Der Inkubus im Raum

Die Symbole des Vertrages schienen zu erzittern. Die Zeichen um Nells Kopf drehten sich und legten sich um seine rechte Schulter. Die restlichen Symbole legten sich um Shins Hals. Erst dann zog Nell das Schwert aus Shins Brust und ließ es verschwinden. Seine Klauen zitterten und sein Kopf tat weh. Er hatte alles zu schnell gemacht. Alleine das Schattenschwert wieder herzustellen, hatte ihm viel abgefordert. Aber den Zauber zu zerstören, anstatt ihm auszuweichen, war zwar effektiv gewesen, aber auch eine reine Energieverschwendung. Er sah hinunter zu Shin, der noch unter ihm lag und keine Anstalten machte aufzustehen. Anscheinend war er überrumpelt, dass er nicht gewonnen hatte. Nell sah es mit Genugtuung. Die Idee mit dem Pakt hatte er zusammen mit Cian ausgearbeitet und Vorkehrungen gegen Shins Zauber getroffen. Er hätte nur nicht erwartet, Shin Balor so schnell wiederzutreffen.

„Steh auf.", sagte er zu Shin und reichte ihm seine Klaue. Shin nahm die Hilfe ohne Zögern entgegen. Er schien keine Angst vor Nells Krallen zu haben, was Nell irgendwie gefiel. Sie würden ein gutes Team abgeben. „Kannst du uns zurück ins Zimmer bringen?", fragte Nell und Shin nickte.

Vor ihnen öffnete sich ein Raumtor. Nell fragte sich wie er das machte. Er selbst war zur Schwarzen Magie veranlagt und schaffte es gerade mal eine kleine Zwischendimension für Wertsachen zu erschaffen – und das auch erst seit ein paar Monaten obwohl er sein Leben lang trainierte.

Das Hotelzimmer war durch ihren kurzen Kampf ein wenig in Mitleidenschaft gezogen worden. Das Bett war komplett chaotisch und Nell hatte die Fensterscheibe zerschlagen, weil er zu ungeduldig gewesen war das Fenster normal zu öffnen. Aber immerhin hatte er es geschafft den Pakt mit Shin einzugehen. Eine Nacht mit kaputtem Fenster zu schlafen war nicht so schlimm und morgen würde er die Reparaturkosten einfach bei dem Hotelpersonal begleichen. Nell sah zu wie Shin das Portal wieder schloss und wollte dann eigentlich fragen, was Shin jetzt vorhatte und ob er auch hier irgendwo ein Hotelzimmer hatte, doch Shin drehte sich abrupt von ihm weg und hatte bereits die Hand an der Tür die hinaus in den Flur führte.

„Warte!", sagte Nell und war selbst überrascht, wie sehr es ihm missfiel, dass Shin so schnell gehen wollte. Bis eben war doch noch alles in Ordnung gewesen.

„Es ist doch alles geklärt.", sagte Shin ohne sich zu Nell umzudrehen. „Der Pakt steht und ich habe noch andere Dinge um die ich mich kümmern muss. Sag mir wo ich euch morgen treffen kann und ich werde da sein." Irgendetwas an seiner Stimme war seltsam.

„Ich ... wollte noch etwas mit dir besprechen!", log Nell plötzlich. Es gab überhaupt nichts zu besprechen, warum erzählte er das? Sein Blick blieb an Shins Hinterkopf hängen und wanderte dann langsam seinen Nacken hinunter, die Linie seines schlanken Rückens entlang und endete an seinem Hintern. Nell merkte, dass er Shins Hintern anstarrte und sah schnell wieder hoch.

Shin drehte sich zu ihm um und von der Eingangstür weg. Seine Augen hatten sich verändert. Das Gold war dunkler und die Pupillen waren länglicher – dämonischer. Nell machte bei diesem Anblick instinktiv einen Schritt zurück und stieß mit den Beinen gegen das Bett. „Was willst du besprechen?", fragte Shin und stand jetzt so nah vor ihm, dass Nell verlegen zur Seite blickte. Was war hier los? War das Zimmer vorhin auch schon so klein gewesen? Und warum roch Shin so gut?

„Es kann eigentlich auch bis morgen warten.", brachte Nell heraus. Er musste jetzt unbedingt allein sein und sich um ein sehr persönliches Problem kümmern.

