Chapter 2: Prüfung


„Wie kommt es eigentlich, dass du jetzt hier zur Schule gehst?" fragte Yuji neugierig, während er Mishs Koffer hinter sich her zog.
„Nun ja, mein Vater ist mit dem Rektor eurer Schule bekannt...und er ist auch mein Patenonkel. Außerdem wollte ich einen Neuanfang, denke ich." erwiderte Misheru nachdenklich, während ihr Blick immer wieder zu ihrer Umgebung glitt: Tokio schien wirklich interessant. Überall bunt leuchtende Wolkenkratzer und Geschäfte, an anderer Stelle wieder blühende Kirschbäume und buddhistische Tempel. Seit die beiden den Bahnhof hinter sich gelassen hatten, sprachen sie nur das Nötigste, so kam es Mish vor, weshalb sie sich vornahm, auch ein wenig Konversation beizutragen. „Du musst meinen Koffer nicht schieben, das weißt du? Wie viele Schüler habt ihr eigentlich?" überwand sie sich und gab Yuji einen kurzen Seitenblick.
„Quatsch, du hattest eine lange Reise und der Koffer ist wie Luft für mich. Also- es wird dich überraschen aber wir haben tatsächlich nur drei im ersten Jahrgang, mit dir vier."
Misheru überraschte das nicht wirklich, immerhin waren sie in Deutschland nicht viel mehr gewesen. Nun, da sie fehlte, sogar noch weniger. „Nein, das hatte ich mir irgendwie gedacht." wisperte Mish und setzte ein „Danke" für das Schieben des Koffers hinzu.

Dieser Yuji...hatte irgendwie eine fürsorgliche Art, wie es schien. Sie stellte es gar nicht in Frage, es überraschte sie bloß, da sie solch ein Verhalten nicht gewöhnt war. Was ist nur seine Motivation? //Du bist wirklich unmöglich Mish. Da ist jemand einmal nett zu dir und schon hinterfragst du alles. Sei froh dass es noch solche Menschen gibt.// versetzte sie sich in Gedanken einen Hieb. Doch es war einfach schwierig, nicht hinter jeder freundlichen Tat einen Nutzen oder eine Falle zu sehen. Vor allem, wenn dieser jemand so ein gutes Aussehen hatte. Bei diesem Gedanken erröteten ihre Wangen wieder, sodass sie seufzend zur Seite sah. Sie wagte es gar nicht, ihn wieder anzublicken.

„HAHAHAH...so ein Trottel. Merkt nicht mal wenn so ein kleines Weib Gefallen an ihm findet...tze tze."
ertönte plötzlich eine hämische, dunkle Stimme direkt neben ihr, die von Yuji zu kommen schien. Erschrocken drehte sich Mish in seine Richtung, und hoffte, sie sah nicht richtig: Ein Mund hatte sich auf der Wange von Yuji gebildet, der von eben diesem mit einem „Halt die Klappe" und seiner Handfläche zurückgedrückt wurde, und schließlich verschwand.
„Was zur Hölle war das bitte?" sprach sie ihren Gedanken aus und vergaß zunächst das, was aus diesem Mund gekommen war. Yuji kratzte sich seufzend am Kopf und sagte: „Tut mir wirklich leid. Das war Sukuna, er ist ein Fluch."

Wie in Feuer gefasst trat Misheru einen großen Schritt von Yuji zurück. „Was?!"
Yuji blieb nun vor ihr stehen. „Ja...ich bin gar kein Jujuzist, ich bin einfach nur ein Gefäß für einen Fluch, naja, nicht nur irgendeinen, aber ich kann ihn kontrollieren. Hab also bitte keine Angst." versicherte ihr Yuji, der Misheru nun an die Schulter fasste und sanft mit sich schob.
Immer noch geschockt blickte Mish mehr auf den Boden, als auf ihre Umgebung.
Ein Fluch? Wie hatte sie diesen nicht bemerken können? Und warum genau er? Zu viele Fragen schwirrten in ihrem Kopf umher. //Naja, aber irgendwie war das auch klar. Ich wusste doch, dass es niemanden gibt, der freundlich ist, ohne einen Haken zu haben.//
Doch würde das etwas ändern? Das wusste sie noch nicht.

