Siebzehn

KEEL, a Gang

Während ich durch die Gänge der Schule ging, kreisten meine Gedanken unaufhörlich um Suo. Seine Präsenz war wie ein Magnet, der mich unweigerlich anzog, aber gleichzeitig fühlte ich mich, als ob ich von einer unsichtbaren Barriere zurückgehalten wurde. Es war nicht nur die Tatsache, dass ich ihm nie wirklich in die Augen sehen konnte – es war das Gefühl, dass meine Emotionen wie ein Sturm in mir tobten, der jederzeit überkochen könnte. Seine ruhige Art und sein warmes Lächeln hatten die Fähigkeit, selbst die düstersten Gedanken zu vertreiben. Aber genau das machte es für mich so schwierig. Jedes Mal, wenn ich in seine Nähe kam, spürte ich, wie mein Herz schneller schlug, als ob es versuchte, aus meiner Brust zu entfliehen. Und das wollte ich nicht. Ich würde jeden Wind Breaker fragen, aber nicht Sakura und nicht Suo. Ich schlenderte durch die belebten Straßen von Makochi, umgeben von den einladenden Düften von frisch zubereiteten Speisen und den Farben der lokalen Geschäfte. Die Luft war erfüllt von der Mischung aus Gewürzen, die aus den kleinen Restaurantküchen strömten, und dem süßen Aroma von frisch gebackenem Mochi, das die Stände entlang der Straße anboten. Es war ein Ort, der lebendig war und voller Energie, und ich fühlte mich für einen Moment ganz in diesem Moment verloren.

Ich hatte mir überlegt, Suo und Sakura nicht mitzunehmen, als ich zum Tatort ging. Vielleicht war es besser, alleine zu gehen. Schließlich wollte ich nicht, dass sie in etwas verwickelt wurden, das möglicherweise gefährlich sein könnte. Aber je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr nagte die Unsicherheit an mir. Was, wenn ich nicht die Antworten fand, die ich suchte? Was, wenn ich alleine nicht stark genug war?

In Gedanken versunken, bemerkte ich nicht, dass ich mich einem anderen Passanten näherte. Plötzlich stieß ich heftig gegen jemanden, und ich taumelte zurück, überrascht von der Kollision. Als ich aufblickte, erstarrte ich. Vor mir stand Suo, mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, das seine Augen zum Funkeln brachte.

