Angels like you can't fly down hell with me
Seit Stunden taumelte ich ohne wirkliches Ziel durch die verregneten Straßen. Immer wieder spürte ich einen stechenden Schmerzen in meinem Bauchbereich, den ich aber gekonnt ignorierte.
Ich hatte keine Lust darauf irgendwas zu fühlen. Ich wollte nur noch meine Ruhe haben, oder mich im Idealfall für immer in Luft auflösen. Damit wären alle Probleme bereinigt und niemand müsste sich mehr Sorgen um mich machen.
Ich hatte schon genug Chaos angerichtet. Die Gang ist wieder da, ich bin nicht bei der Arbeit aufgetaucht und zu allem Übel hatte ich keine bessere Lösung, als mir Drogen von Joey zu kaufen.
Ich seufzte leise, zündete mir die nächste Zigarette an und schmiss die leere Packung in einen Mülleimer. Meine Lunge fluchte mit jedem Zug und fragte sich, was für eine abgefuckte Scheiße hier gerade abging.
Seitdem ich mit Lukas bin, griff ich nur noch selten zu Zigaretten. Eigentlich hatten sie immer zu meinen Grundbedürfnissen gezählt, aber mittlerweile hielt eine Packung für mehrere Tage und nicht wie sonst nur einige Stunden.
Mit Lukas zusammen brauchte ich diesen weiß, braunen Stummel nicht. Ich konnte auch ohne jegliches Nikotin glücklich sein. Ich brauchte einfach nur seine Nähe, um wieder herunterzukommen.
Ich nahm einen sehr starken Zug, der mich leicht husten ließ. Sofort musste ich an Lukas denken, der schon bei der kleinsten Rauchschwade einen Tuberkulose-Anfall bekam, der mich immer wieder hat grinsen lassen.
Ich hatte den Gedanken noch nicht mal zu Ende gebracht, da begann mein Handy zu vibrieren. Ich zog es aus der Hosentasche und es brach mir das Herz, als ich Lukas' wunderschönes Gesicht auf dem Display sah.
Aber ohne jegliches Zögern drückte ich den roten Hörer. Schon seit Stunden versuchte er mich zu erreichen, aber immer blockte ich ab. Ich sollte einfach herangehen und ihm sagen, dass ich mich heute nicht mit ihm treffen wollte, um das Problem aus der Welt zu schaffen.
Aber Lukas ist nicht dumm und würde sofort checken, dass irgendwas nicht stimmte. Er würde sich Sorgen machen, irgendwelche Fragen stellen und von der Überforderung geplagt, würde ich mir irgendeine Scheiße zusammenreimen.
Ich konnte ihm auch nicht schreiben, denn ich wollte ihn nicht anlügen. Aber genau so wenig wollte ich Lukas in Gefahr begeben und ihm sagen, was passiert ist. Mein Freund hatte mit der ganzen Geschichte nichts zu tun.
Ich wollte nicht, dass Ronny irgendwas mit ihm anstellte, denn das hatte Lukas nicht verdient. Ich würde wirklich alles dafür tun, damit dieser verdammte Bastard ihm nicht ein einziges Haar krümmte.
Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und Lukas versuchte nochmal mich anzurufen. Aber dieses Mal wartete ich, bis er den Anruf von selbst beendete. Es machte mich vollkommen fertig, ihn so abweisen zu müssen, aber es ging nicht anders.
Kurz darauf bekam ich eine Nachricht von ihm und ein unangenehmes Stechen durchzog meine komplette, linke Brust. Am liebsten wollte ich seine Nummer wählen, mich bei ihm ausheulen und nach einer Lösung fragen.
Es wäre wahrscheinlich das Beste, was ich tun konnte. Ich sollte mich nicht verstecken, sondern mich jemanden anvertrauen. Schließlich hatte ich genug Menschen, die sich ohne einen Widerspruch mit der Gang anlegen würden.
Doch ich wollte niemanden mit meinen Problemen belasten, weil sie auch keinen etwas anzugehen hatten. Ich bin selber Schuld an dieser Situation. Mir hätte schon damals klar sein müssen, dass die Gang das Allerletzte ist.
