Hätte sie Lilly davon abhalten müssen jetzt noch loszugehen?
Immerhin war Jessy gestern Abend auch alleine unterwegs und wurde angegriffen.
Und noch immer hatte sie sich nicht gemeldet.
Kurz hatte sie vorhin überlegt Phil nach ihr zu fragen, aber hatte es dann sein lassen.
Was wenn er gar nichts davon wusste?
Sie hatte zwar angenommen, dass er deshalb vielleicht die Polizei nicht schon früher gerufen hatte, aber sicher konnte sie nicht sein.

Die Anschuldigungen von Cleo, Thomas und Richy gegen Phil hielt sie jedoch für Unfug.
Keine Ahnung wo er war, als Hannah entführt wurde oder diese andere Frau umgebracht wurde, aber gestern Abend, als Jessy angegriffen wurde, war er in der Aurora und arbeitete.
Dafür gab es sicher auch einige Zeugen.
Außerdem sagte ihr irgendwas, er durfte es einfach nicht sein.
Ein Mörder und Entführer durfte nicht nett sein, gut aussehen und irgendwie sympathisch wirken.
Sie lachte auf. Als würde sie das nicht besser wissen.

Bis Lilly sich meldet würde es sicher noch etwas dauern und irgendwie war ihr danach etwas zu trinken.
Den angefangenen Wein aus dem Hotel hatte sie mitgenommen, allerdings hatte sie hier in ihrem Zimmer keinen Kühlschrank.
Zwei Türen weiter hatte sie aber eine Eismaschine gesehen.
Damit konnte sie ihn kaltstellen.

Barfuß, aber mit ihrer Lederjacke, verließ sie ihr Zimmer und ging mit der großen Schüssel in der Hand zu der Eismaschine.
Es dämmerte schon, spätestens in einer halben Stunde wäre es dunkel.
Der Parkplatz des Motels war zur Hälfte gefüllt. Aus einigen Fenstern fiel Licht und man hörte Fernseher und Musik.
Sie hatte sich hier nur für eine Nacht angemeldet und sofort bezahlt. So konnte sie am nächsten Morgen los, sobald sie gerichtet war.
Die Fahrt würde noch einmal ungefähr vier Stunden dauern, dann wäre sie an ihrem Ziel.
Zumindest vorerst.
Weit in die Zukunft plante sie nicht.

Sie füllte die Schüssel mit den Eiswürfeln und als sie sich umdrehte stand eine Gestalt hinter ihr.
Sichtbar zuckte sie zusammen.
„Guten Abend", grüßte die Frau. „Ich hoffe ich habe Sie nicht erschreckt."
„Nein, nein. Schon gut", murmelte Nora und ging zurück in ihr Zimmer, während sich die Frau an der Eismaschine bediente.

Nachdem sie die Zimmertüre zweimal abgeschlossen und die Vorhänge zugezogen hatte, stellte sie den Wein kalt und sah auf ihr Handy.
Dan hatte ihr geschrieben.

Let'sSchwätz
Dan
Online

[Img2751.jpg] (Selfie im Krankenhausbett)

Dir scheint es ja wieder ganz gut zu gehen

Wenn man bärtige Krankenschwestern und Klostühle mag, dann jo. Sehr gut :-)
Du meintest ja ich sollte nicht mehr fahren, vielleicht hätte ich da auf dich hören sollen.

Nicht nur vielleicht Dan.

Ich weiß.
Nie wieder Whiskey aus dem Laden.
Drum war der auch so teuer.

Weil niemand ein zweites Mal kommt?

Genau :-D

Immerhin hast du deinen Humor nicht verloren.

Ich mag den Laden sowieso nicht. Habs nur für Jessy getan.
Und was machst du so?

Nichts Besonderes.

Hast du eigentlich was von Jessy gehört?