»Wow, da hast du ja einen ganz schönen Aufprall hingelegt!«, neckte er mich mit einer hohen Stimme und lachte. »Lisa- san! Alles okay?!«Nirei kommt auf mich zu. Ich steckte die Hände in die Taschen. Nein, sage ich in Gedanken. Ich sollte auf Umemiya hören, aber... ich werde Suo und Sakura niemals mitnehmen. Ich betrachtete Nirei, steckte die Hände in die Taschen. »Geht es dir gut? Suo war zu unachtsam! Oder tat er das mit Absicht?«Pinky kommt neben mir zum halt. »Ja, alles gut!«,erwiderte ich.
Der große mit dem orangenen Haar spricht einen Wechsel an:»Und diese Kerle suchen nach uns?«Ich sehe auf. »Ich kenn die gar nicht.«
»Nicht uns, aber hol jemanden von der Furin.«Als sie der Straße entlang sehen, drehte ich mich um, um nachzusehen. Ich runzelte die Stirn. »Die kenne ich doch.«,sage ich und die anderen stockten. »Was? Ehrlich?!«
»Sie haben einen Bekannten von mir verprügelt, mich angerufen, um mich zu locken, weil sie dachten, ich hätte etwas mit Furin am Hut. Sie wollten etwas, ich wusste nicht was und bin entkommen.«
Stille.
Ein plötzlicher Schrei.
»Ah! Hey du! Alles in Ordnung?!«
Es war ein kleiner Imbiss- laden und eine Frau schien gerade den Müll zu entsorgen wollen, da schien sie etwas in der dunklen flüchtigen Gasse entdeckt zu haben. Sie rief nach ihrem Mann, ganz panisch, stürmisch und aufgeregt. Sie Schüler der Furin, die Wind Breaker, die das Szenario mit angesehen haben, zur Rettung. Erst schritt Nirei zu der Dame, dann Sakura ich und Suo, hinter uns die anderen.
In der Gasse liegt ein Schüler, der die Uniform der Furin trägt. Seine Augen waren halb geschlossen, ein Pflaster liegt auf seinem Gesicht und er hat viele schrammen. Sein Kopf hängt erschöpft nach vorne und für einen Moment lang, dachte ich, er sei bewusstlos.
Das ist doch...
»Anzai?!«,rief Nirei laut aus. Blut lief aus seiner Nase und tropft auf sein weißes Shirt, dass er unter der Furin Jacke trug.
Die Frau beugte sich dicht an den Jungen, der nun tatsächlich bewusstlos war.
Doch er kam langsam zu sich. »Ah! Ein Glück! Du bist zu dir gekommen!«
»Was ist passiert, Anzai- kun?!«
Ich lehne mich leicht an der Steinmauer, neben mich neigte Suo leicht, um besser etwas zu erkennen. Die Gasse war zu dunkel und zu schmal. Die Frau, die vor dem Schüler beugt war die einzige, die zwischen den dichten Wänden passte.
»Komm erst mal mit, und ruh dich bei uns im Laden aus!«
Anzai sieht erschöpft hinauf und mustert die Dame. »Ah... ich...«
Ich sehe von dem verletzen ab und streife dabei den Blick von Suo, neben dem ich stehe. Sofort wende ich ihn ab und laufe Rückwerts.

...

Im Laden war es recht leer. Die Atmosphäre im kleinen Imbissladen war zunächst beruhigend, ein Kontrast zu der Aufregung in der Gasse. Der süßliche Duft von gebratenen Snacks und frischen Zutaten lag in der Luft und schien die Anspannung ein wenig zu mildern. Doch als ich Anzai ansah, der auf einer der schlichten Holzbänke saß, war mir klar, dass die Situation weit weniger harmlos war, als es schien.

Sein Gesicht war gezeichnet von Schrammen, und das Pflaster, das auf seiner Wange klebte, war ein stummer Zeuge der Gewalt, die er erfahren hatte. Er versuchte, sich mit einem Lächeln zu verteidigen, doch die Unsicherheit in seinen Augen verriet mehr, als seine Worte es taten.
»Ist halb so wild, ehrlich! Das war nur ein Hund! Der mich verfolgt hat...« Er lachte nervös und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

Ich konnte nicht anders, als skeptisch zu sein. Ein Hund? Ein riesiger Hund, der ihn so zugerichtet hatte? Die anderen schienen ähnlich verwirrt. Der orangehaarige Sportler, dessen Namen ich gerade nicht auf die Reihe bekam, schüttelte den Kopf und starrte Anzai an, als würde er ihn durchbohren wollen. »Ein Bär?! Na los, Anzai! Spucks aus! Wo ist dieses Biest?!«

