Magnus und die Peinlichkeit des Seins
Ich wünsche euch allen ein frohes und vorallem gesundes neues Jahr. Soviel ist geschehen, nicht alles war gut. Aber eines habe ich gelernt. Es ist nicht wichtig wie oft du fällst. Es ist wichtig, dass du jedes Mal wieder aufstehst und niemals die Hoffnung verlierst. Passt auf euch auf und bleibt gesund.
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"Es tut mir leid. Das wusste ich nicht. Ich... es tut mir leid", sage ich entschuldigend. Das Ganze ist mir sehr unangenehm. Ach was rede ich da. Peinlich. Es ist einfach nur peinlich und ich möchte im nächstgelegenen tiefen Erdloch verschwinden. Ich habe das Ansehen seines besten Freundes beschmutzt. Beschämt falte ich meine Hände und verstecke sie unter dem Tisch. Alexander versucht nach ihnen zu greifen aber ich bin schneller. Das Wasserglas wankt gefährlich, als es durch die ruckartige Bewegung wieder von seiner Hand gestreift wird. Jedoch ist er diesmal nicht schnell genug und eine Flut Wasser ergießt sich auf dem Tischtuch.
Vergeblich versucht er die Spuren mit einer der hochwertigen Stoffservietten zu kaschieren.
"Du konntest es nicht wissen. Er war ein guter Vater. Jace hat Charlie vergöttert und Clary ebenso. Sie waren das Wichtigste in seinem Leben. Und mir hat er die Verantwortung übertragen, auf seine Mädels aufzupassen wenn er nicht da ist. Ich tu alles damit es ihnen gut geht und Charlie ihren Vater nie vergisst", erklärt Alexander mit einer Inbrunst in seiner Stimme das ich die Tiefe Liebe die er für diesen Mann empfand förmlich spüren kann.
"Du hast ihn sehr geliebt. Auf deine Art. Wie einen Bruder", sage ich und Alexander nickt zustimmend. Schweigen tritt ein und diesmal ist es die Art von Stille, die unangenehm unter der Haut kratzt. Kein sanftes Schaukeln wohliger Zufriedenheit, keine unausgesprochene Übereinkunft. Es fühlt sich anders an. Ich weiß nicht mehr was ich sagen kann um die Stille zu durchbrechen und Alexander hadert mit sich, ob er etwas sagen soll. Ich sehe es in seinem Gesicht. Die Grübelfalten auf der Stirn, scharfkantige Zähne die nervös über zartrosa Lippen schaben.
"Jace war seit der Highschool mein bester Freund. Er führte mich an meinem ersten Tag über das Schulgelände, zeigte mir die Cafeteria und sein Wohnzimmer, das Footballfeld. Er war ein begnadeter Spieler. Quarterback und Captain. Beliebt bei den Mädchen und den Jungs. Er hat nie ein Problem damit gehabt, dass ich anders war. Es war ihm egal das ich keinen Sport machen durfte. Es war egal, dass mein Verstand schneller arbeitete als seiner. Auch meine Träume von einem Leben außerhalb der Mauern unserer kleinen Stadt und das Streben nach sexueller Freiheit. Mein Outing kommentierte er nicht. Er nahm es schulterzuckend hin und fragte, ob er trotzdem an den Wochenenden bei mir pennen dürfte. Das war seine einzige Sorge. Das unser Ritual eines Filmeabends nun nicht mehr stattfinden könnte. Dabei war ich derjenige der Angst davor hatte, dass Jace es unnatürlich oder abartig finden würde mit mir in einem Bett zu schlafen. Einem schwulen Teenager bis zum Rand gefüllt mit Hormonen. Er war immerhin der Vorzeigehetero unserer Gemeinde. Aber so gar nicht mein Typ. Und er hätte dich gemocht. Das weiß ich mit Sicherheit. Charlie mag dich und Charlie irrt sich selten", erzählt Alexander mit glänzenden Augen und ich hänge wie gebannt an seinen Lippen.
"Wow. Ihr standet euch sehr nahe", sage ich.
"Ja. Er war der Bruder den ich nie hatte und mir als Kind so oft gewünscht habe. Ich liebe meine Schwester. Und ich möchte die Zeit mit ihr nicht missen. Aber auf Dauer, war es doch etwas eintönig."
