Szene ②
So lange hatten die Freunde darauf hingearbeitet, und nun waren sie endlich da: die Weihnachtsferien!
Benno hatte zur Feier des Tages Suzanne zu sich eingeladen und wartete nun vor dem Eingang des Hotels auf sie. Es war schon nach zehn Uhr abends. Um diese Uhrzeit hatte der Hotelpool eigentlich schon zu, doch Bennos Eltern hatten eine Ausnahme für ihn gemacht, damit er ungestört mit seiner Freundin ins Wasser gehen konnte.
Benno hatte den Raum bereits vorbereitet und er war mit seiner Arbeit sichtlich zufrieden. Er hatte kleine Teelichter auf dem Boden entzündet und die Temperatur auf eine angenehme Gradzahl eingestellt.
Zusammen mit dem Schnee, den man durch das große Fenster sah, hatte er damit eine tolle Kulisse erschaffen, auf die sicher der ein oder andere Regisseur eines Liebesfilms neidisch gewesen wäre.
Benno grüßte die letzten Hotelgäste, die zu ihren Zimmern gingen, als er sich auf den Weg zum Eingang machte, um Suzanne zu begrüßen. Das Hotel war noch immer ausgebucht. Nun mischten sich aber die merkwürdigen Touristen, die die ganzen Morde in Jesingen ansprechend fanden, mit dem normalen Weihnachts- und Skigeschäft. Da es in kurzer Entfernung einen Berg gab, auf dem viel Schnee lag und es einen Skilift gab, verschlug es viele Touristen in das Bären & Eichhörnchen. Würde Benno nicht in dem Hotel wohnen, wäre es sicher auch gerne hierhingefahren, um die Weihnachtstage in den Wäldern zu verbringen.
Die Atmosphäre war einfach nur schön. Im Gemeinschaftsraum stand ein großer Tannenbaum und überall standen Tische mit Brettspielen herum. Die Küche präsentierte eine einzigarte Mischung an Plätzchen und an Silvester gab es die jährliche, mitternächtliche Schneeballschlacht.
Schon den ganzen Dezember lang roch es in den Gängen des Hotels nach Kinderpunsch und Tannenzweigen.
Gedankenverloren schritt Benno durch die duftenden Räume, um am Eingang seine Freundin zu begrüßen. Doch Suzanne kam ihm bereits entgegen, als dieser in die Hotellobby bog. Stürmisch begrüßte er Sue und hielt ihre Hand, den ganzen Weg bis zum Poolraum.
„Was ist denn los?", fragte Suzanne lachend. „Warum bist du so aufgeregt?"
Benno blieb vor der großen Tür stehen, räusperte sich und verkündete: „Siehst du gleich. Ich habe mir extra Mühe gegeben." Verlegen fuhr er sich durch die braunen Haare. Dann zog er die Tür auf und ließ seine Freundin eintreten.
Diese staunte beim Anblick der vielen Kerzen nicht schlecht. „Wow, hier sieht es aber schön aus." Dann lachte sie. „Erinnert mich aber irgendwie auch an den Bachelor. Habe ich heute mein Dreamdate mit dir?"
Empört verschränkte Benno die Hände vor der Brust. „Ey! Das macht die Stimmung kaputt. Außerdem treffe ich mich nicht hinter deinem Rücken mit zwanzig anderen Menschen."
Suzanne lachte wieder. Sie ging auf ihren Freund zu und entwirrte seine Arme. „Du würdest es ja nicht hinter meinem Rücken tun, wenn du der Bachelor wärst. Dann würde ich mit all den anderen Menschen in einem Zimmer schlafen, sie kennenlernen und darauf warten, dass du mir das nächste Date schenkst. Und vielleicht kommt morgen jemand anderes in die Villa zurück und verkündet, dich geküsst zu haben. Und dann muss ich so tun, als würde ich mich für die Person freuen."
„Eine scheußliche Vorstellung. Lass uns die bitte vergessen." Benno gab Sue einen kleinen Kuss und zog sie dann weiter Richtung Wasser. „Komm. Bevor du die Stimmung noch weiter zerstörst."
