Kapitel 43 Glühwürmchen
Hin und wieder stachen kleinere Äste gegen meine freien Beine und Arme und erweckten in mir den Wunsch, so schnell wie möglich wieder heraus zu kommen. Die Kühle der Blätter striche hauchzart an meiner Haut vorbei, kitzelte und stach.
Erfreut über die zurück erlangte Freiheit durchbrach ich das Geäst und stellte mich neben William, welcher auf einmal stehen geblieben war und starr nach vorne schaute.
"Deshalb bist du also hier her" flüsterte er.
Sterne ähnlich. So würde ich die kleinen, unscheinbaren Geschöpfe vor mir beschreiben. Die Atmosphäre allerdings hätte ich traumartig benannt.
Unzählige, kleine, hell leuchtende Glühwürmchen wuselten durch die Luft, tanzten mit einander einen edlen Tanz und schwebten anmutig in der frischen Abendluft herum.
Unbewusst erhellten sie durch ihr magisches Leuchten unter sich den leise rauschenden kleineren Fluss, der sich durch den Waldboden schlängelte und hinter einer Kurve verschwand.
Durch das gelbgrüne Licht der Glühwürmchen erkannte man die kaum nennenswerte Strömung und die kleinen Wellen, welche entstanden, als das Wasser gegen viele kleinere und einen melonengroßen Stein stieß und den Weg über die glattgeleckten Steine fand.
Es war eine beleuchtete Oase mitten im dunklen, furchteinflößenden Wald, kaum vergleichbar mit davor Gesehenem.
Das sanfte Rauschen drang in meine Ohren, andächtig lauschte ich und genoss dieses Geräusch aus tiefsten Herzen. William schien dies ebenfalls zu machen, denn er nahm seinen verträumten Blick nicht von dem wunderschönen Ereignis vor sich.
Eine Weile blieben wir stehen, bis William zart fragte: "Wusstest du, dass hier ein Fluss mit Glühwürmchen ist?"
"Vom Fluss schon, allerdings habe ich nichts von den ganzen Glühwürmchen gewusst. Ich bin den Glühwürmchen gefolgt, weil ich mir schon gedacht habe, dass sie sich hier paaren würden."
Bewundernd und Überrascht schaute mich William an. Lächelnd fing ich seinen Blick auf und erklärte: "Habe ich mal irgendwo gelesen. Komm."
Sanft zog ich an seiner Hand, was er sich nicht zwei mal sagen ließ. Gemeinsam, Hand in Hand gingen wir durch das lange Gras, bis wir an einen kleinen Abhang kamen, unter den wir uns setzten.
Erleichtert ließ ich mich aufs kühle, kürzere Gras fallen und lehnte mich an die ebenfalls kühle Oberfläche der Böschung. Während ich gerade ein Glühwürmchen beobachtete, welche Lufthüpfer vollführte, spürte ich, dass sich William neben mich setzte, ganz nah, so dass es mir erneut meinen Atem raubte.
Durch die plötzliche Körperwärme kam mir die kalte Nachtluft noch kälter vor, fröstelnd kuschelte ich mich ein wenig zusammen, ohne zu bemerkten, dass William dies mitbekommen hatte.
Zärtlich rutschte er näher zu mir, so dass uns keine Zentimeter mehr trennten, die nackte Haut meines Armes berührte den Stoff seiner Uniform. Schulter an Schulter saßen wir da, unsere Wärme vertrieb gemeinsam die Kälte, kein Blatt hätte zwischen unsere aneinander schmiegenden Körper gepasst.
Während ich das klare Flusswasser, welches einen halben Schritt von uns entfernt war und in dem sich die unzählige Glühwürmchen spiegelten, anstarrte und davon ausging, dass es William ebenfalls tat, legte er unerwartet seine dünne Hand auf meinen Kopf.
Fragend schaute ich auf, in diesem Moment trafen seine Lippen liebevoll meine Stirn. Die Haut, welche seine warmen Lippen berührten begann zu kribbeln, genau so wie mein Bauch.
