Kapitel 84

"Dieser verfluchte Winter! Ich hasse Schnee, ich hasse Kälte und vor allem hasse ich diese gedrückte, graue, deprimierende Stimmung!", echauffierte sich Natascha, während sie zu viert bei Marty zu Hause saßen, jeder mit einer Tasse Kaffee in der Hand und nach draußen sahen. Aber Natascha hatte Recht, der Winter wollte dieses Jahr einfach nicht vorbei gehen. Gut, es war erst Ende Januar, aber da das eiskalte Wetter diesen Winter schon so früh hereingebrochen war, kamen einem die kurzen, düsteren Tage umso länger vor.

"Dieses Wetter schreit doch nach einem Film", warf Marty ein. Natascha zuckte nur mit den Schultern. Offenbar war sie heute in einer Stimmung, in der ihr alles egal war.

"Ja, warum...", begann Nick, wurde aber mit einem strafenden Blick von Natalie unterbrochen.

"Wir beide", meinte sie und fuchtelte mit ihrem Finger zwischen sich und Nick hin und her, "haben heute noch etwas zu tun."

Theatralisch seufzte Nick auf. Bei ihm lag die Motivation heute auch irgendwo im Minusbereich. Das kleine Hin und Her zwischen den beiden, ließ Marty und Natascha schmunzeln.

"Heute wieder Tanztraining, was, Nick?", neckten sie ihren Freund, der ihnen als Erwiderung nur einen vernichtenden Blick zuwarf. Die beiden hatten die letzten Monate natürlich mitbekommen, dass Nick und Natalie in fast jeder freien Minute für ihre Tanzeinlage auf der Hochzeit geübt hatten. Natascha dachte ja insgeheim, dass das alles nur ein Vorwand für die beiden war, um Zeit mit dem anderen zu verbringen, aber sooft sie etwas in dieser Art Natalie gegenüber erwähnt hatte, war ihr ihre beste Freundin über den Mund gefahren und hatte alles abgestritten.

Nick und sie seien nur Freunde und das würde auch so bleiben.

Freunde, von wegen.

Aber Natascha wusste auch, dass die beiden selbst darauf kommen müssten und hatte deshalb ihre Klappe und auch das Versprechen gehalten, Marty nichts zu sagen. Sie musste schmunzeln, als sie ihrem ahnungslosen Freund einen Blick zuwarf. Aus einem Impuls heraus, drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange. Mit einem Grinsen sah er sie an.

"Wir bringen die Zeit schon rum, oder?", meinte er dann frech und wackelte mit den Augenbrauen.

"Das ist unser Stichwort, wir gehen jetzt, Nick", meinte Natalie schnell und stand auf.

"Ja, du hast vollkommen Recht, wir gehen jetzt", murmelte Nick ebenfalls im Aufstehen.

Natascha und Marty wandten ihnen noch nicht einmal den Kopf zu, als sie ihnen ein "Viel Spaß!" hinterher riefen.

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Sie legten den kurzen Weg zu Nick zurück. In den letzten Monaten hatten sie viel Zeit miteinander verbracht und beinahe in jeder freien Minute geübt, um ihre Tanzeinlage zu perfektionieren. Natalie war immer wieder überrascht, wie viel Nick dazu gelernt hatte und wie locker er inzwischen geworden war. Sie war froh, dass es zwischen ihnen weiterhin so entspannt und unbeschwert war. Daran hatte sie sich endlich mehr oder weniger gewöhnt und kam damit klar, auch wenn Nick weiterhin einen ganz besonderen Platz in ihrem Leben einnahm.

Passiert war in all der Zeit zwischen ihnen nichts mehr, das darauf hätte hindeuten können, dass mehr als nur Freundschaft zwischen ihnen war.

Aus dem Mädchen, von dem Nick einmal erzählt hatte, war wohl auch nichts geworden. Zumindest hatte er sie seinen Freunden nie vorgestellt und hatte auch nie wieder ein Wort über die Unbekannte verloren. Ob sie ihm wohl noch im Kopf herumschwirrte?

Schnell schüttelte sie den Gedanken ab, denn allein darüber nachzudenken, dass es irgendwann ein anderes Mädchen an Nicks Seite geben könnte, ja mit Sicherheit geben würde, machte sie schon krank.

Zane und Shane waren wie angekündigt zum Ende des Jahres umgezogen. Es gab eine riesige Abschiedsparty im Haus der beiden und man versprach sich gegenseitig in Kontakt zu bleiben.

Und dann gab es ja auch noch den großen Unbekannten in Natalies Leben. Diesen Jemand, der ihr noch immer diese Zettel schrieb. Jeden Monat hatte sie, seit sie von Marcel zurückgekommen waren, einen Zettel bekommen. Aber sie hatte das Gefühl, dass die Sprüche darauf nicht mehr ganz so wahllos ausgesucht waren, wie die ersten, die sie bekommen hatte. Diese Sprüche waren so viel tiefer und sie wusste, dass sich jemand viele Gedanken darum gemacht hatte.

Nur wer, das war noch immer das große Geheimnis, das sie noch nicht hatte lüften können. Und solange sie nicht wusste, von wem diese kleinen Botschaften kamen, solange würde sie sich noch den Kopf darüber zerbrechen können, warum es plötzlich diesen Bruch gegeben hatte.

"Natalie, das Mädchen, das gerne in Gedanken versunken ist, ignoriert ihren besten Freund seit mehr als zehn Minuten komplett, während dieser krampfhaft versucht einen Weg in ihr Bewusstsein zu finden", hörte sie auf einmal Nicks Kommentator-Stimme neben sich und musste lauthals los lachen.

"Entschuldige, jetzt bin ich wieder da."

Nick legte einen Arm um ihre Schulter, was mit den dicken Winterjacken gar nicht so einfach war. "Wo warst du denn schon wieder? Hast du von Sommer, Sonne, Strand und Meer geträumt?", neckte er sie ein wenig.

"Fast, ganz knapp daneben." Natalie grinste ihn an. "Es sind nur noch zwei Wochen bis zur Hochzeit", stellte sie dann fest. "Bist du schon aufgeregt?"

Nick wiegte den Kopf hin und her. "Schon ein wenig, aber im Moment hält es sich noch in Grenzen. Immerhin hatte ich die beste Lehrerin der Welt!"

"Stimmt, die hattest du wirklich. Ohne sie wärst du aufgeschmissen gewesen", neckte Natalie ihn.

"Du kleiner Frechdachs!", stieg Nick in das kleine Spiel mit ein und zog Natalie mit auf eine schneebedeckte Wiese. Da es letzte Nacht ununterbrochen geschneit hatte, ging ihnen der Schnee bis über ihre dicken Boots und durchnässte ihre Hosenbeine.

"Nick!", rief Natalie lachend. "Jetzt bin ich total nass."

"Das wird gleich noch schlimmer", prophezeite er, bevor er Natalie mit sich in den Schnee zog und sie sich lachend in den weißen Flocken wälzten. Völlig außer Atem und lachend blieben sie nebeneinander liegen.

"Du bist verrückt", stellte Natalie fest und wandte ihren Kopf Nick zu. Dieser stand auf, klopfte sich den Schnee ab und hielt Natalie dann seine Hand hin, um ihr aufzuhelfen.

"Jetzt bringen wir dich mal schnell in etwas Trockenes." Er schnappte sich ihre behandschuhte Hand und gemeinsam liefen sie die letzten Meter zu Nicks Haus.

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Wieder mal ein Lebenszeichen von mir ;)

<3<3<3
HeyGuys77

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