3 | Schwarzes Loch

○ 》 Lorelei 《 ○

Seine weichen Lippen legten sich auf meine. Rhys küsste mich! Mein erster Kuss!

Flatternd schloss ich die Augen, wusste für einen Augenblick nicht, was ich tun musste. Rhys bewegte seine Lippen auf meinen, und ich versuchte gleiches zu tun.

Plötzlich lagen seine beiden Hände an meiner Taille, er zog mich noch näher an sich heran. Ich konnte seine Härte an meinem Bauch spüren, was meinen Herzschlag sofort verdoppelte. Doch ich hatte weder Angst, noch beschlich mich das Gefühl des Unbehagens. Nein, stattdessen war ich so erregt wie noch nie.

Rhys überragte mich um einen ganzen Kopf, was mir gefiel. So fühlte ich mich richtig beschützt von ihm, seine starken Arme um meinen Körper taten ihr übriges. So geborgen und sicher wie nun hatte ich mich vermutlich noch nie gefühlt.

Langsam machten sich meine Hände selbstständig, und ich legte sie ihm in den Nacken. Ich berührte seine warme Haut an dieser Stelle, was ihm einen kehligen Laut entlockte. Seine Zunge stieß an meine Lippen, bat um Einlass, den ich ihm gewährte. Unsere Zungen berührten sich, was nur noch mehr Verlangen in mir aufflackern ließ. Wüsste ich es nicht besser, könnte ich annehmen, in Flammen zu stehen. Ein nie dagewesenes Feuer entflammte in mir, wollte mehr hiervon. Mehr von Rhys. Meine Mitte pochte stark, ich spürte wie ich feucht wurde.

"Fuck, ich würde dich jetzt so gerne zu meinem machen", stieß Rhys schwer atmend aus.

Ich öffnete meine Augen, und starrte in ein schwarzes Loch. Ein Loch, in welches ich mich zu gerne fallen lassen wollte. Rhys Pupillen waren geweitet, spiegelten pure Leidenschaft wider. Seine Augen waren so dunkel wie die Nacht, selbst der Braunton war aufgrund der gedehnten Pupillen beinahe nicht sichtbar.

"Wieso tust du es dann nicht?", wagte ich leise zu fragen.

"Weil ich dich für dein erstes Mal nicht im nassen Schnee nehmen will", raunte er heiser.

"Woher weißt du, dass ich noch nie ..." Ich beendete meinen angefangenen Satz nicht.

"Dass du noch nie Sex hattest?" Bei seinen Worten färbten sich meine Wangen automatisch rot. Wieso war ich bloß so verklemmt?

Ein schelmisches Grinsen umspielte seine Lippen, als er meinem Ohr erneut näher kam. "Ich rieche es, ich spüre es, und ich sehe es dir an", wisperte er, sodass sein warmer Atem meine nackte Haut streifte. Danach biss er mich sanft ins Ohrläppchen, woraufhin mir ein Keuchen entkam.

"Verdammt, diese Selbstbeherrschung ist echt schwer, wenn solche Geräusche deinen Mund verlassen", murmelte er, ehe er erneut meine Lippen in Besitz nahm.

Oh, und wie er sie in Besitz nahm! Mein Mate küsste mir regelrecht den Verstand weg, sodass ich ganz sicher einige Anläufe bräuchte, um meinen Namen buchstabieren zu können.

Mein Mate! Als ich ihn vorhin hinter mir gespürt hatte, hatte ich es nicht glauben können. Seine Präsenz, sein Aussehen, einfach alles an ihm zog mich magisch an, dabei hatte ich mich vorhin keinen Zentimeter vom Felsvorsprung wegbewegt.

Rhys krallte seine Finger in meine Hüfte, als unsere Zungen erneut aufeinandertrafen. Seine Erektion brachte mich noch immer vollkommen um den Verstand. Hart drückte sie gegen meinen Bauch, und ich stöhnte leise auf.

"Fuck", keuchte Rhys, entfernte sich von mir. Scheiße, war er sexy, wenn er mich mit diesem Blick betrachtete, als begehrte er mich mehr als alles andere auf dieser Welt. "Wir holen jetzt deine Sachen. Ich kann dich nicht weiterküssen, ohne dir die Klamotten vom Leib reißen zu wollen. Meine Selbstbeherrschung war noch nie sonderlich gut."

"Okay", wisperte ich. Dabei konnte ich meine Vorfreude, endlich von meiner Familie wegzukommen, schwer verbergen. Ab dem heutigen Tag würde ich sie ziemlich sicher nicht wiedersehen, und das machte etwas mit mir. Nein, es war keine Trauer oder Wehmut, was ich fühlte, sondern regelrechte Freude und Glück. Die Mondgöttin hatte es also doch noch gut mit mir gemeint.

"Erzähl mir was von dir", forderte Rhys, als wir uns gemeinsam auf den Weg zur Hütte machten.

"Was möchtest du denn wissen?"

"Alles." Er lachte kurz auf. "Ich will wirklich alles von dir wissen." Mein Kopf drehte sich zu ihm, wo er mich bereits grinsend betrachtete.

"Ich will auch alles von dir wissen", gab ich zu.

"Wie alt bist du?", fragte er nun doch spezifischer.

"Zwanzig. Und du?"

Breit lächelnd umfasste er meine Hand, und verflocht unsere Finger miteinander. "Achtzehn."

