4.Picknick
Remus
Ich machte mich mit einer Decke auf den Weg nach draußen. Wir hatten vorher Verwandlung gehabt und Sirius und James beschwerten sich gerade darüber, dass McGonagall uns jetzt schon Hausaufgaben aufgegeben hatte, die wir bis Montag erledigen mussten. Mir machte das nichts weiter aus, weshalb ich nur mit einem Ohr zuhörte.
Die beiden nahmen mir wenig später die Decke ab und breiteten sie im Schatten eines Baumes aus. Ich konnte Peter erkennen, der mit einem Korb aus dem Schloss spazierte und auf uns zulief.
Während ich mich setzte, stoppten die anderen so langsam ihr Gespräch über Verwandlung. James drehte sich zu mir.
„Wir müssen unbedingt einen Plan schmieden, wie wir uns bei Snape rächen. Hast du eine Idee?", fragte er mich, jetzt schon begeistert klingend.
Ich schüttelte nur den Kopf.
Mich packte bei dem Gedanken keine Begeisterung.
James setzte sich neben mich und blickte auf den glitzernden See, wo einige Drittklässler sich gegenseitig mit Wasser bespritzten. Er lächelte. Wahrscheinlich weil er gerade daran dachte, wie wir das früher auch getan haben.
Ich kann uns förmlich um den See rennen sehen. Jedoch war ich schon immer der Langsamste von uns und wurde deshalb viel öfter als alle anderen getroffen.
Peter biss in ein Sandwich und erzählte Sirius aufgeregt von Tanja. Seiner neuen Freundin. Irgendwie gab es einen Zusammenhang zwischen ihr und Sirius' neuester Flamme.
Mir drehte sich unwillkürlich der Magen bei dem Gedanken um.
James reißt mich aus meinen Gedanken.
„Willst du nicht auch was essen?", fragt er mich und hält mir zur Geste den Korb hin.
Ich schüttle wieder nur den Kopf.
„Hey! Das mit Tanja ist was anderes. Das kannst du nicht vergleichen. Stimmt's, James?", Peter sieht zu uns und wartet auf Unterstützung.
Doch James sagt nichts.
„Das ist nicht euer Ernst. Ihr glaubt gar nicht an unsere Beziehung!"
Er lässt sich seufzend auf die Decke fallen und schaut gen Himmel. Letztes Jahr hatte er exakt vier Beziehungen. Keine hat länger als einen Monat gehalten. Also wie sollen wir etwas Anderes glauben, wenn er uns nicht vom Gegenteil überzeugt?
„Wir würden an euch glauben, wenn du uns zeigst, dass Beziehungen länger als zwei Wochen halten können.", sprach ich meine Gedanken laut aus. Ich bekam sofort einen bissigen Blick seinerseits zugeworfen. Ist mir nur recht.
„Was kannst du schon dazu sagen? Du hattest noch nie eine Beziehung!", er dreht sich auf seinen Bauch und blickt mir direkt in die Augen.
Als wolle er mich herausfordern. James und Sirius tauschen einen Blick aus.
„Lieber habe ich keine, als mir jede Woche eine Neue zu suchen.", sage ich gelangweilt. Ich reiße einen Grashalm aus dem Boden und versuche Knoten hineinzumachen. Für mich ist das Gespräch beendet. Und Peter bekommt keine Gelegenheit sich zu rechtfertigen, weil James sich eingrätscht.
„Ist doch gut. Jeder vertritt da seinen Standpunkt. Helft mir lieber mit Lily."
Lily.
Ich sollte es ihr irgendwann erzählen. Immerhin war sie meine Freundin, aber bei dem Gedanken schnürt sich mir die Kehle zu.
„Du solltest sie nicht noch einmal um ein Date bitten. Das grenzt irgendwann an Belästigung.", Sirius grinste ihn frech an.
Peter stimmte mit ein. James sah mich unwillkürlich hilfesuchend an.
Ich ließ den Halm zurück ins Gras fallen.
„So könnte man es sehen, aber ich glaube, Lily hat mehr Interesse an dir als du denkst. Sie hätte schon längst irgendetwas gegen dein Nerven unternehmen können, hat sie jedoch nicht. Vielleicht wartet sie einfach nur auf einen passenden Moment."
James strahlte bei meiner Antwort.
„Hat Sie das denn in die Richtung mal gesagt? Oder wollte darauf anspielen??"
