Kapitel 45
Natalie schlief lange. Als sie endlich die Augen aufschlug, war es schon kurz nach elf. Kurz spielte sie im Kopf ihren Tagesablauf durch und nahm sich somit die Zeit, um richtig wach zu werden. Frühstücken stand ganz oben auf der Liste; dann Zimmer aufräumen, das hatte es bitter nötig. Hoffentlich würde sie rechtzeitig damit fertig sein, bevor ihre Familie eintraf… Danach Mittagessen mit allen und dann musste sie nur noch ein bisschen plaudern und die Zeit überbrücken, bevor sie sich mit ihren Physiksachen auf den Weg zu Nick machen durfte.
Sie hatten dann den ganzen Nachmittag für sich. Vielleicht könnten sie noch irgendetwas unternehmen.
Hmm… Canasta spielen? Einen Film schauen?
Kurz spielte sie mit dem Gedanken, dass sich alle vier wieder einmal treffen könnten, aber Natalie war sich ziemlich sicher, dass Marty und Natascha heute Wichtigeres zu tun hatten, als Karten zu spielen. Nein, die beiden sollten sich erst einmal richtig aussprechen und wieder zueinander finden; nächste Woche war immer noch Zeit, um sich zu treffen.
Noch immer leicht verschlafen stand sie auf und zog ihre Jalousien hoch. Nachdem sie sich ihre Zähne geputzt hatte, schnappte sie sich das Buch, das sie gerade las und ging im Schlafanzug nach unten, um zu frühstücken. Nebenbei würde sie lesen, denn sie musste einfach wissen, wie es mit der Protagonistin weitergehen würde.
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Natalie klingelte, trat wieder einen Schritt zurück und wartete darauf, dass die Tür geöffnet werden würde. Kurz darauf wurde sie mit Schwung aufgerissen und sie sah Nick, auf dessen Gesicht sich ein Lächeln ausbreitete, als er realisierte, wer dort stand.
„Hi! Komm rein“, begrüßte er Natalie und trat auf die Seite, um sie eintreten zu lassen. „Na, Familienessen schon vorbei?“, fragte Nick während er die Tür hinter Natalie schloss.
„Noch nicht, aber ich hab mich jetzt einfach abgeseilt.“
„Verstehe.“ Abermals nickte er wissend. „Dann holen wir uns jetzt in der Küche was zu trinken – dein Kaffee ist übrigens auch schon fertig und wird schön warm gehalten – und ein Stück Kuchen und dann können wir hoch gehen.“
Natalie blickte ihn überrascht an. „Du hast Kuchen gebacken?“
„Dr. Oetker machts möglich“, meinte er grinsend und führte Natalie in die Küche.
Sie deckten sich mit Nervennahrung ein und verbarrikadierten sich in Nicks Zimmer. Nach zwei Stunden intensiven Lernens, einigten sie sich darauf, eine Pause zu machen.
„Du bist schon wesentlich besser geworden!“, lobte Nick sie ehrlich beeindruckt.
„Dankeschön.“
Sollte sie ihn jetzt auf die Tanzstunden ansprechen? Und vor allem darauf, dass er mit Samira tanzte? Sie müsste ihm ja nicht sagen, dass sie ihm nachspioniert hatte, das alles ließe sich auch durch gezielte, unschuldig wirkende Fragen herausbekommen.
„Sag mal“, begann sie, „was hast du eigentlich am Mittwoch gemacht? Du musstest so schnell gehen.“ Plötzlich verlegen fügte sie hastig hinzu: „Also das war nur so eine Frage. Ich will nicht neugierig sein, oder so.“ Das war ein wenig geschwindelt…
„Schon okay.“ Sie dachte schon, Nick würde nichts mehr sagen, denn er schwieg beharrlich und ihr wurde diese Stille von Sekunde zu Sekunde peinlicher. Dann stand er plötzlich auf und ging zu seinem CD-Regal, zog eine heraus und legte sie in seine Stereoanlage ein. Ein langsamer Walzer begann zu spielen und Nick drehte sich wieder zu Natalie um.
„Ich tanze“, sagte er schlicht, trat auf Natalie zu, zog sie in seine Arme und begann den Walzerschritt.
