Es ist an der Zeit, neue Türen aufzustoßen und neuen Anfängen zu vertrauen
,,Okay Timi, du schaffst das...'' Ich schloss die Augen, atmete einmal tief ein und dann wieder aus. Ich richtete mir die Klamotten, kämmte mir die Haare zur Seite und machte mich mit wackeligen Beinen auf den Weg.
Heute würde es soweit sein. Heute würde ich endlich mit Bryan sprechen. Gestern Abend hatte er mir den Standort für das Treffen geschickt und wir hatten ausgemacht, dass ich nach der Arbeit direkt zu ihm kommen würde.
Ich war verdammt aufgeregt wegen dem, was mich erwarten würde. Schon seit Tagen zerbrach ich mir den Kopf darüber, was und ob etwas passieren könnte. Ich hatte wirklich Angst, in eine Falle getappt zu sein und das anstatt Bryan, Ronny jeden Augenblick vor mir stand.
Ich versuchte mich von diesem Gedanken nicht unterkriegen zu lassen. Ich hatte Lukas meinen Live-Standort, Bryans Nummer und ein Bild von meinem Outfit geschickt. Falls irgendwas sein sollte, würde er sofort die Polizei rufen und sich auf den Weg machen.
Ich seufzte leise und wurde in meinen Schritten etwas langsamer. Ich hätte ihn gerne mitgenommen, aber Bryan hatte mich darum gebeten, alleine zu kommen. Er wollte einfach nicht, dass weitere Zeugen anwesend waren.
Schließlich konnte er mir genau so wenig vertrauen. Ich konnte auch derjenige sein, der versuchte, ihn hinters Licht zu führen. Wenigstens konnten wir uns darauf einigen, dass ich mein Handy mitnehmen durfte, sodass ich Lukas alle 15 Minuten ein Lebenszeichen senden konnte.
Je länger ich den Weg entlang ging, desto mehr zitterten meine Knie. Ich konnte nicht glauben, dass das hier wirklich passierte. Ich traf mich mit Bryan, um mit ihm über Ronny zu reden und all seine Geheimnisse zu offenbaren.
Ich war wirklich gespannt darauf, was Bryan mit diesen Informationen vorhatte und wie er uns mit diesen weiterhelfen wollte. Ich hoffte dadurch nicht mehr zu lange, an seine Bodyguards gebunden zu sein.
Natürlich freute ich mich über den Schutz, aber trotzdem fühlte es sich noch immer etwas befremdlich an, zu wissen, dass uns selbst an den abgelegensten Orten irgendjemand beobachtete.
Ich schüttelte mit dem Kopf, spürte mein Handy vibrieren und blieb dann vor einem riesigen Container stehen. Nervös sah ich mich in der Gegend um und klopfte zögerlich an der Tür. Ich trat einige Schritte zurück und musterte die Klinke, die sich nach unten bewegte.
,,Hey!'', begrüßte mich Bryan lächelnd und machte einen Schritt zur Seite. ,,Komm' rein!'' Er machte eine einladende Handbewegung, während ich mit wackligen Beinen in die Lagerhalle trat.
,,Wow, was ist das hier?'', fragte ich sofort nach und sah mich mit interessierten Augen in dem Container um, in welchem einige Autos standen.
,,Meine kleine Werkstatt.'', antwortete Bryan grinsend, stellte sich neben mich und stemmte die Hände in die Hüfte. ,,Ich werkel' hier manchmal rum. Ist so ein Hobby von mir.''
,,Krass, dann trittst du ja in die Fußstapfen deines Vaters.'', erwiderte ich sein Grinsen und trat an einen Audi, dessen Motorhaube geöffnet war.
,,Mehr oder wenig. Ich restauriere die Autos und er verkauft sie.'', korrigierte mich Bryan lachend und ich stimmte mit ein. ,,Wenn ich herausgefunden habe, was mit dem hier los ist, kann der demnächst verkauft werden.'', erklärte er mir und wirkte sichtlich stolz.
