Kapitel 2 Der Tag, an dem ich dich das erste mal sah
"Hätte ja sein können." gab Noelle kleinlaut von sich. Die Mädchen waren alle sichtlich niedergeschlagen und schauten auf den Boden. Nicht zum anschauen.
"Jetzt zieht nicht so ein Gesicht." sagte ich etwas aufmunternd. Als sich nichts rührte, seufzte ich und sprang für sie über meinen Schatten.
"Dann sage ich euch eben, wer es ist."
Überrascht hoben alle ruckartig ihre Köpfe. "Im Ernst? Du bist die Beste!" jubelte Charmy laut und aß lebensfroh ihren Muffin.
"Jetzt übertreib nicht gleich, ihr habt ja auch euren Schwarm zugegeben." sagte ich bescheiden und versuchte meine Röte zu verstecken.
"Nun sag! Wer ist es?!" Unruhig schaute mich Vanessa erwartungsvoll an, sie konnte es kaum erwarten, endlich meinen heimlichen Schwarm heraus zu finden.
Jetzt wo ich es sagen muss, fühlt es sich plötzlich so schwer an. Kann ich es ihnen wirklich sagen? Hätte ich bloß nichts gesagt.
Mein Herz begann sich mit lauten, schnellen Schlägen bemerkbar zu machen, meine Hände wurden schwitzig und mein Gesicht glühte.
"Na ja,...also..." Ich zögerte. Es auszusprechen ist wirklich schwer. Verdammt schwer.
Hätte ich doch bloß nichts gesagt!, heulte ich innerlich.
"Also wer? Jetzt sag schon!"
"Hau raus!" drängten mich Vanessa und Noelle.
"Also...Äh..."
"SAG!"
"Es ist..."
"Es ist...WILLIAM VANGEANCE!"
Stille.
Nur erstaunte Gesichter schauten mich an.
Ich versuchte mich hinter meinen Knien zu verstecken, die Blicke der Anderen waren mir unglaublich unangenehm, genau wie diese derzeitige Situation.
"William. Der Ordensführer der goldenen Morgendämmerung?" flüsterte Vanessa ungläubig.
"Aber die Hälfte seines Gesichtes ist doch bedeckt." äußerte Noelle ebenfalls ungläubig.
"Das ist mir egal! Selbst wenn seine obere Gesichtshälfte ein Kaktus wäre!" schrie ich gereizt.
"Ein Kaktus? Das ist aber ein komischer Vergleich. Dann muss es aber wahre Liebe sein." sagte Vanessa, die sich aus der Überraschung gelöst hatte und nun unbeschwert lachte.
"Wie ist es überhaupt dazu gekommen? Seit ihr euch schonmal begegnet?" fragte Noelle wissbegierig und rückte mir wieder einige Zentimeter auf die Pelle.
Ich nickte.
Flashback, einige Jahre zuvor, vor Asta und Noelle:
Gelangweilt ließ ich meinen Blick über die Menge schweifen. Wegen der Prüfung waren unzählige Magier hier versammelt, egal ob Bauern, Handwerker, Adlige, arme, reiche und so weiter, alle waren in diesem gigantischen Haufen aus Leuten.
Ich persönlich war froh, kein Prüfling zu sein, sonst wäre ich da auch irgendwo drinnen und hast hätte mir wirklich wenig gefehlt.
Einige sahen ehrlich gesagt ganz interessant aus. Ob einer von denen ein Kamerad im schwarzen Stier wird? Könnte gut sein, bei so vielen Menschen.
Der feste Einband meines Buches lag spürbar in meiner Hand und übte einen leichten Druck auf sie aus.
"Nia, komm her." hörte ich Yami rufen, seine Stimme klang ungeduldig und rau.
Gehorsam kämpfte ich mich durch die Menschenmenge, die mich nicht gerade freundlich durch lies, alle waren angespannt und aufgeregt auf die kommenden Prüfungen, die entschieden, in welchen der neun magischen Ritterorden sie kommen würden.