Sachte lösten sich seine Lippen von meiner, mit einer kurzen, hauchzarten Handbewegung von ihm freigelegten Stirn, ganz zu meinem Wiederwillen. Allerdings zwang ich ihn nicht für immer und ewig seine Lippen auf meiner Stirn zu behalten.
Gefühlvoll strich seine Hand meinen Hinterkopf herunter, nah mit seinen grazilen Fingern eine Strähne in die Hand, welcher er hochhob und bis zum Ende verfolgte. Schlapp kehrte sie zu den anderen zurück, ich schenkte der gerade von William geliebkoste Haarsträhne keine Aufmerksamkeit.
Meine Augen klebten an William fest, welcher mich ruhig und voller Liebe zurück anschaute. Wir verliefen uns in die Augen des anderen, nahmen die Umgebung mit den wunderschönen Glühwürmchen und dem im nichts nachstehenden Fluss nicht mehr war, sondern konzentrierten uns nur auf uns.
Mir viel auf, wie glatt und eben Williams Haut war, ebenso musste ich bei den Anblick seiner Maske an das dahinter Verborgene denken.
"Würdest du mir dein Gesicht zeigen?" fragte ich flüsternd, unsicher wie er reagieren würde. Williams Augen blieben auf mir, er blickte mich ruhig an, ohne mir großartig Reaktionen zu zeigen.
Hätte ich das lieber nicht fragen sollen?, schoss es mir durch den Kopf, während ich Angst bekam, die märchenhafte Stimmung ruiniert zu haben. Doch dem war so nicht.
Sein Lächeln beruhigte mich, auch seine Augen und sein Körper zeigten nicht, dass ich dies nicht hätte fragen sollen.
"Verzeih mir." begann er und mein Herz zog sich zusammen. Hatte ich etwas falsch gemacht? Warum wollte er mir sein Gesicht nicht mehr zeigen?
Unruhe breitete sich wie ein Waldbrand in mir aus, ließ keine einzige Stelle meines Körpers unberührt.
William löste seinen Blick von mir und schaute auf das Wasser, auf dem sich nun klar und deutlich der volle Mond spiegelte.
Stille machte sich über uns breit, ein bedrückendes Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Was war mit ihm los?
"Ich..." fing William flüsternd an. "...weiß auch nicht, warum ich so zögerlich bin. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich wegen der Narbe schon fiel Ablehnung erfahren habe. Womöglich, nein, ganz bestimmt habe ich Angst, dich wegen ihr zu verlieren. Verzeih mir, ich muss mich wohl noch daran gewöhnen, vor jemand anderen außer vor mir selbst die Maske abzunehmen."
Seine Stimme klang angenehm, weich, aber auch leise und irgendwie...traurig. Niedlich zuckte sein Körper zusammen, als ich eine Hand an seine erkaltete Wange legte. Kurzzeitig war er verwirrt, schmiegte dann allerdings seine Wange gegen meine Hand, er sehnte sich nach meiner Berührung und begrüßte sie.
"Du musst dir keine Gedanken machen." begann ich sanft. "Ich habe deine Narbe doch bereits gesehen und ich finde sie nicht hässlich oder ablehnungswürdig. Verdammt, ich liebe dich und dazu gehört auch dein Gesicht. Du bist wunderschön, du bist so wie du bist perfekt." versuchte ich ihn klar zu machen.
Liebevoll legte ich meine Stirn gegen das kühle Material seiner Maske. Genau so gefühlvolldrückte sich William mir entgegen. Eine Weile verbleiben wir so, lauschten den Atem des jeweils anderen und spürten dessen wärmende Körperwärme.
"Ich liebe dich auch. Und ich weiß eigentlich auch, dass du mich so liebst wie ich bin. Trotzdem ist es...befremdlich." Er nahm seine bedeckte Stirn von meiner und schaute mich voller Liebe an.
Seine beiden Hände fanden den Weg zu seiner Maske, welcher er, nun ohne zu zögern, abnahm. Vorsichtig legte er sie neben sich ins Gras und entfernte seine Finger von dem Gegenstand, als ob es ein Heiligtum wäre.