Ich erwiderte sein Lächeln und war mehr als erstaunt, denn das war nicht unbedingt das, was ich erwartet hatte. Als ich gestern bei Google den Standort erkundet hatte, hatte ich viel eher damit gerechnet, dass sich hier drin einige Hanfplantagen oder ein Methlabor befand.
Dass Bryan in seiner Freizeit aber an Autos schraubte, um diese für seinen Papa zum Verkauf fertigzumachen, beeindruckte mich. Vor allem, weil er seinen Job wirklich gut zu machen schien. Wohl der Ausgleich zu seinem Leben als gefürchteter Drogenboss...
,,Setz' dich ruhig. Möchtest du was Trinken?'' Bryan deutete auf die Ledercouch, die zwischen einigen Werkzeugkästen stand und öffnete den kleinen Minikühlschrank.
,,Hast du Cola da?'', fragte ich nach und ließ mich etwas unsicher auf der Couch nieder. Du schaffst das, Timi, noch ist dein Kopf dran...
,,Na klar, kannst du gerne haben.'', grinste er und reichte mir eine Flasche.
,,Und wie liefen die letzten Tage so für euch? Alles gut mit den Jungs? Stört euch irgendwas?'', fragte Bryan nach, der sich gegenüber von mir niederließ, sich eine Flasche Wasser öffnete und einen Schluck aus dieser nahm.
,,Nein, alles ist super. Es ist nur noch etwas ungewohnt die ganze Zeit beobachtet zu werden. Aber es fühlt sich schön an, endlich wieder frei zu sein.'', antwortete ich wahrheitsgemäß und lächelte.
,,Lukas ist heute mit einigen Freunden im Park verabredet. Er freut sich riesig darüber, dass er sich keine Sorgen machen muss, dass etwas passieren kann.'', ergänzte ich und setzte zögerlich die Flasche an meine Lippen. ,,Nochmal Danke, dass du das machst.''
,,Ach, kein Problem.'', winkte Bryan gelassen ab.
,,Wo wir aber schon dabei sind...'', setzte er dann fort, legte die Hände zusammen und beugte sich leicht nach vorne. ,,Wir hatten ja einen Deal, damit das weiterhin so läuft.'', erinnerte mich Bryan und sofort nickte ich.
Ich wurde etwas nervös, denn natürlich war ich nicht hier, um einen netten Kaffeeklatsch mit ihm zu veranstalten. Ich würde Bryan gleich alles offenbaren, was es über Ronny zu wissen gab. Ich hatte mich mit ihm zusammengeschlossen und das nicht ohne Grund.
,,Wie sieht es aus? Bist du immer noch bereit, mir alles über Ronny zu verraten?'', fragte er etwas forscher nach, lehnte sich auf dem Sessel zurück und durchlöcherte mich mit seinen Blicken.
,,Wenn du dafür sorgst, dass er Lukas und mich für immer in Ruhe lässt, sage ich dir alles, was du wissen willst.'', antwortete ich trocken und musste aufpassen, dass sich meine Stimme nicht überschlug.
,,Die Art gefällt mir immer noch.'', lachte Bryan zufrieden.
,,Pass' auf, wir fangen klein an. Du erklärst mir erstmal, wie du zur Gang gekommen bist und was du so erlebt hast. Dann kommen wir zu dem anderen Teil.'', schlug Bryan vor und zog erwartungsvoll die Augenbrauen nach oben.
,,Falls du dich unwohl fühlen solltest, können wir auch ruhig eine Pause machen. Ich will dich jetzt auch nicht damit belasten, denn ich weiß, was für ein Arsch Ronny sein kann.'' Erstaunt musterte ich ihn, denn so viel Mitgefühl hatte ich nicht erwartet.
Ronny hatte Bryan immer als einen so eiskalten und egoistischen Typen beschrieben. Klar konnte er jetzt auch nur so lieb zu mir sein, um seine Informationen zu erhalten. Aber der Kerl, den ich hier gerade kennenlernte, entsprach so gar nicht Ronnys Darstellungen.