„Warte." Sue zog schnell ihren Pulli über ihren Kopf und schlüpfte aus der Hose. „Ich will meine Klamotten nicht nochmal nass machen. Meine Eltern waren beim letzten Mal nicht sonderlich begeistert." Das Mädchen trug jetzt nur noch einen Badeanzug und ihre Brille. Benno versuchte, sie nicht allzu lange anzustarren.
„Stimmt", sagte er und entledigte sich ebenfalls seiner Klamotten.
Sue begann bereits damit, ins Wasser zu steigen. Erst setzte sie nur einen Zeh an die Wasseroberfläche, doch als sie merkte, dass es ganz warm war, wurde sie mutiger. Keine zehn Sekunden dauerte es, und sie war ganz im Pool. Bis auf ihren Kopf natürlich. Diesen würde sie wahrscheinlich gar nicht untertauchen, immerhin trug sie weiter ihre Brille.
Benno hatte sich schon oft gefragt, wie Suzanne ohne diese aussah. Bei Jasper merkte er immer, wie anders ein Mensch wirkte, sobald er die Brille abnahm. Oder in Jaspers Fall: Sobald er sie mal aufzog. Denn sein Freund sträubte sich trotz Sehschwäche gegen die Brille.
„Komm schon!", rief Suzanne ihm zu.
Benno folgte seiner Freundin ins Wasser und tauchte einmal ganz unter, um das seidig nass auch an seinen Haaren zu spüren. Für ihn tat das immer besonders gut.
Als er wieder auftauchte, sah Sue ihn genau an.
„Was?", fragte er besorgt. Irgendwie war er in dem Glauben, Sue würde ihm gleich etwas Negatives erzählen. Und Negativität konnte er gerade nicht gebrauchen.
„Es ist nichts Wichtiges", sagte sie zwar, doch Benno konnte anhand ihres Blickes ablesen, dass es das eben doch war. Ein Teil von ihm wollte jetzt sofort erfahren, an was Sue gedacht hatte, doch sie wirkte unsicher, und er wollte sie nicht drängen. Vielleicht war es einfach etwas, über das sie schon lange mit ihm sprechen wollte, aber noch nie die Zeit oder den Mut dazu gefunden hatte, sich ihm anzuvertrauen. Sicher würde sie bald damit rausrücken.
Außerdem musste Benno selbst seiner Freundin noch von Lilias Fund in Dorotheas Haus erzählen. Das Mädchen wurde mittlerweile von ihm über alles informiert, was sie im Bezug auf den Förster herausgefunden hatten. Suzanne war neu in der Stadt. Sie hatte eine objektivere Sicht auf Jesingen und seine Bewohner. Vielleicht könnte sie Menschen verdächtigen, die Benno und seinen Freunden im Traum nicht einfallen würden.
So hatte sie es bereits bei mehreren Leuten im Supermarkt und der Bäckerin gemacht. Auch wenn sie diese Ideen in Sackgassen geführt hatten, es war gut, dass sie die Menschen nun als Verdächtige ausschließen konnten.
Benno schwamm zu Suzanne und versuchte, sich über Wasser zu halten, während seine Hände über ihren Rücken strichen. Der traurige Ausdruck war von ihrem Gesicht gewichen und sie lächelte Benno an. „Danke", flüsterte sie kaum hörbar.
Offenbar verstand sie, dass Benno sie nicht drängen wollte. Er freute sich, eine so dankbare Freundin befunden zu haben. „Gerne."
Leicht lehnte er sich nach vorne, um ihre Lippen auf seinen zu spüren. Sie waren wie immer ganz leicht und hinterließen ein wohliges Gefühl in seiner Magengrube.
Die beiden blieben noch ewig gemeinsam im Pool und genossen die Ungestörtheit. Das dieses schöne Ereignis ein vorzeitiger Abschied war, wussten sie nicht. Denn schon bald sollte der Förster wieder zuschlagen.
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