Ich hatte meine Chance auszusteigen nie genutzt, weil ich viel zu geblendet von den ganzen Partys, Mädchen und der steigenden Beliebtheit war. Ich hatte mich auf einmal so cool gefühlt, wenn die nächste Anzeige im Briefkasten lag.
Noch krasser, wenn ich mich mit Mama gestritten habe und anschließend von Zuhause abgehauen bin, um die nächste asoziale Scheiße abzuziehen. Oder beim Direktor im Büro zu sitzen, weil sich sämtliche Schüler und Lehrer über mich beschwerten.
Mir hätte schon früher auffallen sollen, dass ich mir damit keine weiteren Pluspunkte für meinen Lebenslauf sammelte. Viel eher hatte ich mit diesen ganzen Aktionen meine komplette Zukunft verbaut.
Was würden Ronny und seine Sippschaft schon erreichen? Die eine Hälfte landete im Knast und die Andere dealte im Park mit Drogen, oder drehte irgendwelche krummen Dinger, weil sie schließlich nichts Besseres konnten.
Es ist unglaublich, wie sehr der falsche Einfluss einen verändern konnte. Wir waren alle nicht in den idealsten Verhältnissen aufgewachsen, aber wenn wir uns angestrengt hätten, wäre mit großer Sicherheit etwas aus uns geworden.
Es lief nicht alles perfekt, aber ohne Ronny wären wir wahrscheinlich niemals auf die Idee gekommen, so eine Richtung einzuschlagen. Was nicht unbedingt heißen sollte, dass wir alle auf den richtigen Weg gekommen wären.
Trotzdem konnte ich mit großem Zuspruch behaupten, dass die meisten von uns wenigstens ihren Schulabschluss beendet hätten, denn im Moment gab jedes Mitglied der Gang einen Fick darauf.
Ronny wollte es so und was dieser Kerl sagte ist Gesetz. Die Schule ist in seinen Augen vollkommener Nonsens. Niemand brauchte einen Schulabschluss und nur dumme Streber ließen sich regelmäßig in dieser blicken.
Vor der Gang wäre ich wahrscheinlich noch nicht mal im Traum darauf gekommen, zu schwänzen. Schon vor ihrer Zeit bin ich kein besonders guter Schüler gewesen, aber getraut hätte ich mich sowas nur, wenn alle mitgezogen hätten.
Aber die Lauchstange hatte mich dazu gezwungen. Wenn du nicht schwänzt, brech' ich dir die Beine. Keine Minute nach dieser Drohung, hatte ich meine Sachen gepackt und zum ersten Mal den Unterricht frühzeitig verlassen.
Auch meine ersten Drogenerfahrungen konnte ich auf Ronny zurückführen. Vor der Gang hatte ich hin und wieder mal gekifft und auch an Zigaretten gezogen. Aber das konnte ich an einer Hand abzählen und hatte es immer zum Ausprobieren mit Freunden gemacht.
Doch kaum hatte mich Ronny mit auf die ersten Partys genommen, kam ich in Kontakt mit sämtlichen Drogen. Er hatte mich regelrecht dazu ermutigt, irgendwelche Pillen zu schlucken oder Lines zu ziehen, von dessen Wirkung ich keine Ahnung hatte.
Besonders Alex hatte mich immer wieder mit einem belehrenden Unterton gewarnt, dass ich so eine Scheiße gefälligst lassen sollte. Schließlich konnte ich niemals sichergehen, dass diese nicht mit irgendwas gestreckt sind.
Aber ich wollte nicht auf sie hören und hatte ihr ständig gegen den Kopf geworfen, dass sie keinen Plan von der Materie hatte. Ich würde schon wissen, was ich mache und selbst wenn irgendwas in diesen Substanzen steckt, ist es nicht ihr Problem.
Auch den Respekt zu meiner Mama hatte ich nach und nach immer mehr verloren, als Ronny in mein Leben getreten kam. Davor hatte ich diese Frau immer wahnsinnig geschätzt und alles daran gesetzt, ihr niemals wehzutun.