Ich nickte stumm, atmete einmal tief durch und versuchte mich zu sammeln. Nachdenklich starrte ich auf meine Hände, dann wieder hoch zu Bryan und überlegte, wo ich überhaupt anfangen sollte.
Ich hätte nicht gedacht, dass es mir so schwer fallen würde, über meine Vergangenheit mit Ronny zu sprechen. Die Gang und besonders Ronny hatten mir doch mehr Schaden zugefügt, als ich mir selbst manchmal eingestehen wollte.
Mir war bewusst, dass dieser Mensch toxisch ist und natürlich ließen mich die Erlebnisse nicht kalt. Jedoch hatte ich gedacht, dass ich mit all dem viel leichter umgehen und einfach so drauf los erzählen könnte.
Als ich mich einigermaßen gesammelt hatte, begann ich Bryan dann mit leicht bebender Unterlippe zu erzählen, wie ich überhaupt zur Gang gekommen bin, was mich daran gereizt und wieso ich mich dazu entschlossen hatte, bei Ronny zu bleiben.
Ich schilderte ihm, was wir alles gemacht hatten, wie Ronny uns behandelte, von seinen ganzen Affären, Drohungen und den leeren Versprechungen. Von dem Ärger, den es deswegen Zuhause gab und was für ein Verhältnis ich dadurch zu meiner Mutter hatte.
Darüber, wie Ronny mich unterdrückt und verändert hatte. Warum ich manche Dinge ihm zu liebe machte und nicht schon vorher hinterfragt hatte, ob es wirklich das ist, was ich mein Leben lang machen wollte.
Schlussendlich auch über den wichtigsten Wendepunkt in meinem Leben - Lukas. Auch wenn es mit der eigentlichen Sache nichts mehr zu tun hatte, berichtete ich Bryan davon, wie Lukas und ich uns kennengelernt und immer mehr angenähert hatten.
Dass ich aufgrund der Gefühle total verwirrt war, weil Ronny mir immer wieder eingeredet hatte, dass meine Homosexualität etwas Falsches sei. Ich erklärte ihm, warum Lukas mich verändert und wieso ich mich auf ihn eingelassen hatte.
Am Ende meines riesigen Monologs, bei welchem Bryan mich nicht ein einziges Mal unterbrochen hatte, kam ich zu dem jetzigen Standpunkt. Ich erzählte ihm, was alles seit der Trennung abgegangen ist und was Ronny wahrscheinlich mit uns vorhatte.
Während meiner gesamten Schilderungen, kam ich mir so vor, als würde ich bei meiner Psychologin sitzen. In diesem Gespräch ließ ich nochmal alles Revue passieren, was in den letzten Jahren eigentlich passiert ist und was das mit mir gemacht hatte.
Hin und wieder musste ich sogar weinen, weil ich es einfach nur krass fand. Dann musste ich aber wieder lächeln, als Bryan sofort aufstand, um mir eine Packung Taschentücher zu reichen und mir zu versichern, dass es okay ist.
Er ließ mich meine Pausen machen, hörte mir aufmerksam zu, lächelte mich aufmunternd an und gab mir die Zeit, die ich brauchte. Nicht einmal hatte ich das Gefühl, dass es ihn die Art und Weise, wie ich damit umging, stören könnte.
Bryan war wirklich einfühlsam und zeigte so viel Verständnis. Eigentlich hatte ich erwartet, dass in jeder Ecke des Raumes irgendwelche bulligen Typen standen, die mich sofort verprügelten, wenn ich nicht sofort mit der Sprache herausrückte oder den Eindruck machte, nicht die Wahrheit zu sagen.
Aber wir saßen hier alleine und mittlerweile fühlte ich mich auch wohl. Es tat so gut, dass Alles endlich mal herauszulassen und zu wissen, jemanden vor sich sitzen zu haben, der ähnliche Erfahrungen gemacht hatte.
