12. Kapitel - Die Suche
Die Strategen saßen schon stundenlang zusammen und wälzten die Unterlagen. Sie kamen zu keinem befriedigenden Ergebnis und das brachte sie beinahe zum Verzweifeln.
Logan fuhr sich verzweifelt durch die Haare. Er saß nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit hier, aber er kam auch nach viel Diskussionen mit den anderen zu keinem befriedigendem Ergebnis.
„Wir haben einfach nicht genug Leute, um einen Angriff zu starten, Logan! Wir bräuchten mehr!"
Steven wirkte müde. Er hatte auch die ganze Nacht gearbeitet.
„Wenn wir die Krieger überreden könnten, aber sie würden uns nicht einmal zuhören! Wir sind geflohen und in ihren Augen nur Strategen. Sie würden uns erschießen, noch bevor wir den Mund aufmachen."
Logan nickte. Das war ihm klar. Auch wenn sie im Moment führerlos waren, würden sie nie Travis hintergehen. Sie kannten die Wahrheit ja nicht.
Derek kam zu ihnen und brachte ihnen einige Sandwichs.
„Und?"
Logan schüttelte den Kopf.
„Es ist zum Verzweifeln. Wir haben einfach nicht genug Leute. Vor allem bräuchten wir Krieger! Wir haben aber so gut wie keine. Verzeihe mir, aber ihr habt einfach nicht genug Kampferfahrung!"
Derek sah sich die Unterlagen an und auch die Notizen, die sie die ganze Zeit gemacht hatten.
„Mh...ein erfahrener Krieger, der sich auch noch dort auskennt. Und der sozusagen ein Held für die jungen Krieger ist. Berichtige mich, aber kennen wir nicht so jemanden?"
Logan zog die Stirn in Falten.
„Du meinst Chase?"
Derek nickte und zog Logan etwas zur Seite.
„Ich weiß genau, dass du ihm geholfen hast, Logan. Er und Cord könnten uns helfen!"
Logan zuckte mit den Schultern.
„Ich glaube eher nicht! Er wird sich nicht mehr einmischen wollen. Mehr noch. Ich denke, er wird uns eher umbringen, anstatt uns zu helfen. Außerdem weiß ich nicht einmal, wo er steckt. Es könnte Monate dauern, bis ich ihn finde!"
Derek legte ihm seine Hand an den Nacken.
„Du bist ein Stratege, der sich weiter entwickelt hat. Denke nach. Gibt es denn eine andere Lösung? Könnten wir ohne Chase die Leute überzeugen?"
Logan schloss die Augen.
Leider hatte Derek Recht. Nur Chase war in der Lage, die jungen Krieger auf seine Seite zu ziehen. Und er kannte jeden Winkel von dem Domizil. Er kannte sich sogar in den Räumen von Travis aus. Chase wäre perfekt. Außerdem hätten sie einen Vorteil. Alle dachten, Chase wäre tot. Logan hatte es selbst so eingefädelt, dass man die blutigen Funkgeräte von Chase und Cord fand.
Dennoch...
„Chase wird nicht auf mich hören! Wir konnten uns damals schon nicht sonderlich gut leiden. Ich glaube, er würde mich eher umbringen anstatt mir zu zuhören! Er war nicht gerade begeistert, dass ich ihn erschießen wollte."
Derek schnalzte mit der Zunge.
„Chase wird wahrscheinlich nicht auf dich hören. Aber Eve! Mach ihr klar, was auf dem Spiel steht. Auch das sie ihr Kind wollen! Wenn Chase nur etwas an der Frau und seinem Kind hängt, wird sie ihn überreden können!"
Logan war immer noch nicht überzeugt.
„Es muss eine andere Lösung geben. Wir haben die drei zwar in eine Richtung geschickt, aber ich kenne das Gebiet nicht. Sie könnten sich was weiß ich wo verstecken."
Derek schnalzte mit der Zunge.
„Das hört sich verdammt nach Ausreden an. Eve war hochschwanger. Weit können sie in der kurzen Zeit nicht gekommen sein. Versuche es wenigstens sie zu finden!"
