gang und wachsamen Blick zu sehen, brachte alles wieder zurück.
„Was für ein Krach.", sagte Lelio laut und erblickte Shin und die beschädigte Wand. „Was ist hier los, Wei?"
„Hast du keine Augen im Kopf? Ich verjage einen von diesen Lumpen."
„Oh bitte." Lelio stellte sich neben Shin und legte ihm einen Arm um die Schulter. Shin bekam Gänsehaut. „Das ist doch kein Unsterblicher. Das ist ein Inkubus." Damit griff er nach Shins Kinn und zog dessen Gesicht zu sich.
Für einen schrecklichen Augenblick dachte Shin Lelio wolle ihn küssen, doch stattdessen sah er ihm nur in die Augen und sagte dann zu Wei: „Die Farbe ist ganz anders, die hier sind mehr Gelb als Gold. Außerdem sieht er doch gar nicht schlecht aus." Und er ließ Shin los und lachte.
Aus Weis Wut wurde Zögern und er schien Lelio Glauben zu schenken. „Junge, du musst es nicht leicht haben", murmelte er und rechnete Shins Einkäufe ab. Lelio blieb die ganze Zeit am Eingang stehen und behielt alles im Auge. Keiner von beiden ließ ein Wort darüber fallen, dass sie sich kannten und Shin kamen plötzlich Zweifel und Angst. Was ist wenn Lelio in wirklich nicht mehr kannte, so wie bei Nell, Cian und ein wenig auch Balgir? Dazu war Lelio ein Jäger der genau über alle Wesen da draußen Bescheid wusste. Shin hatte ihn damals überwältigen können weil er unter anderem den Moment der Überraschung auf seiner Seite gehabt hatte, aber jetzt wusste Lelio was Shin war und es wäre sehr unwahrscheinlich, dass er es nicht erkannt hätte. Und jetzt wartet er, anstatt hier in dem Laden eine Szene zu machen, schlussfolgerte Shin erschrocken. Er musste irgendwie versuchen zu entkommen, bevor Lelio den ersten Schritt machte.
Shin ging so gelassen wie möglich an Lelio vorbei zur Tür hinaus und setzte all seine Konzentration darauf genügen schwarze Magie einzusammeln, um ein Tor zu seiner Domäne zu öffnen. Gerade als er hindurchgehen wollte, hörte er Lelio hinter sich reden.
„Ich hätte wirklich nicht gedacht dich hier zu treffen Shin, vor allem weil – warte!", das letzte Wort rief Lelio und er rannte hinter Shin her.
Als Shin seinen Namen hörte, schloss er das Tor sofort und wandte sich Lelio zu. „Was ist?", fragte er so beiläufig wie möglich. Er wollte nicht, dass Lelio hörte, wie sehr er sich eigentlich freute. Nicht über Lelio selbst, sondern darüber, dass er nicht vergessen worden war.
„Ich hab nach dir gesucht.", sagte Lelio.
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Sie saßen in einem kleinen Café am Rand der Stadt. Es war nicht viel los, weil noch früher Vormittag war und wahrscheinlich auch weil ein Mann mit goldenen Augen gesichtet worden war. Der – wie Lelio Shin erzählt hatte – wohl Shin selbst war. Aus diesem Grund war Lelio auch hier: Man hatte ihn gerufen, damit er sich um den Unsterblichen kümmert.
Shin wich verlegen seinem Blick aus und stocherte stattdessen in seinem Eis, auf das er eigentlich gar keine Lust hatte. Er hatte geglaubt, dass er sich wirklich gut getarnt hatte, aber anscheinend hatte es nicht ausgereicht. Deswegen hatte er sich also beobachtet gefühlt. „Was hast du so gemacht?", fragte er um das unangenehme Schweigen zu durchbrechen.
Lelios Blick schweifte ab. Das hatte er auch schon an der Loup Parole getan, aber wenigstens wusste Shin nun was das zu bedeuten hatte. Er beobachtete die Umgebung, prägte sich alles genau ein, guckte sich nach potentiellen Feinden und Fluchtwegen um.
Shin räusperte sich um wieder seine Aufmerksamkeit zu bekommen.
