Kapitel 18: Emily


Ich streifte mein leichtes graues Kleid über und schlüpfte noch in meine weiße Strickjacke. Meine Haare band ich streng nach hinten.
Ich verließ das Haus und fuhr mit der Kutsche zu dem Anwesen Catherines Eltern. Dort traf ich mich mit ihr, Catherines Eltern und William. Wir wollten besprechen wie wir nun mit Catherine umgehen wollten nachdem sie sich das Leben hatte nehmen wollen.
Ich stieg aus und eilte zum Eingang. Ich wollte nicht von irgendjemandem aufgehalten werden und somit die Besprechung verzögern.
Die Tür wurde geöffnet bevor ich klingeln konnte und Rose fiel mir um den Hals. „Bin ich eine schlechte Freundin?", wollte sie von mir wissen und sah mir dabei direkt in die Augen. Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Du konntest nichts dafür. Niemand konnte etwas dafür. Nicht einmal George...", erklärte ich ihr wie einem kleinen Kind.
Ich nahm sie bei der Hand und lief in den Salon. Dort warteten bereits alle anderen. Misses Hilton, Mister Wright (der Vater hatte wieder geheiratet) und William.
Ich wollte Misses Hilton die Hand reichen, wurde aber in eine mütterliche Umarmung gezogen. Mister Wright bevorzugte einen Händedruck und William ließ sich von mir umarmen.
Ich setzte mich und sofort wurde mir eine Tasse Earl Grey eingeschenkt.
„Wo ist Catherine?", fragte William plötzlich. Niemand hatte sich bereits getraut dieses heikle Thema, weshalb wir überhaupt zusammen getroffen haben, angesprochen. Die Reaktion fiel bei allen anders aus. Misses Hilton verschluckte sich an ihrem Gebäckteilchen, an welchem sie schon die ganze Zeit geknabbert hatte, Rose wurde kreidebleich und Mister Wright nickte kühl. Dieser antwortete William auch: „Catherine ist an einem Ort, wo man sich gut um sie kümmern wird. Man setzt die besten Psychologen an ihre Heilung. Wir möchten ehrausfinden, was sie dazu geführt hat.", bei dem Wort „wir" zuckte Misses Hilton kurz zusammen, „Dort wird sie so lange bleiben, bis es ihr wieder gut geht."
Rose schüttelte nur ungläubig den Kopf, aber William fing sich zuerst wieder. „Sie ist in einer Irrenanstalt?! Das bringt ihr doch nichts!" Er war sehr aufgebracht und rang seine Hände in den Haaren.
Irgendwann meinte Rose leise: „Diese ganzen Ärzte helfen ihr doch nicht. Sie braucht Liebe. Liebe von ihren Freunden, ihrer Familie und... und... und von George. Anders kann sie gar nicht gesund werden!" Sie sah so verzweifelt aus, dass es mir das Herz zerriss.
„Ich stimme Rose zu.", hörte ich aus meinem Mund sagen. Alle schauten mich verwundert an, als hätten sie gemärkt, das sich auch noch da sei.
Mister Wright schüttelte den Kopf und sagte herrisch: „Nein. Meine Tochter wird dort bleiben und nennen Sie es wie sie wollen. Ich bin überzeugt davon, dass sie bald wieder gesund wird, dank den Ärzten." Das Wort „Ärzte" betonte er besonders und schaute dabei auf Rose.
„Wenn das doch schon alles entschieden ist, warum sind wir dann überhaupt da?", wollte jemand wissen, aber ich merkte nicht wer, da ich mich nur auf Misses Hilton konzentrierte, die still geradeaus auf die Blumenvase starrte.
„Sie war noch nie gerne eingesperrt.", hörte ich sie sagen. Ich lächelte und nickte. „Catherine war noch nie jemand, der sich herumschubsen ließ und mit sich machen ließ, was man wollte. Sie hatte schon immer ihren eigenen Kopf und den wird sie gefälligst auch behalten. Ich kann es nicht verantworten, dass sie diesen Kopf verliert, weil ihr die Decke auf den Kopf fällt! Emily, Rose, Will wärt ihr so frei mich zu begleiten? Meine Tochter möchte zu ihrer Mutter.", meinte Misses Hilton und war während ihrer Rede aufgestanden. Lächelnd stand ich ebenfalls auf und zeigte ihr damit, dass ich auf ihrer Seite war. William folgte meinem Beispiel. Nu Rose wartete auf der Couch. Schließlich stand sie auch auf und Mister Wright war allein.
„Ihr werdet sehen, was ihr dabei anstellt!", sagte er noch sauer, aber wir drei waren schon aus dem haus und auf dem Weg zu der Irrenanstalt und somit zu Catherine.