Logan ging wieder an den Tisch und studierte die Unterlagen. Er konnte wirklich keine andere Lösung finden. Langsam hob er den Kopf und sah zu Erin. Sie hatte das Gespräch wohl belauscht, denn sie nickte ihm entschlossen zu.
Logan atmete tief ein.
„Gut. Ich werde ihn suchen! Ich kann nur hoffen, dass er mir nicht den Kopf herunter reißt!"
Sie gönnten sich noch ein wenig Schlaf.
Erin hatte beschlossen, Logan zu begleiten.
„Erstens kann ich dir eine Hilfe sein. Zweitens bin ich eine Frau und kann mit Eve sprechen. Sie wird mir auf jeden Fall zuhören. Und drittens möchte ich ihr Baby sehen!"
Logan hatte geseufzt.
Er wusste nicht, was sie erwartete und es wäre ihm lieber gewesen, wenn Erin zu Hause blieb. Doch sie ließ sich nicht überreden.
Als sie zu dem kleinen Bus gingen, den Derek für sie vorgesehen hatte, standen aber auch zwei andere.
„Ginny? Victor? Kommt ihr, um uns zu verabschieden?"
Victor schüttelte den Kopf.
„Nein! Ginny hat mir alles erzählt. Sie will zu ihrem Sohn! Das kann ich verstehen. Aber du alleine mit zwei Frauen...entschuldige, wenn ich das so sage, aber alleine kannst du sie nicht beschützen!"
Logan seufzte. Victor war stur wie alle Krieger. Ihn würde er nicht zum Bleiben überreden können! Aber Ginny...bei ihr könnte er es wenigstens versuchen.
„Willst du wirklich mit, Ginny? Ich kann dir nicht sagen, was alles passieren kann!"
Ginny hob arrogant das Kinn. In dem Moment konnte man die Ähnlichkeit zwischen ihr und Chase nicht abstreiten.
„Chase ist mein Sohn. Er muss es endlich erfahren. Er muss von mir hören, dass ich ihn liebe und immer geliebt habe. Außerdem will ich meinen Enkel sehen!"
Erin umarmte sie stürmisch, lachte dann aber.
„Und wenn es eine Enkeltochter ist?"
Ginny schüttelte den Kopf.
„Nein! Mein Sohn wird einen Sohn gezeugt haben. Einen, der genauso stark wird wie sein Vater und Großvater! Das zweite Kind wird eine Tochter sein!"
Sie sagte das mit so viel Überzeugung, dass man schon meinen könnte, sie hätte hellseherische Fähigkeiten.
Logan gab sich geschlagen und breitete eine Landkarte auf der Motorhaube aus.
„Ich habe diese Landkarte bei Phil entdeckt. Ich bin mir nicht sicher, in wie weit man sich auf sie verlassen kann, aber es gibt schon einmal Anhaltspunkte. Und Phil hat sie auch auf seinen Reisen ergänzt. Es ist zwar schon lange her, dass er unterwegs war, aber wir haben wenigstens Anhaltspunkte."
Er zeigte auf einen Punkt. Victor beugte sich nun auch über die Landkarte.
"Hier sind wir nun. Phil hat Chase in Richtung Norden geschickt. Wenn wir etwa einen halben Tag fahren, werden wir eine ehemalige Stadt erreichen. Diese will ich unbedingt erreichen. Dort bekommen wir Benzin für das Auto. Ich denke, Chase wird diese Stadt auch angefahren haben. Danach gehen wir weiter Richtung Norden. Dort war früher Grünland. Ich habe keine Ahnung, wie es dort mittlerweile aussieht, aber in die anderen Richtungen kann er nicht gefahren sein. Nach Westen kommt er an einen großen Fluss, den er nicht überqueren kann. Und im Osten kommt das Gebirge."
Victor nickte.
„Dann nach Norden. Er wird sich einen ruhigen Platz suchen wollen, wo Eve in Ruhe entbinden kann. Und der geschützt ist."
Logan bestätigte dies.
