Magnus und das böse Erwachen
Meine Braut sitzt neben mir. Ihr Gesicht verborgen unter einer Schicht Farbe, der Duft von Jasmin kitzelt in meiner Nase und die funkelnden Diamanten in ihrer Krone welches das rabenschwarze Haar bewacht, blenden meine Sicht. Leicht verschwommen nehme ich eine Bewegung neben mir wahr, mein Vater läutet den Beginn der Paggih Zeremonie ein. Er reicht uns zusammengerollte Sirihblätter, welche ich auf meine Braut werfe und sie auf mich. Zum einen ist es ein Zeichen für gestohlene Herzen und Gehorsam. Zum anderen soll das einseitige Treffen der Blätter Dominanz veranschaulichen oder eben Gleichheit, wenn beide treffen. Ich treffe nicht, werfe bewusst daneben und höre ein unzufriedenes Knurren dicht hinter mir.
Leise dringen Worte an mein Ohr, verletztend und nicht wahr. Aber einmal gesagt, brennen sie sich tief in mein Gedächtnis ein. Schwerfällig erhebe ich mich und trete auf ein rohes Ei. Ein weiterer Brauch, Nummer zwei von acht. Mit einer Ernsthaftigkeit und Hingabe die schon fast lachhaft ist, wäscht die Braut meine Füße. Ich seufze, denn dieser Brauch symbolisiert die Hoffnung auf Kinder. Ein absolut nichtvorstellbares Szenario. Für mich. Denn meine Braut weiß nichts von meiner Art zu Leben, sie ist gekauft, nicht meine Wahl und wäre es nie gewesen.
Plötzlich sitze ich auf dem Schoß meines Vaters. Ich spüre seine Arme beschützend um meinen Körper, fühle die Wärme des Helden meiner Kindheit. Er wiegt mich hin und her, bestätigt meinem Schwiegervater, dass ich das gleiche Gewicht wie seine Tochter habe. Er bestätigt uns, dass wir beide gleich viel geliebt werden. Mir ist schwindelig, mein Vater bewegt sich immer schneller, das sanfte schaukeln wandelt sich in schütteln. Alles dreht sich und mein Vater lacht höhnisch, während er mit seiner tiefen Stimme 'Dia tidak mencintaimu' wispert.
Sie ist wirklich schön. Jung, mit mandelförmigen braunen Augen, kirschroten Lippen, Haaren so schwarz wie die Nacht in der er mich verließ und Haut so weiß wie der Schnee, welcher an einem schicksalshaften Tag im New Yorker Winter auf unsere Häupter fiel. Ein seidiges Tuch verhüllt ihre zarten kleinen Hände. Reis, Blumen und Geld schütte ich hinein, als Zeichen für Reichtum, Schönheit und Fruchtbarkeit.
Weitere kleine Rituale werden vollzogen, alles rast in Lichtgeschwindigkeit an mir vorbei. Ich nehme kaum etwas wahr und atme erleichtert aus, als ich alleine auf dem Podium stehe. Unter mir ein Gewusel von Menschen. Sie lachen und essen, reden fröhlich miteinander und ich stehe einfach nur da und lasse stumme Tränen über meine Haut laufen. Sie sind mein bester Freund seit einer Ewigkeit und besonders nach einer Nacht voller schmerzender Erkenntnisse ein stetiger Begleiter.
Mein Herz zieht sich krampfhaft zusammen. Seit Stunden stehe ich hier, neben mir meine Frau und ständig kommen neue Menschen, schütteln Hände, gratulieren und wollen Fotos. Ein Marathon beginnt und irgendwie ist kein Ziel in Sicht. Der grelle Blitz schmerzt in meinen Augen, die Tränen sind versiegt für den Moment und warten nur auf die Dunkelheit der Nacht und meinen quälenden Erinnerungen.
Soviele Menschen. Ich kenne sie nicht. Ihre Gesichter liegen im Schatten, teilweise sind sie zu hässlichen Fratzen verzogen. Das Abbild der Götter meiner Kindheit, der Anker in einer Welt voll Dunkelheit und Schmerz. Jahrelang habe ich um Erlösung gefleht. Ich wollte nie so leben. Eingezwänkt in eine Ehe, mit einer Braut die nicht ich aussuchte, sondern das Beste für meine Familie war. Wenn sie wüsste wen sie geheiratet hat. Einen Mann, welcher die Liebe seines Lebens Kilometerweit hinter sich gelassen hat. Aber in meinem Herzen ist er immer da und wieder einmal spielt mein Verstand mir einen Streich. Die Musik verstummt und auch das Lachen der Gäste. Ich nehme nichts mehr wahr, nur noch ihn, die Melodie seiner Worte, der Klang der Verzweiflung, der Ton des Schmerzes in meiner Fantasie. Oft habe ich Nachts in meinem kleinen Zimmer im Haus meiner Eltern gelegen und an unsere gemeinsame Zeit gedacht. Kurz, intensiv, voll von Liebe, Hingabe und Glückseligkeit.
Und wieder höre ich diese sinnliche Stimme, weine heiße Tränen und lausche der lieblichen Melodie seines tiefen Basses. Die Erinnerung jagt mir eine Gänsehaut über meinen bebenden Leib und ich schluchze laut als ich meinen Kopf hebe und in das Antlitz eines Engels blicke. So schön steht er da, ganz in weiß gekleidet und hebt sich von den bunten schillernden Gewändern der Hochzeitsgäste ab. Lila und Gold dominieren, doch ich habe nur Augen für ihn. Strahlend hell leuchten seine blauen Augen, sie flehen mich an nach seiner ausgestreckten Hand zu greifen. Fast durchsichtig erscheint seine Haut, so dünn wie Pergament, glitzernd wie die Sterne am Himmelszelt.
"Pegang tanganku", flüstert er und ich stehe einfach nur da, schaue in sein wunderschönes blasses Gesicht und habe das Gefühl zu fallen. Ganz langsam und tief und niemand ist da der mich auffängt. Immer tiefer falle ich und immer weiter entfernt er sich von mir.
"Tidak", flehe ich. "Tidak, Alexander." Doch er hört mich nicht. Gleitet tiefer in den Nebel der ihn umgibt, ich sacke schreiend auf dem Boden zusammen. Alles ist kalt und ich fühle mich innerlich tot. Gebrochen, verzweifelt, ohne ein Funken Hoffnung auf eine Zukunft.
☃️🎄🌟
Was Asmodeus zu Magnus sagt:
"Dia tidak mencintaimu."
Er liebt dich nicht.
Was Alec zu Magnus sagt:
"Pegang tanganku"
Nimm meine Hand.
Was Magnus zu Alec sagt:
"Tidak."
Nein.
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