Aber kaum hatte ich gesehen, wie Ronny mit seinen Eltern umging, hatte ich es für cool empfunden, meine Mama wie ein Haufen Scheiße zu behandeln. Ich hatte sie nicht selten grundlos angeschrien oder sie bewusst zur Weißglut gebracht.
Heutzutage könnte ich diesem 13-Jährigen Bengel eine Schelle nach der Anderen verpassen, denn seine Mutter hatte all das nicht auf sich genommen, damit dieser ihr an den Kopf warf, dass sie eine dumme Schlampe ist, die ihre Klappe halten sollte.
Natürlich konnte ich der Gang nicht für alles die Schuld geben. Ich hatte mich eigenständig dazu entschlossen, diese Entscheidungen zu treffen. Auch wenn ich in gewisser Weise eingeschüchtert wurde, hätte ich das Alles jedes Mal ablehnen können.
Klar hätte es Ärger von Ronny gegeben. Aber war es mir das wirklich wert? Hätte ich mich nicht einmal benehmen können? Es ist ein Wunder, dass mich meine Mama nach all der Scheiße nicht ins Heim gesteckt hatte.
Diese Frau hatte schon genug Päckchen zu tragen und dann kam ihr Sohn, der totale aus der Reihe tanzte und nicht mal im Ansatz verstehen wollte, wieso Ronny und die Gang der schlechteste Einfluss sind, die diese Welt jemals gesehen hatte.
Mein Handy vibrierte und sofort drückte ich Lukas weg. Ich hatte einfach keine Zeit, mich um ihn zu kümmern. Es brach mir das Herz, während sich Engel und Teufel darüber stritten, was das Richtige ist.
,,Haltet einfach mal die Klappe!'', fluchte ich leise und schaltete das Handy auf stumm, weil ich keine Lust mehr hatte. Ich hatte keinen Bock mehr auf dieses ganze Kopfgeficke, denn ich wollte nur noch meine Ruhe haben.
Wieso musste mein Leben schon wieder aus dem Ruder laufen? Warum konnte ich nicht einmal glücklich sein? Kaum war alles perfekt, kam diese beschissene Gang zurück und machte alles kaputt.
Ich warf die Zigarette auf den Boden, drückte sie mit der Schuhsohle aus und hob nach Ewigkeiten den Blick. Ich sah mich in der Gegend um und erblickte vom Weitem eine Bar, dessen Reklame mich regelrecht anlächelte.
Ich seufzte leise, aber konnte den Gedanken nicht verdrängen. Automatisch trugen mich meine Beine in dessen Richtung und stießen die Eingangstür auf. Sofort stieg mir der Geruch von Alkohol, Schweiß und Rauch in die Nase.
Ich musterte das Lokal und ließ mich auf einen der freien Barhocker nieder. Ich zog mir die Kapuze vom Kopf, machte mir die Brillengläser sauber und bestellte mir eine Jacky-Cola plus Vodka-Shot.
Anders würde ich die ganze Scheiße sowieso nicht mehr aushalten. Ich wollte den Kopf endlich frei bekommen und falls ich zur Gang gehen sollte, wollte ich mich wenigstens nicht mehr daran erinnern können.
,,Dankeschön.'', erwiderte ich lächelnd und nahm das Glas zwischen meine Finger. Ich setzte es an meine Lippen und ließ das kühle Getränk meine Kehle herunterlaufen.
,,Ey, kann ich noch einen?'', pfiff ich den Barkeeper zu mir, der gerade am anderen Ende stand.
,,Da hat es aber einer nötig...'', lachte er, während ich ihm einen genervten Blick zu warf.
,,Harten Tag gehabt?'', fragte er nach und stützte sich am Tresen ab, um mich zu mustern.
,,Kann man so sagen...'', antwortete ich knapp, kippte das Glas mit einem Zug herunter und den Shot sofort hinterher. Trotz der kleinen Menge begann sich mein Magen zu drehen und mein Blick wurde etwas verschwommen.
,,Toiletten sind da hinten rechts.'', sagte er etwas ernster, schob das nächste Glas über die Theke und warf mir einen besorgten Blick zu, ehe er weitere Gäste bediente.
