Kapitel 35

Yoongi

Die Rauchwolke löste sich auf. Jungkook und ich standen in einem kleinen Raum, der mir wie eine winzige Bibliothek vorkam. "Setz dich ruhig. Ich muss noch eben was besorgen und dann können wir reden.", forderte er mich auf und zeigte dabei auf einen Sessel. Er machte auf mich einen racheversessenen Eindruck. Aber welchen Grund hat er bitteschön, sich an Jimin zu rächen? Er hat Jungkook doch nichts getan.
Ich setzte mich hin. Mein Blick war starr auf den Tisch in der Mitte gerichtet. Es kam mir so vor, als wollte der Tisch mich hypnotisieren. Oder ich dachte einfach nur daran, was Jungkook Jimin angetan hat. Ich bekam schon wieder Magenschmerzen vor Sorge. Er könnte mental oder körperlich gefoltert worden sein. Jimin machte auf mich nämlich nicht den Eindruck, als würde es ihm gut gehen. Er sah müde und ausgehungert aus. Hoffentlich kümmern sich die anderen gut um ihn.
Wenig später kam Jungkook zurück. Er hatte eine Tasche in der Hand, wo scheinbar etwas rundes drin war. Etwa eine Kristallkugel? "Und was soll ich damit?", fragte ich desinteressiert und verdrehte die Augen. Jungkook griff mit beiden Händen in die Tasche und holte einen Gegenstand heraus. Es war eine Kristallkugel, wie ich richtig vermutete. "Ich möchte dir etwas zeigen. Vielleicht änderst du deine Meinung ja noch." Ich gab nur ein verachtendes Lachen von mir. Etwas anderes hatte ich für Jungkook auch nicht übrig. "Du denkst doch echt nicht, dass ich mich dir anschließen werde. Nach allem, was du getan hast. Du hast mir Jimin genommen und du hast uns alle belogen. Glaubst du wirklich, so gewinnst du mein Vertrauen?" Jungkook rollte nur mit den Augen. "Lass mich dir dir erst einmal etwas zeigen, bevor du irgendein Urteil fällst, okay?" Er stellte die Kugel auf ein Kissen in der Mitte des Tisches. Durch das gedämpfte Licht schimmerte sie leicht violett, was auf mich einen sehr mystischen Eindruck machte. Um ehrlich zu sein, kam ich mir vor wie bei einem Wahrsager, der mir nur das Geld aus der Tasche ziehen wollte. Ich war drauf und dran einfach aufzustehen und zu gehen, doch ich fand in diesem Raum keine einzige Tür. Kacke, nochmal! Und meine Magie war hier auch vollkommen nutzlos. Also musste ich mir wohl oder übel das dumme Geschwafel von Jungkook anhören. "Und was soll ich mit der Kugel?" "Du machst es einem nie leicht, Suga." Ich funkelte ihn wütend an. "Nenn mich nicht so!" "Oh! Entschuldigung. Es war nicht meine Absicht, dich bei deinem Alptraum-Namen zu nennen. Verzeih mir diesen kleinen Ausrutscher, Yoongi." Jungkook legte es echt drauf an, dass ich ihm eins auf die Schnauze haue. "Ist schon okay. Und was war es, was du mir zeigen wolltest?" Jungkook hob die Kristallkuge hoch. "Hier. Nimm sie in die Hand und sage mir, was du siehst." Ich war genervt. Trotzdem nahm ich die Kugel entgegen und blickte sie konzentriert an. Erst konnte ich nur eine weiße Wolke sehen, doch dann wurde das Bild immer klarer. Ich sah vier Mädchen, die am Himmel entlang flogen. Sie sahen aus wie Lisa, Jisoo, Rose und Jennie. Ihr Ziel war vermutlich das Schloss, was sich auf einem Hügel befand. Und vor dem Eingangstor dieses Schlosses stand ein weiteres Mädchen. Sie hatte langes, schwarzes Haar und blaue Augen. War das etwa Jimin's Lehrerin Seraphina? Sie schien sich mit Lisa zu streiten. Ich konnte nur an ihrer Gestik und Lippenbewegung sehen, dass sie sich scheinbar anschrien. Im nächsten Moment tauchte ein Junge auf. War .... das etwa Jimin? Er schien Angst zu haben. Die Mädchen unterbrachen ihr Gespräch und blickten in Jimin's Richtung. Sie schienen nicht sehr erfreut zu sein. Scheinbar wollte Lisa ihn angreifen oder so. Und es war auch so. Sie bildeten aus schwarzer Magie einen riesigen Ball und griffen das Mädchen an. Jimin wurde ebenfalls von der Kugel getroffen. "Schalt da ab." "Wie du willst." Jungkook strich einmal über die Kristallkugel und das Bild verschwand. "Warum bist du eigentlich so nett zu mir?", fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. "Du konntest mich doch noch nie leiden. Also, wieso soll ich mich dir anschließen?" "Ich habe dir bereits gesagt, dass ich dich zum König machen kann. Das ist doch das, was du schon immer wolltest, oder? Du könntest Südkorea ganz nach deinen Vorstellungen regieren und müsstest dich nie wieder in Jimin's Schatten verstecken." Jetzt, wo er es sagte, klang sein Angebot doch ganz verlockend. Ich musste nur noch geschickt mitspielen. "Und ... du meinst das auch wirklich ernst? Keine Lügen?" "Wie schon gesagt, ich würde dich niemals belügen." Eigentlich wäre es schon cool, Korea alleine zu regieren. Nur Jimin würde wohl auch gerne endlich die Wahrheit über seine Vergangenheit erfahren. Ich konnte ihn jetzt nicht so einfach im Stich lassen. Nicht nach allen, was er durchgemacht hat. "Also, wärst du bereit dazu, dich uns anzuschließen?", fragte Jungkook noch einmal. Ich atmete tief durch und antwortete: "Ich brauche Zeit, um darüber nachzudenken, wenn dir das recht wäre." "Wie du willst. Dann bringe ich dich jetzt zu den anderen zurück." Jungkook räumte die Kugel wieder zurück in seine Tasche. Egal, wie sehr ich mein Gehirn auch anstrengte, ich fand einfach keinen erklärlichen Grund für Jungkook's Rachefeldzug. "Hast du sonst noch irgendwelche Fragen, Yoongi?" Ich schüttelte den Kopf. "Nein, du hast mir bereits das nötigste gezeigt. Danke." Jungkook schnippste mit den Fingern und brachte uns zurück.

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