Als er in den Bus sah, bemerkte er jede Menge Kisten.
„Was ist das alles?"
Victor zuckte mit den Schultern.
„Ginny hat das alles gepackt. In einigen Kisten ist Nahrung und Wasser. In den anderen Kleidung und Sachen zum Tauschen. Sie meinte, man muss auf alles vorbereitet sein! Du weißt nicht, wem wir alles begegnen!"
Logan zog die Nase kraus. Daran hatte er gar nicht gedacht.
Kluge Frau.
„Gut! Dann los. Ich will so schnell wie möglich in dieser Stadt sein!"
Logan war froh, dass er Victor mitgenommen hatte.
Die Arbeit mit den Strategen hatte seinen Tribut gefordert. Nach drei Stunden war Logan beinahe vom Weg abgekommen, weil er sich kaum noch darauf konzentrieren konnte.
Victor hatte ihn nach hinten zu den Frauen geschickt und hatte das Steuer selbst übernommen.
Ginny hatte ihm ein kleines Lager hergerichtet und es dauerte nicht lange, bis er eingeschlafen war.
Als er wieder aufwachte, lag Erin neben ihm, die sich an seine Brust gekuschelt hatte. Einen Moment genoss er die Zweisamkeit, doch dann hörte er Victor und Ginny miteinander reden.
„Es sind gute Kinder, Victor. Das kannst du nicht abstreiten. Ich weiß, dass Chase und Logan sich nicht grün waren."
Victor lachte leise.
„Du hörst dich an, als ob du eine alte Frau wärst, Desiree! Zufällig weiß ich, dass du nicht viel älter als ich bist!"
Ginny lachte leise.
„Oh doch, Victor. Es sind schon vier Jahre. Glaube nicht, dass ich dich schon vergessen habe. Du hast mich Nerven gekostet, als du zu uns Kriegern kamst. Du kannst Cage auf ewig dankbar sein, dass ich dich nicht umgebracht habe."
Victor grinste.
„Ich habe nicht geahnt, dass du dich an mich erinnerst. Schon damals hattest du nur Augen für Cage. Und er für dich. Es ist eine Schande, was sie euch angetan haben!"
Ginny zuckte mit den Schultern.
„Es war mir klar, dass Viola uns schaden würde, als ich ihr Gesicht bei Cages Entscheidung gesehen habe. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihr Angebot nicht annahm."
Victor schnaubte.
„Sie war damals älter als wir ahnten! Keiner weiß, wie alt sie wirklich ist. Und Cage war dreiundzwanzig. Was hatte sie erwartet? Desiree, Cage hat sich richtig entschieden. Du warst für ihn immer die Frau, die er haben wollte. Er war glücklich mit dir, so weit wir es dort sein konnten."
Sie seufzte leise.
„Aber er wurde dafür hart bestraft. Ich sehe ihn immer noch vor mir. In meinen Albträumen. Wie er die Kugel von mir abhielt. Sein Gesicht wirkte einen Moment ungläubig. Himmel, wir haben wirklich gedacht, wir schaffen es. Und dann starb er. Sie hat nicht einmal zugelassen, dass ich ihn in meinen Armen halten konnte. Sie zerrten mich gleich weg."
Victor schüttelte den Kopf.
„Es war eine Schande. Ich habe mich damals geweigert bei der Suche zu helfen. Und einige andere auch. An dem Abend wurden wir in diese Baracken verschleppt. Dabei waren wir nicht einmal in dem Alter, dass wir in die Baracken kommen sollten. Das war auch Violas Werk. Wer sich gegen sie gestellt hat, war ihr Feind."
Ginny legte ihm eine Hand auf den Arm.
„Das tut mir leid. Wir haben das zu verantworten!"
Victor schüttelte den Kopf.
„Nein! Nicht ihr. Das ganze System ist dafür verantwortlich gewesen. Es wundert mich nur, dass ich nicht wie die anderen apathisch geworden bin."
Das war etwas, was sich Logan auch nicht erklären konnte.
Ginny sah aus dem Fenster.
