Kapitel 24: George


Ich öffnete die Tür meines Hotelzimmers und sah... Catherine.
Sie saß auf dem Bett und richtete sich mit einem Handspiegel die Frisur. Als sie mich in der Tür stehen sah, blickte sie mich erschrocken an.
„Was fällt dir ein, nicht anzuklopfen, George?!" Sie sprang vom Bett und ging ein paar Schritte auf mich zu.
Wir schauten uns in die Augen und ich sah die Trauer, Wut, Enttäuschung, aber auch Liebe in ihrem Blick. Nur ganz wenig, aber man sah sie.
„E...Entschuldige, Catherine. D...Die Leute wussten... a...anscheinend nicht, dass w...wir einzelne Z...Zimmer brauchen.", stotterte ich und ließ sie nicht aus den Augen. Sie stand immer noch vor mir und schaute zu mir hoch.
Sie schwieg. Irgendwann hielt ich diese Spannung zwischen uns nicht mehr aus.
„Catherine..."
„Schh... George, ich bitte dich.", ihr Blick huschte kurz, nur für eine Millisekunde, zur Tür, „Geh jetzt bitte."
„Aber Catherine!", ich sah den Schmerz in ihrem Blick.
Dann legte ich eine Hand sachte auf ihren Bauch.
„Es tut mir Leid! Du weißt nicht wie sehr ich es bereue, dich verlassen zu haben! Jeden Tag schmerzt es mich mehr.", flüsterte ich ihr zu.
Eine Träne rollte über ihre weiche Wange. Sie ignorierte sie. Ganz unauffällig fing sie an auf ihrer Unterlippe herum zu kauen.
Dann, ganz sachte, zog ich sie an mich und legte meine Hände vorsichtig an ihren Rücken.
Sie legte ihre Hände langsam in meinen Nacken.
Nach Sekunden distanzierte sie sich ein wenig, nur um kurz darauf ihre Lippen auf meinen zu platzieren.
Ich jubelte innerlich auf. Ich liebe sie. Und sie mich. Und wir hatten bald ein gemeinsames Kind.

Wir lösten uns voneinander und Catherine lächelte mich an. Wie sehr ich dieses wunderschöne Lächeln vermisst hatte. Ich lächelte zurück und drehte mich zu dem Dienstmädchen, dass diskret inzwischen die Tür geschlossen hatte.
Ich öffnete die Tür und sagte: „Darf ich ihnen helfen, dass Gepäck in dieses Zimmer zu tragen?" Ich betonte vor allem „Dieses Zimmer" und musste lächeln, als ich Catherines Kichern hörte.

Rose

Er hatte mich belogen. Er hatte mich die ganze Zeit belogen. Hatte mir falsche Geschichten von seiner Familie erzählt, hatte mir falsche Kindheitserinnerungen gezeigt, hatte an falschen Orten gesagt: „Oh! Rose, das kenne ich noch von früher!".
Nur gelogen hatte er. Und er hatte mir dabei direkt ins Gesicht geschaut und sich nicht einmal geschämt.
Dieser Mistkerl! Ich hatte ihm alles, wirklich alles, von mir erzählt und preisgegeben und er hatte mein vertrauen mit Füßen getreten.
Und dann kam noch heraus, dass er einen Zwillingsbruder und Eltern in Monaco hatte. Er meine, er wäre der rechtmäßige Thronfolger von Monaco, habe aber abgedankt und seinem Bruder die Thronfolge überlassen. Und jetzt solle er nach Monaco zurückkehren, um irgendwelche Dinge zu klären.
Er hatte sich anscheinend mit seiner ganzen Familie nach der Abdankung verstritten und kam deshalb nach London.
Ob ich ihm das glauben soll, wusste ich noch nicht. Aber warum sollte er mich schon wieder anlügen? Naja, er hatte es schon einmal gemacht...
Ich hatte mir jetzt erstmal ein neues Zimmer in diesem Hotel gesucht und das ganze Gepäck von einem Dienstmädchen bringen lassen.
Warum er mir das alles, ausgerechnet jetzt, erzählte, wusste ich nicht. Wahrscheinlich wollte er mir nur so erklären, dass er für eine Weile in Monaco sein wird.
Aber konnte ich ihm überhaupt irgendetwas glauben? Das Liebesgeständins oder die ganzen Komplimente, die er mir täglich machte?
Meine Gedanken schweiften hin und her und ich konnte keinen richtig fassen. Zu schnell huschten sie von da nach dort.
Mit Kopfschmerzen legte ich mich noch ein bisschen in mein Bett und schloss die Augen.
Dann stand ich noch ein letztes Mal auf und zog die Vorhänge zu, holte mir einen feuchten Lappen aus dem anliegenden Badezimmer und legte mich so auf das große Bett.
Später konnte ich immer noch weiter grübeln.