Ich äffte ihn leise nach, weil dieser Kerl sich nicht mal im Ansatz vorstellen konnte, was für eine Scheiße ich schon durchgemacht hatte. Am liebsten wollte ich mein ganzes Leben für immer auslöschen, denn es ist eine einzige Katastrophe.
Es hatte schon mit der Schwangerschaft meiner Mama begonnen. Ich war nicht gewollt und hatte ihr das Leben zunehmend erschwert. Sie hatte das Beste daraus gemacht, aber trotzdem hätten diese Hürden nicht sein müssen.
Auch wenn sie mir immer wieder etwas anderes einreden wollte, konnte sie mir nicht sagen, dass ich nicht einer der Hauptgründe gewesen bin, wieso sie sich erneut auf meinen Vater hat eingelassen.
Wäre sie nicht schwanger geworden, hätten sich meine Eltern wahrscheinlich niemals wiedergesehen. Es wäre bei dieser einmaligen Sache geblieben und meine Mutter hätte schon damals das Leben führen, welches sie immer wollte.
Ich bin eine einzige Schande, mehr nicht. Ich brachte nur Chaos in das Leben anderer. Aktuelles Beispiel ist Lukas, den ich Dank der Gang in eine viel zu große Gefahr brachte, die dieser Kerl überhaupt nicht verdient hatte.
Lukas hatte ohne mich so ein schönes Leben. Wundervolle Eltern, tolle Freunde und auch in Sachen Schule konnte er sich nicht beklagen. Aber kaum hatte ich einen Fuß in dieses gesetzt, ging alles den Bach herunter.
Ich konnte nicht mal mehr an einer Hand abzählen, wie oft ich Lukas schon heulend in den Armen gelegen und wie viele Sorgen sich dieser um mich gemacht hatte. Ich hatte ihm so viele graue Haare bereitet und das nur, weil ich eine schreckliche Person bin.
Ich hatte diesen Menschen nicht verdient. Lukas ist so ein Engel und sollte einen Jungen an seiner Seite haben, der das Alles viel mehr zu schätzen wusste. Der ihn nicht in so eine Schwierigkeit brachte und ihm jeden Wunsch von den Augen ablas.
Diese ständige Fürsorge ist keine Selbstverständlichkeit. Lukas hatte nie gelogen, wenn er gesagt hatte, dass ich ihn bei Problemen auch Mitten in der Nacht anrufen könnte. Jedes einzelne Mal ist Lukas herangegangen und hatte keineswegs genervt gewirkt.
Lukas hatte mich zu einem besseren Menschen gemacht. Und was hatte ich ihm gegeben? Sobald ich nicht parierte, würde Ronny ihn im schlimmsten Fall ins Krankenhaus schlagen und dafür sorgen, dass er von der Schule flog.
Wahrscheinlich würde der Rest seiner Familie ebenfalls unter seinem Zorn leiden. Sein Vater würde geblackmailt werden, sodass er keinen Job als Schauspieler mehr bekam. Über seine Mutter wurden irgendwelche Gerüchte gestreut, damit niemand ihre Kurse mehr besuchte.
Tja, und seiner Schwester würden sie sämtliche Unizugänge kaputtmachen und für Maria würde ihm sicherlich auch noch etwas einfallen. Das klang verrückt, aber Ronny musste nur einen Anruf tätigen, um das Leben einer Person für immer zu zerstören.
Ich leerte zwei Gläser innerhalb von dreißig Sekunden und mein Magen fühlte sich wie eine Achterbahnfahrt an. Ich atmete einmal tief durch, aber an aufhören war nicht zu denken. Ich wollte diese Gedanken nur noch vernichten.
Der Barkeeper warf mir immer wieder einen besorgten Blick zu, doch er sollte einfach seinen verfickten Job machen. Es sollte ihm scheiß egal sein, wie es mir ging, denn ich hatte kein Mitleid verdient.
Ich hatte Lukas, mein Baby und der Mensch, der mir in den letzten Monaten so ans Herz gewachsen ist, in Gefahr gebracht. Wenn ich nicht auf Ronny hörte, machte er ihn kaputt und ich musste wehrlos dabei zu sehen. Haltet die Klappe jetzt!
