Kapitel 80
Wieder standen Sie am Bahnhof. In ein paar Minuten würde ihr Zug abfahren und sie wieder in Richtung Heimat bringen.
"Wir hören voneinander", verabschiedete sich Marty gerade von Marcel.
"Es war so schön bei dir! Vielen Dank, dass wir kommen durften!" Natascha drückte Marcel einmal fest an sich und auch Nick zog seinen Cousin in eine Umarmung.
Und dann war Natalie an der Reihe. Mit einem traurigen Lächeln standen sie sich gegenüber. Es gab nichts mehr zu sagen.
Natalie merkte, wie sich Tränen in ihren Augen sammelten und schnell zog sie Marcel in eine letzte Umarmung.
"Alles Gute, Natalie." Marcel hielt sie ebenfalls eng umschlungen.
Der Kloß in ihrem Hals verhinderte, dass sie ihm eine Antwort geben konnte. Deshalb löste sie sich von ihm, legte ihm noch einmal eine Hand an die Wange und stieg dann in den wartenden Zug.
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Schon kurz nachdem der Zug sich schaukelnd in Bewegung gesetzt hatte, waren Natascha und Marty wieder eingedöst.
"Alles ok bei dir?" Natalie schreckte aus ihren Gedanken hoch, als Nick sie unvermittelt ansprach.
"Was? Ja, ja klar." Sie wandte sich schon wieder dem Fenster zu, als Nick weiter sprach.
"Also, du und Marcel...?" Abwartend sah Nick Natalie an. Als diese den Kopf schüttelte, stieß Nick erleichtert die Luft aus. Warum auch immer, aber diese Reaktion verärgerte Natalie ein wenig.
"So schlimm wäre es nun auch wieder nicht gewesen", gab sie pikiert zurück.
Nicks Gesichtszüge entgleisten ein wenig. "Nein, so hab ich das nicht gemeint... Es ist nur...Also...Ich..."
"Erst denken, dann reden", warf Natalie trocken ein. Was war nur los mit ihr? Warum war sie auf einmal sauer auf Nick? Aber eigentlich kannte sie die Antwort. Nick ignorierte ihren Kuss. Und sie hatte gerade einen tollen Kerl stehen gelassen, weil es Nick in ihrem Leben gab.
Plötzlich spürte sie eine warme Hand auf ihrer liegen und ihr Blick wanderte automatisch wieder zu Nick.
"Du weißt, dass ich nur will, dass es dir gut geht?" Und schon war Natalies Wut komplett verraucht.
"Ja", erwiderte sie schlicht und legte ihre zweite Hand auf seine. "Ja, das weiß ich."
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Einige Stunden später kamen sie erschöpft am Bahnhof an. Müde nach der langen Fahrt schleppten sie sich zur Sbahn, die sie nach Hause bringen würde. Natalie konnte vor Müdigkeit kaum mehr ihre
Augen offen halten. Sie hatte die letzten Tage wohl wirklich ein bisschen wenig Schlaf abbekommen, den würde sie heute gleich nachholen. Koffer in die Ecke und sich selbst aufs Bett schmeißen - das war der Plan.
Außerdem war der Plan: Finger weg von Nick.
Das hatte sie auf den langen, ruhigen Stunden der Zugfahrt beschlossen - wieder einmal. Sie würde ihr Bestes geben, Nick wieder nur als ihren besten Freund zu betrachten. Nicht mehr und nicht weniger.
Zumindest vorerst.
Dann könnte sie mit der Zeit herausfinden, wie es mit ihnen beiden weitergehen sollte, falls Nick nicht ebenso dachte und fühlte wie sie.
Sie musste für sich feststellen, ob sie weiterhin so eng mit Nick befreundet sein konnte, falls dies nicht der Fall war, falls er nicht mehr als Freundschaft für Natalie empfand.
Sie verfluchte nicht zum ersten Mal diese ganze Situation, die so bittersüß war, dass sie fast daran verzweifelte. Wie konnte man Gefühle für jemanden unterdrücken, wenn man ihn jeden Tag sah und er den Rest der Zeit die Gedanken beherrschte?
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Der nächste Morgen war die Hölle. Obwohl sie so müde gewesen war, hatte Natalie die ganze Nacht nicht richtig geschlafen. Zu viele Gedanken waren ihr im Kopf herumgeschwirrt. Und wer nachts schon einmal grübelnd wach lag, der wusste, dass zu dieser Zeit alles zehn Mal schlimmer wirkte als es dann bei Tageslicht tatsächlich war.
