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Die Liebe war unser treuer Begleiter durch die frostige Zeit. Es muss wohl die kalte Luft gewesen sein, die unseren Verstand durcheinanderbrachte und mich über den dicken Schnee unter meinen Stiefeln fielen ließ.
Du warst zu jeder Zeit bereit, mich aufzufangen.
Es war mein Wunsch, der zum Leben erwachte. Den Winter seiner Kindheitsträume, mit kleinen Schneemännern, mit dicken orangen Karottennasen, nassen Schneeballschlachten, bis einem die schweißigen Strähnen ins Gesicht fielen und die Lippen blau anlaufen.
Und der geborgenen Wärme, in die du dich nach einem langen Tag begabst, in erfüllte Arme.
Ich habe jeden Aspekt davon von Herzen geliebt.
Aber du hast es nicht getan.
Deine Hände waren kalt. So kalt, dass Winternächte mich an dich erinnerten. Wenn der Wind gegen meine nackte Haut blies, stellte ich mir vor, dass mich deine arktische Präsenz umarmt. Der Wind streichelte mich, wie du es zuvor getan hast.
Trotzdem verschwand die Kälte und hier wurde ich wieder an dich erinnert.
Jetzt war ich ein Ebenbild des Winters,
als du zu lange auf meine aufgerissenen Lippen oder meine eisblauen Augen startest und du daran dachtest, dass ich nicht kaltherzig war. Ich war nur frostbedeckt
und so bleich, dass deine Fingerspitzen noch lange, nachdem du gegangen bist, verblieben, fast wie Abdrücke in frisch gefallenem Schnee.
Und ich wartete darauf, dass der Boden wieder bedeckt wird, damit ich mich nicht an die Spur erinnern muss, die du hinterlassen hast.
Ich war wie der Winter, als eine kühle Brise über deinen Körper strich. Nicht unwillkommen, doch nicht erwünscht.
Ich war wie die warme Seite deines Kissens,
du verliest mich, wenn du müde wurdest.
Ich war deine Darbietung des Winters.
Aber ist es zu viel verlangt der Herbst zu sein?
Denn manche Menschen finden Schönheit in den toten Dingen. Vielleicht hast du das in mir gesehen.
Doch du trittst auf die toten Blätter
und du hörst das Knirschen unter deinen Füßen
und du findest Schönheit in den Farben,
aber es ist kalt
und es gibt keine Blätter mehr zu zerquetschen. Nur Eis und staubige Erinnerungen an die Zeit, als Weihnachtsbeleuchtung ein Gefühl von Trost war.
Ich sehnte mich danach, mich in einem roten Band zu ersticken, weil du mir dann vielleicht noch eine Chance gegeben hättest.
Der Schnee trieb vom Himmel,
das Lächeln von Menschen erhellte
mit den Lichtern am Baum,
als Feuer im Hintergrund knisterte.
Gelächter flogen durch die Luft, wie der Schlitten des Weihnachtsmanns
Jahre zuvor.
Die Musik spielte immer noch.
Menschen sangen immer noch Weihnachtslieder.
Aber der Zauber von Weihnachten war nicht mehr derselbe
wie Jahre zuvor.
Ich war der Winter, wie langsame Melodien in der Nacht, während Paare im grellen Kühlschranklicht tanzten. Tut mir leid, ich wollte niemanden durch mein frostbedecktes Fenster beobachten
und ich wollte deinen Pullover damals nicht halten.
Aber ich denke an eine Zeit zurück, als mir kalt war
und du wusstest es besser, als jemanden allein auf einer Parkbank zitternd zurückzulassen.
Die Welt ist still geworden,
als leise Musik und Kinderlachen durch meinen Kopf hallten. Und für einen Moment glaube ich, ein Flüstern zu hören.
Ich höre die Schritte einer Holztreppe hinunter rauschen, die nun schon beim Gehen und nicht nur beim Rennen knarzte und ich höre Packpapier reißen
und ich glaube, ich rieche einen Hauch von Pfefferminze in der Luft
und dann verblasst es,
bis ich es nicht mehr hören kann.
Ich wollte keine Darstellung des Winters sein.
Sobald der Frühling vorbeirollte und unser Kopf in einem bunten Abgrund auftaute, wurden wir Fremde und unsere Liebe schmolz genau wie der Schnee dahin und entglitt uns aus den Händen.
Die Jahreszeiten änderten sich und so auch alles um uns herum.
Ein erneuter Winter stand an und ich war nicht bereit.
Nicht bereit für das nostalgische Gefühl und den eintönigen Klang von Einsamkeit, die ich letzten Winters deiner Dankbarkeit nicht empfing.
Ich starre auf den Schnee, der auf dem Boden schwimmt.
So mühelos, als hätte er keinen anderen Zweck.
Ich wünschte, ich wäre so leicht wie diese kleinen Schneeflocken. Ich höre dein Echo, wie du mich dafür beschämst, so zu denken.
Heute bin ich wieder aufgewacht, diesmal ohne kalte Luft.
Meine Haut hat sich an die Einsamkeit gewöhnt, zusammen mit meinem Herzen,
aber meine Seele wird womöglich für immer schmerzen.
Ich hasse den Winter, ich hasse Weihnachten.
Und ich hasse deinen Geist, der anfängt, mich heimzusuchen.
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