Kapitel 15: Charlotte


Ich wachte gerade aus einem schlimmen Alptraum auf. Frederick hatte mich gezwungen ihn zu heiraten und ich konnte niemanden um Hilfe bitten, da ich stumm war. Ich flehte ihn an, mich gehen zu lassen, er aber wollte mich nur umso mehr heiraten und behalten.
Ich hatte Angst. Angst vor Frederick, mit dem ich einmal verlobt war und heiraten wollte. Mir war das nie so sehr bewusst, wie in diesem Moment.
Ich wollte niemals mit Frederick allen sein oder ihn noch einmal berühren. Er würde mich wahrscheinlich sonst zu ihm ziehen und ich würde wirklich stumm werden. Nein, das wollte ich nicht. Schnells stimmte ich ein Lied an, um zu überprüfen, ob ich schon stumm war. Nein. Gott sei Dank! Trotzdem hatte ich Halsschmerzen und ich erinnerte mich an letzte Nacht. Nachdem ich mein Lieblingslied zum Besten vorgetragen hatte, wurde ich von vielen älteren Herren auf ein Glas Wein eingeladen. Ich nahm die Einladung immer an und war nach kurzer Zeit angetrunken.
Ich hatte noch nie Alkohol vertragen. Ich stand auf und sofort durchfuhr meinen Kopf ein fürchterlicher Schmerz. Ich taumelte wieder zu meinem Bett und legte mich hin. Ich rief meine Zofe, die mir Medizin und einen Kamillentee brachte. Ich verbrachte den ganzen Morgen mit meinem Buch im Bett und es fühlte sich so gut an, endlich mal ein wenig müßig zu sein.
Ich dachte lächelnd an den gestrigen Abend. Da fiel mir plötzlich auf, dass Sofie mit Frederick gekommen war. Sofie hasste Frederick. Schon immer. Sogar schon, als wir noch ein Paar waren. Sie fand ihn falsch und gespielt. Deswegen hatten wir auch einen heftigen Streit, da ich Frederick geliebt hatte und sie ihn beleidigte.
Das hatten wir heute zwar geklärt, aber warum kam Sofie mit Frederick zum Juliball?
Ich würde sie fragen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Sofie mit „so einem falschen Stück Mann", wie sie es gepflegt hatte zu sagen, sich blicken ließ. Frederick hatte sie höchstwahrscheinlich erpresst oder gezwungen.
Zu was zwingt er sie noch?! Sie soll nicht bestraft werden, dafür, dass ich ihn nicht geheiratet hatte. Das wäre unfair. Lieber würde ich ihn heiraten und Sofie ihr Leben leben lassen.
Ich versuchte aufzustehen, was auch klappte. Ich ignorierte den stechenden Schmerz in meinem Hinterkopf und zog mich an. Mein rosa Kleid schmiegte sich schön an meinen Körper. Mein Haare steckte ich notdürftig nach hinten und verließ das Haus. Meine eine Zofe wollte unbedingt mitkommen, um einen Arzt rufen zu können, falls ich wieder Kopfschmerzen hätte. Dass ich schon die ganze Zeit Kopfschmerzen habe, verheimlichte ich ihr natürlich.
Ich wimmelte sie ab und fuhr mit einer Kutsche an das andere Ende der Stadt.
Sofie freute sich über meinen Besuch. Wir tranken Tee und ich versuchte irgendwie unser Gespräch auf das Thema zu führen, über das ich reden wollte. Schließlich meinte ich einfach: „Sofie, warum warst du gestern mit Frederick auf dem Juliball?" Ihr Lächeln verrutschte für eine Millisekunde, aber es fiel mir sofort auf. „Ich liebe Frederick.", sagte sie ohne mit der Wimper zu zucken. Sie lächelte und ich hätte es ihr fast geglaubt. Ich aber ließ mich nicht täuschen. „Nein, das tust du nicht. Frederick ist falsch. Falsch, verlogen und auf gar keinen Fall ein Gentleman. Egal was er dir gesagt oder erzählt hat, Sofie, glaube es ihm nicht!" Ich nahm ihre Hände in meine wünschte mir so sehr, sie würde mit mir reden. Sie schüttelte den Kopf, weshalb ihre Locken um ihre Schultern fielen. „Nein, du irrst dich, Charlotte. Ich liebe ihn und glaube ihm. Er ist ein wunderbarer Mensch. So sozial, höflich, nett und aufgeschlossen. Er ist der perfekte Mann für mich." Sie nickte deutlich. „Wenn du meinst, Sofie. Aber wenn irgendetwas ist oder du dich nicht wohlfühlst, komme bitte zu mir. Wir können jederzeit miteinander reden. Ich kenne Frederick und ich kenne dich." Ich stehe auf und signalisiere damit, dass ich gehen möchte. Wir gehen schweigend zur Tür. Ich trete in die Nachmittagssonne, drehe mich aber noch einmal zu Sofie um, die schon mit einem traurigen Blick die Tür schließen wollte. „Sofie, falls du mir irgendwann genug vertraust und es mir erzählen willst, ich bin für dich da." Sie nickte und zwang sich ein Lächeln ab. Danach schloss sie die Tür und ich ging nach Hause. Ich hoffte so sehr, sie würde mir vertrauen und ihr Herz ausschütten. Ich habe Angst um sie. Ich will nicht, dass ihr etwas wegen mir passiert.
Da Sofie nicht mit mir reden wollte, musste ich wohl oder übel zum anderen teil dieser Beziehung gehen. Frederick.

