Kapitel 19: Bettina


Ich würde nach Paris gehen! Ach, ich freute mich schon so sehr darauf. Ich würde mit Timothy die Camps – Elysees entlanglaufen und abends in einem französischen Café sitzen und einen Tee trinken.
„Ja ich freue mich auch schon darauf.", sagte Timothy zu meiner Rechten. Hatte ich etwa laut geträumt?
Ich kicherte und legte mir den Arm um die Taille.
„Timothy?" Erschaute mich abwartend an. Was wollte ich gerade sagen? „Äh... würdest du mir den Koffer von meinem Schrank holen? Da bin ich zu klein für..."
Für einen Moment sah er etwas enttäuscht aus, aber er hatte sich in der nächsten Sekunde bereits wieder gefangen und reckte sich nach meinem Koffer.
Schnell drückte ich ihm einen Kuss auf die Wange und öffnete meinen Schrank. Das war anscheinend das Zeichen für ihn zu gehen.
Er küsste mich zum Abschied und verließ das Zimmer.
Ich rief meine Zofe, die für mich alles in den Koffer packte, was ich ihr zuwies.
„Nehmen Sie auch das gelbe Kleid mit den vielen Rüschen mit?", wollte sie von mir wissen. Ich schüttelte den Kopf und reichte ihr stattdessen ein hellblaues.
Irgendwann kam der zweite Koffer zum Einsatz, der auch auf dem Schrank lag und an den ich mühelos drankam.
Was hatte ich Timothy eben sagen wollen? Das ich ihn liebe? Aber warum hatte ich es dann nicht getan? Was hatte mich gehindert.
Wir packten meine Schuhe ein und als Letztes packten wir meine Reisetasche, in die ich alles packte, was ich sonst alles außer Kleider und Schuhen brauchte.
Nun saß ich auf meinem Bett und starrte abwesend auf die Koffer und Taschen.
Warum hatte ich jetzt schon gepackt? Wir würden erst in drei Tagen fahren.
Mir fiel ein, dass ich noch so vieles vor der Abreise erledigen musste, konnte mich aber noch nicht aufraffen etwas zu tun.
Was hatte mich vorhin daran gehindert Timothy „ich liebe dich" zu sagen? Es ist nicht so, dass ich lügen würde, würde ich diese drei Worte zu ihm sagen. Ich liebe Timothy. Aber warum konnte ich es ihm nicht sagen?
Vielleicht war der Moment nicht passend gewesen. Oder der Ort. Wer wollte denn eine Liebeserklärung auf einem Bett?
Schließlich stand ich auf und verließ das Haus.
Ich würde herausfinden, warum ich es nicht sagen konnte.

Elisabeth

„Auf Wiedersehen!", rief mir meine Mutter nach. Sie schwang ein weißes Taschentuch der Kutsche hinterher und ich sah Tränen in ihren Augen schimmern.
Ich hatte mich entschieden, vor der Parisreise noch ein paar Tage durch Deutschland zu reisen. Ich wollte ein paar große Kirchen besuchen und besichtigen. Nach dieser Deutschlandreise würde ich nach Paris reisen und dort meine anderen Freunde und den Privatlehrer treffen.
Meine Mutter wollte es mir eigentlich gar nicht erlauben, aber meine Großmutter, ja Misses Geoffrey meine Großmutter, hatte sie überredet „das Kind seine eigenen Wege gehen zu lassen". Sofort prüften wir, ob meine Großmutter Fieber hatte. Nein, sie war komplett gesund.
Ich musste bei dieser Erinnerung schmunzeln. Meine Großmutter hatte mir das hier ermöglicht. Nicht nur, da sie meine Mutter überredet hatte, sondern weil sie das alles auch bezahlte. Alles. Die komplette Deutschlandreise.
Und ich hatte noch solche Befürchtungen, dass meine Großmutter es mir verbieten würde. Ich weiß nicht, ob ich ohne ihre Erlaubnis abgereist wäre...
Aber jetzt saß ich hier und war auf dem Weg zum Hafen und gleichzeitig zu dem Schiff brachte, welches mich heute Nacht noch nach Hamburg bringen würde.
Innerlich machte ich Purzelbäume und freute mich auf diese Reise, die ganz allein geplant und unternehmen würde. Nicht einmal meine Zofen durften mich begleiten. Meinen Freunden hatte ich ebenfalls nichts erzählt. Die hatten mich alle im Stich gelassen, als ich mit meinem gebrochenen Herz wegen Will kämpfen musste. Niemand hatte gefragt, wie es mir ginge. Niemand hatte sich um mich gekümmert. Aber ich war ihnen nicht böse.
Sie hatten nicht gewusst wie es in mir gebrodelt hatte. Ich hatte mein Inneres verschlossen und hatte einen Vorhang über die verschlossene Kammer, die sich Herz nannte, gelegt. Nach außen hin, hatte das Theaterstück auf meinem Gesicht und in meiner Haltung weiter gespielt.
Sie konnten nicht einmal erahnen, wie es in der Kammer aussah. Ich durfte ihnen keine Vorwürfe machen.
Die Kutsche holperte. Wieder musste ich lächeln.
Meinen Gedanken ließ ich freien Lauf. Plötzlich hingen meine Gedanken bei Arthur hängen. Was er wohl gerade machte?