Als sein Gesicht sich zu mir drehte, verschlug es mir unmerklich den Atmen. Seine weißen Haare, welche perfekt mit der dunkleren Haut seiner Narbe harmonierten und so herausstachen, seine sonst makelloses Gesicht, er war...gottverdammt bildhübsch.
"Für einen klitzekleinen Moment, als du mir damals im Garten gesagt hast, dass du mein Gesicht hübsch findest, hatte ich gedacht, dass du es nur sagst, um mich nicht zu verletzen. Im nachhinein schäme ich mich so unglaublich sehr dafür, schließlich habe ich eine Sekunde später die Liebe in deinen Augen gesehen. Verzeih mir, dass ich jemals so etwas gedacht habe." flüsterte er so bedrückt, dass es mir das Herz brach, er richtete seine Augen verschämt auf den Boden.
Ich hatte schon öfters gelesen, wie eine Autorin oder ein Autor geschrieben hatte, dass einer Person das Herz geblutet hatte. Natürlich hatte ich gewusst, was damit gemeint war, ebenso konnte ich es mir ein wenig vorstellen, doch gerade jetzt, in diesem Moment spürte ich das erste Mal, was damit gemeint war.
"William." flüsterte ich, was ihn aufschauen ließ. Ohne einen großen Abstand überbrücken zu müssen, trafen meine Lippen seine und verwickelten ihn in einen Kuss. Diesmal war es aber kein "einfacher" Kuss denn um ihn aufzumuntern, ihm zu zeigen wie sehr ich ihm liebte und wegen einem urplötzlich auftauchenden Übermut wählte ich gleich zum Anfang einen Zungenkuss.
Mit wild schlagenden Herzen und komischen Gefühl in der Brust drückte ich meine Zunge bittend an seine Lippen, welche er ohne zu zögern für mich öffnete. Innig spielte ich mit seiner Zunge, welche langsam aber sicher aus ihrer geringen Starre erwachte und sich stetig mehr traute. Er war schüchtern.
Innig küssten wir uns, ich versuchte ihm so gut wie es ging zu zeigen, wie verdammt sehr ich ihn doch liebe.
Seine Zunge war warm, weich und hatte etwas vertrautes, fast schon heiliges für mich.
Keuchend und voller Liebe denkbehindert und von Ektase in einer anderen Welt schauten wir uns verliebt an, der kurze Speichelfaden der unsere paar Zentimeter getrennten Zungen miteinander verband, riss, als ich mich ein wenig von ihm entfernte.
Doch es blieb nicht bei einem Kuss, unsere Lippen trafen sich, süchtig nach dem jeweiligen anderen, zwei weitere Male.
Liebend fuhr ich mit einer Hand nach den Küssen seine Wange hinauf, durch seine weichen Haare, bis ich sie auf seinen Hinterkopf ruhte. Mit sachten Druck drückte ich ihn in meine Richtung.
Obwohl er nicht wusste, was ich vor hatte, vertraute er sich mir voll und ganz an und ließ mich machen. Beruhigend und zärtlich legte ich seinen Kopf auf meine Schulter, so dass sein Kopf schräg war und sein Ohr meine Schulter berührt. Nun saßen wir da, beide mit den Rücken gegen die kalte Böschung, Williams Kopf auf meiner Schulter. Andächtig steckte ich meine Nase in seine weichen Haare.
Genießend schloss William seine Augen und gab sich voll und ganz meinen Berührungen hin, welcher er bedürftig aufnahm. Abermals kam mir der Gedanke, das William unglaublich süß war.
Seinen Kopf, welcher auf meiner Schulter gebettet war, drehte er zu mir, so dass seine Nase an meinem Hals, nahe der Kehle ruhte. Ungebunden und friedlich atmete William ein und aus, sein warmer Atem strich jedes Mal mit einem Prickeln meine Haut entlang.
"Ich liebe dich so unglaublich sehr." kam es hauchend aus Williams Kehle. "Ich liebe dich genau so sehr." erwiderte ich mit verliebten Unterton, während ich weiter durch seine Haare fuhr. Zwar hatte ich es ihn noch nicht gesagt, aber ich fand seine Haare so unglaublich schön. Sie waren weich wie Seide.
