34. Versöhnung?
Verschlafen schalte ich meinen Wecker aus und schleppe mich selbst ins Bad. Da mache ich mich fertig und suche mir danach Kleidung aus dem Schrank. Mein Outfit ist recht unspektakulär: hellblaue Jeans, weißes Tshirt aus dem HardRock Cafe in London und eine graue Strickjacke mit Kapuze. Dazu kommen gleich noch meine Jeansjacke und ein paar weiße Shucks. Nach dem Anziehen laufe ich die Treppe runter und frühstücke.
Erst als ich fertig bin mit dem Essen und mein Geschirr in die Spülmaschine räume, fällt mir auf, dass Joe und Phil gar nicht da sind. Da merkt man mal wie müde ich bin, dass mir das bisher gar nicht aufgefallen ist. Verwirrt laufe ich wieder die Treppe hoch und begegne da Joe.
"Guten Morgen! Haben verschlafen. Lassen die erste Stunde ausfallen. Soll ich dich trotzdem bringen?", begrüßt Joe mich in einem verschlafenen Ton.
Da ich geplant hatte, mit den beiden zu fahren, habe ich jetzt nicht mehr genug Zeit um zu laufen. Und auf Busfahren habe ich wirklich keine Lust. Daher nicke ich.
"Ich geh nur schnell Zähne putzen, dann komm ich."
"Okay, kein Stress!", sagt Joe und gähnt nochmal.
Kopfschüttelnd geh ich an ihm vorbei und putze mir die Zähne. Im Anschluss hole ich meine Tasche aus meinem Zimmer und ziehe unten Jacke und Schuhe an. Joe scheint mich gehört zu haben und kommt aus der Küche. Er fährt mich in Tshirt und Jogginghose.
"Zu welcher Stunde kommt ihr?", frage ich ihn im Auto.
"Zur zweiten", antwortet Joe kurz.
Das passt gut. Mein Plan ihn und Marko zusammen zubringen, soll in der großen Pause stattfinden und das würde schließlich nicht funktionieren, wenn Joe nicht da ist. Wir kommen am Schulhof an und ich sehe wie die Schüler reingehen. Mit einem Blick auf die Uhr weiß ich auch warum. Ich steige schnell aus, bedanke und verabschiede mich. Dann macht Joe sich auch schon wieder auf den Rückweg.
Ich laufe auf die Schule zu. Ich denke kurz darüber nach, welches Fach ich als erstes habe. Dann fällt mir ein, dass es eine Doppelstunde Mathe ist. Somit mache ich mich auf den Weg in den richtigen Raum. Glücklicherweise komme ich noch vor dem Lehrer und lasse mich auf meinen Platz neben Alex plumpsen, der wiederum neben Dan sitzt.
"Guten Morgen! Alles klar? Seit wann kommst du denn so spät?", fragt Alex mich belustigt.
"Morgen! Bin schlecht aus dem Bett gekommen. Dazu haben meine Brüder verschlafen und Joe hat mich jetzt nur schnell hier abgesetzt", erkläre ich, während ich meine Sachen aus der Tasche krame. Ich sehe, wie Dan und Alex nicken. Dann betritt auch schon unser Lehrer das Klassenzimmer und der Unterricht beginnt.
Für eine Doppelstunde Mathe vergeht die Zeit heute relativ schnell. Wir müssen zwar eine Menge Aufgaben machen, aber ich finde, dann geht die Zeit auch schneller um, als wenn man nur zuhören muss und nichts dabei tut. Zur Pause verabschiede ich mich von den Jungs mit der Begründung, dass ich noch ein paar Sachen abklären muss, bevor ich die Schule verlasse. Das ist zwar nicht gelogen, klingt für die Jungs aber eher so, als wäre es etwas Schulbezogenes.
Ich suche nach Marko und finde ihn mit ein paar anderen Jungs von den Black Shadows. Ich atme einmal tief durch und gehe dann auf Marko zu. Ich war zwar schon ein paar Mal in der Nähe der Gruppe, aber es ist dennoch jedes Mal etwas merkwürdig und beängstigend.
Ich nehme all meinen Mut zusammen und tippe Marko von hinten auf die Schulter. Er dreht sich um und die Gespräche verstummen. Alle Aufmerksamkeit liegt auf mir. Na toll. Ich blicke mich kurz um und sehe jetzt, dass Kyle und Noah auch mit ihm Kreis stehen. Noahs Blick ist anders, als die der Anderen. Er fokussiert mich vollkommen. Ich bleibe kurz an seinen Augen hängen. Markos Räuspern lässt mich den Augenkontakt unterbrechen. Er sieht mich fragend an.
"Können wir nochmal reden? Wegen dem worüber wir Dienstag gesprochen haben?", sage ich zu ihm.
Er überlegt kurz, was Dienstag war. Dann scheint ihm einzufallen, dass er Dillen und mich vor der Schule getroffen hatte und dann kurz mit mir gesprochen hatte, bevor Noah kam. Er nickt und gibt den anderen Bescheid, dass er etwas klären muss. Keiner hinterfragt das und alle widmen sich wieder ihren Gesprächen. Naja, fast alle. Noah sieht uns fragend hinterher.
