Kapitel 12
Nick nahm ihr Gesicht in seine Hände, beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Danke. Jetzt muss ich das alles bloß noch meinen Eltern erklären."
„Du schaffst das schon. Ihr könnt ja zusammen morgen früh vorbei kommen." Nick ließ langsam ihre Hände los und ging. Sie sah ihm hinterher, bis er verschwunden war und ging dann zurück in das Zimmer. Sie zog sich einen Stuhl neben das Krankenbett von Marcel und setzte sich. Lange sah sie ihn an. Genau wie Nick hatte er blonde Haare, die ihm im Moment ein wenig verwuschelt in die Stirn fielen. Sie betrachtete sein Gesicht und stellte sich vor, wie er sie aus seinen blauen Augen ansah. Schnell machte diese Vorstellung aber wieder der Realität Platz und sie erkannte, dass Marcels Augen wohl vorerst geschlossen bleiben würden. Wie er da so lag, mit entspannten Gesichtszügen, konnte sie sich kaum vorstellen, dass er - ihretwegen - bewusstlos war. Vielmehr schien es, als würde er einfach nur schlafen. Aus einem plötzlichen Impuls heraus streckte sie die Hand nach seinem Gesicht aus und strich ihm kurz zart über die Wange, bevor sie sie wieder zurückzog.
Dann befühlte sie die größer werdende Beule an ihrer Stirn, woraufhin sie der selbe Schmerz durchzuckte, wie vor einigen Stunden, als Nick das selbe getan hatte und begutachtete ihren aufgeschürften Oberarm. Er brannte ein wenig, aber das war ihr egal. Sie machte sich viel mehr Sorgen um Marcel. Er war ja wegen ihr vor das Auto gesprungen. Aber warum
hatte er das getan? Das Ganze hätte sehr viel schlimmer ausgehen können. Aber Natalie war ihm sehr dankbar. Sie sah ihn an und ihr kamen wieder die Tränen.
„Danke", murmelte sie. Dann vergrub sie ihr Gesicht in seiner Decke und weinte. Sie weinte lange, aber irgendwann schlief sie ein.
Natalie wachte plötzlich auf. Irgendetwas hatte sich bewegt. Sie war sofort hellwach und ärgerte sich, dass sie eingeschlafen war. Draußen war es noch finstere Nacht und nur das Mondlicht erhellte das Zimmer ein wenig. Sie stand auf und sah - dass Marcels Augen offen waren!
„Tut mir Leid. Ich wollte dich nicht wecken", sagte er als wäre nichts gewesen.
„Das ist doch egal!", rief Natalie mit vor Erstaunen über diese Aussage weit aufgerissenen Augen aus. „Ich bin so froh, dass du wach bist! Wie geht's dir?"
„Ich fühle mich eigentlich ganz gut. Mein Kopf dröhnt und pocht ein wenig. Wo sind die anderen? Wie spät ist es eigentlich?"
„Ich hab die anderen mehr oder weniger rausgeschmissen, nachdem wir hier ein paar Stunden gewartet haben. Ich muss sie gleich anrufen und Bescheid sagen."
Marcel nickte schwach. Natalie ging zur Tür und drehte sich noch einmal um: „Ich sag auch dem Arzt Bescheid." Damit war sie verschwunden.
Kurze Zeit später war sie zurück. Als sie die Tür aufmachte kam ihr der Arzt entgegen.
„Alles in Ordnung mit ihm?", wollte Natalie wissen.
„Eine leichte Gehirnerschütterung, aber sonst ist alles okay. Er wird noch einen Tag zur Beobachtung da bleiben müssen, aber dann kann er heim."
„Danke."
Als der Arzt weg war, setzte sie sich auf Marcels Bett.
„Warum hast du das getan?", fragte sie ihn mit tränenerstickter Stimme.
„Weil sonst du hier liegen würdest", meinte Marcel mit einem tiefen Blick in ihre Augen.
„Danke", flüsterte sie, unfähig in dem Moment mehr zu sagen. Aber weitere Worte wären auch unnötig gewesen, denn sie wusste, dass Marcel verstanden hatte. Dann beugte sie sich vor, um ihm einen Kuss zu geben.
Nick kam ein wenig außer Atem im Krankenhaus an und ging zielstrebig zu Marcels Zimmer. Seine Eltern hatte er nur mit Mühe und Not davon abhalten können, ihn zu begleiten. Sie konnten ihn in der Früh zu normalen Zeiten besuchen. Nur das Argument, dass Marcel bestimmt Schlaf bräuchte, hatte sie letztendlich überzeugt. Er machte die Tür lautlos auf. Das Erste was er wahrnahm waren Natalie und Marcel, die sich küssten. Natalies Haare fielen über Marcels Gesicht, so wie sie sich über ihn beugte.
