Kapitel 8- London, 1815

London 1815,

„Die Woche ist bald um", aufmunternd klopft mir Kora auf die Schulter. Kora ist nur wenige Jahre älter als ich und eine wahrhaft gute Hausfrau und Ehefrau. Sie schafft es mit drei Kindern alleine fertig zu werden, denn ihr Ehemann ist die meiste Zeit auf Reisen.

Ich bewundere sie sehr dafür. Obwohl ich schon seit drei Jahren hier inmitten von London lebe, ist es für mich immer noch schwer sich einzugewöhnen.

Ich versuche so gut es geht den Haushalt in unserer kleinen Wohnung zu schmeißen, während Nathaniel arbeitet. Ich bin froh, dass er diesen gut bezahlten Job beim Offizier bekommen hatte. So können wir uns einigermaßen über Wasser halten.

„Theresia", erneut klopft mir Kora, diesmal etwas sanfter auf die Schulter, „du bist wieder einmal sehr abwesend. Pass doch auf."
Sie deutet mit dem Finger auf meinem Korb, indem fast, meine gerade eben gekauften, Kartoffeln hinuntergefallen wären.

„Ups!", vorsichtig nehme ich die Kartoffeln und bewahre sie vor dem Sturz.

„Theresia, du musst aufpassen. Du weißt, wenn du wieder einmal verträumt bist, kann viel passieren."

„Ich weiß", entgegne ich ihr seufzend.

Sie hält mir oft solche Predigten, zu Male es in letzter Zeit ziemlich gefährlich in der Stadt geworden ist. Ein Mörder treibt sein Umwesen und wurde kein einziges Mal erwischt.

„Weiß Nathaniel schon mehr über den Fall?", neugierig schaut mich Kora an. Sie weiß, dass er mit angesehenen Offiziere arbeitet, und somit an diesem Fall ermittelt.

„Nein und wenn er etwas wüsste, würde er mir kein Wort darüber sagen. Er möchte mir keine Angst machen."

„Männer", lacht Kora auf, „Sie denken wir sind schwach und können so etwas nicht verkraften."

„Ich möchte es ehrlich gesagt nicht wissen, wie es mit dem Mörder zur Zeit aussieht.", gestehe ich, „Unwissenheit ist manchmal besser."

„Aber Unwissenheit beschützt dich nicht, Theresia."

Ich schaue aufs Meer. Dort wo am Hafen, gerade eben ein Schiff anlegt.

Ich bin nicht ihrer Meinung, aber es wäre zwecklos ihr zu widersprechen, deshalb nicke ich nur.

Langsam bricht die Dämmerung ein und Händler beginnen bereits ihre Waren einzupacken. Nicht mehr lange und der Markt ist geschlossen.

„Es wird Zeit zu gehen", Kora stemmt sich ihre Hände in die Hüfte, während der Wind ihre roten Haare umher wirbeln lässt. Mit ihrer Statur und auch ihrer außergewöhnlichen Haarfarbe ist sie eine sehr angesehene Frau.

„Du hast recht. Gute Heimreise.", ich umarme sie zum Abschied.

„Machs gut und pass ja auf", sie winkt mir zu bis ihr hellblaues Kleid in einer Gasse verschwunden ist.

Langsam mache ich mich auf den Heimweg. Unsere kleine Hütte liegt in der Nähe des Hafens. Ein wenig musste ich noch gehen.

Der Himmel verdunkelt sich schnell und mit der Zeit beginnt es auch zu regnen. Ein wenig friere ich, aber ich weiß, dass es nicht mehr lange bis nach Hause ist.

Während ich durch enge Gasse schlendere, macht sich eine Gänsehaut um meine Arme breit.

Ich gehe diesen Weg nicht zum ersten Mal und trotzdem wirkt er heute fremd und gruselig.
Das Pflasterstein ist durch den Regen ganz durchnässt und rutschig.

Ich muss wirklich aufpassen, um nicht auszurutschen. Die schönen Kartoffeln wären sonst hinüber!

Als ich an einem Fenster vorbeigehe, erkenne ich mein Spiegelbild. Durch den Regen sind meine langen Haare ganz nass geworden.
Ich sehe sichtlich erschöpft aus.

Kopf schüttelnd gehe ich weiter, als plötzlich etwas zerbricht- direkt hinter mir.

Erschrocken drehe ich mich um.

Nichts außer dem prasselnden Regen ist zu sehen, nicht einmal Glasscherben liegen am Boden.

„Hallo?", frage ich zögerlich.

Ein wenig macht mir die Situation doch Angst. Mit schnellen Schritten gehe ich zügig weiter.

Kurz bevor ich die Gasse verlassen konnte, läuft plötzlich ein Schatten an mir vorbei.

Wenige Meter vor mir steht ein Mann. Seine kurz geschnitten, rabenschwarzen Haare sind völlig zerzaust und vom Regen durchnässt.
Seine Augen sind zu Schlitzen gezogen.

„Hallo", entgegnet er mir mit einer dunklen Stimme. Schauder läuft mir den Rücken hinunter. Wie kam er so schnell hierher?

„Wer sind sie?", frage ich mit zitteriger Stimme.
„Spielt das eine Rolle", lacht er höhnisch auf.

Ohne, dass ich einmal blinzle, steht er plötzlich direkt neben mir. Nur Zentimeter trennen uns.

Mit seiner Hand streicht er über mein Gesicht und zieht mein Kinn nach oben.
„Du bist äußerst hübsch", er grinst breit, „Welch Verschwendung dich zu vernaschen."

„Lassen Sie mich bitte gehen!", flehe ich verzweifelt.

„Aber nein, dann würde ich dich nie wiedersehen." Er begibt sich mit seinem Mund nahe an meinem Hals, sodass ich seinen Atem spüre.

Ich wollte weglaufen, doch ich kann nicht. Wie angewurzelt steh ich da.

Trotz des wenigen Mondlichts erkenne ich wie der Fremde seinen Mund aufreißt und sich scharfe, spitze Zähne an ihm bemerkbar machen.

Er kommt immer näher bis ich einen höllischen Schmerz spüre,und dann plötzlich verschwimmt alles in schwarzen dunklen Farben zur puren Finsternis.

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