Marko und ich gehen in einen leeren Klassenraum. Auf dem Weg dahin schreibe ich Joe, dass es einen Notfall gibt und dass er kommen soll, aber auf jeden Fall alleine. Ich Raum angekommen lehnt Marko sich an einen Tisch. Ich setze mich auf einen anderen Tisch und überlege wie ich anfangen soll. Der Plan ist wohl doch nicht vollständig ausgereift. Noch bevor ich anfangen kann, fängt Marko an: "Geht es nochmal um Dillen? Hat er etwas gemacht? Du darfst da offen mit mir darüber sprechen. Ich kann das vertraulich behandeln, aber auch nochmal mit Dillen sprechen!"
Ich verstehe langsam, warum Joe Angst hatte, ich könnte mich in Marko verlieben. Er ist unfassbar fürsorglich und hilfsbereit. Außerdem sieht er wirklich nicht schlecht aus. Ich schüttel den Gedanken ab und antworte auf seine Frage: "Nein, es geht nicht um Dillen. Es geht um das Andere, worüber wir gesprochen haben." Ich lasse das Ende extra offen. Marko überlegt kurz.
In den Moment, als Marko etwas sagen will, geht die Tür mit Schwung auf und Joe kommt rein. Er kneift die Augen zusammen und scheint die Situation zu analysieren. Ich springe vom Tisch und fange sofort an zu reden, damit hier keiner voreilige Schlüsse zieht.
"Ich habe mit meinen Brüdern geredet, woher du mich kanntest", sage ich an Marko gewendet, dann richte ich mich an beide "Und ich kann nicht glauben, dass dadurch eine tiefe Freundschaft so vollständig zerbricht. Ich kenne dich, Joe, und ich weiß, dass dir noch etwas an eurer Freundschaft liegt. Und dich, Marko, habe ich zwar erst ein paar Mal gesehen, aber ich bin mir sicher, dir geht es auch so. Und deshalb müsst ihr miteinander sprechen!", beende ich meinen kurzen Monolog und schaue zwischen den beiden hin und her. Ich spüre wie mein Herz schnell schlägt. Wie werden die beiden reagieren? Sprechen sie miteinander? Schreien sie einander an?
"Also gibt es keinen Notfall?", frage Joe zunächst.
"Naja, eure Freundschaft ist schon eine Art Notfall finde ich."
Ich setze mich wieder auf den Tisch und blicke gespannt zwischen den beiden Hin und Her. Ich möchte sie nicht alleine lassen, da ich Angst habe, dass sie sich dann entweder die Köpfe einschlagen oder einfach gehen ohne miteinander zu reden.
Joe seufzt. Ich sehe ihm an, dass er bereit ist zu reden und ich denke, ich sehe auch Erleichterung.
"Sky hat recht. Mir bedeutet unsere Freundschaft noch etwas. Ich hatte Angst. Ich wollte weder dich, noch meine Schwester verlieren. Aber genau dadurch habe ich dich verloren. Es tut mir leid, dass ich dich angelogen habe und dass du meinetwegen in der Gangszene gelandet bist!", beginnt Joe. Marko schaut ihn erstaunt an. Er kratzt sich am Kinn und scheint mit sich zu ringen, ob und was er sagen soll.
"Du musst dich dafür nicht entschuldigen. Zumindest für die Gangsache nicht. In meinem Leben ist viel den Bach runtergegangen zu der Zeit. Da war die Gang mein Zufluchtsort. Ich denke, auch wenn wir uns nicht gestritten hätten, wäre es dazu gekommen. Der einzige Unterschied wäre gewesen, dass ich dich schon früher mit darein gezogen hätte. Und die Sache mit Skylar. Nichts gegen dich, Skylar, aber da bin ich lange drüber hinweg" - ich nicke nur kurz, das macht mir überhaupt nichts aus und das war mir eigentlich auch klar - "und eigentlich war mir auch damals schon unterbewusst klar, dass aus uns beiden nie etwas werden konnte. Ich verstehe als, warum du das nicht wolltest. Du wolltest mir und ihr eine Menge Herzschmerz und Drama ersparen."
"Nur habe ich dabei nicht gemerkt, dass ich dich dabei verletze!", unterbricht Joe ihn.
"Ich wäre so oder so verletzt worden. Und das ist in Ordnung! Ich bin jetzt glücklich. Wobei ich mir schon wünschen würde, dass wir wieder Freunde werden!"
"Ja, das wäre schön! Das einzige Problem sind mal wieder die Gangs!"
"Die sind mir jetzt gerade egal. Es kann uns keiner vorschreiben, mit wem wir befreundet sind. Wir müssen nur Lösungen bei Fights finden, aber ich denke auch das können wir schaffen, wenn wir es wollen!"
"Also ist alles wieder gut?", fragt Joe und hält Marko die Hand hin.
"Alles wieder gut!", antwortet Marko und schlägt ein. Dann nehmen die beiden sich noch kurz in den Arm. Ich merke, wie sich eine Träne aus meinem Augenwinkel löst. Es rührt mich, dass die beiden sich wieder vertragen haben. Schnell wische ich die Träne weg und sage grinsend: "Geht doch!"
Marko und Joe gucken mich belustigt an. Joe kommt zu mir und nimmt mich in den Arm, dabei nuschelt er ein "Danke" in mein Ohr. Ich erwidere einfach die Umarmung. Da klingelt es auch schon zum Pausenende und wir machen uns alle wieder auf den Weg in unsere Klassenzimmer.
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