Nein, schon seit gestern Nacht nicht mehr

Aha
Ich hab sie vorhin angerufen.
Sie wollte aber nicht mit mir reden.
Du weißt nicht zufällig, ob Richy etwas damit zu tun hat?

Wieso Richy?

Na der ist doch gleich zu ihr gefahren.
Oder hab ich das falsch mitbekommen?

Achso, doch das stimmt schon.

Jedenfalls hab ich nachgedacht.
Wegen dem Angriff auf Jessy und so.
Habt ihr eigentlich mal dran gedacht, dass das Zeichen nicht für Richy war, sondern für Jessy?

Nein. Haben wir nicht...
Ein guter Gedanke Dan.
Aber warum interessierst du dich plötzlich für den Fall?

Pff. Mich regts nur gewaltig auf hier rumzuhängen.
Und dieser gefiederte Vollpfosten hat sich an meinem Auto zu schaffen gemacht
Damit ist es zu etwas Persönlichem geworden.
Dann lass ich dich mal weiter Nora-Sachen machen
Ich wollte das nur mal gesagt haben. Dachte es sei wichtig
Was weiß ich

Dan ging offline ohne sich zu verabschieden, dafür meldete sich Lilly.

Let'sSchwätz
Lilly
Online

Ich bin da.
Also zumindest glaub ich das
Hier ist nämlich gar kein Haus.

Und etwas Ähnliches vielleicht?

Schau
[Img1045.jpg] (Foto einer freien, gepflasterten Fläche)
[Img1046.jpg] (Foto der Straße vor dem Grundstück, eine Straßenlampe, Wiese)

Vielleicht übersiehst du ja was?
Es ist schon ziemlich dunkel.

Kann ich mir nicht vorstellen. Es ist ziemlich überschaubar.
Hier ist ja nichts außer Wiese und Waldrand.

In den Wald gehst du nicht!

Nein, keine Angst.
Aber hier ist nichts.
Bin ich vielleicht doch falsch?

Lass mich nochmal in die Karte schauen.

Nora wechselte in Jakes Profil, um sich die Karte anzusehen.
Aber irgendetwas daran war anders.
Das Haus, zu dem sie Lilly geschickt hatte, war nicht mehr eingezeichnet. Dafür gab es eine Markierung.
Sie klickte darauf und es öffneten sich Bilder.
Eine beleuchtete Unterführung, der Vollmond, eine Lampe, eine Sonnenfinsternis.
Alle Bilder hatten den Untertitel ???
Bezog sich das auf Jake, der anfangs diesen Namen genutzt hatte?
Ziemlich sicher sogar.

Let'sSchwätz
Lilly
Online

Die Karte in Jakes Profil hat sich geändert.

Wie geändert?

Die Stelle an die ich dich geschickt habe, da ist kein Haus mehr eingezeichnet, dafür gibt es eine Markierung.
Mehrere Fotos.
Eine Unterführung, eine Lampe, der Vollmond, eine Sonnenfinsternis.

Hm.
Ein weiteres Rätsel?
Aber was für eins?

Ich glaube es geht um Licht.
Oder die Dunkelheit.

Licht?
Hier ist diese Straßenlampe, mehr nicht.

Dann schau dir die mal etwas genauer an.

Mach ich.

[Img1047.jpg] (Sticker auf der Straßenlampe. Das Auge mit der roten Iris, darunter Zahlencode 01040)

Wir haben wohl das nächste Rätsel gefunden.

Das denk ich auch.

Und das bedeutet wohl, Jake war in Duskwood.

Ne. Nicht zwangsläufig.
Heutzutage findet man über das Internet ja alles.
Sogar Menschen, die in seltsamen Städten seltsame Sticker für seltsame Rätsel platzieren

Damit seltsame Menschen wie wir sie finden...

Genau.
Es kommt mir langsam so vor, als würde Jake mit diesen Rätseln hier Zeit schinden wollen.

Daran habe ich auch schon gedacht.
Aber Zeit für was?

