in deiner Jugend
Aufgrund seines Sprachfehlers sollte Walter auf eine Sonderschule gehen. Dabei war Walter nicht mal dumm oder so. Nein, im Gegenteil. Vor allem in Mathematik war er schon weiter als all die anderen. Und trotzdem war für ihn die Sonderschule vorherbestimmt. Wäre Anna nicht gewesen. Die dafür sorgte, dass ihr Sohn auf eine Hauptschule ging. Auch wenn es nicht die beste Wahl war, so war es doch besser als die Sonderschule und Walter ist heute mehr den je dankbar dafür. Anna sah in ihm ein Potenzial, was er nicht entdecken konnte. Und was sein Vater nicht sah.
All das was in der Kindheit begann wucherte noch immer in Walter herum. Seine Soziophobie versuchte er weitgehend zu verbergen. Er versuchte Freunde zu finden ohne das er wusste, wie er das machte. Er ging in die Schule und blieb weitgehend ruhig. Ein Schüler, welcher kaum sprach. Noch immer ging er in Logopädie, wenn auch nicht mehr ganz so häufig. Er blieb bei seiner Musik und verbrachte damit viel Zeit. Und er fand das Programmieren. Gleichzeitig erfand er unsichtbare Freunde, vor allem jene, die er aus Anime und Manga kannte. Die Hauptschulzeit war ein bisschen besser, doch wie gerne würde er sagen, dass das Mobbing aufgehört hatte. Was es jedoch nicht tat.
Selbst in der Hauptschulzeit wurde er gemobbt. Wieder bevorzugt von Ausländern. Doch es war nicht mehr ganz so schlimm wie damals. Es blieb bei Hänseleien und fiese Namen. Er fand auch ein paar Menschen, mit denen er sich treffen konnte. Die Lehrer waren auch nicht mehr inkompetent, sondern brachten ihm viel neues und Interessantes bei. Besonders der Computerkurs fand er am interessantesten. Man könnte fast meinen, dass es ihm besser ging. Doch der Schein trügt. In ihm wucherte etwas, was sich bald zeigen sollte. Ihm fehlte etwas, dass für viele selbstverständlich war. Und er fing an, sich zu verändern. Er war kein Musterschüler, vor allem Hausaufgaben machen viel ihm schwer. Deswegen musste er oft nachsitzen. Ein Schock für Anna, da sie nicht verstand, wieso ihr Sohn sowas machte. Immerhin hatte er eine Chance, die er nicht haben sollte. Das verstand Walter in seinem Alter jedoch noch nicht. Er war jung und wollte Dinge austesten. Er wollte auch rebellieren. Einmal brachte er auch eine sechs mit nachhause. Die Reaktion von Anna begleitete ihm auf seinen ganzen, restlichen Leben und zeigt ihm noch heute, was er sich schon immer gedacht hatte.
Er wurde mit seinen Geschwister verglichen. Für viele normale, für ihn jedoch die Qual. Denn er wurde vor allem mit Saskia verglichen. Wie gut sie war, wie toll sie war und was sie alles machen konnte. Der Draht zu Saskia war am Anfang noch geschwisterlich. Immerhin haben seine älteren Schwestern auf ihn aufgepasst, als Anna es nicht konnte. Und auch als Sophia weg war, um eine Lehre zu machen, waren immer noch Renate und Saskia für ihn da. Außerdem hatte er seine Tiere, vor allem seine Katze Lula. Er war also nie alleine. Obwohl er es sich manchmal wünschte, damit man ihn endlich so sah, wie er eben war. Ein Träumer, ein Musikliebhaber und eben nicht der perfekte Sohn. Er wollte war genommen werden. Aber niemand von den Erwachsenen war da. Seine Mutter arbeitete und sein Vater fuhr irgendwo in Deutschland herum. Abends kam dann seine Mutter zurück, doch es war nicht immer so wie er es sich wünschte. Er wollte jemand haben, der ihn in den Arm nahm und einfach mal drückte. Aber er war alleine. Er unterdrückte seine Trauer und das Gefühl der Einsamkeit, in dem er immer mehr aß. Und in dem er rebellierte. Keine Hausaufgaben machte, im Haushalt nicht mithalf, nur vor dem Fernseher hockte oder Musik machte. Er war in seiner Welt ohne zu wissen, was mit ihm geschah. Er hatte keine männliche Bezugsperson außer seinem Opa Friedrich. Der Vater seiner Mutter. Sein anderer Opa verstarb, als er ein Kind war, weswegen er nur einen Opa hatte, der ihn aufzog. Noch immer hoffte er, dass sein Vater zurückkam. Doch der Gegenteil traf ein.