In diesem Moment wurde mir klar, dass ich nicht der Einzige war, der Anzai nicht glaubte. Die anderen waren ebenso skeptisch. Suo, der direkt gegenüber saß, hatte die Stirn gerunzelt und sah Anzai an, als würde er versuchen, die Wahrheit hinter den Worten zu erkennen. Ich wollte nicht, dass mein Blick wieder zu ihm wanderte, doch ich konnte es nicht verhindern. Er saß mir direkt gegenüber, und ich spürte, wie die Hitze in meinem Gesicht anstieg. Warum war ich hier? Warum hatte ich mich von meinen Gefühlen leiten lassen und war in diesen Laden gekommen? Er saß mir direkt gegenüber. Der einzige Platz war nur noch neben Pinky frei, deshalb war ich gezwungen mich dort hinzusetzen. Nein, Moment. Eigentlich hatte die ganze Sache nichts mit mir zu tun, warum bin ich mit in den Laden gekommen?! Seit ich die Wind Breaker kenne ist alles viel mehr... anders. Doch ich sage nicht, dass es negativ wäre. Anstatt auf Suo zu kucken, versuche ich Nirei, der in der Mitte saß, zu achten.
Ich schüttelte innerlich den Kopf und versuchte, meinen Fokus zu behalten. Nirei, der in der Mitte saß, schien die Situation aufzulockern, als er mich beruhigend ansah. Oh man, er hatte meinen Blick bemerkt. Wenn er nur wüsste, was mir eigentlich durch den Kopf ging. »Ich will gegen ihn kämpfen!«
»Schrei mir nicht ins Ohr, verdammt!«, zischte ich zurück, ein wenig genervt von der plötzlichen Aufregung.
»Hey, nicht so frech!«, erwiderte der orangehaarige Sportler, der sich mittlerweile als Anführer Sportler und nahebei als kleiner Angerer der Gruppe herauskristallisiert hatte. »Das ist kein Bär, Tsuge.«,sagt Pinky ruhig neben mir.

»Jetzt hör mal zu... wenn du schon 'ne Ausrede bringst, dann bitte was Glaubwürdiges.« Ich bemerkte, dass Sakura sich an einen anderen Tisch gesetzt hatte, und das machte die Situation nur noch komplizierter. »Er hat recht. Sollen wir dir das ernsthaft abkaufen? Ich tue es nicht.«
»Klappe!«, kam es von Sakura, und ich drehte mich überrascht in seine Richtung um.
»Ich?«,frage ich.
»häh?! Wer denn sonst? Du gehörst doch nicht mal zu uns, warum bist du hier?!«

Ein schnalzen meiner seits  ging durch die Runde. Ich spürte, wie sich die Blicke der anderen auf mich richteten, und ich fühlte mich plötzlich unwohl. Nirei räusperte sich und meinte dann:» Genau! Es war so offensichtlich, dass sogar Sakura dahinter gekommen ist!«
Dabei glaubt er sonst alles.«,kommentiert Suo schleimig.
»Ihr kommt jetzt mal mit vor die Türe!«, schrie Sakura, als wäre er die einzige, die die Situation im Griff hatte.
»Man, schrei hier nicht so rum! Das ist ein Laden, kein Karaoke!« Ich war definitiv etwas genervt von der ganzen Aufregung. »Nein! Nein! Es ist wirklich nichts!«
Anzai wollte aufstehen, als ob er der ganzen Situation entfliehen könnte. »Also dann geh ich mal! Ich hab noch was vor! Danke für alles!« Er rief der älteren Dame hinter dem Tresen zu, die ihm mit einem besorgten Blick nachsah. »Ich probier dann nächstes Mal 'nen Monia!«
Seine Worte klangen fröhlich, doch ich konnte die Anspannung in der Luft spüren. Die anderen schauten sich an, und ich wusste, dass wir alle das Gleiche dachten: Anzai hatte etwas verheimlicht, und es war an der Zeit, der Sache auf den Grund zu gehen. Doch niemand sagte etwas. Plötzlich streifen sich meine Blicke mit meinem gegenüber, und in diesem Moment durchzuckte mich ein Gefühl, das ich nicht ganz einordnen konnte. Es war, als ob eine unsichtbare Verbindung zwischen uns entstand, die tiefere Gedanken und unausgesprochene Worte miteinander verband. Sein Blick war durchdringend.
Seine Augen waren dunkel, fast schwarz, roter Schimmer, und sie schienen in die Tiefe meiner Seele zu schauen. Es war, als könnte er all die Unsicherheiten und das Misstrauen, das ich gegenüber Anzai empfand, lesen. Ich spürte, dass wir beide auf unheimliche Weise dasselbe dachten: etwas stimmte nicht. Etwas war faul in der Geschichte, die Anzai uns erzählt hatte, und die Atmosphäre im Raum war so geladen, dass ich das Gefühl hatte, man könnte das Gespenst der Wahrheit förmlich spüren.