,,Oh mein Gott...'' Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, schnaubte mir die Nase und nahm meine Brille ab, um diese sauberzumachen. Dann setzte ich sie wieder auf und sah zu Bryan, der mich anlächelte.
,,Wow...'', war das Erste, was er mit schockierten Augen herausbekam. ,,Was ein kranker Psycho, ey. Ich kenne Ronny ja und weiß, wie er werden kann, aber was er da mit euch abzieht, ist wirklich das Allerletzte.''
,,Na gut, warum wundert es mich auch? Der Mistkerl hat krasse Menschenkenntnisse und wenn der erstmal merkt, dass jemand schwach und leicht zu manipulieren ist, nutzt der das für sich aus.'' Bryan erhob sich seufzend vom Sessel und holte mir eine neue Packung Taschentücher.
,,Umso mutiger von dir, dass du ihn wirklich verlassen hast, Das hat sicherlich viel Kraft gekostet, diese Entscheidung zu treffen und nicht wieder einzuknicken.'', erwiderte er beeindruckt und musterte mich mit stolzen Augen.
,,Ich kann es selbst kaum glauben, dass ich diesen Schritt schon so weit gegangen bin. Ich wollte schon so lange weg und habe es nie geschafft. Tja, und dann kam Lukas.'', lächelte ich und griff nach meinem Handy, um ihn zu schreiben.
,,Krass, dass er das so mitmacht. Er liebt dich wirklich. Ich kenne genug Leute, die bei so einer Situation schon längst über alle Berge wären.'', sagte Bryan und grinste mein Sperrbild an, was Lukas und mich zeigte und wie ich diesem einen Kuss auf die Wange gab.
,,Ihr seid aber auch ein süßes Paar.''
,,Oh, Dankeschön...'', bedankte ich mich etwas verwundert.
,,Was ist los?'', fragte Bryan sofort nach.
,,Wie was ist los?''
,,Na, deine Reaktion. Warum bist du so überrasch von dem Kompliment? Ihr wisst das jawohl selbst, jetzt tut mal nicht so bescheiden.'', lachte Bryan und klopfte mir auf den Oberschenkel.
,,Ähm... Das ist es nicht...'', antwortete ich unsicher und spielte mit meinen Händen.
,,Sondern?''
Ich spürte, wie sich meine Wangen erhitzten und am liebsten wollte ich meine Reaktion wieder rückgängig machen. Bryan legte verwirrt den Kopf schief, stellte seine Wasserflasche auf dem Tisch ab und versuchte mich zu analysieren.
,,Timi, was ist los? Stört dich das etwa? Bin ich damit zu weit gegangen?'', fragte er nach und sah sich leicht ratlos in der Lagerhalle um.
,,Nein!'', antwortete ich sofort, aber seufzte einmal leise.
,,Es ist nur... Ronny hat dich immer als so widerlichen Kerl beschrieben. Als jemand, der der schlimmste Mensch auf Erden ist, alle unterdrückt, total intolerant, sexistisch und egoistisch und was weiß ich noch alles ist.'', erklärte ich und musterte ihn unsicher.
,,Und, dass du auch total viele Geschäfte am Laufen hast. Dass du mit den krassesten Mafiabossen abhängst, mit Drogen dealst, Lösegelder verlangst, jeden abstichst, der dir zu dumm kommt und noch so Sachen, die man aus den heftigsten Gangsterfilmen kennt.''
,,Es überrascht mich einfach, dass du das scheinbar nicht bist. Du bist teilweise so ruhig, einfühlsam und wirkst auf dem zweiten Blick gar nicht mal so beängstigend, wenn man erstmal feststellt, dass du nicht jedem wahllos in die Fresse haust.''
Ich biss mir auf die Unterlippe und hoffte, mich mit dieser Beichte nicht ins Aus geschossen zu haben. Ich wollte Bryan nicht zu nahe treten und doch beschäftigte es mich, wieso er nicht das ist, was Ronny immer beschrieben hatte.