„Ich habe Unsterbliche gejagt.", erzählte Lelio. „Natürlich können wir sie nicht töten, aber wir können sie gefangen nehmen. Derzeit werden die meisten von ihnen in der Loup Parole festgehalten."
„Und was ist mit den Schülern dort?", fragte Shin irritiert.
Lelio zuckte mit den Schultern. „Sind halt immer noch dort."
Shin verzog das Gesicht und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, während das Eis anfing zu schmelzen.
„Gut.", Lelio hatte seine Aufmerksamkeit auf Shin gerichtet. „Es ist nicht die beste Lösung, aber viele von den Schülern dort sind auch gefährlich und als der Angriff der Unsterblichen angefangen hat, sind viele von ihnen abgehauen. Du zum Beispiel und deine Freunde..."
Shin aß sein Eis weiter, damit seine Hände etwas zu tun hatten und Lelio nicht merkte, dass sie zitterten. „Meine Freunde?", fragte er.
Lelio lächelte. „Lass mich dir etwas erzählen..."
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Fast zwei Wochen hatte es gedauert, bis Lelio aus Shins Kontrolle entkommen konnte. Zwei Wochen bis das Blut seinen Kreislauf verlassen hatte. Danach hatte er etwas Zeit gebraucht und der Invasion der Unsterblichen keine große Beachtung geschenkt. Solche Dinge geschahen doch ständig.
Eines Abends ging er sehr spät nachhause – es war eigentlich schon früher Morgen. Er hatte seine Zeit in einem Club totgeschlagen und war leicht angetrunken. Er öffnete seine Wohnungstür und achtete nicht auf mögliche Warnzeichen, zum Beispiel, dass das Licht an war. Dabei hätte das jedem auffallen müssen. Sobald er die Wohnung betreten hatte, wurde die Tür hinter ihm zugeschlagen. Erschrocken drehte Lelio sich um und wurde mit einem Schlag nüchtern, als er dort Nell Bellefleur stehen sah. Als er sich umsah, erkannte er Cian auf einem der Barhocker an der Küchenzeile und Ren, der schamlos seine Vorräte plünderte. Am Fenster gegenüber stand Balgir, der so aussah, als wäre er am liebsten woanders.
„Guten Morgen Lelio. Wir haben echt lange auf dich gewartet.", sagte Cian und musterte den Jäger von oben bis unten. Sein Blick blieb für eine Sekunde an Lelios Hals hängen, an dem sich ein zwei Knutschflecken befanden. „Hattest du eine schöne Nacht?"
Lelio wollte rückwärts gehen, doch Nell legte ihm eine Klaue auf die Schulter und schob ihn mit sanfter Gewalt zu einem freien Barhocker.
Dass der Dämon hier war, war ja noch realistisch, aber Ren? Wie hatte Cian den nur überredet sich ihm anzuschließen. Aber die Krönung des Ganzen war Bellefleur. Lelio wusste, dass Cian genauso scharf darauf gewesen war wie er, Nell irgendwie auszuschalten. Und doch saßen sie jetzt gemeinsam rechts und links von Lelio und starrten ihn an wie zwei Raubtiere ihre Beute.
„Hör zu.", sagte Ren ohne jemanden bestimmtes anzusehen, stattdessen war seine Aufmerksamkeit auf ein Glas Oliven gerichtet, dass er nicht aufschrauben konnte. Er gab schließlich auf und reichte es an Balgir, der es ohne viel Aufwand öffnete und an Ren zurückgab. Ren aß eine Olive, verzog das Gesicht und stellte das offene Glas in die Spüle.
Lelio merkte wie die Angst die er am Anfang verspürt hatte, Empörung wich. Räum das gefälligst ordentlich weg. Doch er wusste wann es besser war den Mund zu halten. Also sagte er: „Ich höre."
„Ach ja richtig!", nahm Ren den Faden wieder auf. „Wir haben einen Auftrag für dich, Jäger."
Lelio starrte ihn an.
„Einen Auftrag.", wiederholte Ren.
„Aber... wäre es nicht eigentlich meine Aufgabe euch zurück an die Loup Parole zu bringen?", fragte Lelio irritiert. Er war davon ausgegangen, dass sie hier waren um ihm zu drohen oder – im schlimmsten Fall – ihn zu ermorden. Schließlich war er vielleicht einer der wenigen Menschen der sie einfangen konnte. Es gab sogar einen offiziellen Auftrag geflüchtete Schüler der Loup Parole zur Strecke zu bringen.