Ein kurzer Moment der Stille trat ein, in dem die Geräusche des Imbissladens zu verblassen schienen. Das Brutzeln von Frittieröl, das Klirren von Geschirr und das Gemurmel der Gäste schienen in den Hintergrund zu treten, während wir in dieser starren Verbindung gefangen waren. Sein Blick war fest, aber nicht feindlich. Es war eher eine Art Verständnis, als ob er ebenfalls die Scherben der Situation zusammenzusetzen versuchte.
Ich konnte nicht anders, als mich zu fragen, ob er auch die subtile Nervosität in der Luft spürte, die wie ein drohendes Gewitter über uns schwebte. Es war, als ob wir beide die gleiche Frage in unseren Köpfen hatten: Was war mit Anzai geschehen? Und warum hatte er uns nicht die ganze Wahrheit gesagt?
Oder irrte ich mich wohl doch? Warum sah er mich so an? Jetzt war ich äußerst verwirrt und ach du heilige- eigentlich wollte ich keinen Blickkontakt mit ihm! Jetzt ist es doch dazu gekommen und ich fühle mich furchtbar.
Ich wollte den Blick abwenden, doch etwas hielt mich zurück. Vielleicht war es die Erkenntnis, dass ich in diesem Moment nicht allein war. Das Gefühl, dass wir gemeinsam die Verantwortung trugen, diese Situation zu entwirren, schweißte uns in einem stillen Pakt zusammen, oder die Tatsache, dass ich es einfach nicht konnte, weil er mir gefiel.

Dann weicht er meinen Blick aus, neigte den Kopf und sieht Anzai nach. »Wie jetzt? Du willst schon gehen? Ruh dich doch noch ein bisschen aus.« Ich starre Suo noch immer an. »Ach was, das geht schon.« Er zog seine Schuhe an und widmet sich dem gehen. »Sag mal, Anzai. Hat das was mit KEEL zu tun?«Nun nahm ich meinen Blick von Suo. Anzai bleib genau neben mir stehen.
»W-Wovon redest du?«
Er ist der schlechteste Schauspieler, denn ich kenne.
»Ah, meintest du »Bier«?!«Anzei zeigt auf die Karte über den Tresen, das Bier vom Fass. »Sorry, da muss ich passen! Ich bin noch nicht volljährig.«Er winkt. »Also dann, Leute! Ich bin dann mal weg, bis dann!!«
»Ah! Wenn du gehst, nimm die hier mi...«,die Dame sieht zu spät, dass der junge Herr schon aus der Türe war.
Sie legt die Tüte auf den Tresen ab, seufzend. »Mensch, ich wollte ihm zur Stärkung noch diese Teigbällchen mitgeben. Sie sind echte Glückspilze, dass es sich gibt.«Sie schien ernsthaft froh zu sein. So wie jeder andere Bewohner in dieser Stadt, wie am ersten Tag, als ich Makochi besucht habe, und jeder über die Furin Schüler gesprochen hatte.
»Und ihr uns im Viertel immer unter die Arme greift. Bestellt euch, was ihr wollt. Geht aufs Haus!«Erstarrt sehe ich die Dame an. Pinky neben mir hebt die Arme. »Juhu!«,schallt sein Gejubel durch den recht leeren Laden.
»Echt jetzt?!«
»Dann nehm ich Käsemochi mit pollackrogen!«
»Ich auch? Obwohl ich gar nichts gemacht habe?«,fragt Nirei.
»Nur keine falsche Bescheidenheit.«,sagt die Frau. Oh je... dachte ich.
»Ihr seid alle Furin- Schüler! Und damit sowas wie meine eigenen Kinder!«Ich sehe, wie Sakura errötet und musste grinsen.
»Sag mal, Suo«,beginnt der orangehaarige in meiner Sitzbankreihe ganz außen rechts. »Woher wusstest du, dass Anzai was mit KEEL zu tun hat?«Ich sehe zu Suo und musterte seine Gesichtszüge und wartete gespannt auf eine Antwort.
»Hundert prozentig sicher war ich mir zwar nicht,... aber bei dem seltsamen Gerede dieses KEEL Mitgliedes vorhin und als ich dann Anzais Verletzungen sah, und Lisa- chan auch über KEEL Bescheid wusste, deutete für mich alles darauf hin.«
Er nimmt seinen Becher in die Hand. »Und wie es scheint, lag ich damit goldrichtig.«Er trank.

