Kapitel 42 - Unerwartete Entdeckung
Kilians p.o.v.
"Hier, ich habe Kekse für euch gebacken", sagte da plötzlich Derya und kam ins Wohnzimmer.
"Oh, danke, das ist ja super!", freute sich Xenia und nahm sich gleich einen Keks. Genüsslich biss sie herein und obwohl ich es nicht wollte, konnte ich kaum den Blick von ihr nehmen, von ihrem Mund, der sich um den Keks schloss, ihrer Zunge, die kurz hervorblitzte und ein paar Krümel aufleckte… verdammt, ich war ja so was von am Arsch.
Schnell blickte ich weg und ignorierte mein schnell schlagendes Herz und den Drang, Xenia wieder an mich zu ziehen und zu küssen, die Krümel von ihren Lippen zu lecken.
Stattdessen nahm ich mir selbst einen Keks und biss herein. Er war zwar nicht so gut wie der Kuss mit Xenia gerade, aber ich glaubte kaum, dass das bald wieder vorkommen würde. Bestimmt würde sie jetzt mehr auf Abstand gehen, aus Angst, dass ich wieder die Kontrolle verlor. Denn egal, was sie gesagt hatte, mich traf die Schuld. Zwar hatte ich aufhören wollen, aber es letztendlich nicht geschafft. Und ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie Xenia auf eine Markierung reagiert hätte, die sie so nicht gewollt hatte.
"Wisst ihr, das ist ganz normal", sagte da Derya plötzlich. Fragend blickte ich sie an.
Sie zuckte mit den Schultern.
"Das Verlangen, das einen alles vergessen lässt. Besonders am Anfang und bei noch unmarkierten Mates tritt das häufig auf."
Da ich aus dem Augenwinkel bemerkte, wie Xenia rot wurde, wechselte ich schnell das Thema.
"Hey, wegen dieser Prophezeiung, kannst du uns sagen, was damit gemeint ist, dass aus Liebe Hass geworden ist? Wir sind da irgendwie hängen geblieben."
"Ah", machte Derya und nickte mit trauriger Miene.
"Nun, ich kann es euch nicht sagen" Natürlich nicht, dachte ich und verdrehte innerlich die Augen, "aber ich kann euch einen Tipp geben."
Nun sah sie Xenia an. "Du hast den Ursprung all des Hasses erst vor kurzem kennengelernt."
Ich sah zu Xenia. Doch sie blickte verwirrt drein. "Habe ich das?", fragte sie zweifelnd.
Derya nickte bekräftigend.
Nun sah Xenia mich an, als wüsste ich die Antwort, wer dieser Jemand sei, der Ursprung des Hasses sein soll. Ich zuckte nur mit den Achseln.
Nachdenklich biss sich Xenia auf die Unterlippe. Warum machte sie das? Ich biss die Zähne zusammen und zwang meinen Blick zu Derya. Hätte der Kuss mit Xenia nicht helfen sollen, mein Verlangen ein wenig zu befriedigen? Stattdessen schien es jetzt nur noch höher zu lodern.
"Warte…", kam es da plötzlich langsam von Xenia. Sofort sah ich wieder zu ihr. Sie hatte die Stirn gerunzelt und wandte mir dann den Kopf zu.
"Anton…"
"Anton?", wiederholte ich fragend, als daraufhin nichts kam.
"Ein Werwolf hat ihm die Freundin ausgespannt. Er hätte einen Grund, diesen Werwolf zu hassen. Aber…Werwölfe im Allgemeinen? Und der Ursprung? Ich meine...ergibt das Sinn?"
Zweifel schlichen sich auf ihre schönen Züge.
Ich blickte zu Derya. "Kannst du uns wenigstens das sagen?"
Sie zuckte mit den Schultern.
"Ich kann euch sagen, dass ihr diesem Anhaltspunkt jedenfalls nachgehen solltet. Aber ihr müsst vorsichtig sein."
Ernst und auch besorgt blickte sie uns beide an. "Sehr vorsichtig."
Wir nickten. Dann sah Xenia zu mir.
"Ich werde Lilian unauffällig nach Anton ausfragen. Sie ist ein richtiger Fan von ihm, sie wird es bestimmt nicht bemerken."
"Gut, dann würde ich sagen, machen wir jetzt weiter mit dem Rest der Prophezeiung."
Xenia nickte und setzte sich wieder auf die Couch neben mich, allerdings mit einem noch größeren Abstand als zuvor. Ich wollte es nicht, und doch schmerzte es mich. Aber wahrscheinlich war es besser so.
Derya ging wieder in die Küche und ließ uns in Ruhe arbeiten.
"Das Feuer setzt alles in Brand", murmelte Xenia. "Damit muss sein Hass gemeint sein, der sich ausgebreitet hat." Ich nickte zustimmend. Dann hätten wir schon einmal die erste Strophe. Blieben noch vier.