,,Hey Süßer...'' Ich bewegte meinen Kopf in die Richtung, wo die Stimme herkam. Aufgrund der ruckartigen Bewegung drehte sich alles und mir wurde mit einem Mal ganz schlecht. Ich brauchte einige Minuten, ehe ich das Gesicht eines Mädchens in meinem Alter erkannte.
,,Ja?'', machte ich nur und musste aufpassen, ihr nicht vor die Schuhe zu kotzen.
,,Wie geht's dir?'' Sie setzte sich auf den freien Barhocker und nahm mir das Glas ab, um einen Schluck davon zu nehmen.
,,Ja... Keine Ahnung... Alles etwas durcheinander gerade...'', erwiderte ich gleichgültig und zuckte mit den Schultern. ,,Könnte besser sein, aber Danke der Nachfrage.
,,Ohje du Armer...'', seufzte sie mitleidig und strich mir über den Arm, den ich auf der Theke abgelegt hatte. Sie sah mir einmal tief in die Augen und rutschte mit dem Stuhl näher an mich heran.
,,Weißt du, meine Eltern sind nicht Zuhause...'' Sie biss sich auf die Unterlippe und beugte sich über mich. ,,Ich glaube, mir würde da etwas einfallen, damit es dir wieder besser geht.'', flüsterte sie mir verführerisch ins Ohr und lehnte sich grinsend zurück.
,,Was sagst du?'' Fragend zog sie die Augenbrauen nach oben und verharkte unsere Beine miteinander. Ich warf einen Blick auf ihren Körper und blieb an den pinken High-Heels hängen, bei denen mir schon bei alleinigen Anblick schwindelig wurde.
Ihre platinblonden Haare lagen in Wellen über ihre Schultern, sie trug glitzernden Lipgloss und ihre Augen betonte ein leichter Lidstrich. Sie hatte ein knappes, schwarzes Kleid an, das ihren Ausschnitt perfekt zur Geltung brachte, an dem ich etwas länger hängenblieb.
,,Na komm', nicht so schüchtern. Du kannst alles mit mir machen, was du willst.'', hauchte sie mir dreckig entgegen und legte ihre Hand auf meinen Oberschenkel. Sie drückte mir einen Kuss auf die Wange und packte mir einmal fest in den Schritt.
,,Ey, hast du sie noch alle, du Schlampe?!'', keifte ich sie sofort an und schlug ihre Hand von mir weg, weil ich mich nicht daran erinnern konnte, ihr die Erlaubnis gegeben zu haben, mich anfassen zu dürfen.
,,Stell' dich nicht so an. Ich will nur, dass es dir wieder besser geht. Du willst es, das weiß ich.'', kicherte sie, spielte mit den Kordeln meines Pullis und packte mich einmal am Kragen, um mich näher zu sich zu ziehen.
,,Finger weg, ich hab' 'nen Freund, du Fotze!'' Ich schubste sie zurück auf den Barhocker und hoffte keinen Ärger zu kriegen. Jedoch konnte ich mich nicht zusammenreißen, denn ich wollte Lukas nicht auch noch betrügen.
,,Dein Ernst jetzt?'' Fassungslos klappte ihr die Kinnlade herunter und sie verschränkte die Arme vor der Brust. ,,Du lässt dir das hier entgegen, weil du 'nen Freund hast?'' Das Mädchen zeigte auf ihren Körper und warf ihre platinblonden Haare nach hinten.
,,Wahrscheinlich existiert das in deiner Welt nicht, aber ja. Verpiss' dich und lass' mich in Ruhe!'', zickte ich sie an und zog damit einige irritierte Blicke der anderen Gäste auf mich.
,,Pfff, Arschloch! So eine Chance kriegst du nie wieder, Schlappschwanz.'' Sie streckte mir den Mittelfinger entgegen und erhob sich empört vom Barhocker.
Ich atmete einmal tief durch, zitterte leicht und musste auf den Schock erstmal drei Jacky-Cola exen. Wieso konnte ich nicht einfach meine Ruhe haben? Wieso konnte ich diesen verdammten Kopf nicht abschalten? Warum musste so viel Scheiße passieren?