»Lisa-san!«Ich sehe zu Nirei, der mich aufgeregt ansieht. »Stimmt das wirklich? Glaubst du das auch?« Ich nickte, ohne zu zögern. »Mir kam der Gedanke auch.«,sage ich ehrlich. »Und dazu noch, war Anzai ein sehr schlechter Lügner.« Nirei steht mit einem Ruck auf. Seine brauen verzogen. War Nirei etwa wütend?
»Wir müssen etwas tun! Wenn Suo und Lisa recht haben mit ihrer Vermutung, dann wurden ihm die Verletzungen von KEEL zugefügt! Und Lisa- chan wurde auch angegriffen! Warum hast du uns denn nichts gesagt?«Es war wie ein Stich in meinem Herzen, denn er hatte recht. Zu diesem Zeitpunkt jedoch hielt ich sie noch nicht für meine Freunde. Das Gefühl war jetzt anders und ich bemerkte, dass er aufgebracht meinetwegen und seines Freundes aus der Furin war.
»Wir müssen ihm helfen!«
Sakura steht ebenfalls auf. »Moment mal! Angenommen, diese Typen haben ihn wirklich verdroschen, warum hat er uns dann nichts gesagt? Da muss mehr dahinter stecken.«
»Er wird bestimmt erpresst.«,sage ich. »Aber selbst wenn, dann wissen wir nicht mal, ob er unsere Hilfe überhaupt will.«
»A-Aber...«Nirei stotterte nun leise, verzweifelt.
»So wie ich das sehe, trägt er ein, zwei Geheimnisse mit sich rum, die niemand erfahren soll.« Stille.
»Das mag ja sein...,aber ist er nicht trotzdem unser kamerad? Wenn wir ihm irgendwie helfen können, sollen wir es dann nicht tun?«
Sakura zischt.
»Ich hau ab.«
»WAS?! A-Aber Sakura! Wir waren doch noch gar nicht...«
Die Frau kommt Sakura entgegen:»Nanu? Du gehst auch schon? Dann nimm das hier mit.«Zögernd nimmt er ihr die Tüte entgegen. »Sakura kann echt kompliziert sein, was?«Pinky und orange bekommen ihr Essen. »Wem sagst du das? Das ist bei ihm normal Zustand.«,kommentiert Suo amüsiert.
»Dabei sind die Monia hier Mega!«

Ich blieb still, gefangen in einem Sturm aus Gedanken und Emotionen. »Hör mal, Nirei... alles wird gut«, hörte ich Suo sagen, und in diesem Moment hämmerte mein Herz wie ein wildgewordenes Tier in meiner Brust. Die Worte schienen in der Luft zu hängen, während meine Gedanken sich wie ein aufgewühltes Meer umherwirbelten. Ich wollte etwas sagen, wollte die Stille durchbrechen, doch als ich meine Lippen öffnete, schloss ich sie sofort wieder. Eine Flut von Unsicherheit überkam mich, und ich ballte meine Hände zu Fäusten unter dem Tisch, als könnte ich so die aufkommende Panik zähmen.