Sofie

Ich wachte in dem schönen Hotelzimmer auf und fühlte mich direkt wie zuhause. Die nächsten Wochen würden wunderschön werden.
Mir ging es gut, ich hatte Kilometer weiten Abstand zu Frederick und meine Freunde waren, soweit ich wusste, alle glücklich.
Ich sprang aus meinem Bett und rief ein Dienstmädchen, das sich als Carole vorstellte und für meine anwesende Zeit in diesem Hotel sozusagen meine Zofe sei.
Sie wusch mich und zog mich an.
Danach erklärte sie mir, wie man zum Park käme, weil ich dort einen Spaziergang machen wollte.
Ich verließ das große Gebäude und schlenderte gelassen und mit einem weißen Sonnenschirm, der fast nur aus Häkelmustern bestand, auf den park zu, der nur ein paar Minuten entfernt lag.
Mein roséfarbenes Kleid sah genauso aus, wie ich mich fühlte. Leicht und ohne Hindernisse lebend.
Ich fühlte mich so gut, dass ich alles hätte in diesem Moment hätte bewältigen können.
Im Park angekommen schlenderte ich die Kieswege entlang und beobachtete einen jungen Mann, der gerade in einen Baum hochschaute und etwas rief, dass sich anhörte wie: „Komm da jetzt runter! Ich zähle bis drei!"
Ich kam näher und sah, dass der Mann nur ein paar Jahre älter, nicht mehr als zehn Jahre, war wie ich. Ich stand nun neben ihm und spähte auch in die Baumkrone hinauf.
Der Mann bemerkt mich und sagte: „Guten Tag, die Dame! Habe ich sie etwa mit meinem Geschrei belästigt?" Er gab mir einen Handkuss und die Baumkrone fing an zu kichern. Ich wurde rot und schaute noch einmal in den Baum. Dort, ganz weit oben auf einem dicken Ast, saß ein kleiner Junge mit einer schönen Kappe auf den verwuschelten, braunen Haaren.
„Nein, auf gar keinen Fall! Ich wollte nur wissen, wer denn da mit einem Baum spricht.", sagte ich keck und sah wie er diesmal rot wurde und schüchtern lächelte.
„Es ist mein Sohn, der da oben auf dem Baum sitzt und einfach nicht mehr hinunter kommen möchte.", nach kurzer Pause fügte er hinzu, „aber  es ist nicht meine Schuld, dass er so ungezogen ist. Seine Mutter hat ihn großgezogen."
Als er meinen verwunderten Blick gesehen hatte, meinte er noch: „Wir sind getrennt und sie reist nun durch die Welt, weshalb mich jetzt mit dem Kleinen rumschlagen muss!" Ich lächelte.
„Aber wenn sie ihm drohen kommt, er bestimmt nicht hinunter. Da hat er doch viel zu große Angst, dass sie ihn bestrafen werden." Er dachte über diese Worte nach, aber ich sprach weiter: „ Sie müssen ihn eher wie ein Tier locken."
Und zu dem kleinen Jungen, ich schätzte ihn auf ungefähr vier Jahre, gewandt rief ich den Baum hoch: „Hey , Kleiner! Wenn du jetzt ganz brav vom Baum runterkletterst und nicht deine schöne Hose kaputt machst, dann geht dein Papa mit dir in ein Café und du darfst ein großes Stück Kuchen essen."
Der Junge kam herunter und der Mann schaute mich verdutzt an.
Dann fing er sich wieder und meinte: „Dann darf ich die Dame doch auch auf ein Stück Kuchen einladen, oder?"
„Gerne. Mein Name ist Sofie."

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