Um in den schwarzen Stier zu kommen, hatte ich nie diese Prüfung abgelegt, denn Yami hatte mich in meiner Stadt entdeckt und sofort in den Orden aufgenommen. Wenn ich so darüber nachdenke, kann ich Yami deswegen echt dankbar sein. Vor Prüfungen hatte ich immer Angst, ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie es wäre, heute dran zu sein. Wahrscheinlich hätte ich starke Schweißausbrüche am ganzen Körper und könnte wegen meiner Nervosität nicht mal ansatzweiße mein Herz kontrollieren, selbst jetzt bei dem Gedanken, wurde es schon schneller.
Von außen ließ ich mir nichts anmerken, ich hatte schließlich den Rang eines magischen Ritters, den Rang, denn alle Prüflinge anstrebten. Einen Eindruck musste ich also schlicht hinterlassen.
Der ungeduldige Yami stand am Rand der Arena unter dem regengeschützten Gang, der um die gesamte Anlage ging und wartete, für ihn eher seltener, auf mich.
"Was gibt es denn?" fragte ich ihn, die Langeweile in meiner Stimme war nicht zu überhören.
"Die Prüfung beginnt in wenigen Minuten und ich habe keine Lust dich im letzten Moment suchen zu müssen. Bleib ab jetzt in meiner Nähe." sagte Yami grummelig und ging, ohne mich, einfach los.
"Ja, mache ich." antwortete ich mit Verspätung und und beeilte mich, um aufzuholen. Als wir mit schnellen, lauten Schritten nebeneinander her gingen, hob ich mein Buch und las weiter. Man sollte Zeit nicht einfach ungenutzt vorbei ziehen lassen, besonders dann nicht, wenn es sich um Minuten handelte, in denen man lesen konnte.
"Lange nicht gesehen, Yami." hörte ich plötzlich eine sanfte, männliche Stimme sagen.
Kurz schaute ich auf, doch dieser reichte um drei Mitglieder der goldenen Morgendämmerung, anhand ihrer Roben, zu erkennen, die geradewegs auf uns zusteuerten.
Zwei von ihnen stachen nicht wirklich hervor, beides Männer mittleren Alters und dunkelhaarig, doch um so mehr viel mir der Dritte auf.
Er hatte als einziger einen roten Umhang, der ihm bis zu den Knöcheln ging, seine Uniform beinhaltete ebenfalls einige farbliche Abweichungen von den anderen beiden Männern.
Doch seine Klamotten waren es nicht, die meine Aufmerksamkeit wie ein Magnet auf sich zogen, den es war die Tatsache, das der junge Mann, ungefähr in meinem Alter mit vielleicht ein Jahr mehr oder weniger, seine obere Gesichtshälfe mit einer komisch aussehenden Halbmaske verdeckte.
Diese Halbmaske sah in meinen Augen sehr gewöhnungsbedürftig aus, die roten und weißen Federn machten das keines Falls besser.
Das er so ein komisches Ding auf seinem Kopf trug, fand ich sehr mutig von ihm, ich würde dieses Teil nicht mal bei einer Wette anziehen, so viele unangenehme Blicke würde sie mir bescheren.
Bestimmt drehten sich die Leute auf der Straße nach ihm um, so etwas sah man ja auch nicht alle Tage.
Das einzige, was man von seiner oberen Gesichtshälfte sehen konnte, waren zwei lila Augen, die ruhig und sanft auf uns gerichtet waren. Auf seinem Lippen lag ein leichtes, freundliches Lächeln, dass mich augenblicklich in seinen Bann zog, so wunderschön war es.
Die Maske ist echt komisch, aber seine Augen...sind echt hübsch. Warum er sie wohl trägt? Wahrscheinlich ist mit seinem Gesicht etwas nicht in Ordnung, denn so ein Ding würde doch niemand freiwillig tragen. Ein entstelltes Gesicht oder anderen Unangenehmes.
Obwohl diese Maske dermaßen ungewöhnlich und anders war, musste ich feststellen, dass jeder andere Mensch außer diesem Mann diese Maske nicht tragen konnte.
Auf komischer Weise stand sie dem magischen Ritter.
"Stimmt, schon ein Weilchen her." antwortete Yami den Magier cool und stieß eine Rauchwolke aus, währenddessen konnte ich meinen Blick nicht von diesem jungen Mann nehmen.
"Das letzte Mal war es bei einer Mission, stimmts?" sagte der Fremde mit der Maske und lächelte.
"Mission? Ah ja, ich erinnere mich. Dann ist es Mal wieder Zeit, das wir aufeinander treffen."