„Lelio.", plötzlich hatte er Cians Stimme gefährlich nah an seinem linken Ohr und Nells Kralle legte sich schmerzhaft um seinen Oberschenkel.
„Es ist ein Jobangebot. Du solltest die Chance ergreifen und wir müssen uns keine Sorgen darum machen was der jeweils andere macht, meinst du nicht auch?", sagte Cian.
Lelio dachte nach. „Ich soll etwas für euch tun und in dieser Zeit herrscht sozusagen Waffenstillstand?"
„Und darüber hinaus, falls du deine Sache gut machst.", fügte Cian mit einem Lächeln hinzu. „Na wie sieht es aus?"
„Einverstanden. Was soll ich tun?"
„Finde Shin für uns.", sagte Ren. „Du weißt bestimmt schon längst was er ist und du bist einer der wenigen der verantwortungsvoll mit der Lage umgehen kann. Jedenfalls hoffen wir das."
Lelio sah zu Ren und zum ersten Mal fiel ihm etwas seltsames an dem Fuchs auf. Etwas, das ihm irgendwie Angst einjagte. Er wandte den Blick schnell wieder ab und nickte.
Damit war die Sache geklärt. Sie erzählten ihm, wann sie den Inkubus das letzte Mal gesehen hatten und teilten ihm ihre Vermutungen zu dessen Aufenthalt mit, doch es waren alles nur vage Andeutungen.
„Was soll ich tun wenn ich ihn gefunden habe?", fragte Lelio am Ende. „Soll ich jemanden von euch anrufen?"
„Wir melden uns bei dir.", sagte Ren.
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„Haben sie sich jemals bei dir gemeldet?", fragte Shin fassungslos über diese Geschichte.
„Nein.", Lelio rührte genervt in seinem Kaffee. „Ich war davon ausgegangen sie würden mich regelmäßig fragen wie es denn so läuft, doch ich habe gar nichts mehr von ihnen selbst gehört. Sehr wohl aber über sie. Es heißt sie würden sehr effektiv Unsterbliche jagen."
Shin dachte daran wie sie alle von Roan herumgeschubst worden waren. „Ist das so?", bemerkte er vorsichtig.
Lelio schien seine Zweifel nicht zu hören, oder sich einfach nicht dafür zu interessieren. Stattdessen redete er weiter: „Es ist schon komisch. Als hätten sie sich plötzlich nicht mehr dafür interessiert. Ich habe natürlich trotzdem nach dir Ausschau gehalten, weil nun ja, du kennst die vier ja."
„Ja.", sagte Shin und fühlte sich plötzlich richtig schlecht. Sie hatten sich die Mühe gegeben nach ihm zu suchen und hatten sogar Lelio beauftragt. Vielleicht hätte er ja das Ganze aufklären können, wenn er nach dem Kampf mit Roan zum Anwesen der Bellefleurs zurückgekehrt wäre. „Ehrlich gesagt...", begann er. Hatte dann aber keine Lust mehr weiterzureden. Lelio war nett, für den Moment. Er war für Shin eine Person, die er anziehend und attraktiv fand, die aber ab und zu Dinge sagte und tat, über die Shin sich einfach nur ärgerte. Er durfte sich nicht zu sehr auf ihn einlassen, sonst tat er wieder so etwas dummes wie beinahe mit dem Jäger durchzubrennen. Ob dann wieder ein Gott auftauchen würde, um ihn aufzuhalten? Übrigens... er hatte noch gar nichts von Abaddon gehört oder gesehen. Komisch.
„Also", Lelio trank einen Schluck aus seiner Tasse und schlug dann vor: „Wie wäre es wenn du ein wenig bei mir bleibst und ich passe dafür auf dich auf. Vielleicht taucht dein eifersüchtiger neuer Freund auf."
Ah. Da war es. Shin versuchte es nicht an sich herantreten zu lassen und starrte wieder sein Eis an. „Vielleicht gar keine schlechte Idee. Im Gegensatz zum Jagen, bist du im Bett ja ganz gut zu gebrauchen."