Keine Ahnung. Das solltest du wohl besser wissen als ich.
Hattest du eigentlich Kontakt zu ihm, seit wir an dieser Rätselsache dran sind?

Nein.
Du glaubst er ist abgehauen, oder?

Vielleicht
Ich geh jetzt heim.
Arbeitest du schon mal an dieser Zahlenfolge

Mach ich.
Melde dich, wenn du gut daheim angekommen bist.

Mach ich.
Bis später.

Dieses Rätsel war nicht schwer glaubte Nora.
Fünf Ziffern. 01040.
Jede Let'sSchwätz ID bestand aus fünf Ziffern.
Dennoch zögerte sie diesen Kontakt hinzuzufügen.
Was würde sie erwarten?
Konnte sie Jake wirklich noch vertrauen?

Er hatte ihr gesagt sie solle nicht nach Duskwood gehen, das wäre viel zu gefährlich.
Er allerdings war dort gewesen.
Selbst wenn man über das Internet jemand fand, der einen Sticker an einer Straßenlampe platzierte, auf jemand anderen hätte Jake sich nicht verlassen.
Zu wichtig waren die Rätsel.
Andererseits, wenn die Rätsel nur dazu dienten sie und Lilly hinzuhalten, konnte es ihm ja auch egal sein, falls der Sticker an der falschen Straßenlampe landete.

Seufzend stand sie auf, schenkte sich etwas von dem nun gekühlten Wein in das Wasserglas auf dem Nachttisch und nahm einen Schluck.
Es brachte ja nichts, sie musste weiter machen, ob es ihr gefiel oder nicht.
Also gab sie die ID in das Feld für neue Kontakte ein.
Ein neuer Kontakt wurde ihr hinzugefügt.
Nym-Os, das Profilbild das ihr bekannte Auge mit der roten Iris.
Aber der Kontakt war offline.

Let'sSchwätz
Nym-Os
Offline

Hallo?

Jake?

Keine Antwort, niemand kam online.
Und jetzt?
Was erwartete Jake von ihr?
Dass sie einfach weiter machte?
Immerhin galt es immer noch Hannah zu finden, selbst wenn er sich aus dem Staub gemacht hatte.

Sie öffnete die Cloud und klickte die nächste Datei an, um sie herunterzuladen.
Dabei fiel ihr ein, dass sie bereits eine weitere Notiz heruntergeladen aber noch nicht angeschaut oder sie Jake geschickt hatte.
Das holte sie nun nach.
Die Notiz war ein Link.

„Mitternacht in Duskwood."
Das sagte ihr doch etwas.
Schnell klickte sie darauf und kam auf eine Seite, auf der das Legendenbuch digitalisiert wurde und als kurzer Film angesehen werden konnte.

Zuerst war der Umschlag des Buches zu sehen. Der Titel Mitternacht in Duskwood.
„Das Verschwinden des Metzgersjungen William Green", sagte der Sprecher und nebenbei öffnete sich das Buch.
Während der Sprecher erzählte, malten sich immer wieder neue, düstere Bilder auf die Buchseiten und stellten die Geschichte dar.