"Warum?", frage ich interessiert und wieder ist da dieses kleine Zweifeln, ein kurzer Moment des überlegens ob und wieviel er mir erzählt.
"Ich war als Kind sehr krank. Es wurde eine chronische Lebererkrankung diagnostiziert. Im Sommer als ich in die Schule wechselte und so dermaßen stolz war, nun zu den Großen zu gehören. Meine Eltern weinten und ich verstand erst nicht was los war. Verschiedene Tests wurden gemacht, es folgte ein Aufenthalt im Krankhaus und meine kleine Schwester quängelte ständig weil sie mit mir spielen wollte. Es war eine schwere Zeit für uns alle. Psychisch wie körperlich. Meine Mutter verbrachte soviel Zeit wie möglich bei mir im Krankenhaus, mein Vater kümmerte sich um Izzy. Das ging aber nur solange bis zur OP. Ich verdanke meinem Vater mein Leben. Als Dr Starkweather kam und die Testergebnisse verkündete, brachen meine Eltern in Tränen aus. Die Blutgruppe stimmte, Dad war gesund, es bestand kein erhöhtes Risiko für Komplikationen während und nach der Operation. Das Team um Dr Starkweather machte einen hervorragenden Job. Die Schwestern waren immer freundlich und kümmerten sich um mich wenn meine Eltern nicht da sein konnten. Sie hatten Jobs die sie nicht vernachlässigen konnten und Izzy war noch so klein und hilfsbedürftig. Es ging mir gut nach der OP und meine Mutter hörte nicht mehr auf zu beten und Gott zu danken. Jeden Tag besuchte sie die Kapelle im Krankenhaus, vor der OP und auch danach. Sie zündete immer eine Kerze an, das tat sie bis zu ihrem Tod."
"Dein Vater war dein Spender?", frage ich mit kratziger Stimme und spüre bereits wie sich die Tränen sammeln und bereit für ihre Reise machen. Alexanders Geschichte berührt mich sehr.
"Ja. Dad kam als Spender infrage und zögerte nicht einen Moment. Für ihn war nichts wichtiger als mein Überleben. Niemals hätte er zugelassen, diese Chance zu verpassen und auf eine Spenderleber eines Verstorbenen zu warten. Dr Starkweather entnahm einen Teil der gesunden Leber meines Vaters und transplantierte sie in meinen Körper. Nur soviel wie ich zum Weiterleben brauchte. Die Leber meines Vaters wuchs auf Normalgröße nach und auch mein Teil verrichtete hervorragende Arbeit. Ich durfte während meines Studiums ein paar Mal dabei assistieren. Es ist ein komisches Gefühl, wenn man weiß, dass man selbst vor Jahren auf solch einem Tisch lag. Aber heute geht es mir gut. Ich nehme meine Medikamente und gehe regelmäßig zu den Untersuchungen. Mein Vater starb vor zwölf Jahren. Viele Jahre hatte ich das Gefühl, ihm nicht ausreichend gedankt zu haben. Heute weiß ich, dass ich ihm am meisten danke, wenn ich lebe. Ich kann ein normales Leben führen und das verdanke ich meinem Vat... Magnus ist alles okay?"
Nichts ist okay. Stumme Tränen brennen hinter meinen geschlossenen Lidern, ich versuche ruhig und gleichmäßig zu atmen. Manchmal schießen Erinnerungen in deinen Kopf und wandern direkt ins Herz. Sie verursachen Schmerz und Leid, produzieren dicke Tränen die schließlich über dein Gesicht fließen. Nur sind es nicht meine Erinnerungen die mich veranlassen zu weinen, sondern die Erzählung von Alexander. Hinter jedem Schmerz, verbirgt sich eine Seele voller Geschichten. Seine Eltern sind nicht mehr am Leben und auch sein bester Freund ist nicht mehr da. Er trägt eine Verantwortung auf seinen Schultern, welche tonnenschwer wiegen muss. Irgendwann wird seine Patentochter Fragen stellen und irgendwann wird die Erinnerung verblassen. Es ist die Angst eines jeden Hinterbliebenen, sich nicht mehr an den Klang der Stimme oder den Geruch eines vertrauten Aromas zu erinnern. Momente vergehen und irgendwann wird aus einem Felsbrocken am Ufer des Lynn-See ein Kieselstein im Flussbett, Rosenduft lieblich süß und dornenfrei zu einem Strauß wilder Wiesenblumen. Das Gefühl wenn eine Mutter sanft das Haar ihres kleinen verängstigten Jungen aus der schweißnassen Stirn wischt, ihre Finger versuchen die wilden Strähnen zu zähmen und doch kläglich scheitern. Die Vibration des leisen Summens welches beruhigend auf Seele und Geist wirkt, geflüsterte Worte in der Dunkelheit der Nacht.