Keine Sorge, die Braut hätte sich nackt ausziehen können und es wäre nichts passiert. Aber allein' die Vorstellung, dass jemand aus der Gang das gesehen und Lukas hätte zu kommen lassen, machte mich wahnsinnig.
Ronny ist ein Meister in Sachen verdrehen und es wäre die perfekte Gelegenheit, um mich vor Lukas auffliegen zu lassen. Im schlimmsten Fall hätte dieser das auch noch in den falschen Hals bekommen und Schluss gemacht.
Das ist das Allerletzte, was ich wollte. Aber vor allem wollte ich nicht, dass Lukas überhaupt davon mitbekam, dass ich mich in einer Bar betrank, statt mit ihm über meine Probleme zu reden.
Ich seufzte leise und eine Träne tropfte ins Glas. Vollkommen egal, wie lange ich mir schon den Kopf über das Thema zerbrach, ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Der Gang stellen, oder zu Lukas gehen?
Stellte ich mich der Gang, fiel ich zurück in mein altes Muster. Ich würde Lukas beschützen, aber gleichzeitig würde ich ihn auch verlieren, denn Ronny würde eine Schwuchtel nicht mal für eine Sekunde in seiner Gegenwart dulden.
Sagte ich Lukas was los ist, würde ich uns zusammen in Gefahr bringen. Wir könnten keine Nacht mehr ruhig schlafen und müssten dauernd mit der Gewissheit leben, in der nächsten Minute nicht mehr atmen zu können.
Ich konnte das nicht. Ich konnte Lukas nicht in dieses Drama stürzen. Sein Leben sollte nicht wegen mir am seidenen Faden hängen. Auch wenn er mal gesagt hatte, dass er in jeden Krieg mit mir ziehen würde, sollte er das hier nicht auf sich nehmen.
Aber verdammt... Ich konnte Lukas nicht schon wieder anlügen. Wie sollte das auch funktionieren? Wo sollten wir uns treffen? Konnten wir uns überhaupt treffen? Wann würde alles auffliegen und noch schlimmer werden?
Ich legte die Stirn auf dem Tresen ab und sah auf den Holzboden. Es ist egal, wie ich das Blatt drehte und wendete, alles ist scheiße. Es gab keine Ideallösung, denn ich würde in jeder Variante alles verlieren, was ich mir aufgebaut hatte.
Auf Schule und Job konnte ich noch verzichten, aber nicht auf meinen Lukas. Ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn ihm wegen Ronny etwas passieren würde, was ich hätte verhindern können.
Lukas musste in Sicherheit bleiben und diese erreichte ich nur, wenn ich mich der Gang stellte und Schluss mit ihm machte. Er hatte alles Glück der Welt verdient, aber mit mir würde er dies nicht finden.
Ronny, 23:30 Uhr:,,Beschissenen Abend, du dummer Hurensohn. Hier nochmal die Erinnerung, dass wir uns um 0 Uhr auf dem Schrottplatz treffen. Wenn du nicht kommst, liegt deine kleine Schwuchtel im Krankenhaus und kann nicht mehr ohne Hilfe aufs Klo. Bis gleich, du Schmutz.''
,,So eine Scheiße!'', fluchte ich und haute einmal auf den Tresen. Mein Herz raste und erneut bildeten sich Tränen in meinen Augen. Ich hatte solche Angst, dass mit der falschen Entscheidung Lukas etwas passieren könnte.
Ich bestellte mir noch einige Getränke und zerbrach mir den Kopf darüber, was ich tun sollte. Ich hasste diese Diskussion, denn ich drehte mich nur noch im Kreis und meine Zeit wurde immer knapper.
Die Uhr schlug zehn vor. Ich leerte das allerletzte Glas, bezahlte und zog mir meine Jacke über. Ich zog mir die Kapuze tief ins Gesicht, verließ die Bar und machte das Einzige, was mich auch dieser Situation herausholte. Ich stellte mich.
Miley Cyrus - Angels Like You
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