„Durch einen schlimmen Geburtsfehler, der die Hälfte seines Gesichtes entstellte, wird der junge William von den meisten Kindern seines Alters gemieden. So freut er sich sehr über die Einladung der drei Jungen: Jimmy Hopkins, Nathaniel Tanner und Scottie Morris, die für gewöhnlich nicht mehr, als hässliche Grimassen und Schimpfwörter für ihn übrig haben. Sie seien bei einem Spaziergang im Wald auf ein kleines Rehkitz gestoßen und laden William dazu ein, gemeinsam mit ihnen das Reh zu besuchen. So folgt er seinen neuen Spielgefährten immer tiefer in den Wald, während diese in den höchsten Tönen von dem Rehkitz schwärmen. Seine Ohren seien groß und lustig, sein Fell ganz herrlich weich, die Augen so schön anzusehen. Ja, es ließe sich sogar von ihnen streicheln. Jedoch befindet sich auf beschriebener Lichtung kein Rehkitz und auch das warme Lächeln auf den Gesichtern seiner Freunde wandelt sich plötzlich in scheußliches Lachen des Spotts. Noch bevor sich William seiner schrecklichen Situation bewusst werden kann, fesseln sie ihn an einen großen Baum, ziehen ihm einen Leinensack über den Kopf und rufen dabei immerzu das Wort: Vogelscheuche. Sie lassen den eingeschüchterten William zurück, der in seiner Angst nicht ein Geräusch von sich gibt, der nicht weint und auch nicht ruft, und überlassen den armen Buben seinem Schicksal. Noch am selbigen Abend übermannt den jungen Jimmy Hopkins die Vernunft und er beichtet dem lieben Vater ihre grausige Tat. Es dauert nicht lange, so ist ganz Duskwood versammelt und sucht in den dunklen Wäldern nach dem Kind. Doch als sie die, des törichten Jimmy Hopkins beschriebene Stelle erreichen, ist da kein William mehr. Nur das Seil, unberührt, am Fuße des hochgewachsenen Baums ein Meer aus Rabenfedern, schwarz wie Pech, und der Jutesack, durch und durch getränkt mit Blut. So manche mögen sagen, dass die Legende vom Mann ohne Gesicht, in jener Nacht ihren Anfang nahm. Als Williams Vater den Leinensack aufhob, der durchtränkt war mit dem Blute des eigenen Kindes. Denn William wurde niemals gefunden. Und nicht ein einziger Hinweis auf seinen Verbleib wurde je überliefert. Doch schon bald fanden sich an den Häusern der Missetäter seltsame Zeichen wieder. In der Gestalt eines Raben. Platziert wie von Geisterhand. Und als die Neumondnacht anbrach, verschwanden die Familien der drei Jungen mit Haut und Haar und wurden nie wieder gesehen. Und so lebt die Legende noch heute und fordert Tribut der begangenen Sünden. Sie schleicht mit langsamen Schritten durch Duskwoods Gassen, unter wachsamen Rabenaugen, in der Dunkelheit der Nacht."

Das Buch im Video schloss sich wieder, aber das letzte Bild hatte sich in Noras Netzhaut gebrannt.
Das Bild einer Maske.
Eine Maske mit groben Nähten, schwarzen Löchern als Augen und einem zugenähten Mund.
Die Maske des Entführers.

Auch wenn es unwahrscheinlich war, dass Jake online kam und es sah, schickte sie ihm den Link.
Dann ging sie in die Legendengruppe.

Let'sSchwätz
Legenden aus Duskwood
Jessy, Richy, du

[Mitternacht in Duskwood]

Richy:
Hey ho
Hm, was schickst du denn da?

Das langersehnte Legendenbuch ;-)

Richy:
Achwas :-o

Jessy:
Hey ihr zwei

Jessy <3

Jessy:
:-)

Richy:
Wie geht es meiner Lieblingsangestellten?

Jessy:
Mir geht's besser
Über was redet ihr gerade

Richy:
Nora hat uns das Legendenbuch besorgt

Du solltest dich aber nicht gleich überfordern Jessy.

Jessy:
Ist schon gut.
Ich möchte es mir ansehen.

Richy:
:-/
Wie du meinst Jessy.
Dann sehen wir es uns an.

Nora gab den beiden die Zeit sich das Video anzusehen, packte ihr Smartphone an das Ladekabel und ging ins Bad.
Diese Maske zu sehen, ihre verwirrenden Gedanken zu Jake, die Rätsel. All das war viel für sie.
Zuerst spritzte sie sich ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht, dann ging sie an ihre Kulturtasche und nahm die Tabletten heraus.
Eigentlich sollte sie diese nicht mit Alkohol zusammen zu sich nehmen, aber das hatte sie auch schon gemacht und nichts war passiert.
Wenn sie nun eine nahm, sich dann noch ein Gläschen gönnte, würde sie wenigstens gut schlafen können.