Leicht zupfte ich an einer Strähne und entlockte William so ein leises Schnurren.
Unmittelbar lächelte ich und strich weiter durch sein Haar. Meine Nase, welche in seinen Haaren steckte, roch seinen Duft, welcher führ mich besonders und besser als alle meine Duftkerzen zusammen war.
Das alles, der Fluss mit den vielen Glühwürmchen, welche die Umgebung erhellten, Williams warmer Körper, welcher sich mit leichten Druck gegen mich schiegte, seine Kopf, welcher auf meiner Schulter ruhte, sein feuchter Atem, welcher bei jedem Atemzug meinen Hals traf und meine Finger, die durch seine Haare fuhren, kam mir vor wie ein einziger, wunderbarer Traum.
Man hätte vor Glück weinen können.
Unglaublich schnell trommelte mein Herz gegen meine Rippen, pumpte Blut in Höchstgeschwindigkeit durch meinen Körper, wobei ein großer Teil in meinen Wangen landete, welche einen rosaroten Schimmer zierte.
William hatte ebenso rote Wangen. Die verliebte Atmosphäre schwebte unübersehbar in der Luft.
Anziehend beobachtete ich die herum fliegenden Glühwürmchen, als mir zwei der kleinen Tierchen auffielen, welche aus der Reihe tanzten. Zusammen flogen sie hinauf, drehten sich umeinander und wirkten schlicht hin magisch. Auch leicht und sorglos.
Mir viel wieder ein, was ich William schon länger fragen wollte, aber nie den richtigen Zeitpunkt dazu gefunden hatte. Woher kommt seine Narbe? Und was ist mit seiner Vergangenheit? Wer hatte ihn die Ablehnung gezeigt, von der er gesprochen hatte?
"William." fragte ich zärtlich. Ein leises Schnurren kam von meinem kuschligen Freund, welcher mir damit sein Ohr zusicherte.
Gerade wollte ich ihn wegen seiner Narbe fragen, als ich stockte. Nein, noch nicht. Es war noch nicht der richtige Zeitpunkt. Zuviel könnte es jetzt kaputt machen.
"Ich liebe dich." hauchte ich deswegen stattdessen und drückte ihn einen sanften Kuss auf sein, von mir heißgeliebten Haar. Liebevoll schmiegte er sich näher an mich, bevor er "Ich liebe dich auch. So unendlich sehr." mit einer Stimme, flüssig wie Honig sagte.
Wieder wurde es still, keiner von uns wollte diese magische Stille durchbrechen. Ein Glühwürmchen flog in unsere Richtung, meine Augen hatten die kleine Leuchtkugel schon längst im Blick.
Es war nicht nötig William zu informieren, er hatte das zierliche Wesen ebenfalls bemerkt und folgte ihm wortlos.
Das Glühwürmchen kam immer näher und näher, bis es sich aus heiterem Himmel auf Williams Nasenspitze niederlies. Mit einem warmen Lächeln begrüßte er die Leuchtkugel und beobachtete den plötzlichen Besuch. Der Ordensfüher gewährte dem kleinen Tier den Aufenthalt auf seiner Nasenspitze, ohne ein Wort zu sagen, versteinert, um das Wesen nicht mit einer Bewegung aufzuschrecken.
Überrascht schaute ich das Glühwürmchen an, welches sich auf die Nase meines Freundes gesetzt hatte, als ob es diese als Ziel gehabt hatte. Das gelbliche Licht, das von dem Tier ausging, erhellte Williams unbedecktes Gesicht und ließen seine Augen schimmern, was mir schlagartig den Atem raubte, so schön anzusehen war es.
Ich träumte. Denn er war so unglaublich süß. Am liebsten, wenn ich die Macht hätte, würde ich für immer an seiner Seite bleiben, keine Sekunde ohne ihn sein.