»Leute.«

Das leise Murmeln von Pinky und dem orangehaarigen Tsuge über das vermeintlich grandiose Eden verstummte abrupt. Der Raum schien sich zu verengen, und ich spürte die Blicke der anderen auf mir lasten wie ein schwerer Mantel. Suo nippte weiterhin gelassen an seinem Getränk, sein Gesicht eine Maske der Ruhe, während Nirei einfach nur dort stand, seine Augen auf mich gerichtet, durchdringend und erwartungsvoll. Jeder in diesem Moment war still, als ob die Welt um uns herum für einen Augenblick angehalten hätte.

Ich fühlte, wie die Spannung in der Luft knisterte, ein elektrisches Gefühl, das alles andere überlagerte. Die Stille war ohrenbetäubend, und ich wusste, dass ich diejenige war, die diese Stille brechen musste. Doch die Worte blieben mir im Hals stecken, gefangen zwischen Angst und dem unaufhörlichen Drang, mich zu offenbaren.

»Bisher habe ich nicht gesagt, warum ich eigentlich hier bin.«

Ich muss es ihnen sagen. Die Wind Breaker werden mir zur Seite stehen, wie Umemiya.

»Ich bin hier her gekommen, um mich an den Mörder meines toten Bruders zu finden und mich zu rächen.«

Die Worte schienen wie ein Schuss durch den Raum zu hallen, und für einen Moment war es, als hielte die Zeit an. Nirei, Suo und die anderen starrten mich an, als wären sie Zeugen eines schrecklichen Geheimnisses, das endlich ans Licht kam. Ich konnte die verschiedenen Reaktionen auf ihren Gesichtern lesen: Entsetzen, Mitgefühl, vielleicht sogar Bewunderung für den Mut, den ich aufbrachte, um meine Wahrheit zu offenbaren.

Nirei war der Erste, der sich rührte. »Rache?« Seine Stimme war gedämpft, aber ich konnte die Besorgnis darin hören. »Das ist ein gefährlicher Weg, den du da einschlägst. Es gibt keine Garantie, dass es dir Frieden bringt.«
Ich nickte, meine Entschlossenheit festigte sich.
»Ich wurde von Zuhause rausgeschmissen. Mein Bruder wurde von meinen Eltern ausgestoßen und das taten sie, als sie an seinem Grab standen. Sie haben herausgefunden, dass mein Bruder ein Gangster war. Er wurde ermordet. Ich will nur den Mörder finden und ihn dafür zahlen lassen. Ich will die Wahrheit finden und selbst, wenn mich ein Hauch von lügen streift, die er mir ins Gesicht gesagt hat, oder noch hinter seinem Rücken versteckt hat. Ich...«
Ich prallte meine Hände noch weiter. »...will einfach die Wahrheit.«

Suo lehnte sich vor und schaute mir direkt in die Augen. »Und was, wenn du dabei selbst verletzt wirst? Was, wenn du nicht die Antworten bekommst, die du suchst?«

Ich schluckte hart und fühlte, wie die Schwere meiner Aufgabe auf meinen Schultern lastete. »Das Risiko ist es mir wert. Ich habe keine andere Wahl. Ich bin bereit, alles zu tun, um die Gerechtigkeit zu finden, die er verdient.«

Pinky, der bisher still gewesen war, Neben mir sitzt, lehnt sich vor, damit er mich besser sehen konnte. Ich erwiderte seinen Blick.
»Wenn du das wirklich willst, dann sind wir für dich da. Die Wind Breaker lassen niemanden im Stich, egal wie ausweglos die Situation scheint. Wir kämpfen zusammen, und wenn du Unterstützung brauchst, kannst du dich auf uns verlassen.«

Ein Gefühl der Erleichterung durchflutete mich. Diese Gruppe, die mir zunächst fremd gewesen war, sind nicht nur Verbündete, sondern auch Freunde. Einander beizustehen, das war der Grund, warum wir hier waren. Ich hatte in der Dunkelheit nach einem Licht gesucht, und jetzt hatte ich es gefunden.

