Chapter 3 Teil 1: Fragen und Finger

„Angetreten!" erklang es vergnügt.
Gojo hüpfte putzmunter vor den Zimmern seiner Schüler auf und ab, bis ein schlaftrunkener Megumi und Yuji, sowie Deria mit neuer Schülerin Misheru aus ihren Türen watschelten. Gähnend sprach Yuji: „Was ist denn los, Sensei?"
Misheru befand sich eindeutig noch im Halbschlaf. Wie in Trance starrte sie auf Deria, und ihr fiel erneut auf, dass Deria europäisch aussah. Sie hatte langes, dunkelbraunes Haar und waldgrüne Augen. Mish würde sogar tippen, dass sie aus Deutschland kam. Bisher gab es jedoch keinen guten Zeitpunkt, sie zu fragen, und einfach trocken jemanden nach seiner Herkunft zu fragen machte sie bestimmt nicht gerade sympathisch. Doch was machte sie also hier? Sie würde sie später fragen.
„Alles klar." vernahm sie nur noch aus Derias Mund, und bemerkte, dass alle wieder in ihre Zimmer verschwunden waren und von Gojo auch keine Spur zu sehen war. „Worauf wartest du denn?" fragte sie Deria, die sie stirnrunzelnd anblickte.
„Ach...nichts, ich bin noch nicht so ganz wach...denke ich." antwortete Mish ihr resigniert.
„Ich merks. Komm, wir machen uns fertig für die Mission." entgegnete ihr Deria, bevor sie ihre Zimmertür schloss und Misheru jetzt alleine im leeren Gang stand.
„Oh man...das kann noch was werden." murmelte sie viel mehr zu sich selbst als zu jemand anderem und zog sich ebenfalls in ihr Zimmer zurück.
Sie schaute auf ihr Handy. Erst 7 Uhr.
Bevor Mish überhaupt daran dachte, sich anzuziehen, sprintete sie zuerst ins Badezimmer um sich im Spiegel zu beäugen, was mit einem erschrockenem Gesichtsausdruck gleich wieder ließ und ihr Gesicht wusch. So war sie draußen gewesen? So haben sie andere gesehen?!
In Gedanken schrie Mish, doch sie musste sich zusammenreißen. In Windeseile trug sie Makeup auf und zog sich ihre Schuluniform an, bevor sie ein wenig aus der Puste aus ihrem Zimmer stürmte und an Derias Zimmertür klopfte, immerhin hatte sie gar nicht mitbekommen, wo sich die Mission abspielen und was sie beinhalten würde.

Ein lautes „Ja?" erklang es aus Derias Zimmer, worauf Misheru mit „Eh...ich bin's, Mish! Darf ich reinkommen?" antwortete.
„Ja?" rief Deria zurück, und Mish öffnete behutsam die Tür. Deria stand vor ihrem Standspiegel und zupfte gerade ihre Haare zurecht. „Was gibts?" beäugte sie durch den Spiegel Mish- oder eher ihr Spiegelbild hinter ihr selbst und trug noch ein wenig Lippenpflege auf.
„Naja...ich hab' vorhin nicht so ganz mitbekommen, wie und was und-" fing Mish an, als sie auch schon von einer grinsenden Deria unterbrochen wurde. „Wie du wahrscheinlich weißt oder nicht weißt, lebt in Yuji ein Fluch, Sukuna. Seine volle Macht erlangt er, wenn er alle seine 20 Finger gefunden und gefressen hat. Yuji hat bisher drei Finger gegessen, das bedeutet, es fehlen noch 17." erklärte ihr Deria.
„Aber warum sollte man einem Fluch zu seiner vollen Macht verhelfen?" fragte Mish irritiert.

Deria drehte sich nun gänzlich zu Mish um.
„Um ihn ein für alle mal auszutreiben. Würden wir das jetzt schon tun, könnte er immer wieder kommen." löste Deria das Rätsel.

„Also...das bedeutet ja...er würde sterben. Yuji würde also auch sterben?"

„Hoffen wir das Beste." umging Deria ihre Frage und schnappte sich ihr Smartphone vom Tisch. „Komm." bedeutete Deria Misheru mit einer Handbewegung und beide Schritten aus ihrem Zimmer hinaus.

Mish wusste nicht, wie sie mit den eben erhaltenen Informationen umgehen sollte. Sie kannte ihn noch nicht lange, doch Yuji hatte es nicht verdient, zu sterben. Irgendwie trübte sie das in ihrer Stimmung, dabei stand doch noch gar nichts fest. Nun ja, irgendwie doch. Sie hatte noch nie einen Menschen gesehen, der einen Exorzismus eines Fluches überlebt hatte...aber auch keine, die als Gefäß dienen konnten. Sie würde schon sehen, was passiert.