„Du tanzt?“ Natalie brachte eine überraschte Miene zustande, die nicht zuletzt daher rührte, dass sie nie gedacht hätte einmal mit Nick zu tanzen. „Wie cool!“
„Findest du?“ Nick hatte ein verlegenes Lächeln aufgesetzt. „Ich musste gezwungen werden.“ Aus Platzmangel konnte er sie nicht so drehen, wie er es in der Tanzschule gelernt hatte, also beschränkte er sich auf kleine, langsame Schritte.
Für Natalie indes war Samira völlig unwichtig geworden. Sie tanzte hier gerade mit ihrem besten Freund, in den sie, wie sie sich eingestehen musste, verliebt war, denn anders konnte Natalie sich das Herzrasen nicht erklären, das sie befiel, wenn Nick in ihrer Nähe war. Ungehindert konnte sie sich während des Tanzes an ihn lehnen und seinen Körper an ihrem spüren. Außerdem musste sie ihre Ansicht revidieren, Nick könne nicht tanzen, denn das konnte er doch und er stellte sich auch nicht so unbeholfen an, wie sie es sich in ihrer Fantasie ausgemalt hatte.
„Natalie.“ Nick riss sie aus ihren Gedanken. Sie hob ihren Kopf und sah ihn unverwandt an, darauf wartend, dass er weiterreden würde. Zu ihrer Enttäuschung blieb er stehen und löste sich ein klein wenig von ihr.
„Was ist los?“ Aber bevor sie den Ausdruck in Nicks Augen deuten konnte, klopfte es an der Tür und gleich darauf schwang diese auf. Nicks Mutter kam herein und hatte ein freudestrahlendes Lächeln im Gesicht, das von einem Ohr bis zum anderen reichte.
„Ich habe gerade die Musik gehört und musste einfach kommen und nachfragen: Tanzt du, Natalie?“ Erwartungsvoll sah sie Natalie an. Diese war sichtlich überrumpelt.
Nick sah seine Mutter fassungslos und peinlich berührt zugleich an. „Bitte lass das, Mama.“ Aber seine Mutter wischte seinen Einwand mit einer wegwerfenden Handbewegung beiseite, ohne den Blick von Natalie zu lösen.
„Ja, ein wenig“, antwortete diese schließlich.
„Das ist ja großartig!“ Nicks Mutter klatschte überschwänglich in die Hände. „Was hältst du davon, wenn du Nick auf die Hochzeit begleitest?“
Hochzeit!?
„Welche Hochzeit?“ Natalies Blick schwenkte von Nicks Mutter zu ihm selbst.
„Du hast ihr noch nicht von der Hochzeit erzählt? Na egal, aber dann frag sie doch endlich!“
„Was fragen?“, wollte Natalie jetzt von Nick wissen. Sie verstand gerade überhaupt nichts mehr. Nick wand sich ein wenig unter den erwartungsvollen Blicken seiner Mutter und seiner besten Freundin.
„Wir sind auf eine Hochzeit eingeladen…“
„Die Hochzeit von den Freunden, wegen der deine Mutter bei uns angerufen hat?“, unterbrach ihn Natalie.
„Genau. Und ich habe mich breitschlagen lassen, bei einer kleinen Tanzeinlage mitzumachen – was ich immer noch bereue“, fügte er mit einem anklagenden Blick an seine Mutter hinzu, „aber ich darf mir meine Partnerin selbst aussuchen und wenn du Lust hättest, dann würde ich mich sehr freuen, wenn du mich begleiten würdest.“ Nicks erwartungsvoller und ein klein wenig schüchterner Blick haftete jetzt an Natalie.
„Äh…ja. Klar, warum eigentlich nicht? Ich würde mich sehr freuen!“
„Fabelhaft!“, rief Nicks Mutter aus und auch Nick lächelte Natalie freudig und erleichtert an. „Gut, dass wir das jetzt geklärt haben. Dann werde ich euch mal wieder allein lassen. Bis später!“ Nachdem sie die Tür geschlossen hatte, grinste Natalie Nick an.
„Wer hat sich jetzt mehr gefreut, dass ich mitkomme: deine Mutter oder du?“
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Kaffee, Kuchen und tanzen...
Was für einen Tanz suchen sie sich für die Hochzeit aus? ;)
<3<3<3
HeyGuys77
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