„Du wirst es ja beurteilen können, hast ja genug Erfahrung."
Shin musste plötzlich grinsen. Das war alles so dumm. „In der Tat. Ich meine du hast damals nicht mal bemerkt, dass Nell mit im Raum ist. Warst du so geil auf mich?"
Shin hörte ein Klappern, als Lelio sich erhob und ihn wütend ansah.
Zehn Minuten Später waren sie auf der Rückbank von Lelios Auto und fielen übereinander her. Shin öffnete Lelios Hose und sah, dass dieser schon ziemlich eine ziemliche Erektion hatte. „Warum hast du ein Auto mit verdunkelten Scheiben? Das ist ziemlich pervers.", murmelte Shin bevor er Lelios Penis in den Mund nahm.
„Weil es pervers ist.", antwortete Lelio und keuchte. „Warte, ich bin schon gleich so weit. Lass mich dich vorbereiten."
Shin hörte auf und ließ sich von seinem Gegenüber entkleiden. Es war ein wenig eng in dem Auto, aber durchaus machbar.
Eine halbe Stunde später lagen sie keuchen nebeneinander.
Shin merkte wie um ihn herum wieder alles klarer war. Und es war als wäre er auf die Erde zurückgekehrt, als wäre er vorher kein Teil davon gewesen. Wieder fragte er sich ob das ein Inkubus-Ding war, oder eine Sache die nur ihn betraf. Er begann damit wieder seine Hose anzuziehen.
„Was machst du?", fragte Lelio.
„Gehen.", antwortete Shin. „Das war wirklich gut, aber ich will weiter." Er wusste selbst nicht genau wohin er denn wollte, aber er wollte nicht länger als nötig bei Lelio bleiben.
Dieser packte ihn jedoch am Arm. „Warum? Ich dachte wir würden jetzt wieder zusammen sein."
„Das war doch nur Sex.", entgegnete Shin ganz automatisch. „Du wolltest damals doch auch nur mit mir zusammen sein, weil du dir daraus einen Vorteil erhofft hast. Also kann ich mich genauso gut dagegen entscheiden."
Lelio sah ihn wütend an und sagte dann zu Shins Überraschung: „Du hast mich nur zum Sex benutzt?!"
Shin wollte etwas sagen, wusste aber nicht was. War das so? Hatte er Lelio vielleicht mit seiner Inkubus-Magie verzaubert, ohne es bemerkt zu haben? Hatte Lelio das gar nicht gewollt? Aber es war ihm gar nicht so vorgekommen. Verwirrt und bedrückt was er jetzt darüber denken sollte, starrte Shin zu einem der verdunkelten Fenstern und murmelte: „Es tut mir Leid." Gleichzeitig merkte er wie Lelio sich ihm näherte und wünschte sich er wäre schon aus dem Auto ausgestiegen.
„Das ist gut.", sagte Lelio. „Und jetzt komm zur Vernunft. Du hättest damals mit mir mitgehen sollen, jetzt ist alles so wie es sein soll."
Shin wurden plötzlich zwei Dinge bewusst. Erstens, schien Lelio nicht wirklich traurig oder beleidigt zu sein. Die Art wie er zwischen der Empörung über Shins geplantes Weggehen und der Akzeptanz von Shins Entschuldigung wechselte, war viel zu schnell und unnatürlich. Als würde er nur Reaktionen aus Shin herauslocken wollen. Als würde er ihn gar nicht ernst nehmen.
„Ich denke nicht.", sagte Shin und hielt die Hand hoch, damit Lelio ihn nicht küssen konnte. „Ich denke ich werde jetzt gehen."
Lelio wirkte schockiert und wurde dann wütend. „Du bist wirklich widerlich!", sagte er.
Shin nickte und lächelte. „Siehst du. Das ist genau der Grund. Warum willst du mit mir zusammen sein, wenn du so schlecht von mir denkst?" Bevor er ging fügte er noch hinzu: „Falls du einen von deinen Auftraggebern triffst, sage ihnen bitte, dass ich ein wenig Zeit für mich brauche."
Und damit stieg er aus dem Auto aus und verließ den Parkplatz. Hinter der nächsten Straßenecke öffnete er ein Tor in seine Domäne und zog sich darin zurück.
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