„Manche haben sie nicht unter Kontrolle gebracht. Ich habe keine Ahnung, warum es so war. Du hast Glück gehabt, dass sie es bei dir nicht bemerkt haben. Ich bin mir sicher, sie hätten dich auseinander genommen, nur um zu schauen, warum du nicht auf ihre Medikamente reagierst."
Victor lächelte leicht.
„Das hätte passieren können. Schau mal! Ist das da vorne eine Tankstelle? Wir sollten die Kinder wecken!"
Logan schloss die Augen.
Himmel, er erfuhr immer mehr. Er hatte sich früher einfach nicht vorstellen können, dass die Drei so böse waren. Doch nun glaubte er jedes Wort.
Er konnte eigentlich froh sein, dass Erin ihn damals angesprochen hatte. Sonst wäre er wahrscheinlich immer noch so naiv und würde schon das persönliche Schoßhündchen für Viola sein. Keine Ahnung, was sie alles mit ihm angestellt hätte. Nun war er frei. Na ja, nicht ganz. Aber wenn er Chase überreden konnte, dann waren sie alle von den Drei befreit und konnten endlich das Leben genießen!
„Es ist kaum zu glauben, dass diese Stadt noch vor mehreren Jahren sehr belebt war. Irgendwie finde ich es gruselig hier!"
Erin klammerte sich an Logan.
Nachdem sie getankt hatten, waren sie bis zum Stadtrand gefahren und hatten den Bus versteckt. Dann waren sie zu Fuß weiter gegangen. Wenn Chase hier durchgefahren war, dann hatte er bestimmt geflucht ohne Ende.
Die Straße war in einem schlechten Zustand. Wie der größte Teil der Stadt eigentlich.
Die Häuser verfielen so langsam. Überall wucherte das Unkraut. Fenster waren zersprungen und Autos rosteten vor sich hin. Was sie aber erstaunte, war, dass überall die verschiedensten Pflanzen wuchsen.
„Es scheint so, als ob sich die Natur ihr Gebiet wieder zurück holt.", flüsterte Ginny.
Victor nickte.
„Manchmal glaube ich, dass es vielleicht nicht schlecht war, dass die Menschheit so gut wie ausgestorben ist. Es erfüllt mich mit Demut, wenn ich das hier sehe!"
Logan schnaubte.
„Bevor wir jetzt alle auf die Knie fallen, würde ich sagen, wir schauen uns um, ob wir irgendetwas Brauchbares finden können! Es gibt hier bestimmt auch ein Krankenhaus. Und ich will für Phil Bücher mitnehmen!"
Sie trennten sich und machten sich auf die Suche. Logan fand sogar einige Teile der Stadt, die sehr gut erhalten waren. Es schien fast so, als ob vor kurzer Zeit sich jemand darum gekümmert hätte. Die Straßen waren aufgeräumt, die Schrottautos standen auf einem der Parkplätze und das Unkraut war entfernt worden. Er ging durch diese Straßen in der Hoffnung, dass er auf andere Menschen treffen würde, aber da war niemand. Wer hatte das alles gemacht?
Logan fand eine Bibliothek und musste sich zusammen reißen, dass er nicht stundenlang die Bücher wälzte. Er packte sich einige in einen Rucksack und ging wieder hinaus.
Einen Moment blieb er stehen.
Es war so still und friedlich hier.
Man konnte nur die Vögel zwitschern hören. Er hatte schon lange nicht mehr diese Ruhe genießen können. Einen Moment setzte er sich auf die Treppe und lehnte sich zurück. Er schloss die Augen.
Auf einmal merkte er, wie ihm ein Rohr an den Rücken gehalten wurde.
„Erin!", murmelte er. „Im Moment steht mir wirklich nicht der Sinn nach Scherzen!"
„Wer ist Erin?"
Logan riss die Augen auf, drehte seinen Kopf etwas zur Seite und starrte in das Gesicht eines alten Mannes, der alles andere als freundlich dreinblickte.
„Steh auf!", forderte er Logan auf. „Aber langsam!"