Shin lächelte und gab Nell einen Schubs, der sich daraufhin ohne Widerstand auf das Bett setzte. „Wir haben beide gewusst was passiert wenn wir einen Vertrag eingehen. Also lass mir dir helfen.", sagte Shin und kniete sich vor Nell auf den Boden.

„Mo-moment!" Zwar wollte Nell gerade nichts anderes, als dass Shin tat, was Nell dachte das er als nächstes tun würde, doch bevor sich Shin über Nells Schritt beugen konnte um dessen Hose zu öffnen, griff Nell nach Shins Kopf und zog ihn zu sich hoch. „Was meinst du damit, dass wir beide gewusst haben was passiert wenn wir einen Vertrag eingehen?", fragte Nell als sie auf einer Augenhöhe waren.

Shin stützte sich bis den Händen auf Nells Oberschenkeln ab (was die ganze Sache nicht gerade besser für Nell machte) und schmiegte seinen Kopf in Nells Klauen. „Na dass wenn du einen Pakt mit einem Inkubus oder Sukkubus abschließt, du mit dem Dämon Sex haben wirst. Das ist einfach unser Ding, als Kompensation sozusagen.", erklärte Shin mit geschlossenen Augen und streichelte das mit den Händen Nells Beine hinauf.

„Das... was?" Nell ließ Shin los, der sich daraufhin zu ihm beugte und ihn küsste. All das fühlte sich wirklich unglaublich an, aber bevor sie weitergehen konnten, stand Nell auf und hob Shin ebenfalls auf die Beine.

Der Inkubus sah ihn irritiert und auch ein wenig verletzt an. „Was ist los?", fragte er.

„Ich wusste es nicht.", gab Nell zu. „Ich hätte dich doch niemals zu diesem Pakt gedrängt wenn ich das gewusst hätte. Cian hat mir nichts davon gesagt." Der Elf musste ihm einen Streich gespielt haben, auch wenn er dieses Mal eindeutig zu weit gegangen war. Hatte Cian deswegen verlangt, dass sie die ganze Sache vor Balgir verheimlichen? Der Dämon hätte es Nell sicher nicht verheimlicht.

Shin wurde bei dieser Information mit einem Schlag knallrot im Gesicht und drückte sich von Nell weg. „Es tut mir Leid!", verkündete er durch seine Hände hindurch, die er sich jetzt vor das Gesicht hielt. „Ich dachte es sei offensichtlich. Ich dachte es stört dich nicht. Ich dachte..."

Er sah aus als würde er am liebsten vor Scham im Boden versinken. Nell starrte ihn wieder an und ihm fiel auf, dass Shin wirklich unglaublich niedlich war. „Es stört mich nicht. Im Gegenteil ... es ist..." doch er wusste nicht wie er es beschreiben sollte. Irgendetwas an Shin kam ihm so vertraut vor, aber er konnte nicht sagen was. War das alles die Wirkung von dem Vertrag und von der Magie es Inkubus? „Shin, ich weiß nicht ob es der Vertrag ist, oder etwas anderes, aber gerade in diesem Moment, will ich nichts mehr als dich." Er überwand die kurze Distanz zwischen ihnen und griff nach Shins Händen, um ihm ins Gesicht zu sehen. Als Shin zu ihm aufsah, erkannte Nell, dass dessen Augen jetzt wieder aussahen wie vorher. Ohne weiter darüber nachzudenken, beugte Nell sich zu ihm und machte mit dem Kuss weiter, den er eben unterbrochen hatte. Shin ging darauf ein und legte die Arme um Nells Nacken, so dass sie jetzt dicht aneinander an der Zimmertür standen. Nell spürte, dass er nicht der einzige war, der erregt war. Während sie sich küssten und Shins Zunge in Nells Mund eindrang, war es als würde die Zeit stillstehen. Dann lösten sie sich voneinander und Nell wollte zu diesem Moment zurückkehren.

„Sollen wir dort weitermachen wo wir aufgehört haben?", fragte Shin und deutete auf das Bett.

Nell brauchte einen Moment um die Frage zu verstehen. Doch dann setzte er sich wieder hin und Shin kniete sich vor ihn. Dieses Mal war er langsamer, ließ sich mehr Zeit und danach kam er zu Nell ins Bett.