Ich kam an meinem ehemaligen Zuhause und jetzigem Zuhause von Frederick an und mir wurde schlecht bei der Vorstellung, jetzt mit ihm allein sein zu müssen. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und holte den Ersatzschlüssel hinter einem Blumentopf hervor.
Fredericks Butler würde mich nicht hinein lassen.
Ich trat in den Flur, wo sich damals alles zugetragen hatte. Ich blickte mich angewidert um und ging in das Wohnzimmer. Mir kam ein Gedanke. Bevor ich zu Frederick ginge, musste ich noch einen Ort hier ein letztes Mal sehen. Ich lief in den Keller und in die Küche. Dort hatte ich gesessen und wegen Frederick geweint. Dort hatte Rose gesessen und mich getröstet. Dort hatte ich meine Wut an einem Stück Teig ausgelassen. Dort hatte ich für Frederick einen Kuchen gebacken, den er nach der Arbeit gegessen hatte. Dort hatte ich mich beim Kochen geschnitten und hatte immer noch eine Narbe. Dort hatte ich eine Magd beim Stehlen erwischt und kurz darauf entlassen.
So viele Erinnerungen stürmten auf mich ein, dass mir die Tränen kamen. Schnell blinzelte ich sie weg und verließ den Raum.
Ich lief die Treppe hoch und atmete vor Fredericks Tür ein und aus. Dann öffnete ich die Tür und schloss sie bei dem Anblick, den sich mir bot, direkt wieder.
Ich spürte einen Drang zum Übergeben in mir hochsteigen.
So etwas hätte ich nie in meinem Leben sehen sollen und hatte nun ein Trauma auf Lebzeiten. Schnell lief ich wieder nach unten und aus der Haustür. Frederick folgte mir. Ich rannte aus dem Vorgarten. Er schrie mir hinterher: „Das wirst du noch bereuen!" Wütend schmiss er die Tür zu und ich verlangsamte mein Tempo.
Zuhause angekommen ließ ich mich auf mein Bett fallen und dachte über dieses schreckliche Szenarium, dass sich in mein Gedächtnis gebrannt hatte, nach. Mir fiel der brillanteste Gedanke seit langem ein. Ich erpresse Frederick. Würde er Sofie nicht in Ruhe lassen, würde ich jedem von dem, was ich gesehen hatte, erzählen. Er würde alles dafür tun, dass niemand davon erfährt. Wirklich alles. Ich hatte ihn nun in der Hand und er würde tun, was ich wollte.

************************************Es tut mir sooo leid, dass ich lange nicht mehr geupdatet habe, aber ich glaube, meine Schreibblockade ist endlich überwunden. Für alle, die „Die Todesengel" von mir lesen: Hier habe ich meine Schreibblockade noch nicht überwunden. Keine Ahnung, wie lange es noch gehen wird, hoffe aber mir fällt bald etwas Gutes ein.
Für immer,
S.~

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