Logan hob beide Hände und stand im Zeitlupentempo auf.
„Hören Sie, Mister. Ich will nichts Böses. Ich dachte, wir wären hier alleine!"
Der Mann hinter ihm schnaubte.
„Das bist du aber nicht, Söhnchen! Das sollte dir doch aufgefallen sein. Es ist meine Stadt. Und niemand stiehlt meine Sachen! Wo kommst du her? Bist du einer von den Dreien?"
Logan schüttelte den Kopf.
„Nein! Das bin ich nicht. Und ich bringe die Bücher wieder zurück. Ich wusste nicht, dass sie ihnen gehören. Ich wollte sie nur einem Freund bringen."
Der Mann schnaubte und nahm sich den Rucksack. Aus dem Augenwinkel konnte Logan sehen, wie er die Bücher herausholte und betrachtete.
„Sieh mal an. Dein Freund ist wohl ein Kenner der großen Literatur? Shakespeare, Austen und Brecht! Er liest auch Jane Austen?"
Logan wurde etwas rot im Gesicht.
„Ich denke nicht. Aber ich mag sie! Und ich habe Sinn und Sinnlichkeit noch nie gelesen!"
Der alte Mann lachte.
„Du bist ein lustiges Kerlchen! Nimm die Hände runter und nenne mir den Namen deines Freundes."
Logan senkte seine Hände und drehte sich zu dem Mann um.
„Er nennt sich Phil. Aber sein richtiger Name..."
Wieder lachte der Mann.
„Philomenus schickt dich? Sag das doch gleich! Das ist etwas ganz anderes."
Er packte die Bücher wieder ein.
„Diese drei schenke ich dir! Aber wenn du wieder Bücher haben willst, solltest du mir etwas zum Tausch anbieten."
Logan versprach ihm das. In dem Moment kamen die anderen um die Ecke. Victor hatte seine Pistole gezogen und zielte auf den Mann. Aber Ginny legte ihm eine Hand auf den Arm. Sie lächelte.
„Carter! Meine Güte! Es ist schon ewig her! Wie geht es dir? Warum hast du dich nicht mehr gemeldet?"
Der Mann stutzte, dann lachte er und breitete seine Arme aus.
„Desiree, meine Kleine. Schön wie eh und je! Komm her und begrüße den alten Carter! Was machst du hier?"
Ginny lief dem Mann in die Arme. Sie hatte Tränen in den Augen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich noch einmal sehen würde."
Carter schluchzte leise und wischte sich eine Träne weg. Dann zeigte er auf Logan.
„Ist das dein Sohn? Hast du ihn Viola wegnehmen können? Warum nennt er sich Logan? Ich dachte, du hast ihm einen anderen Namen gegeben."
Ginny schüttelte den Kopf.
„Nein. Aber ich suche Chase. Ist er vorbei gekommen? Hast du ihn gesehen? Er hatte noch einen Mann und eine schwangere Frau bei sich!"
Carter schob sie etwas von sich und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.
„Ja, ich habe ihn gesehen! Ich hätte mir denken können, dass dieser Kerl dein Sohn ist. Du hast mir ja ein Foto von deinem Mann damals gezeigt. Er sieht Cage verdammt ähnlich! Aber eines nach dem anderen. Wir sollten in mein Haus gehen. Ich habe ein Reh geschossen und es hängt über dem Feuer. Kommt alle mit. Ich lade euch ein!"
Er winkte sie zu sich und sie folgten ihm.
Das sogenannte Haus war eher eine große Halle.
In der Mitte hatte Carter eine Feuerstelle eingerichtet. Überall lagerten Möbel und andere nützliche Dinge. Aber auch Kunstwerke und Bilder. Carter hatte sich sogar die Mühe gemacht, sie nach jeder Epoche zu ordnen. Doch Logan und Erin hatten nun keinen Sinn für Kunst. Victor hatte den Bus hier her gefahren und nun saßen sie um das Feuer herum und genossen das zarte Rehfleisch.