„Er hat's ihr gesagt...", war Nicks erster Gedanke. Der Gedanke, dass seine beste Freundin und sein Cousin zusammenkommen könnten, verwirrte ihn. In dem Moment blickte Natalie nach oben und sah in sein irritiert, entsetzt und ungläubig wirkendes Gesicht.
„Nick? Alles okay mit dir?", wollte sie wissen.
„Äh, ja klar." Er hatte sich wieder unter Kontrolle. „Schön, dass du wieder unter den Lebenden bist! Wie geht's dir?", fragte er an Marcel gewandt.
„Mir geht's eigentlich ganz gut, aber ich muss noch einen Tag zur Beobachtung da bleiben", wiederholte er für Nick, was der Arzt ihm vor ein paar Minuten gesagt hatte.
„Ach so." Er wandte sich an Natalie: „Dann werd ich dich mal ablösen." Natalie wollte schon widersprechen, aber Nick ließ sie nicht zu Wort kommen. „Keine Widerrede! Du hast schon die halbe Nacht hier verbracht. Geh jetzt heim und leg dich hin."
Natalie musste klein beigeben, aber sie wunderte sich, dass Nick so strikt war. Er hatte sich ihr gegenüber noch nie so konsequent benommen. Sie verabschiedete sich von Marcel und Nick und ging langsam zur Tür. Sie hatte die Türklinke schon in der Hand, als sie sich noch einmal umdrehte. Sie hatte ein Lächeln im Gesicht.
„Aber in ein paar Stunden bin ich wieder da!" Dann ging sie.
„Du hast es ihr gesagt, oder?" Nick stand mit verschränkten Armen am Fenster und sah hinaus. Die ersten Sonnenstrahlen waren schon zu sehen und bald würde die Sonne Stück für Stück aufgehen, bis der ganze Feuerball zu sehen sein würde. Er betrachtete das kleine Städtchen und den Park, den man von hier aus sehen konnte. Es war eine wunderschöne Aussicht, fast wie in einem Bilderbuch.
„Nicht direkt. Ich hatte nicht den Mut dazu." Lange schwiegen sie. Die Sonne ging langsam auf und erhellte nach und nach das Zimmer. Es war inzwischen kurz vor sechs Uhr. Nick brach als Erster das Schweigen.
„Aber immerhin hat sie dich geküsst." Nick sah immer noch aus dem Fenster. Er konnte sich jetzt nicht umdrehen und Marcel ansehen.
„Naja, ich würde es eher einen Dankbarkeitskuss auf die Wange nennen."
Nick fuhr herum. „Auf die Wange!?"
„Ja. Da." Marcel zeigte verträumt lächelnd auf die Stelle wo ihre Lippen seine Wange berührt hatten.
„Auf die Wange!" Nick fing an zu lachen. Er lachte bis ihm der Bauch weh tat und er sich hinsetzen musste. Es war fast schon ein hysterisches Lachen. Marcel sah ihn verwirrt an. Schließlich hatte sich Nick beruhigt. Marcel wollte gerade eine Erklärung verlangen, als die Krankenschwester herein lugte. Als sie sah, dass Marcel wach war, kam sie herein.
„Ich wollte nur mal nach dem Rechten sehen. Hast du schon Hunger?", fragte sie an Marcel gewandt.
„Über Frühstück würde ich mich sehr freuen."
„Gut, dann bringe ich es gleich vorbei." Keine zehn Minuten später kam die Krankenschwester wieder und hatte auf einem kleinen Wagen zwei kleine Tabletts mit Semmeln, Marmelade und Getränken. Erstaunt stellte Nick fest, dass die Krankenschwester auch an ihn gedacht hatte.
„Lasst es euch schmecken!", meinte sie mit einem Zwinkern zu Nick.
„Vielen Dank!", konnte Nick gerade noch sagen, bevor sie schon wieder weg war. Nick und Marcel stürzten sich auf das Essen. Es schmeckte wider Erwarten von nach Chemie schmeckenden Krankenhaus-Fraß richtig gut! Sie aßen alles bis auf den letzte Bissen auf. Da-nach unterhielten sie sich und warteten auf die anderen.
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Was das wohl zwischen Marcel und Natalie wird?
Naja, 3 mal dürft ihr raten ;)
Und kraaaaaass!! Vielen Dank für über 200 Reads, ihr seid der Hammer!! :)
<3<3<3
HeyGuys77
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