"Ja, da hast du recht."
Der junge Mann drehte seinen Kopf zu Seite, zu den Prüflingen. "Dieses Jahr sind mehr Anwärter als sonst hier."
"Tja..." Yami folgte seinem Blick. "Leider heißt das nicht, dass es auch talentiertere Magier sind."
"Mal sehen, vielleicht sind doch mehr talentierte Magier als sonst unter ihnen."
"Dann hole ich sie mir alle in meinen Orden, angenommen sie sind in Ordnung." sagte Yami und löste seinen Blick von den Prüflingen.
"In Ordnung sein, das hat bei dir eine ganz andere Bedeutung." antwortete der junge Mann nur und trennte seinen Blick ebenfalls.
Er geht nicht auf die Provokation ein, echt cool., dachte ich bewundernd.
"Wie stehts eigentlich mit den Sternen? Schwimmst du immer noch in ihnen, Goldie?" fragte Yami.
"Wir stehen bei 60. Also Ja." antwortete der Fremde locker.
"Wie gemein. Der alte Knacker sollte beim verteilen mal die Augen aufmachen." sagte Yami seufzend und kratzte sich am Hinterkopf.
"Der "alte Knacker" überlegt sich die Verteilung von Sternen jedes sehr gut, bevor er sie vergibt. Ich bin stolz, dass die goldene Morgendämmerung so viele besitzt. Durch die Tüchtigkeit der Mitglieder hat es der Orden so weit geschafft, das freut mich wirklich sehr." Das Lächeln des jungen Mannes wurde größer, während er seinen Kopf leicht schief legte.
"Kann ich verstehen. Aber keine falsche Arroganz, der schwarze Stier wird euch noch überholen, wartet nur drauf."
"Nach meinem Wissensstand aus, seid ihr mit den Sternen noch im Minus. Jeder Ritterorden hat Schwächen und Stärken. Der schwarze Stier ist stark, doch deine Mitglieder zerstören bei Missionen so viel, weshalb sie keine Sterne bekommen."
"Tja, da hast du Recht." sagte Yami lachend, die Tatsache das seine Mitglieder wirklich viel kaputt machten, ließ in kalt.
Ignorieren die mich eigendlich?
Ich fühle mich wie das dritte Rad am Wagen. Die anderen Mitglieder der goldenen Morgendämmerung hatten sich etwas nach hinten gezogen, schienen ziemlich höflich und hielten sich aus dem Gespräch heraus. Ob die das Gespräch überhaupt mithören?
"Ach ja, das ist übrigens ein neues Mitglied. Ihr Name ist Nia Fabre." stellte mich Yami urplötzlich vor und blickte zu mir.
Der junge Mann folgte seinem Blick und lächelte mich warm an.
"Freut mich sehr, Nia Fabre. Ich bin William Vangeance, der Ordensführer der goldenen Morgendämmerung." stellte sich der junge Mann vor. Höflich streckte er mir seine Hand hin.
Im Ernst? Ein Ordensführer? Er wirkt so anders wie Yami, dachte ich, als ich wenige Schritte nach vorne ging und seine Hand nahm.
Sein Handdruck war sanft und angenehm. Mein Herz begann eigenwillig schneller zu schlagen, trommelte wie wild gegen meine Brust, so das ich dachte, dass es jeden Moment vor Anstrengung stehen bleib.
Plötzlich verstand ich den Spruch "Schmetterlinge im Bauch", denn in meinem Bauch entstand ein Kribbeln, das sich in meinem ganzen Körper ausbreitete. Mir wurde bewusst, dass unter dieser Maske ein sanftmütiger junger Mann steckte.
Viele Gedanken schwirrten mir plötzlich im Kopf herum, ohnen dass ich sie kontrollieren konnte.
Meine ganzen Sinne schienen auf ihn gerichtet zu sein, weshalb ich seine Hand besonders gut spürte. Federleicht fühlte ich wie mir das Blut in die Wangen schoss und ich etwas rot wurde.
Ich starrte ihn an, konnte meinen Blick nicht einen Millimeter von ihm wenden. Jeden Teil seines Auftretens schaute ich an, in der Hoffnung, dass sich alles von ihn in mein Gedächtnis brannte.