Klar, im Büro hatte er einen Aussetzer gehabt und ich zweifelte auch nicht daran, dass er eine andere Seite ans Tageslicht bringen konnte, wenn jemand nicht das machte, was man ihm versprochen hatte. Trotzdem flashte mich seine nette, zurückhaltende Art.
,,Ohje...'', erwiderte Bryan lachend und klopfte sich einmal auf die Oberschenkeln. Nun war ich derjenige, der irritiert den Kopf schief legte, aber auch erleichtert ausatmete, weil er zumindest lachte.
,,Da hast du dir aber was von dem Volltrottel erzählen lassen. Kein Wunder, der liebt es sich Dinge so zu recht zu drehen, dass er als Unschuldslamm dasteht.'', schüttelte er mit dem Kopf und bekam sich kaum noch ein.
,,Also ich kann auch böse werden, so ist das nicht. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht auch Scheiße gebaut und mich mit Leuten grundlos geprügelt habe. Aber das bin ich nicht mehr - schon lange nicht.''
Bryan erhob sich vom Sessel, öffnete einen Schrank und holte einen Aschenbecher heraus. Er stellte diesen auf den Tisch, zückte eine Packung Zigaretten und hielt mir diese geöffnet entgegen. Ich lächelte, nahm mir eine heraus und ließ sie mir anzünden.
,,Ich hab' das mal gemacht... Ich war auch mal so ein Vollidiot, der Lukas und dich vor ein paar Jahren noch auf der Straße angespuckt hätte.'', gab er zu, zog an der Kippe und atmete einmal tief durch.
,,Aber ich habe mich weiterentwickelt und meinen Horizont erweitert. Jetzt werde ich eher wütend, wenn ich sehe, dass Lukas und du nicht akzeptiert werdet und euch wegen solchen Hohlbirnen einschränken müsst.'', wurde er etwas lauter.
,,Das klingt gerade voll kitschig, oder?'', harkte er unsicher nach und aschte ab.
,,Etwas.'', lachte ich und musterte ihn.
,,Gibt es einen Grund, wieso du dich verändert hast?'', fragte ich interessiert nach und nahm einen etwas längeren Zug.
,,Mehrere.'', erwiderte Bryan knapp. ,,Ich mache vieles nicht mehr. Ich habe noch meine Kontakte, aber nutz' sie nicht mehr für so eine Scheiße. Eher für gute Sachen.''
,,Wie mich und Lukas zu beschützen?'', grinste ich.
,,Zum Beispiel.'', pustete Bryan etwas Rauch aus seiner Nase und lächelte. ,,Von dem Rest will ich aber nichts mehr wissen. Das hat für zu viel Ärger gesorgt, das ist es nicht wert.''
,,Hast du deswegen im Büro so ängstlich reagiert, als wir uns begegnet sind? Weil Ronny so über mich erzählt?'', fragte Bryan nach, drückte seine Kippe im Aschenbecher aus und sah mich einmal eindringlich an.
,,Schon.'', gab ich ehrlich zu. ,,Ich kannte dich nur von diesen ganzen Geschichten. Da hatte ich schon den Eindruck, dass du wirklich so bist. Außerdem hast du noch so ein großes Problem mit Ronny und dann sitze ich da als ehemaliges Mitglied der Gang.''
,,Das hat mich total verunsichert und deswegen hatte ich Angst. Alex hatte mich ja dann auf den Flur gebeten und gefragt, was da los ist. Ich hatte es ihr dann erklärt und...dann bist du ja so ausgerastet.'' Ich kratzte mich verlegen am Hinterkopf und grinste schief.
,,Nochmal Sorry dafür, das wollte ich nicht.'', entschuldigte sich Bryan und fuhr sich über den Kopf.
,,Es machte mich einfach nur verdammt wütend, dass dieser Arsch so eine Scheiße über mich erzählt. Andauernd rückte er mich in ein schlechtes Licht und versucht Menschen Angst zu machen, sodass keiner was mit mir zu tun haben will.'', klagte Bryan.