Als ich die Wind Breaker Schule betrat, wurde ich von einer Mischung aus Nostalgie und Aufregung überwältigt. Der Geruch von feuchtem Beton und die frische Frühlingsluft, die durch die offenen Fenster strömte, umhüllten mich. Die vertrockneten Kirschblüten, die auf dem Asphalt lagen, erinnerten mich an die Vergänglichkeit der Zeit und die Schönheit, die selbst im Verfall zu finden war.

Die Wände waren mit bunten Graffiti bedeckt, die Geschichten erzählten, die längst vergessen schienen. Einige waren Botschaften der Hoffnung, andere schienen wie Schreie der Rebellion in die Welt hinaus. Efeu klammerte sich an den Zaun, als würde er versuchen, das Gebäude vor dem Verfall zu bewahren. Es war ein Ort voller Leben, voller Erinnerungen und voller Möglichkeiten.

Meine Schritte hallten durch die Flure, als ich mich dem Klassenzimmer näherte. Der Klang meiner Schuhe auf dem harten Boden war das einzige Geräusch, das die Stille durchbrach.
Ich öffnete die Türe. Und sofort streift mein Blick auf einen halben Kreis aus Stühlen der Jungen direkt vor der Türe. Pinky sitzt in der Mitte. Rechts neben ihm Nirei dann Suo, auf der anderen Seite Orangehaar und noch jemand, denn ich nicht kannte, aber dieser spricht mit jemanden anderen.
»Guten Morgen, Lisa- chan!«,winkt Pinky mir zu.
»Lisa- san! Guten Morgen!«Nirei sieht mich mit einem Lächeln an.
»Moin.«Orange Haar grüßt mich.
Ich streiche mir mein Haar hinter das Ohr, ehe ich den Blick anwende und mir einen Stuhl griff. »Guten Morgen.«,sage ich und streife, den Blick von Suo nun, der mich angrinst. Kaum setzte ich mich neben Suo... der einzig freie Platz in diesem Kreis, wo ich den Stuhl noch hinstellen konnte, die Türe. »Moin!«
»Oh, Moinsen, Sakura!«
»Morgen.«,grummelt er.
»Guten Morgen!« Ich sehe Sakuras Blick hinterher. Er sieht Anzai an, der seine gestrige Lügengeschichte erzählt. Sakura nimmt einen Stuhl und quetscht sich neben mich, verschränkt die Arme.
»Ah, Sakura. Konntest du gestern mit Anzai reden?«,fragt Suo, der Sakura anscheinend gestern, als er ging, heimlich mit Anzai reden wollte, durchschaut.
»Was?! K-keine Ahnung, was du meinst!«
»Lügner.«,zischte ich. Er errötet. »Du bist echt leicht zu durchschauen, Sakura«,singt Pinky. Die Türe wird geöffnet.

»Hey! Gibts hier 'nen Anzai?«

»Ja, hier! Worum geht's?«

»Wer ist der Kerl?«,fragt Sakura. »Das ist Tochomoto der 4.«,erklärt Nirei. Er trat ein und läuft geradewegs mit den Händen aus den Taschen auf Anzai zu.
»Was ist das? Ein Liebesbrief?«
»Schon mal' n Liebesbrief in 'nem braunen Umschlag gesehen?«, erwiderte Tochimoto.
Er fuhr sich durch sein ganz kurzes Haar.
»Ich war auf dem Weg zur Schule, da hat mir den so' n Knilch in die Hand gedrückt.« (Knilch: Eine abfällige Bezeichnung für einen unangenehmen Mann. Das Wort leitet sich vom ähnlich fantastischen Adjektiv »knollig« ab, das im 19. Jahrhundert benutzt wurde, um »bäuerlich« zu umschreiben.) »Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. War so'n dubioser, zwielichtiger Typ.«Ich sehe Anzais Entsetzen im Gesicht. Ich neige den Kopf. Wer sag's denn? Jetzt kommt es doch ans Licht, wozu also deine Lüge?

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