Gut, sie war noch immer in ihren besten Freund verliebt, daran hatte sich nichts geändert, aber ihr Entschluss stand fest: Bis zu der Hochzeit, zu der sie mit Nick gehen würde, musste sie versuchen, ihn sich aus dem Kopf zu schlagen.
Völlig übermüdet und mit dunklen Augenringen kam Natalie kurz vor dem Gong der ersten Stunde an und ließ sich neben Natascha auf ihren Platz fallen, wo sie erst einmal den Kopf auf den Tisch vor sich sinken ließ und die Augen schloss.
"Natalie, was ist denn mit dir los? Alles okay?" Natascha sah ihre Freundin besorgt an. Natalie hob nur ihren Kopf und warf ihr einen bösen Blick zu.
Klar alles war in bester Ordnung. Ihr gings noch nie besser. Warum stellen Menschen manchmal so intelligente Fragen, obwohl sie genau sahen, dass definitiv nicht alles in Ordnung war?
Aber da schien der Groschen auch schon gefallen zu sein.
"Nick?", wollte Natascha mir wissen und bekam von ihrer Freundin ein knappes Nicken als Antwort. "Okay, wie reden später in der Pause."
Dankbar ließ Natalie ihren Kopf auf Nataschas Schulter sinken.
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In der Pause ließen sie sich nur kurz an ihrem Stammplatz blicken, bevor sie sich abseilten und vier verwunderte Augenpaare zurück ließen. Es kam schließlich nicht oft vor, dass die Mädchen eine Pause alleine verbrachten. Eigentlich kam es nie vor.
Natascha zog ihre Freundin in eine ruhige Ecke, in die sie sich setzen konnten.
"Du siehst scheiße aus, beste Freundin." Natascha nahm sich wie immer kein Blatt vor den Mund.
"Ich seh so aus, wie ich mich fühle, danke der Nachfrage", brummte Natalie.
"Mädel, das wird dir jetzt nicht gefallen, aber ihr solltet verdammt nochmal darüber reden."
"Irgendwann müssen wir das, da hast du Recht."
"Ich rede nicht von irgendwann, sondern von jetzt", startete Natascha noch einen Versuch ihre Freundin zu überreden.
"Bitte. Ich fühle mich noch nicht bereit dafür. Aber ich arbeite dran. Bis dahin sagst du kein Sterbenswörtchen zu Marty oder Nick, versprich mir das!" Eindringlich sah Natalie ihre Freundin an, die noch ein wenig zögerte, bevor sie theatralisch aufseufzte.
"Na gut, ich halt die Klappe."
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Als sie sich gemeinsam langsam in Richtung ihres nächsten Kursraumes bewegten, kamen ihnen die Zwillinge entgegen. Die beiden hatten auch schon bessere Tage gesehen, so düster wie sie drein blickten. Hatten sie vorhin auch schon so finstere Minen gehabt?
"Was ist denn mit euch beiden los?"
"Ach, wir hatten nur fantastische Ferien, in denen uns unser Vater mitgeteilt hat, dass er zum Ende des Jahres wieder versetzt wird und wir dann zum hundertsten Mal die Schule wechseln dürfen. Und dieses Mal sogar einfach mitten im Schuljahr."
"Was?" Natascha und Natalie schauten die beiden ungläubig an. "Aber ihr seid doch gerade erst hergezogen?"
"Das haben wir auch gesagt. Aber das ist eine einmalige Gelegenheit für seine Karriere, bla bla bla." Auf Zanes Stirn hatte sich eine Wutfalte gebildet und auch Shane sah alles andere als glücklich aus über die neuesten Entwicklungen.
"Verdammter Mist." Betreten und ihren eigenen Gedanken nachhängend standen die vier etwas verloren im Gang, bis der Gong sie aus ihrer Starre riss und sie sich schweigend auf den Weg in ihre Klassenzimmer machten.
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Nick weiß Bescheid, alles ist geklärt und wir müssen uns von den Zwillingen verabschieden... Was sagt ihr dazu?
Danke an euch nochmal für die ganzen Votes und lieben Kommentare, das freut mich immer total! :D
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HeyGuys77
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