Carter erwies sich als freundlicher alter Mann, der fünfundsiebzig Jahre alt war und die meiste Zeit davon alleine in dieser Stadt gelebt hatte.
Er kannte die Rebellen, nannte sie aber nicht so. Er nannte sie das Volk der Wüste.
„Und woher kennst du Ginny?", fragte Erin ihn.
Carters Gesicht verfinsterte sich.
„Ich habe sie damals gefunden. Sie blutete stark. Sie haben sie ganz in der Nähe ausgesetzt. Sie hatte erst kurz zuvor entbunden. Das Mädchen war mehr tot als lebendig, aber ich habe sie am Leben erhalten können. Dennoch war sie so unendlich traurig. Wegen ihrem Sohn! Und nun sehe ich beide wieder und das innerhalb kürzester Zeit!"
Er lächelte Ginny zu.
„Du hast einen prächtigen Mann als Sohn. So stolz, so wütend, aber die Frau tut ihm gut!"
Ginny nickte.
„Er weiß nicht, dass ich seine Mutter bin. Viola hat ganze Arbeit bei ihm geleistet! Leider. Er denkt, ich hasse ihn."
Carter zuckte zurück.
„Sie hat wirklich das getan, was sie immer vorhatte. Er hat wirklich keine Ahnung, wie sehr du und sein Vater ihn geliebt haben?"
Ginny schüttelte traurig den Kopf. Dann lächelte sie.
„Aber genug davon. Chase war also hier bei dir?"
Carter nickte.
„Ja, es ist schon eine Weile her. Sie kamen hier an. Dein Sohn wirkte arrogant, aber er hat ohne mein Zutun einen Tausch angeboten. Er hat nach medizinischen Geräten gefragt. Also Kleinigkeiten. Schere, Klammern, Pinzetten und so weiter. Ich denke, er wollte sich für die Geburt gut eindecken. Außerdem wollte er Babykleidung haben. Er hat seine Arbeitskraft als Tausch angeboten, was ich sehr anständig fand. Die beiden Kerle haben geackert wie die Pferde und Eve hat mir meine Kleidung geflickt und gekocht. Ich wollte eigentlich nicht so viel von ihrer Zeit, aber sie blieben fünf Tage. Ich kam mir wie ein Ausbeuter vor. Die Babysachen habe ich ihnen doch geschenkt. Was will ich auch damit? Aber Chase ließ nicht mit sich reden. Dann sind sie weiter gezogen. Das war vor etwa drei Monaten."
Logan beugte sich vor.
„In welche Richtung sind sie gefahren?"
Carter grinste ihn an.
„Du bist doch ein schlaues Bürschchen. Was denkst du?"
Logan lachte leise.
„Nach Norden würde ich sagen!"
Carter nickte.
„Ich denke, sie sind nicht zu weit weg. Sie sagten irgendetwas davon, dass sie, wenn sie Fuß gefasst haben, wieder her kommen würden um zu tauschen! Ich habe das sehr gerne angenommen, denn ich habe die Rinder und die Hühner gesehen. Das nächste Mal werden sie nicht so ackern müssen, um etwas von mir zu bekommen."
Logan packte seine Landkarte aus.
„Ich kann mir denken, wo er hin will. Phil hat auch ihm die Karte gegeben. Etwa zwei Tage von hier gibt es einen kleinen Fluss. Ich denke, dort wird er sein!"
Carter nickte.
"Ja. Ich habe ihn dorthin geschickt. Es ist zwar schon einige Jahre her, dass ich aus der Stadt kam, aber ich erinnerte mich an den Fluss. Wenn Chase schlau ist, wird er sich dort angesiedelt haben!"
Logan packte die Landkarte wieder ein.
"Wir haben Sachen zum Tauschen dabei. Im Moment haben wir keine Zeit, um unsere Arbeitskraft anzubieten, aber wir würden gerne Sachen mitnehmen, die Eve für das Kind gebrauchen könnte. Vielleicht lässt Chase dann mit sich reden!"
Carter lachte.
"Da wäre ich mir nicht so sicher, aber ihr könnt es versuchen!"
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