Zurück im Bett schlüpfte sie unter die Decke und lehnte sich gegen das Kopfteil des Bettes.
Richy und Jessy hatten sich die Geschichte angesehen.

Let'sSchwätz
Legenden aus Duskwood
Jessy, Richy, du

Jessy:
Wie furchtbar traurig

Düstere Legenden haben oft einen traurigen Ursprung

Richy:
Stimmt wohl.
Und was meint ihr dazu?

Williams Vater wurde zum Mann ohne Gesicht um sich zu rächen?

Richy:
Ja. Er ist der Ursprung der Legende.

Die Maske von Jessys Angreifer, ist definitiv die aus der Legende.
Ich habe sie während des Angriffs gesehen und auch schon in einem der Drohanrufe.

Richy:
Aber nicht bei dem mit Cleo, oder?

Nein. Ich bekam noch weitere Anrufe. Jedoch wurde darin nur ich selbst bedroht, oder gar nichts gesagt.

Jessy:
Du Arme.
Aber warum?
Warum ausgerechnet diese Legende?

Er will, dass seine Taten einem Monster zugeschrieben werden?
Was bedeuten die Raben?

Jessy:
Raben gelten als Unheilbringer. Und im Wald wurden laut der Legende Rabenfedern gefunden.

Richy:
Deshalb hat Williams Vater den Raben als Symbol genommen.

Klingt logisch.
Den Link habe ich aus Hannahs Cloud.
Sie hat sich also selbst mit der Legende beschäftigt.

Jessy:
Was? :-/

Richy:
Du kommst in ihre Cloud?
Obwohl, warum frag ich eigentlich...

Bitte lass gut sein Richy.
Ich wollte nur, dass ihr das wisst.

Jessy:
Hat Hannah vielleicht doch gesündigt? Und jemand nutzt die Legende um sie zu bestrafen?

Richy:
Das hatten wir schon mal, oder?

Ich denke es schadet nichts, das alles erst mal sacken zu lassen.
Vielleicht fällt uns ja noch was ein, wenn wir eine Nacht darüber geschlafen haben.

Richy:
Gute Idee.
Vor allem für dich Jessy.

Jessy:
Machst du dir etwa schon wieder Sorgen um mich? :-)

Richy:
:-/
Adios.

Jessy:
Bis dann

Bis dann

Schnell wechselte sie zu dem Chat mit Lilly, die endlich zuhause war.

Let'sSchwätz
Lilly
Online

Bin wieder daheim.
Bist du schon mit der Zahlenfolge weiter?

Ja.
Es ist ein Kontakt hier.
Nym-Os
Weiter bin ich allerdings noch nicht.

Warte, ich füge ihn bei mir ebenfalls hinzu.
Schade, er ist offline.
Und jetzt?
Ach, dieser Kontakt hat eine E-Mail-Adresse als Notiz in seinem Profil.
Soll ich da mal hinschreiben?

Ein Versuch ist es Wert.

Okay, mach ich.
So fertig.
Ich hab aber nur Hallo geschrieben.

Ich denke das reicht auch vorerst.
Wer weiß wer sich dahinter verbirgt, besser nicht gleich alles verraten.

Ich hab eine Antwort bekommen.
In dieser Mail steht lediglich:
Rw47vr
Was könnte sich damit auf sich haben?

Ich hab da eine Idee. Warte kurz.

Let'sSchwätzNym-OsOffline

Rw47vr

[....X....] (Link)

Let'sSchwätz
Lilly
Online

Er hat mir einen Link geschickt und ist dann wieder offline gegangen.

Ich hab auch einen Link bekommen, nachdem ich ihm den Code aus deiner E-Mail geschickt habe.

