Kapitel 3: Sofie
„Wir laden Sie herzlich zu unserer Hochzeit am 25.Juni des Jahres 1876. Wir feiern dieses freudige Ereignis in der Marienkapelle und danach in der Lilienallee 19. Auf Ihr Kommen freuen wir uns. Die lieben Grüße kommen von Charlotte Bailey und Frederick Carpenter.", hastig las ich mir noch einmal die Einladung für Charlottes Hochzeit durch. Sie wird heiraten! Ich freute mich riesig für sie! Es waren noch zwei Monate bis zu ihrer Hochzeit, dann wäre sie an Frederick gebunden. Sie würden gemeinsam glückliche Kinder bekommen und eine Familie werden. Außerdem würden sie sich in der Hochzeitsnacht finden. Ich war schon so auf meine Hochzeitsnacht gespannt, aber das würde noch bestimmt dauern...
Bei mir klappte es doch noch nie mit der Liebe! Erst mit George, dann mit Arthur und dann mit Will war es jetzt auch vorbei.
Zwei Wochen später.
Ich sah das nachtblaue, bodenlange Kleid bewundernd an. Ich hatte noch nie so ein wunderschönes Kleid gesehen! Ich würde bestimmt sogar die Braut übertreffen... Bei diesem Gedanken musste ich anfangen zu kichern. Der Schneider zog die Augenbraue hoch und sah mich kritisch an. Ich blickte empört zurück und musste wieder anfangen zu kichern, als ich den erschrockenen Blick des Schneiders sah. „Es ist perfekt!", sagte meine Mutter lächelnd zu dem Schneider. Zufrieden nickte er und sah mich fragend an. „Es... es ist unglaublich!", ich war so überwältigt, „Aber ist es nicht etwas zu schick für eine Hochzeit?" Ich war sehr skeptisch und wollte der braut auf gar keinen Fall im Weg stehen. Das war ihr Tag. Ach, was rede ich da? Sie wird unglaublich und wunderschön aussehen! Ich schön könnte ich in keinem Kleid sein... „Wir nehmen es!" Der Aschneider klatschte zufrieden in die Hände und trug das Kleid zu der Ladentheke. Er unterschrieb noch, dass er dieses Kleid für keine andere Person, als für mich noch einmal schneidern würde. Wir verließen den Laden und meine Mutter hakte sich bei mir ein. Sie öffnete ihren Sonnenschirm und wir liefen den Weg zu unserem Haus. Eine Villa würde unser Haus wohl besser beschreiben. Wir traten in den großen Vorgarten und schritten auf die Treppe zu. Wir traten gerade auf die erste Marmorstufe, als uns die Haustür von einem Dienstmädchen geöffnet wurde. Mutter und ich lachten so wie lange nicht mehr. Wir liefen in den Salon und setzten uns auf die elegante Couch. Sofort brachte ein Dienstmädchen ein Tablett mit einer Kanne Tee und zwei Tassen.
Wir unterhielten uns lange über Charlotte und Frederick, heiraten und das Leben im Allgemeinen.
Nach einiger Zeit musste Mutter sich hinlegen, weil sie plötzlich schreckliche Kopfschmerzen bekam.
Ich ging in mein nicht kleines Zimmer und überlegte, was ich Charlotte und Frederick zur Hochzeit schenken könnte. Es sollte etwas Nützliches, aber nichts Langweiliges sein...
Charlotte
Ich probierte gerade ein paar Torten, um die beste für unsere Hochzeitstorte zu finden, als Frederick rief: „Ich muss noch einmal auf die Arbeit!" Ich war verwundert, da er eigentlich zurzeit Urlaub hatte, um mir bei den Vorbereitungen für die Hochzeit zu helfen. Ich stand auf und herrschte mit einer Handbewegung die Köchin auf, die Tortenproben in die Küche zu stellen. Ich lief zu Frederick, der sich gerade das Jackett vor dem Spiegel zurecht zog. „Ist etwas passiert?", fragte ich und band ihm die Krawatte richtig. „Nein, nein! Ich muss nur noch etwas klären, bevor ich dann wirklich Urlaub habe und nicht mehr von zuhause arbeiten muss.", er nahm meine Hände von seiner Krawatte und zog mich in eine Umarmung. Wie gern hätte ich es jetzt, dass er mich küsst! Als ob er Gedanken lesen könnte, gab er mir einen leidenschaftlichen und besonders langen Kuss auf den Mund. Ich erwiderte ihn direkt. Er streichelte mir über den Rücken und zeigte mir somit, dass er mehr wollte. „Nur noch zwei Wochen, dann finden wir zueinander! Nur noch zwei Wochen musst du dich gedulden!" Er wollte schon länger einen Schritt weiter gehen, aber ich wollte mich für meine Hochzeitsnacht aufheben. Er drängte mich immer ein bisschen weiter und ich ließ auch immer ein bisschen mehr zu, aber das hatte ich noch nie zugelassen. „Ach, warum können wir nicht einfach die zwei Wochen überspringen? Es würde doch eh niemand merken! Oder sieht man dir es im Gesicht an, ob wir schon zueinander gefunden haben?", er löste sich aus der Umarmung und hörte sich beleidigt an. Meine Lippen waren noch leicht von dem