Er sah so aus, als würde er gleich in die Luft springen. Natürlich war James bei uns ein Thema, immerhin war er einer meiner besten Freunde. Und ich glaube stark daran, dass sie ihn mehr mag, als sie bereit ist, zuzugeben. Sie redet oft von ihm. Sie wird teilweise rot, wenn er nur in ihre Richtung schaut. Lily ist ein harter Brocken, keine Frage. Aber selbst sie kann ihre Gefühle nicht zu 100% verstecken.
„Naja, nein. Jedoch habe ich ein gutes Gefühl bei der Sache.", ich lächelte ihm aufmunternd zu.
Ich wünschte, das könnte ich auch für mich behaupten. Mit einem Blick musterte ich Sirius, der über irgendetwas, was Peter gesagt hatte, lachte.
Sein Lachen ist echt schön.
*****
Ich wartete seit einer halben Stunde vergebens auf Ethan. Das hätte ich wohl kommen sehen müssen. Er hat zugestimmt, weil er gar nicht vorhatte, zu kommen. Denke ich zumindest.
Die Uhr, die hier hing, zeigte bereits 19:08 Uhr.
Ich saß in der hintersten Reihe und fragte mich so langsam, ob er mich einfach nicht gesehen hatte. Doch mein logischer Verstand flüsterte mir, dass das schier unmöglich war. Selbst wenn, ich hätte ihn bemerken müssen. Und das habe ich nicht. Also..gehe ich jetzt wohl. Ich könnte zwar jetzt schon alleine anfangen, aber ehrlicherweise habe ich keine Motivation mehr dazu. Morgen ist auch noch ein Tag.
Mein Schreibzeug verschwindet in der Tasche und ich mache mich auf den Weg zum Ausgang der Bibliothek. Ich wünsche der Bibliothekarin einen schönen Abend und laufe zu meinem Haus. Erst auf halber Strecke bemerke ich die dicken Regentropfen, die gegen die Fenster prasseln. Ich bin plötzlich so abgelenkt davon, dass ich direkt in einen Schüler hineinlaufe. Meine Tasche rutscht von der Schulter und landet auf dem Boden. Als ich mich entschuldigen will, erkenne ich ihn sofort: Ethan Culton höchstpersönlich.
Er hält meine Tasche in seinen Händen und ich reiße sie ihm förmlich aus seinem Griff.
„Entschuldige.", gab ich harsch von mir und setzte mich wieder in Bewegung.
Ich spürte, wie er mich an meinem Handgelenk packte und zurückzog.
„Oh Remus, es tut mir so leid! Ich habe es total vergessen. Das wird nicht noch einmal passieren.", sagt er. Ich kann nicht mal einschätzen, ob er das wirklich ernst meint. Aber das brauche ich auch nicht mehr wissen.
„Das weiß ich. Ich gehe morgen zu Westhed und frage nach einem neuen Partner oder Einzelarbeit.", antwortete ich betont gelangweilt.
Irgendetwas an seinem Gesichtsausdruck änderte sich.
„Warte. Das ist wirklich nicht nötig. Gib mir eine 2. Chance, Remus. Ich brauche nur eine neue Uhrzeit und werde da sein. Pünktlich. Versprochen."
Auf der einen Seite weiß ich, dass Dinge zu vergessen menschlich ist, doch gleichzeitig vertraue ich ihm nicht. Man kann sich nicht auf ihn verlassen. Aber vielleicht ist es auch keine gute Idee gleich zum neuen Professor zu rennen, denn der 1. Eindruck ist immer am wichtigsten. Er könnte denken, dass ich unfähig wäre, in einem Team zu arbeiten. Also muss ich wohl zustimmen.
„Okay. Morgen, direkt nach der letzten Unterrichtsstunde.", und damit laufe ich weiter.
Wenn er morgen auch nicht auftauchen sollte, dann werde ich mir einen neuen Partner suchen. Das ist nur fair.
Ich sage das Passwort und steige in den Gemeinschaftsraum, wo Lily und Tanja eine Partie Schach spielen. James und Peter schauen aus weiterer Entfernung wie gebannt zu.
Ich halte Ausschau nach meinem letzten Freund.
Und finde ihn schnell.
Er sitzt auf einem Sessel am Kamin. Auf der Lehne ein Mädchen aus unserem Jahrgang. Sie flüstern angeregt miteinander und sehen ziemlich innig aus.
Ich entscheide mich, einfach nach oben zu gehen. Das muss ich mir nicht ansehen.
Und das will ich mir auch nicht ansehen.
Ich steige die Treppe hinauf und biege links ab. Eilig verschwinde ich in unserem Zimmer.
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