So gut wie es ging bewegten wir uns nicht, um das Glühwürmchen nicht zu erschrecken und nutzen die Gelegenheit, das winzige Tier zu beobachten.
Allerdings schien es nicht einen allzu großen Aufenthalt auf Williams Nasenspitze eingeplant zu haben, denn es erhob sich nach einer lang gezogenen Minute wieder in die Luft, in Richtung dunklen Himmel, welchen man durch die Baumgipfel teilweise sehen konnte.
Unendlich wirkten die Sterne, welche groß und klein, dem runden, weißen Mond Gesellschaft leisteten und den Himmel ausfüllten.
Wie automatisch suchte ich das Sternenzelt nach mir bekannten Sternbildern ab, zum Beispiel wäre das der große, sowie kleine Wagen, der Steinbock, Krebs und der großen Bär, welchen ich mal mit meinem Vater gesehen hatte, als ich ihn mitten in der Nacht weckte, da ich einen Albtraum hatte.
Er hatte mir erzählt, dass die Sterne immer auf mich aufpassen würden. Damals, als Kleinkind, hatte ich dies natürlich blind geglaubt, genau so wie die Existenz von Drachen und Meerjungfrauen, heutzutage fand ich es allerdings sehr kitschig, doch das durfte es auch sein.
Allerdings schien ich mich nicht mehr ganz an die verschiedenen Sternenbilder zu erinnern, denn ich fand kein einziges von innen, was mich allerdings kein bisschen herunterzog. Wie denn auch?
Hier saß ich, William neben mir, seinen Kopf auf meine Schulter gelegt und sich gegen mich schmiegend, um noch mehr Körperkontakt mit mir zu haben, wie eh schon vorhanden. Wie um alles in der Welt sollte mich hier irgendetwas herunterziehen können?
Wärme umhüllte mich, obwohl der Boden und die Nacht kalt waren, dadurch spürte ich Williams wundervolle Körperwärme noch viel mehr. Tatsächlich dachte ich daran, ob es irgendetwas gäbe, um diese Wärme einzufangen und für immer zu behalten, damit ich in schlechten Zeiten immer William bei mir hatte.
Ich schloss die Augen. Genoss das hier und jetzt. Genoss das Gefühl, welches mir William gab. Was war geschehen, damit ich dies erleben durfte? Eigentlich hatte ich mich einmal damit abgefunden, dass ich niemals mit William zusammen kommen würde. Dass meine erste Liebe unerfüllt blieben würde.
Wie oft hatte ich geweint, mich schlecht gefühlt und mich danach gesehnt, dass er mich bloß sehen würde? Wie oft hatte ich mir ausgemalt, wie es wäre, mit ihm zusammen zu sein, danach jedoch alles verworfen, weil ich wusste, dass es nicht so kommen würde.
Und jetzt...ja, jetzt war ich seine feste Freundin. Das Mädchen, welches er seinen ersten Kuss geschenkt hatte. Das er liebte. Ein unglaublicher Gedanke.
Williams Sicht:
Nias Geruch verweilte sich in meiner Nase, ich wünschte, dass er immer dort bleiben würde. Ihr Körperkontakt war für mich so unglaublich wertvoll, er tat mir unfassbar gut. Das Gras, auf dem wir saßen, war kalt, ebenso die Nachtluft, welche kleine Atemwölkchen von mir aufnahm.
Es wurde immer kälter und ich überlegte, ob ich Nia fragen sollte, ob wir vielleicht gehen sollten. Nicht zu den Besen, um zu unseren Orden zurück zu fliegen, dafür war mir die Zeit mit Nia zu viel wert, sondern einfach durch den Wald schlendern.
Allerdings schmiss ich diesen Gedanken schnell wieder weg. Nia wärmte mich, ihre Körperwärme schaffte es sogar durch den Stoff meiner Uniform und prickelte auf meiner Haut, so wie es in meinem Körper geschah.
Hin und wieder durchzogen kribbelnde Schauer, angefangen von meiner Magengegend bis zu meinem Kopf, meinen erhitzten Körper. Mein Herz hatte sich ein wenig beruhigt, schlug jedoch immer noch aufgescheucht in meiner Brust, so dass ich jeden Schlag deutlich spürte.