Arthur

„Lieber Arthur, mein Bruder, schon lange möchte ich mit dir reden, hatte aber noch keine Zeit gefunden, dir zu schreiben. Du weißt ja was hier los ist... Bruder, ich bitte dich, komme zu uns nach Monaco. Es gibt Wichtiges, das Mutter und Vater dir sagen möchten. Sie baten mich diesen Brief zu schreiben, da ich einen besseren Draht zu dir habe. Bitte, Arthur, komme zu uns und besuche uns für einige Zeit. Es ist wirklich wichtig, dass du erfährst, was passiert ist. Es dauert zu lang es per Brief zu erklären, weshalb du kommen solltest. Einem Boten möchten Mutter und Vater nicht vertrauen. Komme bitte sobald du kannst und sage mir bitte vorher Bescheid. In Liebe, dein Bruder James."
Was fällt ihm ein, mir nach so langer Zeit, einen solchen Brief zu schreiben? Ich würde nicht kommen. Aber was, wenn etwas mit Mutter oder Vater war? Aber ich ginge nun für vier Wochen nach Paris. Ich konnte es Rose nicht antun, abzusagen. Sie freute sich schon so sehr auf diesen Urlaub.
Und wenn sie mitkäme? Nein. Auf gar keinen Fall und unter keinen Umständen würde ich Rose etwas von meiner Familie erzählen. Und schon gar nicht mit ihr zu ihnen fahren. Niemals!
Ich machte mir, warum auch immer, plötzlich Sorgen um meine Familie und fand, dass ich doch fahren sollte. Nach dem Urlaub. Ohne Rose. Das hieß aber wiederum, dass ich sie wieder anlügen musste. Ob ich das noch einmal schaffen würde?
Spätestens bei unserer Hochzeit (irgendwann) würde sie meine Eltern kennenlernen und merken, dass ich sie angelogen habe. Ob sie mich dann noch heiraten wollte? Und ihr ganzes Leben mit einem Lügner verbringen? Nein, Rose würde mich hassen. Nichts war schlimmer für sie, als die Wahrheit, weshalb ich auch täglich ein schlechtes Gewissen hatte, weil ich sie damals wegen ihrem Vater angelogen hatte.
Ich würde sie nicht noch einmal anlügen. Entweder sie käme mit oder ich würde nicht gehen. Und da ich irgendwie gehen musste, hieß das, dass ich Rose von meiner Familie erzählen musste. Meine ganze Geschichte.


*************************************Heute noch ein zweites Kapitel von mir...
Na, was ist wohl mit Arthur Familie? Und wie findet ihr Beths Deutschlandreise? Welchen Grund könnte Bettina haben, dass sie nicht die drei Worte zu Timothy sagen kann?
Ratet mal fleißig in den Kommentaren...
S.~

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top