intensiven Kuss angeschwollen. Irgendwann wurde es mir zu viel! „Jetzt höre mich doch auf zu drängen! Seit Wochen lasse ich vieles zu, aber diesen letzten Schritt will ich einfach noch nicht eingehen! Meine Güte, es sind doch nur zwei Wochen! Kannst du deine Leidenschaft nicht diese kurze Zeit noch zügeln?", ich wurde immer wütender und saurer. Ein bisschen leiser fügte ich hinzu: „Ich hebe mich doch für dich auf. Damit es in der Nacht vom 25. auf den 26. Juni besonders schön wird. Kannst du dich denn nicht noch zügeln?" Und noch leiser fügte ich hinzu: „Kannst du das für mich?" Ich blickte auf den Boden. Ruckartig drehte sich Frederick zu mir um und sah mich böse an. Er legte zwei Finge runter mein Kinn und drückte es hoch. Er zwang mich dazu ihm in die Augen zu schauen. Mit lauter, fast schreiender, Stimme sagte er: „Nein, verdammt! Ich kann mich nicht zügeln! Und entweder wir finden uns jetzt oder ich heirate dich nicht!" Er schrie mich an und ich war komischerweise nicht eingeschüchtert. Nein, im Gegenteil. Ich blickte ihm in die Augen und sagte mit fester Stimme: „Dann tu das doch! Ich werde mich nur wegen dir nicht an einem normalen tag und auch noch am helllichten tag entblößen, nur um deine Leidenschaft zu befriedigen! Das kannst du vergessen!" Voller Abscheu in diesem Moment gegen Frederick spuckte ich ihm vor die Füße. Er blickte mich wutschnaubend an, trat noch einen Schritt auf mich zu und gab mir eine Ohrfeige. „Nie wieder wirst du so undankbar zu mir sein!", er fügte noch hinzu und schrie dabei durchs ganze Haus: „NIEWIEDER!" Er drehte sich um und verließ das Haus. Ich blickte geschockt geradeaus. Ich merkte, wie mir heiße Tränen kamen und auf mein hellrotes Kleid tropften. Ich drehte mich immer noch unter Schock um und ging schnellen Schrittes in mein, nein unser Schlafgemach. Ich betrat das Zimmer und machte direkt wieder kehr, als ich den zu bekannten Frederick Duft roch. Ich ging schnellen Schrittes in das Untergeschoss und in die Küche. Ich schickte alle Köchinnen und Köche aus der Küche und setzte mich auf einen Hocker an die Arbeitsfläche, auf der gerade ein Klumpen teig lag. Spontan entschied ich mich, ein wenig zu backen und hoffte, somit meine Wut und Trauer zu unterdrücken. Ich schlug auf den Klumpen teig ein und ließ meine komplette Verzweiflung an ihm aus. Weiter kam ich auch nicht, da ich wieder weinend auf dem Hocker in einem Weinkrampf zusammenbrach. Dort hockte ich nun. Das Gesicht in den Händen vergruben und laute Schluchzer drangen aus meiner Kehle. Irgendwann fing ich an zu schreien und zu weinen gleichzeitig.
Irgendwann hörte ich Schuhe auf der kalten Steintreppe. Eine Frau mit einem olivgrünen Alltagskleid und braunen, geflochtenen Haaren kam in die Küche. Ich erkannte sie im ersten Moment nicht. Meine Sicht war durch die Tränen komplett verschwommen. Die Frau kam auf mich zu und als sie nur noch ein paar Schritte entfernt war, erkannte ich sie. Rose. Mein beste Freundin schon seit immer eigentlich schritt auf mich zu und hatte einen sehr besorgten Blick auf de Gesicht. Ich sprang von meinem Hocker auf und fiel weinend und schluchzend in ihre Arme. Sie strich mir beruhigend über das Haar und setzte mich wieder auf den Hocker. Schnell zog sie sich auch einen Hocker zu mir und setzte sich neben mich. Sie nahm meine Hand und streichelte mit ihrem Daumen über meine Handrücken. Ich erzählte es ihr. Alles. Bis zu dem punkt, als ich auf diesem Hocker zusammengebrochen war. Am Ende meiner Erzählung stand sie auf und zog mich eine feste Umarmung. Zum Glück war sie hier.
Wir redeten noch lange, was ich machen sollte. Schließlich waren wir uns einig, dass ich auf gar keinen Fall mich für irgendetwas entschuldigte. Ich musste mir klar werden, was ich für Frederick nach dieser Aktion noch empfand.
Rose ging nach einer Weile wieder nach Hause und ich grübelte weiter. Ich ging in mein Atelier und fing an zu malen. Ohne eine Vorstellung, was ich male, fing ich an. Währenddessen merkte ich, dass ich Frederick liebte, aber sehr sauer und angewidert war. Ich wurde mir klar, dass ich etwas tun musste. Ein großer Schritt. Aber in welche Richtung...?
************************************Ist Charlottes Liebe stark genug, so einen Streit zu überleben? Was wird sie tun? Seid ihr für oder gegen Frederick?
Diese Mal ein etwas längeres Kapitel. Ich hoffe es stört euch nicht!
Bis bald,
S.~
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top