Ich vermisse meine Eltern, mein Zuhause und die Geborgenheit welche sie mir immer gaben. Wie muss es dann erst Alexander ergehen? Zumal die Zeit um Weihnachten für die meisten Menschen verbunden mit Familie und dem Zauber vergangener Tage ist. Vorsichtig öffne ich meine Augen und versuche den dicken Kloß welcher in meiner Kehle steckt hinunter zu schlucken. Es gelingt mir nur schwerlich und erste Tränen verlassen meine Augen. Ich spüre ihre Wärme auf meiner Haut und auch die salzige Spur die sie hinterlassen. Alexander legt seine Hand an meine Wange und ich schmiege mich in diese Berührung. Sanft fängt die Kuppe seines Daumens die Wassertropfen auf. Er lächelt leicht und doch sehe ich eine gewisse Traurigkeit in Alexanders Augen. "Entschuldige. Ich wollte nicht das du mich gleich bei unserem ersten Date weinen siehst. Das ist so peinlich", sage ich und atme geräuschvoll aus.
"Du bist wunderschön", haucht er und ich möchte ihn so gerne küssen. Doch dazu kommt es nicht. Der nervige Kellner unterbricht unseren Moment. Schnell greife ich nach der Serviette und verwische die restlichen Spuren meines emotionalen Ausbruches. Die Situation ist mir so schon unangenehm genug. Da muss der Kellner nicht auch noch eine Scheibe dieser Show abbekommen. Alexanders Hand verlässt viel zu schnell meine Wange und strahlend widmet er seine Aufmerksamkeit dem Kellner. Na super. Ich verdrehe theatralisch meine Augen als er schwungvoll und elegant einen großen weißen eckigen Porzellanteller vor Alexander platziert.
"Entrecote mit Gewürzkruste für den Mann mit den schönsten Augen...", säuselt der Kellner. Er kann es einfach nicht lassen. Alexander bedankt sich höflich und ich möchte am liebsten schreien. Was bildet sich dieser arrogante Schnösel eigentlich ein? Ja, ich gebe es zu. Ich bin eifersüchtig. Wie heiße Lava fließt sie durch meine Venen, vergiftet mit ihrem beißenden Geruch meinen Verstand.
Der Schmierlappen flirtet so offensichtlich mit meiner Verabredung, dass selbst der letzte Gast in diesem Restaurant die Augen verdreht sobald er uns beobachtet. Und ich ärgere mich maßlos darüber, dass Alexander nichts dagegen sagt. Mein Frust über das äußerst unangemessene Verhalten des Kellners ist mittlerweile auf einer sehr hohen Stufe angekommen und es fehlt nicht mehr viel, bis die heiße Lava in meinem Inneren übersprudelt. Zähneknirschend sehe ich ihm dabei zu, wie er Alexander eindeutige Blicke zuwirft. Die Gewitterwolke um meinem Kopf wird immer dunkler, tiefschwarze Dunstschwaden umweben mich und wären meine Emotionen und Gedanken eine Farbe, wäre es schwarz. Dunkelschwarz wie die tiefste Nacht und die Pforten auf dem Weg zur Hölle.
"... Gemüsecurry für die Begleitung", höre ich ihn sagen und erwache aus den Fantasien über ein zufällig fehlgeleitetes Messer. Gemüsecurry? Irritiert sehe ich den Kellner an und sein abwertender Blick bohrt sich tief unter meine Haut. Ich hasse ihn so sehr. Ich rieche das Gericht bevor ich es sehe. Der feine Duft nach Basmatireis, fruchtiges Zitronengras und Kaffirlimettenblätter vermischen sich mit der süßen Note von Kokosmilch. Die Schärfe von leuchtendroten Chilischoten und blassgelben Ingwer prickelt auf meiner Zunge. Feinherb würzig und leicht bitter der unverwechselbare Geschmack von Kurkuma, gepaart mit dem süßlich fruchtigen gar orangenartigen Aroma von Koriandersamen, erwachen meine Sinne zu neuem Leben. Sämtliche Geschmacksrezeptoren auf meiner Zunge tanzen in freudiger Erwartung.
