Kapitel 63

„So, seid ihr schon müde oder wollt wie sieht's mit einer Runde Schafkopf aus? Das wolltet ihr mir noch beibringen."

„Wir? Müde? Das glaubst du ja wohl selber nicht! Also ich bin dabei", meinte Marty sofort euphorisch. Auch die anderen drei Augenpaare fingen sofort an zu leuchten, als sie das Wort 'Schafkopfen' hörten. Neben Canasta war dies eines ihrer Lieblingsspiele. Und deswegen hatte auch immer einer der vier einen Satz Karten dabei, weshalb Natalie gleich eine Packung aus ihrer Jackentasche ziehen konnte.

Die Getränke wurden auf dem Tisch der gemütlichen Essecke in der Küche platziert und die vier setzten sich zusammen.

„Ich halt mich am Anfang mal an Natalie", stellte Marcel gleich klar, was Natascha und Marty ein Schmunzeln entlockte, Nick jedoch nur die Lippen zusammenpressen ließ. Natalie selbst wusste nicht, ob sie sich von Marcels offenkundiger Zuneigung geschmeichelt oder peinlich berührt fühlen sollte. Egal was es dann letztendlich war, ihre Wangen überzogen sich mit einer leichten Röte.

Marty erklärte kurz die Regeln für Marcel und dann spielten sie eine offene Runde.

„Soweit verstanden?"

„Ich denke schon, aber ich schau Natalie einfach nochmal über die Schulter." Er wandte sich direkt an sie. „Ist das ok für dich?" Natalie sah ihn an. Manchmal wurde sie aus ihm nicht schlau. Erst der totale Aufreißer, dann wieder extrem sensibel und rücksichtsvoll.

„Ja, klar."

Sie spielten den Rest des Abends Karten. Anfangs benötigte Marcel noch Hilfe von Natalie, aber irgendwann spielte er schon ganz gut alleine und sie wurde mehr oder weniger Zuschauer. Das gab ihr die Gelegenheit, ihn aufmerksam zu beobachten. Sie mochte es, wie sich seine Stirn leicht in Falten legte, wenn er angestrengt nachdachte. Und sie mochte das Lächeln, das er ihr

zuwarf, wenn er wieder ein Spiel gewonnen hatte. Sie mochte es sogar, als seine Hand unter dem Tisch zu ihrer wanderte und sie kurz drückte.

Und trotzdem fühlte sie sich plötzlich so beengt, dass sie kurz vortäuschen musste, auf die Toilette zu gehen. Dort schloss sie sich ein und ließ ihre Stirn gegen die kühlen Fliesen an der Wand sinken.

Was war nur los mit ihr? Marcel war zauberhaft. Ja, manchmal ein wenig zu sehr von sich überzeugt. Aber sie mochte ihn doch trotzdem. Warum fühlte sie sich bei ihm nicht so frei wie bei Nick? Er tat ja wirklich sein Bestes. Sie holte noch einmal tief Luft.

Sie hatte sich vorgenommen, der Sache diese Woche Zeit zu geben. Und das würde sie tun. Komme was da wolle.

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Auf dem Weg zurück kam ihr Nick aus der Küche entgegen, in einer Hand eine große Wasserflasche. Sie versuchte eine heitere Mine aufzusetzen, aber Nick runzelte nur die Stirn. Dann stellte er die Wasserflasche am Boden ab und breitete einfach nur seine Arme aus. Wie konnte er sie nur so gut kennen? Ebenfalls wortlos ließ sie sich von ihm in die Arme nehmen und fest drücken. Als sie merkte, dass ihr die Tränen kommen würden, wenn sie sich nicht gleich von ihm löste, hob sie den Kopf, um ihn anzusehen, legte kurz ihre Hand an seine Wange und ging dann zurück zu den anderen.

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