Walter war 14 als er auf die Hochzeit seines Vaters ging. Sein Vater war mit einer Frau aus Ostdeutschland zurückgekehrt. Und mir ihr ihre zwei Töchter. Sein Vater hatte nun eine neue Familie und seine neue Frau versuchte dem Walter so gut es ging eine Freundin zu sein. Mit ihr und seinem Vater machte er viel, doch es fehlte immer etwas. Nur verstand er nie was es war. Erst später merkte er es. Es fehlte einfach das Gefühl der Echtheit. Denn die Zeit mit seinem Vater fühlt sich für Walter heute so falsch an. Sein Vater war nie da gewesen, wenn Walter ihn gebraucht hatte. Er war nie da, als Walter irgendwas in der Schule hatte. Er war nie da, um mit Walter zu reden. Er kannte Walter nicht mal. Er wusste das Walter eine einfache Lehre begann. Was aber Walter wollte, dass wusste er nicht. Nur Anna wusste es. Doch auch sie benahm sich nicht, wie eine Mutter.
Für Anna war es schwer. Sie hatte vier Kinder groß zu ziehen. Dabei zu arbeiten, denn Haushalt zu regeln, zu kochen und den Unterhalt zu erstreiten. Denn tatsächlich tat Karl alles um kaum Unterhalt für seine Kinder zu zahlen. Seine Begründung war immer, dass er kein Geld hatte. Und es wurde durch die neue Frau noch schlimmer. Nun musste sich Karl auch um sie kümmern, da sie kaum eine Arbeit fand und wenn, diese Arbeit immer schnell verlor. Für ihre Kinder hatte Anna deswegen kaum Zeit. Sie versuchte trotzdem sich Zeit für ihre Kinder und vor allem für Walter zu nehmen. Sie unternahm viel, vor allem mit Walter alleine. Und dennoch machte sie einen entscheidenden Fehler. Sie machte für vieles Walter verantwortlich. Sei es, dass Saskia sich mit ihm stritt, dass der Haushalt nicht gemacht worden ist oder irgendwas kaputt war. Es war immer Walters Schuld. Vor allem beim ersteren, war es hart für Walter. Er bemerkte langsam, dass Saskia alles machen durfte, er jedoch nicht. Dabei hasste Walter das streiten. Sowas konnte er nie leiden. Deswegen blieb er bei den Anschuldigung auch immer ruhig und fraß den Frust in sich auf.
Das es ihm nicht gut ging, sollte bald schon viele sehen und doch keiner merken. Walter befand sich in eine Phase, wo er alles negativ sah. Dementsprechend kleidete er sich auch. Seine fröhlichen Klamotten wichen schwarze Einheitskleidung, seine Musik wurde düsterer und melancholischer. Er hatte eine Sehnsucht nach dem Tod in sich und wusste nicht was es war. Nur seine Tiere und seine Musik konnte er noch lieben. Er begann auch über Selbstmord nachzudenken. Trotzdem hatte er immer ein Lächeln auf den Lippen, was aber verblasste, sobald er daheim alleine in seinem Zimmer war. Die Zeit, wo er so bedrückt war, sollte noch eine Zeit lang bleiben und sich sogar verschlimmern. Aber erst hieß es für ihn, sein Abschluss machen. Und da fiel ihm etwas auf. Sein Vater war nie für ihn da gewesen und trat trotzdem als stolzer Vater bei seinem Abschluss auf. Das war das erste Mal, dass seine Hauptschullehrerin sein Vater sah. Verständlich, dass jeder verwundert war, wer dieser fremde Mann war. Er war von seinem Vater verlassen wurden und der sporadische Kontakt wurde schwieriger als er auf die Realschule ging.