„Das ist also...die Schule." stellte Mish verblüfft aber auch erstaunt fest. Die Tempelanlage lag inmitten von Natur, und versprach ein unglaubliches Gefühl. Sie hatte sich vorgenommen, das, was passiert war, zu überspielen und einfach nicht mehr daran zu denken, dann würde es schon irgendwie werden. Trotzdem fühlte es sich ein wenig unangenehm nun an, alleine mit ihm zu sein, oder war es doch der Fakt, dass der Rest des Weges von peinlichem Schweigen benetzt worden war? Er hatte zumindest kein Wort über den Kommentar von Suku ... -
„Sukuna?" fragte Mish. „Hmm? Ja, so heißt er."
„Mhm." antwortete sie nur und verschränkte die Arme.
Yuji blieb erneut stehen. „Was hast du denn? Hör zu...ich weiß, aller Anfang ist schwer, ich selbst bin erst vor einigen Wochen auf die Schule gekommen, aber-

„Hilf anderen!" ertönte die Stimme seines Großvaters in Yujis Kopf.

falls du etwas brauchst, bin ich für dich da."
beendete er seinen Satz und warf Mish einen warmen Blick zu.

„Danke...dafür." lächelte nun auch Misheru leicht, wenn es ihr auch etwas unangenehm war.
„Also los! Worauf wartest du?"
Yuji schritt den Berghang hinunter, gefolgt von Misheru, die aufpassen musste, nicht hinunter zu schlittern. Mish zeigte es zwar nicht, doch sie war sehr dankbar, dass er sie nicht auf Sukunas Worte ansprach, und sie hoffte, dass es dabei bleiben würde. Wenn sie gerade beim Thema war- wie konnte es sein, dass ein Fluch in ihm lebt? Dass er ihn sogar kontrollieren kann? Wenn dieser Typ nicht einmal ein Jujuzist ist, wie macht er das? Und wie kommt es überhaupt dazu, dass er ganz normal auf diese Schule gehen darf?

„Sieh mal einer an!" hörte sie eine männliche Stimme hinter sich. Schlagartig drehte sie sich um, auch wenn sie sich sicher war, dass dies nicht schon wieder Sukuna sein konnte, da Yuji eigentlich meterweit vor ihr lief.
Es war nicht Sukuna - es war ein schwarzhaariger Junge mit dunkelblauem Gewand, der etwas mürrisch dreinblickte.
„Du scheinst die Neue zu sein?" fuhr er fort, ohne auf eine Antwort seitens Misheru zu warten. „Uhm- ja?" stotterte Mish verdattert.
//Geht der auch hier zur Schule? Scheinbar, dumme Frage Mish. Moment- bin ich hier etwa das einzige Mädchen? Oh Gott.//
Der Junge der sich als Megumi Fushiguro vorstellte trat näher zu Mish, blickte ihr mit seinen kalten blauen Augen in die ihre. Es war, als würden sie geradezu Eisblitze aussenden. Langsam atmete sie ein und aus, bis der Neue dunkel und schnippisch lachend einen Schritt zurücktrat. „Ich bringe dich zu Yaga." sagte er nun wieder ernst und Mish konnte nichts außer ein kaum sichtbares Nicken antworten. Dieser Junge hatte ihr sichtlich die Sprache verschlagen.

Megumi und Misheru schwiegen auf dem Weg durch die Schule. Schließlich blieb Megumi vor einer offenen Türe stehen. Er musterte Misheru von oben bis unten, bevor er belustigt fragte:„Hast du Angst?"
Mish erwiderte nur trocken „Sollte ich?"
Aber ja, sie wusste tatsächlich nicht, was nun auf sie zukam. Und ja, sie hatte irgendwie doch Angst. Megumi entfernte sich nun mit verschränkten Armen von der neuen Schülerin, als nun wie auf Geheiß eine herrische Stimme durch den Raum hallte.

„Misheru Langley, trete ein."