,,Glaub' was du willst, aber ich bin das nicht. Ich war das mal, aber ich habe mit dieser ganzen Scheiße aufgehört - vor Jahren. Ich will nichts mehr damit zu tun haben. Ich hab' dem Ganzen abgeschworen. Ich will da nie wieder hin.''
,,Wahrscheinlich macht er das Alles nur, um mich irgendwie zu zerstören. Ich bin schon so oft Menschen begegnet, die nichts mehr von mir wissen wollten, wenn sie diese ganzen Sachen erfahren haben. Er weiß, dass mich das verletzt.'', seufzte er.
,,Ich kann meine Vergangenheit nicht rückgängig machen und natürlich war das scheiße. Wenn ich könnte, wäre das Alles niemals passiert. Aber ich habe meine Strafe bekommen und mich gebessert.''
,,Aber die Menschen müssen mir diese Chance erstmal geben. Du willst nicht wissen, wie schwierig es ist, einen Ausbildungsplatz zu finden, wenn deine Polizeiakte fast überquillt. Die haben alle solche Vorurteile.''
,,Ich kann von Glück reden, dass mein Vater mich aufnehmen konnte. Klar sollte man sowas nicht ignorieren und in vielen Bereichen ist es auch richtig, da rüberzugucken. Aber ich hasse es, dass man keine Chance kriegt und Idioten wie Ronny das Alles noch schlimmer machen.''
Ich nickte stumm, denn ich konnte diese Situation absolut nachvollziehen. Aufgrund meiner schulischen Laufbahn, meinen familiären Verhältnissen, den psychischen Krankheiten und meiner Polizeiakte, hatte ich auch einige Päckchen zu tragen.
Es gab wenig Menschen, die Verständnis dafür hatten und sich die Mühe machten, einen Blick hinter die Fassade zu werfen. Sie sahen nur dein äußeres Erscheinungsbild, drückten dir einen Stempel auf und du wirst aussortiert, wenn du nicht in ihre Schublade passt.
Die Menschen mussten nur hören, aus welcher Gegend du kommst und sofort wirst du mit Klischees beworfen. Dass nicht jede Person so ist, oder man sich über die Jahre verändern konnte, kam für einige nicht in Frage.
Ich nahm einen Zug meiner Zigarette, behielt den Rauch etwas länger in der Lunge und sah zu Bryan. ,,Kann ich dir mal eine Frage stellen?''
,,Na klar, frag' was du willst...'', stimmte Bryan grinsend zu und lehnte sich auf dem Sessel zurück. ,,Ist cool sich mit dir zu unterhalten. Ich hätte nicht gedacht, dass jemand aus Ronnys Umfeld so korrekt sein kann.''
,,Danke, mit dir ist es auch super. Vor allem kannst du wirklich gut zu hören.'', erwiderte ich lächelnd, hielt die Zigarette über den Aschenbecher und klopfte mit dem Zeigefinger auf die Spitze.
,,Ähm... Äh... Was ich fragen wollte. Was ist eigentlich zwischen dir und Ronny vorgefallen, dass ihr...ähm...so verfeindet seid?'', fasste ich dann all meinen Mut zusammen, um die Frage zu stellen, die mir schon so lange auf dem Herzen lag.
Bryan fiel die Kippe, die er sich gerade anzünden wollte, aus der Hand und mit großen Augen sah er mich an, während ich Sorge hatte, die gute Stimmung, die sich zwischen uns aufgebaut hatte, mit einem Mal zerstört zu haben.
Was bin ich auch für ein dummer Vollidiot? Wir näherten uns gerade an und dann stellte ich schon so eine Frage. ,,Ist das gerade dein Ernst?!'', fragte Bryan in einem etwas zornigen Ton, legte die Zigarette zur Seite und funkelte mich wütend an. Super gemacht, Timi...
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top