Walter fand selber einen Weg nicht als Hauptschüler zu enden. Er fand, es war noch nicht an der Zeit für eine Lehre, weswegen er seinen Realschulabschluss nachholte. Diesmal auf eine von ihm frei gewählte Schule, deren Fachrichtung das Kaufmännische war. Da er Mathematik sowieso mochte, war es für ihn die Schule relativ leicht. Alles ging seinen gewohnten Gang. Er fand ein paar Leute, mit denen er klarkam. Er wurde gemobbt. Er besaß nicht die neuesten Sachen, vor allem kein Smartphone. Aber er war trotzdem am Leben. In ihm wucherte immer noch der Wunsch nach dem Tod. Aber damit kam er besser zurecht. Der Kontakt zu seiner Schwester verschlechterte sich ohne, dass er wusste wieso. Es war ein schleichender Prozess, was da begann. Er konnte nicht ahnen, dass bald sein Leben auf den Kopf gestellt werden würde. Er fand sogar Freunde außerhalb seiner Schule. Vor allem ein Mädchen hat es ihm angetan. Er würde sagen, dass er ein bisschen in sie verliebt war. Heute weiß er, dass es nur Schwärmerei war. Durch das Mädchen lernte er auch weitere kennen. Unter anderem auch einer seiner Ex-Freundinnen. Er schloss die Realschule besser ab als die Hauptschule. Und Anna merkte so langsam, dass etwas mit ihrem Jungen nicht stimmte, weswegen sie ihn darum bat, zum Psychologen zu gehen. War er jedoch ablehnte. Heute fragt er sich, was wohl geschehen wäre, hätte er ihren Rat angenommen. Vielleicht wäre er heute anders als er es jetzt ist.
Nach der Realschule fangen viele eine Lehre an oder macht noch das Abitur. Walter jedoch war dafür zu unsicher. Er wusste lange Zeit nicht, was er machen soll. Weswegen er nach der Realschule ein Praktikumsjahr machte und viele verschiedene Berufe kennenlernte. Das Ganze wurde vom Arbeitsamt sogar bezahlt. Niemand ahnte, dass jetzt die Zeit kam, in der alles schlimmer werden würde. Walter hatte Freude. Vor allem am Schreinern war er interessiert. Er hatte sich sogar überlegt Bestatter zu werden. Alles hätte gut sein können. Er wurde zwar wieder gemobbt, diesmal sogar schlimmer im Sinne von Kaugummi in den Haare und brennende Zigarette in die Kapuze des Pullis. Das alles musste er wieder alleine durchstehen, was er auch schaffte. Und er fing an sich mit Mädchen zu verabreden. Doch während alles so schön lief, hatte er ein Druck in sich, denn er nicht mehr widerstehen konnte. Er fing an sich selber weh zu tun. Oft zog er das Messer über seine Arme, später über andere Stellen. Er kam mit seinem Leben nicht zurecht. Noch immer waren seine älteren Geschwister mehr wert als er. Noch immer gab es niemand der ihn mochte. Er fühlte sich allein auf der Welt. Natürlich weiß er heute das es dumme Gedanken waren und die meisten nicht stimmen, aber damals hatte es ihn zerfressen. Er schnitt sich immer wieder auf, wenn der Schmerz zu viel wurde. Vor allem wenn es mit Mädchen nicht funktionierte. Er brauchte damals eine Beziehung, wie die Luft zum atmen und traf sich mit unterschiedlichen Mädchen. Damals wurde er auch sexuell aktiv. Verbrachte die Nächte oft in fremden Betten und es entstanden viele Freundschaft-Plus-Beziehung. Er war fertig mit den Nerven, am Ende, ausgelaugt und kurz vor dem Erwachsen werden. Der nächste Abschnitt der viel verändern würde.
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