Während Mish ihren eigenen Gedanken nachhing, ging es Deria ähnlich. Sie überlegte, wie die Mission aussehen könnte. Trotz, dass sie wusste, dass sie den Finger beschaffen mussten, wusste man ja nie, was es mit sich bringen würde. Diese Finger waren geschickt und Perfektionisten im Verstecken. Ob in den Fängen von Fluchgeistern oder hinter einer Mülltonne, man konnte es nie wissen.
„Hast du eine Fluchwaffe?" durchbrach Deria die Stille.
„Ja, einen Bogen und...ein Schwert. 2 in 1 sozusagen, je nach dem, was ich brauche. Wohin gehen wir eigentlich?"

Deria schaute auf ihr Smartphone. „Eine alte Psychiatrie am Rande der Stadt. Das wird interessant!" meinte sie vergnügt und steckte es wieder weg.
„Und du?"
„Hm? Was?"
„Hast du auch eine Fluchwaffe?" fragte Mish während sie versuchte, mit Derias schnellem Gang Schritt zu halten.
„Nein, habe ich nicht. Meine Fluchkraft fließt in meine Hände. Allerdings bin ich wie du ein Neuling hier." sprach Deria.
„Du kommst aus Deutschland? Ich auch..." führte sie weiter fort, beendete den Satz aber nicht.
Beide verließen das Schulgelände und Deria stoppte vor einem Auto, in dem Ijichi saß. Ijichi war Jujuzist, Assistent und Fahrer zugleich, aber weniger Lehrer.
„Steig ein!" erklärte sie Mish und öffnete die Hintertür des Autos. Mish tat es ihr gleich und setzte sich ins Auto. „Eh...hallo!" sagte sie in Richtung Ijichi, der so eine Begrüßung scheinbar überhaupt nicht gewöhnt war, und nur unverständliche Worte stammelte. Deria beobachtete das Schauspiel nur mit erhobener Augenbraue und meinte: „Auf gehts."

//„Ich auch..."//
Dieser Satz hallte auf der Fahrt in Mishs Kopf wider, und sie musste unbedingt fragen, dabei wusste sie nicht einmal, was sie fragen wollte. Was ein Zufall dass genau zwei deutsche Jujuzisten genau auf diese Schule in Japan gingen. Das Glück war scheinbar mit ihr, doch sie verließ sich nicht darauf, dass es anhielt, sie kannte ja ihr Glück.

„Also...du kommst auch aus Deutschland. Auf welcher Jujutsu-Schule warst du?" fragte Mish Deria, die einen Sitz weiter am Fenster saß und die öde Straße beobachtete. „Ich war auf keiner Jujutsu-Schule." antwortete sie knapp und Misheru spürte, dass es jetzt kein guter Zeitpunkt war, weiter nach zu bohren. Sie würde es schon noch erfahren, doch sie konnte ihren Gedankenfluss einfach nicht aufhalten.

„Seid vorsichtig!" hörten die beiden von Ijichi, als sie ausstiegen und zu Gojo, Megumi und Yuji steuerten. Deria ließ ihren Blick über das Gelände wandern und richtete ihren Blick nun nach vorn, ebenso wie Misheru, die verlegen überall hin, außer zu den Dreien schaute.
„Wird aber auch Zeit!" ergriff Gojo das Wort, der schmunzelnd einen Finger hob.
Misheru biss sich auf die Zunge und blickte sich in der Gruppe um. Zuerst fiel ihr Blick auf den aufmerksam lauschenden Yuji, daneben Megumi der ebenfalls mit größter Begeisterung zuhörte, und natürlich Gojo. Selbstverständlich war die Bemerkung über Megumi Sarkasmus, doch er machte einfach immer ein Gesicht, als wäre gerade jemand gestorben. Zumindest oft. Zumindest hatte sie ihn noch nie Lächeln gesehen, doch sie war ja auch erst seit einem Tag hier.
„Also~" hörte sie nun Gojos Stimme und nahm den Finger, der auf sie zeigte, wahr.
„Oh- äh-" sprach sie, als Deria sie schon mit einem „Komm mit" zu sich lotste.
Sie war wirklich unverbesserlich, sie musste wirklich besser zuhören und sich nicht immer ablenken lassen, wenn das überhaupt möglich war.
„Also, scheinbar soll sich der Finger in der Psychiatrie befinden. Ich würde vorschlagen, dass wir uns aufteilen, Leute." sprach Deria mit der Gruppe. „Von mir aus. Ich gehe mit Yuji, geht ihr beiden zusammen." kam es störrisch von Megumi, der nun einen Blick hinter seine Schulter warf und einen winkenden Gojo entdeckte. „Ugh..." machte er nur und richtete seine Aufmerksamkeit wieder dem Geschehen zu.
„Alles klar, ich gehe dann also mit Megumi." sagte Yuji heiter zu Deria und Misheru, bevor sie durch die knarzende Türe schritten, die zuknallte, als sie eintraten.
Es war ein absolut heruntergekommenes Gebäude, das jahrhundertealt schien.
„Irgendetwas stimmt hier nicht." durchbrach Megumi die angespannte Stille.

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