Trotzdem hatte es sich beruhigt. Und ich wusste auch, wieso. Die brennende Wärme, welche von Nia auf mich über ging, verursachte eine wohlige Ruhe in mir, welche ich so nie gespürt hatte. Geräusche kamen entweder nur gedämpft zu mir, oder gar nicht.
Das Einzige, was ich voll und ganz wahrnahm, war Nia, mein Mädchen. Bedächtig hatte ich die Augen geschlossen, spürte, wie sich Nias Brust sachte hob und senkte und sie leise ein und aus atmete.
Jedes ihrer Geräusche nahm ich wie heilige Wörter auf. Sie bedeutete mir so viel. Ohne Nia wäre mein Leben...nicht dasselbe. Sie hatte eine Lücke gefüllt, von der ich gar nicht gewusst hatte. Ich liebte sie. Ich liebte sie so unglaublich sehr.
Und ich wollte, dass sie bei mir bleiben konnte, dass sie bei mir glücklich war. Liebevoll war der Druck ihrer wärmenden Hand, welche sie auf meinen Kopf gelegt hatte, schützend und liebend. Noch nie in meinem Leben hatte mir jemand durch die Haare gewuschelt, ich konnte mich auch nicht daran erinnern, dass sie je jemand angefasst hatte, außer mir selbst.
Ich liebte es. Dass Gefühl ihrer Hand, welche mit ihren langen, dünnen Fingern durch mein empfindliches Haar strich, hin und wieder leicht an einer Strähne zupfte, nur um dann entschuldigend darüber zu streichen, ließ mich wohlbehütet und geliebt fühlen, es machte mir wie so oft klar, dass ich in Nia den wichtigsten Menschen in meinem Leben gefunden hatte. Und ich hoffte, dass sie genau diesen Menschen auch in mir gefunden hatte.
Etwas feuchtes landete auf meiner Wange, nahe dem Auge. Kurz flitzte die Antwort, dass es regnete, durch meinen Kopf, wurde aber innerhalb einer Sekunde widerlegt, da ich die frischen Regentropfen nirgends sonst auf meinen Körper fühlte.
Ein zweites Mal trafen mich Tropfen, exakt auf der selben Stelle. Erkundigend schaute ich auf, genau in dem Moment zog sich mein Herz zusammen. Nia weinte.
Blitzschnell richtete ich mich auf, so dass ich direkt vor ihr saß. Besorgt schaute ich sie an. "Nia?" hauchte ich fragend, es brach mir das Herz, dass sie weinte. Ich wusste nicht wieso. Habe ich etwas falsch gemacht?
"T...tut mir...leid." brachte sie stockend und schluchzend heraus, während sie vergeblich mit ihren Händen versuchte, ihr Tränen zu bändigen. "Es ist nur...ich...bin so unglaublich froh, deine Freundin sein zu dürfen." kam weinend aus ihrem Mund, während sie weiter schluchzte und sich ihre Tränen zu vervielfachen schienen.
Langsam hob ich meine Hände und umfasste sachte Nias Gesicht. Die eben genannte schaute mit glasigen Augen auf, ihre Hände, welche vor Nässe ihrer Tränen im Schein des Mondes und der Glühwürmchen schimmerten, hatte sie etwas gesenkt.
Augenblicklich verlor ich mich in dem tiefen Blau ihrer Augen, welche wie das des Ozean wirkte.
"Ich bin auch froh, dass ich dein fester Freund sein darf. Ich kann mir niemanden außer dich an meiner Seite vorstellen." Ein aufmunterndes, liebevolles Lächeln bildete sich auf meinen Lippen, als meine lila Augen Nia verliebt anschauten. "Weißt du, ich glaube wir müssen beide noch klar damit kommen, dass wir nicht träumen."
Mit diesen Worten lehnte ich mich nah vorne und gab ihr einen sachten Kuss auf die Wange. Ich entfernte mich nicht weit von ihr, ich blieb wenige Zentimeter von ihrem Gesicht stehen und blickte ihr genau in die Augen, welche mich geweitet anschauten.