Misheru warf einen Blick zu Megumi über ihre Schulter, was von einem Stirnrunzeln seinerseits quittiert wurde. Sie richtete ihre Augen wieder nach vorne, atmete tief ein. Da musste sie jetzt durch. Was sollte schon passieren? Sie trat einen Schritt in den Raum, der von innen viel größer als außen wirkte...fast wie Magie. In diesem Raum herrschte nur gedämpftes Licht, dass durch die schweren Vorhänge an den Fenstern verursacht wurde. Wenn ihr Geruchssinn sie nicht täuschte, roch es ein wenig nach Tee und Räucherstäbchen. Am Ende des Raumes thronte ein älterer Mann mit Brille in einem Sessel. Das musste er also sein, dieser Yaga.

„Trete näher. Weshalb bist du heute hier?" sprach der Rektor erneut.
„Ich...will Flüche zerstören und Menschen helfen." kam es nun unsicher von Mish, die sich in seiner Autorität unwohl fühlte.
„Wieso?" kam es nur kühl zurück.
„Weil...Gutes auf dieser Welt heutzutage selten ist. Weil ich mit einer Kraft gesegnet bin, die nicht viele haben. Weil ich die Chance habe, etwas zu verändern, und andere nicht. Weil ich ein guter Mensch sein will." erklärte Mish nun etwas selbstsicherer.

Nachdenklich fasste sich Yaga an sein Kinn.
„Deine Mutter ist gestorben, erzählte mir dein Vater. Das tut mir leid. Sie ist auch ein Grund, nicht wahr?"

„Wenn ich nein sage, würde ich lügen." antwortete Misheru leise.

Seufzend stand der Rektor auf und ging auf Mish zu. Seine Hand legte er auf ihre Schulter und lächelte sie aufmunternd an. „Willkommen an der städtischen Oberfachschule für Magie, Patentochter."

Bevor Misheru sich bedanken konnte, wurde sie von einem lautstarken Stimmengewirr unterbrochen, aus dem sie nur zwei Stimmen erkannte: Die von Yuji und Megumi, doch da war noch die Stimme eines Mädchens und eines weiteren Mannes. Verwirrt drehte sie sich um und sah, wie Yuji unbeholfen in den Raum stolperte und von Megumi einen Schlag auf den Hinterkopf bekam. Ein größerer Mann mit weißblonden Haaren und Maske sah belustigt zu, während ein Mädchen mit langem, dunkelbraunem Haar die beiden tadelte.

„Ugh...lass dir von ihnen dein Zimmer zeigen." sagte Yaga kopfschüttelnd und ließ sich wieder auf seinem Sessel nieder.
Misheru näherte sich wieder der Tür und begrüßte sie mit einem knappem „Hi", als sie auch schon vom weißhaarigen Mann angesprochen wurde: „Willkommen Erstling! Ich bin Satoru Gojo und dein Lehrer. Die beiden Idioten hier wollten lauschen, und das mit deiner Mutter tut mir übrigens leid." sagte er, während er einen Blick zu Yuji und Megumi warf, die peinlich berührt protestieren.

Misheru konnte nicht umhin, leicht zu grinsen.
„Schon gut, danke Herr Gojo." sagte Mish nun wieder völlig gefasst.
„HERR Gojo?" fiel ihr Lehrer in schallendes Gelächter aus. „Bitte nenn' mich einfach Gojo oder Satoru, so alt bin ich nun auch wieder nicht."

„Oh- ich- tut mir leid. Geht klar."
//Also entweder ich bin völlig dumm oder...nein. Ich kenne die Gepflogenheiten hier ja gar nicht...genau, das ist meine Ausrede. Ich komme aus Deutschland und-//

„Jo Misheru, willst du heute noch in dein Zimmer oder für immer in diesem Türrahmen stehen bleiben?" riss sie Megumi aus ihren Gedanken.
„Das geht auch freundlicher, Megumi." versetzte das brünette Mädchen ihm einen vernichtenden Blick.
„Wir Mädchen müssen doch zusammenhalten. Komm, ich zeig dir dein Zimmer." richtete sie nun das Wort an Mish und bedeutete ihr, ihr zu folgen.
„Ach, ich bin übrigens Deria." stellte sie sich vor, was Misheru ihr gleichtat. „Misheru, aber du kannst mich gerne Mish nennen."

Wahrscheinlich konnte man Mish ansehen, wie froh sie war, dass es zumindest ein Mädchen in ihrem Jahrgang gab, und sie war es auch. Sie mochte Yuji zwar, und die anderen waren auch mehr oder weniger nett, aber es wäre einfach nicht dasselbe.

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