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Es war weit nach Mitternacht, als sie nackt nebeneinander in dem kleinen Bett lagen und Nell mit seinen Krallen die Haare aus Shins Stirn streifte. „Du hast keine Angst.", stellte Nell fest.

„Wovor?", fragte Shin, der sich zum ersten Mal seit der zurück war, richtig wohl fühlte.

Nell lächelte. „Vor meinen Krallen. Selbst als ich dich eben an eher empfindlichen Stellen angefasst habe, hast du nicht gezuckt. Jedenfalls nicht vor Angst." Bei dem letzten Satz wurde sein Lächeln etwas gemein, aber es war genau das, was Shin so gefiel.

„Du bist sanft.", sagte Shin, der sich dann jedoch an ihren kurzen Kampf erinnerte und hinzufügte: „Wenn du es willst... Ich dachte wirklich ich würde gewinnen."

„Du hast keine Kampferfahrung, oder?", erkundigte Nell sich.

„Nein.", gab Shin zu. „Der Kampf zusammen mit Balgir gegen Roan war mein erster Kampf."

„Roan?"

„Der Unsterbliche den wir im Haus deiner Eltern getroffen haben."

Nell hielt kurz inne und fragte dann: „was ist aus ihm geworden? Hast du ihn getötet?"

„Nein. Ich habe ihn nur an einen Ort gebracht, an dem er nicht von Aurun kontrolliert werden kann." Shin versuchte sich möglichst vage auszudrücken, ohne dass er Nell anlügen musste.

Nell antwortete mit einem Grummeln und Shin dachte, dass jetzt der Zeitpunkt war, an dem sie beide langsam einschlafen würden, doch kurz bevor er ins Land der Träume driften konnte, sagte Nell: „Nachdem du verschwunden warst, haben wir erst gewartet ob du wiederkommst und dann angefangen nach dir zu suchen."

Shin war plötzlich hellwach und setzte sich auf, was ihn aus Nells Umarmung löste. „Wann?", fragte er.

„Äh..." Nell sah ihn irritiert an. „Vorletzte Woche? Bevor die ganze Sache mit diesem Roan passiert ist, hatten wir eigentlich vorgehabt uns mit dir zusammenzutun. Aber dann bist du ja weggeblieben."

Für einen kurzen Moment hatte Shin gedacht, Nell würde sich erinnern und von Shins Verschwinden von der Loup Parole erzählen. Enttäuscht ließ er sich wieder ins Bett sinken und sah in Nells dunkle Augen. „Es war nicht gerade ein einladender Ort."

Nell sah für einen Augenblick so aus, als wolle er etwas dazu sagen, dann wechselte er jedoch das Thema: „Die Symbole für den Pakt sind verschwunden."

Shin streifte die Decke zur Seite um sich Nells Schulter anzusehen und erkannte, dass es stimmte. „Sind die an meinem Hals auch weg?", fragte er und Nell nickte. Shin lächelte entschuldigend: „Das ist wahrscheinlich weil wir miteinander geschlafen haben. Die Magie hat sich dadurch stabilisiert und wird nur unter Einfluss zu sehen sein."

Nell wirkte aus irgendeinem Grund unzufrieden. „Ich hätte es wissen müssen.", sagte er schließlich. „Der Ausgang ist nicht der schlechteste, aber es war keine gute Idee mit Cian Pläne zu schmieden und ihm zu vertrauen. Wahrscheinlich hätte es nichts an allem Geändert, aber ich wäre vielleicht etwas netter vorgegangen um mit dir einen Vertrag abzuschließen."

Shin versuchte sich vorzustellen wie Nell ihn mit Nettigkeit überzeugen würde, aber es wollte ihm nicht so richtig gelingen. Stattdessen hatte er eine andere Idee: „Er hat dir zu einem Vertrag mit einem Dämon geraten ohne dir alle Details zu erklären? Das ist ganz schön gefährlich. Weiß du was da alles schiefgehen kann?"

„Worauf willst du hinaus?", fragte Nell.

Und Shin musste grinsen. „Lust morgen früh dem Dunkelelfen einen kleinen Streich zu spielen?"

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