Nur wenige Sekunden später wurde ihr blick weinerlich, die Tränen, welche nicht aufgehört hatten zu fließen, strömten.
"Ich liebe dich so unglaublich sehr!" sprach sie, bevor sie ihre an ihren Körper gedrückten Hände um meinen Nacken schlang und mich zu ihr zog.
Sanft trafen unsere Lippen aufeinander. Bestimmend, aber gefühlvoll drückte ich sie ein wenig gegen die Böschung, genoss jede Millisekunde ihres liebenden Kusses. Fordernd drückte sie mich näher an sich, immer näher, bis nichts mehr zwischen unsere Körper passen würde.
Ihre heißen Tränen liefen weiter, es beruhigte mich etwas, dass es Tränen der Freude war. Sie freute sich. Sie freute sich, weil sie meine Freundin war. Dabei sollte ich doch derjenige sein, der sich freute. Und das tat ich auch. Ebenso war mir zu heulen zumute, aus dem gleichen Grund, wie bei Nia.
Es war so schön. So unfassbar schön, dass ich es nicht in Worten beschreiben konnte. Die Frau, die ich so sehr liebte, brachte mir die gleichen Gefühle entgegen.
Es machte mir Angst. Angst, wie stark die Liebe eigentlich war. Angst, dass ich dieses Gefühl jemals verlieren könnte.
Als ob sie diese Angst spüren konnte, fuhr Nias Hand durch meine Haare, während sie sich zeitgleich gegen mich presste.
Keuchend lösten wir uns, feuchtwarme Atemwölkchen entflohen in die frische Nachtluft, unsere befeuchteten Lippen spürten sogleich die Kälte der Nacht.
Unsere aufgescheuchten Atem strichen unsere Lippen, welche minimale Entfernung zueinander hatten und sich fast berührten.
Verliebt drückte ich meine Lippen auf ihre, was sie mit einem leichten Druck gegen meine Lippen begrüßte.
Zögerlich und schüchtern leckte sie über meine Oberlippe, was mit einen wohligen Schauer durch den Körper jagte. Um ihr zu symbolisieren, dass ich es liebte und sie ruhig selbstsicherer sein konnte, tat ich das selbe bei ihr.
Meine heißte Zunge entfernte sich von ihr, erneut schaute ich ihr in die klaren, blauen Augen. Mittlerweile waren Nias Tränen versiegt, nun sah sie jedoch verheult aus. Irgendwie süß, dachte ich mit einem Lächelnd, allerdings auch voller Sorgen, bevor ich mich erhob.
"Wir sollten weiter gehen, es ist schon spät, außerdem frieren wir hier noch ein, trotz deiner molligen Körpertemperatur." äußerte ich und schaute auf eine zu mir hochschauenden Nia.
"Mollig?" wiederholte sie in einem scharfen, eingeschnappten Ton und schaute mich stechend an. "Was? Also...so habe ich das nicht gemeint." brachte ich mit abwehrenden, erhobenen Händen heraus, innerlich schimpfte ich mich selbst, dass ich nicht besser aufgepasst hatte. Ich hatte eben keine Erfahrung mit Frauen.
Zügig stand sie auf, befand sich nun in gesamter Körpergröße vor mir. "Also...ich..." stotterte ich, dass was ich am wenigsten wollte, war Nia zu verärgern oder dass sie sich gar von meinen Worten beleidigt fühlte.
Ein leises Kichern dang an mein Ohr. "Ich mach nur Spaß, ich weiß wie du es gemeint hast." gluckste Nia und gab mir einen Kuss über mein Auge, welches ich dank Reaktionen schloss.
Als Antwort auf ihren Scherz lächelte ich sie nur warmherzig an und strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr.
"Na dann, wollen wir weiter?" fragte ich und hielt ihr meine Hand hin. Mit einem Grinsen nahm Nia sie an und schloss sie in ihre wärmende Hand, kurz bevor sie mich mit zog, in den unbekannten Wald hinein.
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