"Sayur Godog Betawi", sage ich leise und schüttele ungläubich meinen Kopf. Ein blutroter runder Suppenteller steht vor mir, hebt sich dunkel vom hellen Weiß des Untergrundes ab. Der Boden des Tellers bedeckt mit einem hellgelben aromatisch duftenden Sud aus Kokosmilch, Currypaste und Zitronengras. Schlangenbohnen-, Karotten-, Chayote- und Kohlstücke vervollständigen das Bild und ich kann es einfach nicht glauben. In Jakarta gilt Sayur Godog Betawi als Festessen und kommt vor allem an Feiertagen auf den Tisch. Woher wußte Alexander das? Ein weiterer Teller findet seinen Platz auf dem weißen Tischtuch und ich ziehe zischend die Luft ein. Frittiertes Emping. Wo hat er das her? Emping wird aus den Samen von Gnetum gnemon hergestellt und hat einen leicht bitteren Geschmack. Als Kind mochte ich es überhaupt nicht. Aber mittlerweile mag ich es als Beilage zu Gemüsecurry sehr gerne.
"Woher? Also ich meine... ich habe bis eben nicht erwähnt das ich aus Indonesien stamme. Woher wußtest du das? Und ausgerechnet Sayur Godog Betawi. Ich weiß gerade nicht was ich sagen soll", sage ich und höre Alexander belustigt kichern. Noch immer starre ich ungläubig auf die Speisen vor mir, die Schärfe von Chili und die würzige Note von unterschiedlichen Aromen. Mir knurrt so dermaßen der Magen und jede Menge Erinnerungen an vergangene Tage strömen auf mich ein. Dieses Gericht war die Leibspeise meiner Grandma und ich habe sie sehr geliebt. Statt einem unförmigen Klecks servierte meine Grandma immer Lontong, gepresster Reis im Bananenblatt.
"Jace, Raphael und und ich verbrachten vier Wochen in Indonesien. Direkt nach unserem Abschluß an der Highschool und bevor der Alltag des Universitätslebens mich einholte. Raphael zog uns von einer Garküche zur nächsten und probierte sich durch halb Jakarta. Auf Bali verliebte er sich in Nasi Campur mit fermentierten Sojabohnen und Hühner Sate." Und schon hat er meine vollständige und uneingeschränkte Aufmerksamkeit.
"Du warst in Jakarta?", frage ich und Alexander nickt.
"Es war wunderschön. Ich wußte, ich kenne deine Sprache. Aber sicher war ich mir erst, als ich Zuhause war und das Internet befragt habe. Ich hätte daran denken müssen, dass du auch zum Teil der Bevölkerung gehörst der vegetarisch lebt. Also war ich statt auf der Toilette in der Küche bei meinem lieben Schwager und habe ihn gefragt, ob er für dich ein indonesisches und vorallem vegetarisches Gericht zubereiten kann."
"Wann? Ich meine, wir hätten uns viel eher kennenlernen können", sage ich und wieder schenkt Alexander mir dieses umwerfende Lächeln.
"Du warst ungefähr sechs Jahre alt. Ich halte das für unwahrscheinlich. Umso mehr freue ich mich, dass wir uns hier begegnet sind."
"Danke Alexander", sage ich leise.
"Wofür?", fragt er.
"Für das Essen. Du hast extra ein vegetarisches indonesisches Gericht bestellt. Niemand hätte das für mich getan. Es ist unglaublich süß von dir und ich bin gerade ein bisschen überfordert", gebe ich ehrlich lachend zu. Alexander legt seine Hand auf meine und ich fühle mich wie auf einer rosafarbenen Wolke. Diese Geste erwärmt so dermaßen mein Herz, ich könnte schmelzen und vor seinen Füßen zu einer Pfütze zerfließen.