Aber man braucht ein Passwort :-(

Was könnte das sein?

Hm. Ich weiß nicht.

Ich seh es mir mal an.

Sie klickte auf den Link und kam auf eine Seite, auf der lediglich ein Schlüssel abgebildet war.
Darunter ein Feld, um das Passwort einzugeben.
Wieder starrte sie ihr Handy an, während ihre Gedanken rasten.
Was könnte Jake wohl für ein Passwort gewählt haben?
Sicher eines mit tausend Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen.
Das Alphabet rückwärts vielleicht? Auf Suaheli?
Sie hatte keine Ahnung.

Was hatte Jake geschrieben, als es um das Passwort von Dr. Barret ging?
Hobbies, Haustiere, wichtige Personen.
Keine Ahnung welche Hobbies Jake hatte außer zu hacken, Haustiere bestimmt nicht und wichtige Personen?
Hannah? Vielleicht sogar noch einmal Dusty?
Sie versuchte zuerst Hannah, dann Dusty, als Passwort. Erfolglos.
Dann ging sie über zu Hacken, Monitor, Computer, Duskwood, Flucht, Jake, Laptop.
Keines dieser Worte stimmte.

Plötzlich schrieb Lilly ihr.

Let'sSchwätz
Lilly
Online

Ich habs.

Wirklich?

Ja.
Das Passwort lautet:
Nora

Was? Wie bist du darauf gekommen?

Naja, auf der Seite war dieser Schlüssel. Und dann Jakes Worte.
„Nora ist der Schlüssel."
Ich hab also deinen Namen ausprobiert und es hat funktioniert.
Auf der Seite gibt es ein Video...
Das solltest du dir ansehen.

Mit zitternden Fingern öffnete Nora erneut den Link, gab ihren Namen als Passwort ein und startete das Video.
Anhand Lillys Worte hatte sie ein wenig Angst vor dem, was sie gleich sehen würde.
Es sah aus, als bestünde die Kapuze der Sweatjacke aus vielen kleinen einzelnen Pixeln, die sich bewegten.
Sofort erinnerte es sie an das Videotelefonat mit Jake, als die ganze Sache für sie anfing.
Und sofort erkannte sie auch die verzerrte Stimme.

„Wenn du das hier siehst, werde ich bereits fort sein."
Der Knoten in ihren Eingeweiden zog sich immer weiter zusammen.
„Ich werde untergetaucht sein oder meine Verfolger haben es geschafft mich zu finden. Vergib mir, dass ich es dir nicht mehr persönlich sagen kann, aber über diesen Weg möchte ich sicher stellen, dass du erfährst, wer ich wirklich bin. Zum einen bin ich es dir schuldig, zum anderen möchte ich nicht, dass ihr euch nicht darauf konzentriert mich zu finden, wenn ich so plötzlich verschwinde. Was ich dir jetzt offenbare, habe ich niemals jemandem erzählt. Ich bin Hannahs Halbbruder. Sie und ich haben uns niemals getroffen und obwohl ich damals nur aus diesem Grund Kontakt zu ihr aufnahm, habe ich es ihr nie erzählt. Schon bald war ich gezwungen den Kontakt zu ihr wieder abzubrechen, doch kurz vor ihrem Verschwinden hat sie sich mit der Bitte um Hilfe an mich gewandt. Hannah und Lilly sind die einzigen Familienmitglieder die ich noch habe und ich hoffe du verstehst nun, weshalb mir so viel daran lag sie zu finden. Ich bitte dich darum, mein Geheimnis zu bewahren, denn ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, dass ihre Familie zerbricht. Es liegt nun nicht mehr in meiner Macht Hannah zu finden. Ihr Schicksal liegt nun allein in deinen Händen. Ich danke dir für unsere Gespräche, deine Geduld und deinen Mut. Wir werden uns wiedersehen wenn die Zeit dafür gekommen ist."