"Aber heimlich blühen noch die Blumen der Liebe,", Xenia sah hoch. Eine leichte Röte zierte ihre Wangen. "Damit sind wahrscheinlich wir gemeint. Und vielleicht noch andere. Liebe zwischen Hexen und Werwölfen."
Vor ein paar Tagen noch hätte ich mir nicht vorstellen können, dass Hexen und Werwölfe Mates sein könnten. Aber dann kam Xenia in mein Leben. Und wenn es uns gab...warum sollte es dann nicht auch andere geben? Also nickte ich. Xenia las weiter.
"In stetiger Angst vor den gierigen Händen der Diebe. Wir haben Angst, dass meine Hexensippe das mit uns entdeckt. Gierig, weil sie die Werwölfe töten wollen? Diebe, weil sie Leben stehlen? Könnte Sinn ergeben…"
Überrascht, aber auch froh hatte ich mitbekommen, dass sie sie gesagt hatte. Die anderen ihrer Art wollten uns Werwölfe töten. Nicht sie. Wäre wohl auch etwas problematisch verlaufen, jetzt wo sie mit einem Werwolf zusammen war. Und doch freute es mich, dass sie sich so abgrenzte.
"In der Liebe Früchte liegt die Hoffnung, die ist des Friedens Dung. Ich glaube, das ist klar. Wir sind die Hoffnung aller, wir sollen Frieden bringen."
Ich biss die Zähne zusammen. Frieden. Wie meine Mutter es gewollt hatte. Aber in der Prophezeiung stand nicht, wie dieser Frieden erreicht werden sollte. Und wenn man nur alle Hexen tötete, die auch uns Werwölfe vernichtet hatten,...ja dann würden wir doch auch Frieden haben. Gerechtigkeit aber vor allem. Doch das sagte ich nicht laut. Jetzt war der Zeitpunkt noch nicht gekommen. Weder um ihr das mit meinem Rudel, meiner Familie, zu erzählen, noch von meinem Rachefeldzug.
"Ein Junge, von Mutter Erde geschaffen und von Mondlicht getauft,", Xenia sah wieder zu mir auf. Nachdenklich.
"Ich hätte ja gesagt, es geht um dich, weil Derya gesagt hat, die Prophezeiung geht um uns, aber...das würde keinen Sinn machen."
"Wieso?", fragte ich. "Von Mondlicht getauft, das deutet darauf hin, dass ich ein Werwolf bin. Und von Mutter Erde geschaffen deutet vielleicht einfach nochmal verstärkt daraufhin, schließlich sind wir Werwölfe sehr mit der Natur verbunden."
Xenia sah nicht überzeugt aus. Nein, sie sah auch... besorgt aus.
"Kilian...wir Hexen verwenden den Ausdruck von Mutter Erde geschaffen. Wir ...wir bezeichnen damit die Leute unserer Art."
Einen Moment lang konnte ich sie nur anstarren. Ungläubig, was sie damit andeutete. Aber sie lachte nicht plötzlich auf, sagte nicht "Reingelegt" oder ähnliches. Nein, ihre Miene blieb ernst. Weil sie es ernst meinte. Aber ...das ergab keinen Sinn. Meine Eltern waren beide Werwölfe. Und ich war ihrer beider Kind. Ich war nicht zur Hälfte Hexe. Allein bei der Vorstellung überlief es mich kalt. Dass meine Mate eine Hexe war, okay, damit hatte ich mich abgefunden, denn wie könnte ich nicht? Sie war nunmal meine wahre Liebe und sie war gut, das wusste ich. Aber ich selbst, zur Hälfte ein Hexer….einer derjenigen, die meine Familie ausgelöscht hatten, die so viel Leid über uns Werwölfe gebracht hatten... Entsetzen überkam mich bei der Vorstellung. Ich war immer so stolz gewesen, ein Werwolf zu sein und jetzt...jetzt sollte mir das genommen werden? Unmöglich.
"Kilian", sanft legte Xenia mir ihre Hand auf den Arm, wahrscheinlich um mich zu beruhigen, mir ihren Beistand zuzusichern. Aber sie hatte ja keine Ahnung, was das bedeuten würde. Hatte ja keine Ahnung, wie es war, so mit dem Feind in Verbindung gebracht zu werden, mit dem Bösen.
"Nein."
Das Wort kam aus mir heraus, ohne dass ich etwas tun konnte.
Ich schüttelte den Kopf.
"Nein, das kann nicht sein. Die Prophezeiung lügt. Ich bin ein hundertprozentiger Werwolf. Ich bin nicht…"
"Doch, bist du", ertönte da eine weise, sanfte Stimme. Ich sah auf und erkannte Derya im Eingang zur Küche stehen.
Sie sah mich mitleidig an.
"Ich weiß, das muss für dich sehr schockierend sein und dass du es nicht glauben willst, aber es ist die Wahrheit. Du bist zum Teil Werwolf und zum Teil Hexe."
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