Türchen 3
Guten Morgen, liebe Leut,
vielen Dank für eure zahlreichen Beiträge gestern zu meiner Frage. Ich habe noch einige für euch in petto und ich kanns gar nicht erwarten, was wir daraus machen :P
Heute habe ich ein wenig Lou für euch. Und ihre wunderbaren Erinnerungen. Und Lou wäre nicht Lou, wenn sie nicht hoffnungslos verträumt wäre.
Ich wünsche euch einen wunderschönen Start ins Wochenende!
Bis morgen schon,
eure Mila<3
„Wie viel willst du eigentlich noch an den Weihnachtsbaum hängen? Der bricht ja bald zusammen."
Ich drehe mich zu meinem Bruder, der auf dem Sofa liegt und eine seiner wenig anspruchsvollen Serien schaut. Klugscheißer.
„Ich finde, es sieht schön aus. Und zu viel gibt es an Weihnachten gar nicht." Es war gerade perfekt. Zufrieden schaue ich auf den Baum vor mir. Zugegeben: Es war nicht mehr viel...Baum.
„Louisa, Schatz, findest du nicht, dass man auch noch etwas von dem Baum sehen sollte?" Mist. Mütter und ihr elendes Gedankenlesen. Mum kommt gerade aus der Küche und betrachtet mein Kunstwerk. Ich weiß gar nicht, weshalb alle sich so anstellen. Neben den Weihnachtskugeln hängen doch nur ein wenig Lametta, ein paar andere Ornamente und eine Lichterkette an der Tanne.
„Da hast du's!"
Mein Bruder sieht mich triumphierend an und ich kann nicht anders als demonstrativ mit den Augen zu rollen. Er hätte seinen Arsch ja ruhig auch mal auf die Leiter schwingen können und mir beim Schmücken helfen. Aber nein. Stattdessen läuft American Dad. Zum Glück stehe ich mit meinen 17 Jahren endlich darüber.
„Aber wozu haben wir denn dann all den Schmuck?"
Ich sehe Mum an und sie seufzt. Es ist ein ist-das-jetzt-dein-Ernst?-Seufzen.
„Im Keller sind doch noch Tannengirlanden, warum holst du die nicht hoch und machst sie gemeinsam mit dem restlichen Schmuck an der Treppe fest. Die sieht noch ein bisschen nackt aus."
Mein Vater sieht von seiner Zeitung auf und ich nicke begeistert. Endlich jemand, der mich versteht. Bei all den Unromantischen hier. Ich bemerke, wie meine Mutter der Treppe bereits einen entschuldigenden Blick zuwirft. Geht's noch?
Dann schüttelt sie den Kopf und geht zurück in die Küche, um die letzten Weihnachtsplätzchen fertig zu machen. Im ganzen Haus duftet es nach Zimt und Vanille, meinen absoluten Lieblingsgerüchen. Eigentlich könnte das ganze Jahr über Weihnachten sein, oder nicht? Alles ist so wunderschön geschmückt, die Leute sind fröhlich und es gibt jede Menge Plätzchen zu essen. Das Fest der Liebe. Ob ich sie auch mal finden werde, die große Liebe? Ich muss lächeln als ich an den Typen denke, der mich vor einigen Tagen durch die California State University in Sacramento geführt hat. Dominic. Es ist eigentlich noch viel zu früh für mich, um ans College zu denken, aber ich wollte unbedingt schon einmal Studentenluft schnuppern. Sie roch männlich, herb, sexy.
Ich sehe aus dem Fenster. Mittlerweile wird es dunkel, die Weihnachtsbeleuchtungen der Nachbarn gehen an und die ganze Straße funkelt. Bis auf ein Haus, etwas weiter entfernt. Im Vergleich zu den anderen wirkt es trostlos, als wäre die Weihnachtszeit dort noch nicht angekommen, als wäre nichts von dem Zauber überhaupt dort angekommen.
Es ist das Haus von Al. Ihre Mutter ist wohl immer noch nicht dazu gekommen, alles zu schmücken. Sie muss viel arbeiten, damit die Familie über die Runden kommt. Meistens auch an Weihnachten selbst, morgens werden kurz die Geschenke ausgepackt, danach geht sie zur Arbeit. Al kommt dann meistens zu uns und isst hier, ihr Bruder geht zu seinem besten Freund. Manchmal sieht sie niedergeschlagen aus, wenn sie unser geschmücktes Wohnzimmer sieht, bis sie dann ihr Geschenk von meinen Eltern bekommt. Sie lieben sie. Und sie wollen, dass Al ein unbeschwertes Fest genießen kann. Für meine Familie ist es heilig. Wir verbringen den ganzen Tag zusammen, spielen und essen gemeinsam, wir lachen, mein Vater filmt uns, wenn wir Geschenke auspacken, manchmal singt meine Mutter, aber das ist dann eher etwas peinlich.
Und ich? Ich sitze in den gemütlichen Sesseln meiner Eltern, nasche Mandeln und Plätzchen und träume vom Leben, vor allem von Dominic. Das perfekte Weihnachten eben. Nur wenn ich an Al denke, dann macht es mich ein bisschen traurig. Das Fest der Besinnlichkeit. Ich denke, davon hätte ich für jeden ein klein wenig übrig: Liebe.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top