Von Sekunde zu Sekunde wurde ich nervöser, wurde überforderter. Alles kam mir quälend lang vor, als ob Minuten vergingen.
Doch es waren wenige Sekunden, eine normale Zeit zum Händeschütteln. Nichts merkwürdiges. So sah es von außen aus, doch in Wirklichkeit spielte in mir alles verrückt.
Langsam lösten sich unsere Hände. Die Wärme verschwand, genau wie dieser leichte Druck seiner Hand. Doch die neuartigen Gefühle blieben.
Nun hatte jeder seine Hand wieder bei sich, genau rechtzeitig, fast so, als ob jemand einen Zeitplan kreiert hatte, denn ein lauter Knall ließ uns zum Himmel schauen. Ein buntes Feuerwerk erstrahlte am Himmel. In allen Farben leuchtete der Himmel, die lauten Geräusche die dabei waren vertraut.
William war der Erste, der seinen Blick vom Himmel löste und wieder zu Yami und mir schaute. "Die Prüfungen haben begonnen, wir sollten uns auf den Weg zur Tribüne machen."
"Geh schon mal vor, wir kommen gleich nach." sagte Yami entspannt. Ein kurzes Nicken kam von William, der sich umdrehte und mit seinen Mitgliedern in Richtung Tribüne weg ging.
Verdutzt schaute ich hinter her.
Was ist hier gerade passiert? Oder besser gesagt, mit mir?
"Wir müssen noch Finral suchen, der Depp macht echt nur Ärger. Wenn er nicht bald auftaucht, töte ich ihn." drohte Yami ernst, so das mir ein kalter Schauer über den Rücken gejagt wurde.
Gefunden hatten wir ihn dann bei einer Gruppe Mädchen, mit denen er ausgelassen flirtete. Yami wollte dementsprechend reagieren und seine Drohung war machen, jedoch waren wir so spät dran, dass dazu keine Zeit bleib.
Verspätet und logischer Weise als letztes, betrat der schwarze Stier die Tribüne. Der Ordensführer des silbernen Adlern schaute uns herablassend an, was relativ gleichgültig an mir vorbei ging. Auch das sich manche Ordensführer gar nicht zu uns umdrehten, interessierte mich nicht.
Meine Interesse lag ganz und gar auf William, der auf die Menge unter sich schaute. Auf seinen Lippen hatte er wieder dieses himmlische Lächeln, das mich sofort zum schmelzen brachte.
So unauffällig wie möglich ging ich hinter seinem Sitz vorbei, um zu Yamis Platz zu kommen. Dort angekommen sah ich das erste Mal das Ausmaß der Menge. Die ganze Arena war voll, überall waren unterschiedliche Leute mit anderer Herkunft und Zielen. Doch die Aufnahme in einen magischen Ritterorden, die strebte heute jeder an.
Das zweite Mal heute schaute ich mir die Menge an, sah einige Gesichter die ich schon gesehen hatte, aber auch Gestallten die mit ihren grimmigen oder schlecht gelaunten Gesichtszügen gruselig auf mich wirkten.
Die ganze Prüfung lang schaute ich einfach geradewegs nach unten, wie es jeder auf der Tribüne tat. Immer wieder war ich kurz davor nach William zu linsen, konnte mich aber jedes mal rechtzeitig daran hindern. Dabei fragte ich mich immer wieder, warum er so eine Anziehung auf mich hatte.
Am Ende der Prüfungen stellte sich ein Magier nach vorne und die Ordensführer konnten erntscheiden, ob sie diesen Prüfling in ihren Orden aufnahmen. Dies war meine Chance.
Unter dem Vorwand sehen zu wollen wer seine Hand hob, konnte ich problemlos und unbemerkt die Ordensführer anschauen.
Williams Augen waren auf den Magier unter sich gerichtet, der nervös nach oben schauten, in der Hoffnung von irgendjemanden aufgenommen zu werden. Erlösender Weise meldete sich die Ordensführerin des korallfarbenen Pfaus. Man konnte den Prüfling förmlich erleichtert ausatmen sehen.
Mein Blick jedoch blieb auf William. Ein großer Fehler. Als gerade der nächste Prüfling aufgerufen wurde, wanderten seine Augen zu mir und blickten mich direkt an.
2146 Wörter
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