"Möchtest du eine Gabel? Oder genügt der Löffel?", fragt er und ich schwöre bei allem was mir heilig ist, diesen Mann nie wieder gehen zu lassen. Gleich morgen werde ich eine schwere Eisenkette mit dazugehörigen Schloss besorgen und ihn für immer und ewig an mich binden. Alexander ist der Traum von einem Mann und definitiv ist er Meiner.
"Nein. Es ist alles gut so. Der Löffel reicht vollkommen. Wie du weißt, essen Indonesier oftmals mit den Händen. Aber das mache ich hier in der Öffentlichkeit nicht. Es ist perfekt so wie es ist. Vielen Dank Alexander", antworte ich lächelnd und kann es kaum erwarten mich in den Aromen meiner Heimat zu verlieren. Ich hoffe, Alexanders Schwager kocht so umwerfend wie es riecht.
Bereits der erste Löffel reicht um mein Herz zum rasen zu bringen und meine Gedanken meilenweit in die Vergangenheit zu katapultieren. In meinem Kopf läuft ein Film, schwarz-weiße Bilder und an den Rändern leicht verblasst. Meine Grandma sitzt in ihrer kleinen Hütte, das Feuer flackert orange-rot auf der Kochstelle. Um einer Reihe verschiedener Speisen sitzt meine Verwandtschaft im Schneidersitz auf dem Boden, meine Mutter streichelt ihren mittlerweile gigantischen Bauch und mein Grandpa schaut von oben auf uns herab. Die Gespräche verstummen immer dann wenn wir uns an den Geschmäckern traditioneller Speisen erfreuen. Die Feiertage verbrachten wir so oft wie möglich bei meinen Großeltern und dem Rest meiner nicht gerade kleinen Verwandtschaft. Familie war und ist ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben. Viel zu früh verloren wir Grandpa und meine kleine Schwester, welche nicht dazu bestimmt war auf ihren kurzen Beinchen durch die Straßen von Jakarta zu laufen. Ihr Lachen verblasste und auch das Foto auf dem kleinen Tisch neben den Gottheiten, die nun über sie wachen.
"Hmhm, das schmeckt fantastisch. Nicht ganz so gut wie Zuhause. Aber lecker. Unglaublich. Ich habe das Gefühl wieder Kind zu sein und meine Grandma serviert ihr Leibgericht", sage ich und tauche mit jedem Bissen tiefer in die Geschmackswelt meiner Heimat ein. "Wie ist dein Steaks?", frage ich und Alexander nickt schweigend. Er redet nicht mehr seit wir begonnen haben zu essen und plötzlich überrollt mich die Erkenntnis wie ein riesengroßer Felsbrocken auf dem Weg vom Berg ins Tal. Alexander hält sich an die Traditionen meines Landes. Seit ich in Amerika lebe, habe ich gewisse Dinge abgelegt oder zumindest für eine bestimmte Zeit des Tages. Indonesier reden nicht beim essen. Vorher und auch danach findet immer ein reger Gesprächsausstauch statt. Eines der ersten Dinge die indonesische Kinder lernen, sind Verhaltensregeln beim essen. Immer nur die rechte Hand, die linke ist unrein. Schneidersitz und die Fußsohlen bleiben am eigenen Körper und werden nicht den anderen Gästen präsentiert. Schweigen. Kein unnötiges Geplapper oder hitzige Diskussionen über die neuesten politischen Entwicklungen. Dafür ist vor und nach dem Essen Zeit. Schmunzelnd beobachte ich Alexander wie er die Aromen der verschiedenen Komponenten vermischt und genießt. Er kaut lange und ausgiebig, seine Kiefermuskulatur hebt sich deutlich hervor und ich versinke in dem Anblick dieses schönen Mannes. Um uns herum finden rege Gespräche statt, doch uns umgibt Stille. Eine Stille die mein Herz auf eine Art und Weise berührt, die schwer in Worte zu fassen ist. Er ist ein unglaublicher Mann. Er bestellt indonesisches vegetarisches Essen, für mich. Er ordert anderes Brot, für mich. Er beachtet die Sitten und Gebräuche meines Landes, für mich.
Mit jeder Sekunde die ich ihn länger betrachte, verliere ich mich in Details und stelle überrascht fest, dass mein Herz genau weiß was es will. Und auch mein Kopf ist sich sicher, dass es keine Zweifel gibt. Ich will ihn. Alexander.
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