"Du bist jünger als ich?" Mit geweiteten Augen gaffte ich ihn kurz an, bis ein ebenso großes Lächeln mein Gesicht zierte, wie seines. "Obwohl du jünger bist, fühle ich mich beschützt und sicher", flüsterte ich kaum hörbar. Doch aufgrund des ausgezeichneten Wolfgehörs verstand er jede Silbe.

Ich mochte das Gefühl von seiner Hand in meiner. Noch mehr allerdings mochte ich seine nächsten Worte: "Ich werde dich von nun an immer beschützen."

Gerührt schaute ich ihn wieder an. Vermutlich würde ich niemals genug davon bekommen, ihn zu betrachten. Selbst im Licht des Mondscheins war er wunderschön. Seine kurzen braunen Haare standen wirr in alle möglichen Richtungen, doch ich mochte es, denn es ließ ihn verspielt wirken. Seine Nase verlief zu einer Stupsnase zusammen, was irgendwie auch zu ihm passte. Und dann waren da noch seine dunklen Augen, die mich an schmelzende Schokolade erinnerten.

"Wer wohnt mit dir zusammen?", durchbrach er unsere Stille.

Mein Herz hämmerte plötzlich wieder stärker gegen meinen Brustkorb. Was, wenn meine Schwester wieder da war? Zwar lebte sie nicht mehr mit Vater und mir in der Hütte, sondern bei ihrem Mate, aber sie verbrachte viel zu viel Zeit bei uns.

"Du scheinst die Frage nicht zu mögen."

"Uhm." Ich räusperte mich. "Eigentlich wohne ich mit meinem Vater in einer Hütte, aber meine Schwester Suna besucht uns häufig."

"Sollte sie nicht da sein, möchtest du dich dann von ihr verabschieden?"

"Bloß nicht!", entkam es mir hastig. Ich warf Rhys einen Seitenblick zu, und sah, wie er neugierig eine Augenbraue hob. "Rhys ...", begann ich. "Sie hassen mich."

Mein Gefährte brachte mich zum Stehen, stellte sich direkt vor mich, um mir in meine Augen zu schauen. "Wie kann dich jemand hassen?"

"Du kennst mich doch gar nicht", antwortete ich ihm leise. Ich konnte ihm nicht länger in die Augen sehen, wandte daher meinen Blick ab, und begutachtete die Bäume hinter ihm.

"Dann klär mich auf", forderte er sanft. "Wieso denkst du, sie hassen dich?"

"Ich denke es nicht nur, ich weiß es." Seufzend wagte ich nun doch einen kurzen Blick in seine Schokoaugen, bis ich mich wieder in den Bäumen verlor. "Ich bin Schuld an Mutters Tod."

Es war leise. Viel zu leise. Ich wagte nicht in Rhys Gesicht zu schauen, hatte zu große Angst vor seiner Reaktion.

"Sie ... starb bei meiner Geburt. Weder mein Vater noch meine Schwester haben mir dies jemals verziehen, deshalb ... deshalb heiße ich auch Lorelei. Hinterhalt." Ich lachte trocken auf. "Weil ich ja so furchtbar hinterhältig bin."

"Komm her."

"Hm?" Doch ehe ich richtig realisieren konnte, was Rhys soeben gesagt hatte, befand ich mich auch schon zwischen seinen starken Armen. Ich vernahm seinen rhythmischen Herzschlag, während er mit seinen Händen meine Arme auf und ab fuhr. Das löste ein prickelndes Gefühl in mir aus, von dem ich sofort mehr haben wollte. Ich wollte Rhys so unglaublich nah sein, wie ich es sonst noch nie mit jemandem war. Mit jeder Berührung wurde mein Verlangen größer.

"Tief in dir weißt du hoffentlich, dass du keine Schuld dafür trägst. Und wenn du deinen Namen nicht magst, dann suche dir einen neuen aus. Du kannst deinen alten Namen hinter dir lassen. Hier lassen." Rhys überraschte mich mit seinen Worten. Verblüfft hob ich den Kopf, um ihm in die Augen zu sehen.

"Ich ... wüsste nicht welchen."

"Es gibt viele schöne Namen. Melody zum Beispiel. Weil ich den Klang deines Herzschlags als die schönste Melodie überhaupt empfinde. Ebenso wie deine zarte Stimme. Hm, oder ..."

"Warte", unterbrach ich ihn. Eigentlich schnitt ich niemals jemandem das Wort ab, weshalb ich mir jetzt zaghaft auf die Unterlippe biss, und meinen Mate betrachtete. Dieser jedoch folgte einzig und allein der Bewegung meiner Lippen.

"Beiß' nicht darauf herum, sonst ist es wirklich bald um meine Selbstbeherrschung geschehen", brummte er heiser.

Schnell ließ ich von meiner Lippe ab, ehe ich folgende Worte sagte: "Melody gefällt mir sehr gut. Vielleicht sollte ich Lorelei wirklich in der Vergangenheit lassen."

"Melody", wiederholte Rhys den Namen. "Er passt zu dir. Und er klingt so verdammt sexy."

Wieder huschte ein breites Lächeln auf mein Gesicht. Dass ich vor einigen Minuten noch todunglücklich gewesen war, drängte ich weit in den Hintergrund. Ebenso die Tatsache, wieso ich es gewesen war. Zwar hatte ich meinen Gefährten nun gefunden, aber meine innere Wölfin schlief noch immer tief und fest.

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