Misses Geoffrey

Er war weg. Und ich hatte wirklich gedacht, ich könnte mit ihm einen neuen Lebensabschnitt anfangen. Wie kindisch! Wie diese jungen Pferde hatte ich Hoffnungen mit einem gutaussehenden jungen Mann durchzubrennen und „ein neues Leben anfangen". Leider kam mir dieser Gedanke etwas zu spät, da ich jetzt schon zu alt dafür war.
Wäre Frederick genauso alt wie ich und wir beide noch 25 Jahre jung, hätte ich ihn lieben können. Aber so? So wollte ich ihn nicht lieben. Der Gute hatte jemand Besseren verdient. nicht so eine alte Glucke wie mich.
Gestern hatte ich ihm ein letztes Mal einen Tee gekocht. Er hatte einen Teefleck auf meinen Arbeiten hinterlassen, den ich bis jetzt noch nicht weggewischt hatte. Er war das Letzte, was Frederick mir hinterlassen hatte. Ich wollte ihn nicht für immer verlieren.
Frederick hatte vor zwei Wochen gemeint: „Das Kleid sieht bezaubernd aus. Aber an Ihnen wird es erst schön." Diese Worte hatten mich so eingelullt, dass ich sie nicht mehr aus dem Kopf bekam.
Seit diesem Tag trafen wir uns immer öfter und redeten viel. Er gefiel mir immer mehr und er hatte eine Reaktion in mir ausgelöst, die noch niemand in mir ausgelöst hatte. Ich fühlte mich jung. Jung und geliebt.
Und jetzt war er fort und sabberte höchst wahrscheinlich bei dem Anblick nackter Frauen.
Und mich hatte er zurück gelassen.
Ach was! Ich wäre doch sowieso nicht mit ihr gegangen. Oder doch? Nein! Was wäre das für ein Skandal? Ich würde mich schämen und könnte nie wieder mein leben genießen.
Dann wäre ich doch so wie die ganzen Freunde von Elisabeth! Nein, so wollte ich nie werden und so war ich auch noch nie. Ich hatte den Mann geheiratet, den Mann mir ausgewählt hatte, hatte zwei gesunde Töchter geboren, bekam eine Enkelin, hatte ein tolles Sozialleben, gab regelmäßig Bälle zu meinen Ehren und lebte nur in den besten Kreisen. Und ich hatte mich in einen 25 Jahre jungen Mann verliebt. Das war die Wahrheit und ich wollte nichts als diese schrecklich Wahrheit verdrängen.
Aber der Schmerz in meiner Brust vergrößerte sich immer mehr, dachte ich an Fredrick und daran, dass er nun nicht mehr da war.
Mir lief eine Träne über die Wange. „Was bist du nur für eine Memme geworden, Evelyn? Weinst wegen einem Mann! Die Männer sollten deinetwegen weinen und Selbstmorde begehen. Du bist die reichste und einflussreichste Witwe, die es in London gibt. Also, sei nicht undankbar!", sagte eine nervige Stimme in meinem Kopf. Aber ich wollte es nicht! Ich wollte nicht aufgeben und Frederick an irgendein junges Geschöpf verlieren. Er gehörte mir und ich vermisste ihn jetzt schon so schrecklich. „Mister Frederick und Misses Evelyn Carpenter", flüsterte ich und schmunzelte an den Gedanken Frederick irgendwann zu heiraten.

************************************Hier Leute, ein neues Kapitel meinerseits.
Und, wie findet ihr diese Liebe zwischen Misses Geoffrey und Frederick? Ob Frederick auch so fühlt?
Und kommt Catherine aus der Irrenanstalt?
Schreibt mal in die Kommentare.
Generell hoffe ich, dass es euch noch gefällt und ihr gerne weiterlest...
Bis zum nächsten Kapitel,
S.~

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top